Genau. Deswegen gibt es Szenarien und/oder Konfidenzintervalle. Und natürlich gibt es keine Gewißheit, aber die wir reden hier ja nicht von 500 oder 50000 Neuinfektionen am Tag, sondern um die Frage, ob es am Ende 20.000, 25.000 oder 30.000 an einem bestimmten Tag sind und dieser Unterschied ist für die Interpretation und die daraus abzuleitenden Handlungsempfehlungen ohne Belang.
Wenn Dir einer sagt, daß Du tot bist, wenn Du mit 250 vor einen Brückenpfeiler fährst, ist es ja auch scheißegal, wie tot Du bist und woran genau Du gestorben bist. Die Neigung der Politik und Teilen der Bevölkerung, trotz der Warnung mal draufzuhalten und zu schauen, wie schlimm es kommt, ist gleichermaßen erschütternd wie irritierend. Die Ähnlichkeiten unserem Klimaproblem sind frappierend.
Saturday March 14 2020 WHO: How to respond to a pandemic - YouTube
Wir machen genau diesen Fehler: manche wollen wissen, ob es wirklich genau so kommt, wie es prognostiziert wird. Und, huch, es kommt so. „Aber beim nächsten mal wird es doch bestimmt anders… ach, doof, wieder nicht. Aber jetzt warten wir noch einmal ab. Und schon wieder schiefgegangen. Das gibt’s doch gar nicht.“
So funktioniert das nicht und das Problem geht davon nicht weg, sondern es wird größer.
Ach, Käse. Natürlich wird das Auswirkungen haben, aber doch nicht die Auswirkungen von strikteren Maßnahmen. Zumal sich das Spiel doch geändert hat. B117 ist viel leichter übertragbar. Neulich las ich von einem Fall, bei dem sich jemand bei einem fünfminütigen Spaziergang mit einem anderen Hundehalter angesteckt. Ja, Anekdote, aber die höhere Übertragbarkeit ist bekannt, d.h. ein Meter Abstand im Freien reicht nicht mehr. Selbst der winzige Effekt, daß man jetzt mehr draußen ist als noch vor Wochen, wirkt vielleicht schon nicht mehr. Wir brauchen eine deutliche Reduzierung von R und das funktioniert nicht, wenn wir keine substantiellen Maßnahmen ergreifen. Um die Jahreszeit geht man dann abends auch irgendwann mal rein, wenn es draußen zu kalt geworden ist. Ein echter Freiluft-Sommer-Effekt tritt sowieso frühestens im Mai auf oder sogar noch später.
Ja, ich weiß, Streeck und zwei drei andere, über die man sich nur wundern kann. Virologen wie Streeck, die an Kontaktinfektionen bei Masern glauben und ihren Virologie-Facharzt seit eineinhalb Jahren haben und keinen Plan von Epidemiologie, sind da ganz generell vielleicht auch nicht die besten Ratgeber. Für so etwas gibt es Virologen mit Epidemie-Erfahrung und reine Epidemiologen und davon sitzen ein paar der besten beim RKI und beim Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung und auch das RKI hat gewarnt und frühzeitig Prognosen in den Raum gestellt.
In dem Fall schon. Blöd oder blauäugig oder wissenschaftsfeindlich. Rezo haut da genau auf den Punkt.