Mein Freund bildet sich ständig irgendwelche Krankheiten ein. Und sie haben alle einen schmerzvollen Tod zufolge. Beispiel: Wir gehen spazieren, es ist bitterkalt und seine Finger weden langsam taub. Er fragt mich: „Ich spüre meine Finger kaum noch und sie sind so kalt…meinst du ich kriege einen Schlaganfall?“ Was soll ich denn auf so eine Frage antworten? Oder: Er hat ganz normale Müdigkeitskopfschmerzen und bildet sich ein, ein Tumor zu haben. Das ist so nervig und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Könnt ihr mir da irgendwie helfen?
Hallo,
Hypochondrie ist für Laien unheilbar. Wenn Dein Freund sich nicht in psychiatrische Behandlung begeben will, ist es besser, das Weite zu suchen.
Gruß, Hans-Jürgen Schneider
hallo schmallie.
diese „hypochondrie“ von deinem freund ist für dich in erster linie wahrscheinlich nervig, aber du solltest es wirklich ernst nehmen.
die überzogene angst vor krankheiten kann sich früher oder später verschlimmern, beispielsweise könnte es sein, dass er panikattacken bekommt, sich nicht mehr auf arbeit/uni konzentrieren kann oder irgendwann gar nicht mehr vor die haustür geht und eine depression entwickelt.
wenn du es irgendwie schaffst, solltest du deinen freund dazu überreden zu einem psychologen zu gehen. wenn er sich dagegen absolut weigert, evtl mal mit dem hausarzt darüber sprechen. damit kannst du auf jeden fall verhindern, dass sich das verhalten zu einer angststörung oder ähnlichem entwickelt und es deinem freund wirklich schlecht geht.
gute besserung ihm!
Er könnte auch eines Tages vom Rad fallen, ein Dachziegel könnte auf seinem Kopf landen oder irgendwann stürzt er gar aus dem Kellerfenster in den Tod.
In deiner Auflistung klingst du fast schon so hypochondrisch wie der Freund der Fragestellerin …
Halten zu Gnaden!
F.
ich verstehe was du meinst
ich kenne nur eben diesen krankheitsverlauf sehr genau und gehe davon aus dass die fragestellerin ihren freund davor bewahren will.
Deine Beispiele sind Unfälle, die mit einer Wahrscheinlichkeit auftreten. Das Problem des Freundes ist ein „Verhalten“, dessen negative Auswirkungen sich durch regelmäßige Übung manifestieren und eher verstärken. Je eher er dieses Problem los wird, desto besser. Vergleiche es lieber mit Rauchen oder Alkohol, wo auch jeder unterschiedliche Ansichten hat, was hinnehmbar ist und was nicht.
Hallo. Danke für eure Hilfe.
Ist Hypochondrie eine Erbkrankheit, wird sie durch traumatische Erlebnisse ausgelöst oder kommt das ganz willkürlich wie z.B. Schnupfen? Ich will wirklich für meinen Freund da sein, Verständnis zeigen und ihm helfen. Aber sein Problem ist für mich so schwer zu fassen…
Wie würde denn eine Hypochondriebehandlung aussehen? Wie eine normale Psychotherapie oder können auch Medikamente eingesetzt werden?
Hypochondrie ist eine Facette von vielen Erscheinungsbildern, die eine Angststörung hervorbringen kann. Über die konkreten Ursachen bei deinem Freund kann man nur spekulieren, denn Möglichkeiten gibt es viele.
Es gibt Beobachtungen, dass von Hypochondrie oft Menschen betroffen sind, denen Kontrolle wichtig ist, nicht selten auch solche, die ihr Leben ansonsten eigentlich gut im Griff haben. Die Theorie hierzu besagt, dass das einzige, was sie nicht kontrollieren können und sich negativ auf ihr (sonst eigentlich glückliches) Leben auswirken kann, eine (meist lebensbedrohende) Krankheit wäre. Und genau darauf fokussiert sich die Angst.
Hypochonder verfügen oft über ein ausgeprägtes medizinisches Halbwissen, weil sie (zumindest im untherapierten Zustand) alles an Informationen verschlingen, was sie zu Krankheiten und deren Symptomen finden. Hierbei zeigt sich auch oft das Phänomen, dass eine irgendwann aufgeschnappte Information über eine (gerne sehr seltene) Krankheit plötzlich ins Bewusstsein rückt, weil man ein Symptom an sich entdeckt, welches typisch für die Krankheit sein kann,
Das Problem dabei ist, dass ein Hypochonder seinem eigenen Körpergefühl nicht mehr vertrauen kann. Wenn es einen psychisch gesunden Menschen irgendwo zwackt oder er eine Symptomatik an sich bemerkt, wird er sie meist so lange nicht weiter beachten, bis sie sich so verstärkt, dass er sie nicht mehr ignorieren kann, bevor er eine Ursache dahinter vermutet.
Das Gehirn eines Hypochonders rastet hingegen beim Anflug einer Beschwerde sofort in die Syptomzuordnung zu einer gefährlichen Krankheit ein.
Für den Betroffenen ist das Ganze höchst real. Es ist also nicht so, dass er sich z.B. Schmerzen oder Muskelzittern einbildet, sondern er hat diese Dinge tatsächlich, bewertet sie aber anders, als das ein psychisch Gesunder tun würde.
Viele Hypochonder entwickeln Meideverhalten. Aus Angst vor bestimmten Symptomen essen oder trinken sie z.B. manche Sachen nicht mehr oder vermeiden körperliche Belastungen. Das kann bis zu einem völligen Rückzug aus dem normalen sozialen Leben und einem Versinken in der Angst vor dem Sterben führen.
Helfen tut in den meisten Fällen nur eine (Verhaltens-) Therapie. Es macht in der Regel wenig Sinn, nach den Ursachen zu forschen, denn leider funktioniert eine Angststörung nicht nach dem Prinzip, dass sie endet, sobald ihre Ursache klar ist. Es braucht Verhaltenstraining (in der Regel Konfrontation), um die Ängste so weit in Schach zu halten, dass man im Laufe der Zeit wieder Lebensqualität gewinnt.
Je länger man damit wartet, desto schwerer wird das.
Als Angehöriger hilft: Den Betroffenen ernst nehmen, ohne in in seiner Angst zu bestärken. Z.B. kann es hlfreich sein, einen realen Bezug zu schaffen, etwa: „Okay, deine Finger sind taub. Das kann von der Kälte kommen. Was hältst du davon, mal abzuwarten, bis wir wieder warm sind, vielleicht ist es dann ja weg“.
Und: Hypochonder sollten niemals nach Symptomen googeln. Sie versuchen dabei zwar eigentlich, harmlose mögliche Ursachen für ihre Beschwerden zu finden, erreichen in der Regel aber genau das Gegenteil, dass Google für jedes Symptom auch etliche todbringende Ursachen findet. Nicht ohne Grund ist das Verbot des Symptomgoogelns oft Bestandteil einer Therapie.
Jule
Die hypochondrische Selbstbeobachtung hat recht unterschiedliche psychodynamische Hintergründe.
Welchen Verlauf und ob sie überhaupt einen Verlauf haben wird, lässt sich ohne gute Kenntnis der Person daher schlichtweg nicht sagen, denn dieser Verlauf ist vorrangig von der Gesamtperson des Hypochonders abhängig - welche wir aus drei Zeilen Text im UP nicht einmal erahnen können, denn vom hypochondrischem Symptom allein her lässt sich nicht sinnvoll auf die Persönlichkeitsstruktur schließen (anders als bei manch anderen Symptomen, wo das durchaus möglich ist).
Gruß
F.
Ich glaube, dass ich nicht viel von deinem Kommentar verstehe.
Mir gings aber gar nicht darum, was die UP oder fio für „hinnehmbar“ halten, mir gings darum, dass fio so etwas wie eine künftige Entwicklungslinie angedeutet hatte, die ich so nicht sehe. Das ist eine Sachfrage, keine Ansichtssache.
Gruß
F.
Hallo Jule,
Du hast geschrieben "Hypochondrie ist eine Facette von vielen Erscheinungsbildern, die eine Angststörung hervorbringen kann. "-- wenn ich es richtig verstehe IST die Hypochondrie aber schon eine Angststörung- oder etwa nicht?
lg kitty
Hallo,
es ist keine Erbkrankheit und was der Hintergrund für diese Erkrankung ist- müsste individuell erarbeitet werden, da es - wie so oft- viele Ursachen dafür haben kann. Natürlich kann auch ein traumatisches Erlebnis dahinter liegen ist jedoch nicht zwingend.
Sollte eine verhaltenstherapeutische Begleitung erfolgen, dann richtet sich die Behandlung nach dem Klienten und da es zig Methoden gibt, ist nicht zu sagen, was genau gemacht wird.
Grundsätzlich wird er eine gewissen Anzahl von Stunden (die genehmigt wurden) zu einem Therapeuten gehen und dabei seine Erkrankung bearbeiten.
Zu den Medikamenten kann ich nichts sagen.
lg kitty
Drei Mal Nein (auch wenn ein bestimmte Disposition dazu vererbt sein könnte, und auch wenn eine bestimmtes Ereignis der letzte Auslöser gewesen sein könnte).
Jule hat ja schon ein bißchen was dazu geschrieben.
Hpochondrie hat nur den gemeinsamen Nenner, dass die Betroffenen sich übermäßig um die eigene Gesundheit sorgen bzw. in unterschiedlichem Maß von der eigenen Ungesundheit überzeugt sind.
Aber dieses „in unterschiedlichem Maß“ zeigt bereits eine sehr weite Spanne von totaler/wahnhafter Überzeugung bis zum harmlos-neurotischen Schwarzmalen.
Es gibt natürlich ein paar typische Muster der Entstehung der Hypochondrie, die dann mit der Bindung von Angst an den eigenen Körper zu tun haben und/oder damit, dass Emotionales körperhaft ausgedrückt wird.
Das kommt sehr viel stärker auf die Gesamtpersönlichkeit deines Freundes an als auf das hypochondrische Symptome.
Im vermutlich häufigsten Fall liefe das auf eine ganz normale ambulante Psychotherapie (egal welche Therapierichtung; auch wenn Jule die Verhaltenstherapie besonders am Herzen liegt) mit 20-50 Sitzungen 1-2 mal die Woche hinaus, überhaupts nichts sonderlich Spezielles.
Eventuell mögen psychotherapiebegleitend Medikamente sinnvoll sein.
Das hängt aber auch wieder eher von anderen Faktoren ab als von der Hypochondrie selbst. Insofern lässt sich bezüglich deines Freundes wenig dazu sagen.
Gruß
F.
Ja, das war missverständlich. Sagen wollte ich eigentlich, dass Hypochondrie ein mögliches Erscheinungsbild einer Angststörung ist.
Jule