Wie verhält sich ein superlanges Seil?

Mir sind kürzlich ein paar Fragen bei einem Gedankenexperiment gekommen, die mir irgendwie keine Ruhe lassen…

Ich nehme ein sehr sehr langes Seil und wickel es um um eine sehr große Kugel, zum Beispiel die Sonne.

Ich nehme beide Enden des Seils in meine Hände und ziehe an einem Ende. Was passiert?
Reibung (ist gut geölt), die Tatsache, dass so ein langes Seil sehr schwer sein müsste (Masse soll also gegen 0 streben), sich ein wenig Dehnen lassen würde oder, dass es eine verdammt dumme Idee wäre auf der Sonne ein Seil spannen zu wollen klammere ich mal aus…

Mein erster Impuls wäre anzunehmen, dass beim Ziehen an einem Ende das andere Ende sofort reagiert - das würde jedoch bedeuten, dass ich Informationen mit Überlichtgeschwindigkeit übertragen könnte - was aber eigentlich nicht gehen dürfte.

Also Schlussfolgere ich: Die Information „es wird gezogen“ wird mit Lichtgeschwindigkeit übertragen, wo sich schon die erste Unklarheit ergibt: Ist das Seil gefärbt (alle X Meter Farbwechsel beispielsweise), wie sieht das „von außen“ aus? verschiebt sich der Farbwechsel? - Das ist aber nicht das eigentliche Problem…

Wenn die Information also mit Lichtgeschwindigkeit „übertragen“ wird müsste es zwangsläufig eine Verzögerung zwischen meinem „aktiven Ziehen“ am einen Ende und dem „wird gezogen“ am anderen Ende geben.

Wär erstmal recht einfach zu akzeptieren, aber wenn ich dann das Experiment wiederhole und leicht anpasse, indem ich das Seil an der „Zielseite“ nicht mehr in meiner 2. Hand halte, sondern festbinde, dass ich es mit meiner Zugkraft nicht mehr ziehen kann - was passiert dann?

Wenn die Zuginformation erst „am ende“ „bemerkt“, dass ich das Seil eben nicht ziehen kann müsste diese Info erst zurücklaufen und mir dann „mitteilen“, dass ich nicht stark genug bin… Kann ich das Seil dann erst ziehen und es „springt“ zurück, sobald die Information angekommen ist, dass ich es nicht ziehen kann? Oder kann ich es gleich direkt gar nicht ziehen, was dann aber wieder bedeuten würde, dass ich die Information mit Überlichtgeschwindigkeit übertragen konnte.

Richtig interessant wird es, wenn das Objekt, an dem ich das Ziel-Seilende befestigt habe mal nachgibt und mal nicht, und ich den Zustand „ziehbar“ bzw. „nicht ziehbar“ als Information interpretiere.

Wo kann man auf solche Fragen antworten finden? Davon habe ich leider viel zu viele -.-

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Noch ein Nachtrag:
Das Seil müsste bei der letzten Abwandlung dann auch nicht mehr um eine Kugel gewickelt sein, sondern könnte auch „gerade“ durch den Raum gespannt sein, wenn die Kugel, warum auch immer, ein Problem darstellen sollte

Bist du Mensch oder Maschine?

J~

Die Information in einem Seil läuft … chaotisch. Da es auch nicht gebogen sein muss, nehmen wir eine Stange aus Stahl, Karbon, was immer gerade so da ist.

Die Information durch einen Festkörperstab (Stange) läuft … mit Schallgeschwindigkeit für dieses Medium. Alles im Bereich einiger Tausend m/s, also alles deutlich unterhalb der Lichtgeschwindigkeit.

In der Praxis kommt das bei uns bei langen umlaufenden Ketten vor. Wenn es eine Blockierung an einem Ende gibt, muss der Antrieb am anderen Ende entkuppelt werden, damit die Kette nicht reisst. Bei 2*300m Kette haben wir dazu fast 100ms Zeit. Erst dann wird die Kette am Antrieb „gespannt“.

Servus,

also ich sehe das so:

Wenn Du nun an dem Seil ziehst, müsste sich der Zugimpuls mit Schallgeschwindigkeit (abhängig vom Materialtyp) durch die Stange fortsetzen. Im Grunde müsste die Ausbreitung ähnlich wie Erdbebenwellen die Stange entlanglaufen.

Irgendwann wird der Zugimpuls am anderen Ende ankommen und evtl. dafür sorgen, dass sich die Masse verschiebt. Diese Reaktion der Masse wird dann wieder im Seil zurücklaufen.

Ich frage mich allerdings, was bei einem nicht flexiblen, nicht dehnbaren Seil (also eigentlich eine Stange) mit der Masse -> 0 passiert. Im Grunde müsste selbst da eine Welle über das Material laufen, da es aber nicht dehnbar ist und keine Masse hat, habe ich keine Ahnung, wie man die Wellenausbreitung beschreiben kann. Da braucht es aber klügere Köpfe als meinen für…:wink:

Gruß,
Sax

Ich denke, man müsste hier schon mal von zwei Fällen ausgehen. Der erste wäre ein 'normales Seil", also Drahtseil, oder einfach nur Draht, der auch elastische Fähigkeiten hat. Das ware ja nach unserer allgemeinen Kenntnis der Normalfall.
Nun aber mal zum anderen, theoretischen Fall, das Seil oder sagen wir besser, der Draht ist vollkommen unelasitsch. Würde ich also an einem Ende ziehen, dann würde er sich über die ganze Länge gleichmäßig bewegen. Angenommen, ich hätte zwichen Anfang und Ende genau einen Meter Platz, also freigelassen, dann würde dieser Abstand auch immer konstant einen Meter betragen.
Das hat auch nichts mit Lichtgeschwindigkeit zu tun, der Körper (Draht) wird einfach gleichmäßig und als Ganzes beschleunigt.
Im Anderen Fall, mal die Reibung auf der Kugel vernachlässigt, kommt es auf Elatizität und auch auf den Impuls an, den ich auf den Draht ausübe. So könnte ich zB für ein bestimmtes E-modul angeben, wie schnell ich anziehen muss, um mit dem Anfang noch das Ende des Drahtes berühren zu können, bevor es sich wieder davon entfernt. Das ist dann eigentlich nur Rechnerei mit relativ großen Zahlen.

Hallo,

erstmal: Jedes Material ist (mehr oder weniger) elastisch, also auch Stahl, Beton usw.
Stell Dir das Seil als eine lange Reihe von Atomen vor. Jedes Atom hat zu seinen beiden Nachbarn einen bestimmten Abstand (den Gleichgewichtsabstand).
Jetzt ziehst Du an dem ersten Atom. Dadurch vergrößert sich der Abstand zum zweiten Atom. Das zweite Atom rückt jetzt nach, um den Gleichgewichtsabstand wieder herzustellen. Dadurch vergrößert sich der Abstand zwischen dem zweiten und dem dritten Atom. Na usw., bis schließlich das letzte Atom auch nachgerückt ist.
Das ist also so ähnlich, wie sich Schall in Luft ausbreitet. Eben eine Welle, wie ja alle anderen auch schon geschrieben haben. Aber natürlich keine elektromagnetische Welle (wie Licht), sondern eine mechanische. Und das hat mit Lichtgeschwindigkeit überhaupt nichts zu tun.

Gruß
Olaf

Hallo,

sich ein wenig Dehnen lassen würde […] klammere ich mal aus

damit begehst Du den entscheidenden Denkfehler, denn ein völlig dehn- und stauchungsfreies Material kann prinzipiell nicht existieren. Den Grund dafür hast Du schon erkannt: Es ist die Unmöglichkeit, Information (oder Masse oder Energie) instantan von einem Ort zum anderen zu übertragen. Dies kann höchstens mit Lichtgeschwindigkeit (c ≈ 3 · 108 m/s) geschehen. Wobei die mechanische Welle in einem realen Seil sich noch sehr viel langsamer ausbreitet, nämlich nur mit der Schallgeschwindigkeit des jeweiligen Materials. Sie ist pauschal so um den Faktor 106 kleiner als c.

Noch ein Zahlenbeispiel: Wenn Du mit dem Finger von Süden her gegen einen 18 mm großen Diamanten schnippst, „merkt“ das nördliche Ende das erst ungefähr eine millionstel Sekunde später (Rechnung: 0.018 m/18000 m/s = 10–6 s = 1 µs). Eine für menschliche Maßstäbe zwar sehr kurze, aber trotzdem endlich große Zeitspanne. Für die CPU Deines Computers ist sie lang genug, um mehrere tausend Instruktionen auszuführen.

wie sieht das „von außen“ aus?

Beobachte mal im Garten einen sich fortbewegenden Regenwurm.

Gruß
Martin

Es könnte ja auch in gerader Linie einfach nur im Raum schweben. Das wäre dan auf jeden Fall reibungsfrei.
dann verhält es sich wie ein Gummiband, wenn man dran zieht. Aufgrund der Trägheit wird sich der Impuls mit Schallgeschwindigkeit (des Materials natürlich) ausbreiten und daraufhin sich das Seil nachziehen. Ist es dann in Schwung, „prallt“ es dann wieder in umgekehrter Richtung darauf auf. usw usw

Ja, bin ich

Bei einem „Seil“ mit der Ausdehnung und Masse „Null“ wird jede kleinste Kraft das Seil unmittelbar am „Packende“ reissen lassen, sofern du es überhaupt zu „packen“ bekommst.

In dieses theoretische Gebilde kann man schon rein theoretisch keine negative Kraft (Zugkraft) einleiten weil es ohne Masse und setliche Ausdehnung nur ein „String“ sein kann.
Auch in einem String wäre ein Impuls nur maximal so schnell wie die Lichtgeschwindigkwit.