Sehe ich das richtig, dass du eine Sportpalast-Rede von Goebbels herausgesucht hast und in dieser Bezüge zum „Judentum“ durch Bezüge zum Islam ersetzt hast, um damit Parallelen zwischen der damaligen Judenverfolgung und heutiger Islamkritik zu ziehen?
Im Folgenden beschreibe ich vier Gründe, die gegen dein Vorgehen sprechen. Dass du offensichtlich nicht einen davon erkannt hast, spricht gegen dich. Schließlich führt jeder einzelne Punkt für sich betrachtet schon dazu, deinen Vergleich als absolut unangemessen erkennen zu lassen.
(1) Relativierung
Unterstellt, wir haben alle eine bundesdeutsche Schulbildung genossen, muss uns bewusst sein, was damals an Unrecht und Verbrechen von Nazi-Deutschland ausging. Diese Zeit hat unzähligen Menschen das Leben gekostet. Der Respekt vor den Opfern und den Angehörigen verbietet es einem humanistisch denkenden Menschen, dieses beispiellose Verbrechen für heutige politische Debatten zu instrumentalisieren.
(2) Dimension
Die Rede, die du sinnverfälscht wiedergegeben hast, gehört zur ideellen Grundlage, die die beschriebenen Verbrechen ermöglicht hat. Den Zeitpunkt der Rede lasse ich mal unbeachtet, schließlich war das Gedankengut zehn Jahre vorher auch nicht grundlegend anders. Die Dimension des Unrechts, das ausgehend von solchem Gedankengut möglich war, steht in keinem Verhältnis zu dem, was deine textlichen Ersetzungen auch nur denkbar hergeben könnten. Staaten wir Frankreich oder Belgien scheuen derzeit weitere Einwanderung aus dem islamisch geprägten Kulturkreis, andere Staaten wie Dänemark oder Polen schließen sich dem nicht grundlos vorsorglich an. Die vermeintlichen Vorbehalte gegen den Islam beinhalten in aller Regel keine Vorbehalte gegenüber einzelnen Menschen, sondern spielen sich rein auf politischer Ebene ab: Beendigung der ungesteuerten Zuwanderung, Vermeidung von Parallelgesellschaften, wie wir sie zur Genüge schon heute in Westeuropa haben, Rückführung von Menschen ohne Aufenthaltsperspektive. Selbst wenn sich diese Maximalforderungen durchsetzten, würde einem aufgeklärten, rechtschaffenem Moslem gar nichts und einem fundamentalistisch eingestellten Moslem höchstens die Rückkehr in seine Heimat drohen. Die Dimensionen weichen also essenziell ab.
(3) Inhaltsleere
Es fehlt offenbar an Argumenten gegen die Islamkritiker, sodass einem nicht anders übrig bleibt, als deplatzierte Vergleiche anzubringen. Es wird immer nur behauptet, vom Islam gehe keine Gefahr aus. Statt aber eine Begründung dafür zu liefern, werden entweder die Kritiker in die Nähe von Extremisten gerückt, pauschal Angst vor einer Wiederkehr vergangener Zeiten geschürt oder kaum hilfreiche Binsenweisheiten („In jeder Religion gibt es solche und solche…“) verbreitet. Dass der Islam weder hinsichtlich der Realitiäten in der islamischen Welt noch in Bezug auf die ideologische Wertekonstruktion (siehe speziell den Werdegang von Mohammed) einen spürbaren Ansatz für einen Weg hin zur Aufklärung erkennen lässt, wird auf diese Weise schlicht unterschlagen. Trotz klarer Kenntnis der Antwort („nein“), drängt sich die Frage auf: Habt ihr keine besseren Argumente gegen die angeblich so falsch liegenden Kritiker, dass ihr auf plumpe Nazivergleiche zurückgreifen müsst?
(4) Beschwichtigung
Die Gefahren durch das „Judentum“, wie es Leute wie der von dir zitierte beschwört haben, waren ein Konstrukt. Es gab damals keine jüdischen Terrorattentate, es gab keine jüdischen Organisatoren, die offen die Weltherrschaft anstrebten wie heute der Islamische Staat, es gab damals keine Kinderopfer bringenden jüdischen Zirkel, während heutzutage in vielen Ländern die Abwesenheit von Recht und menschlichem Denken im Namen einer bestimmten Religion sichtbar ist. Die damals klar erkennbar nur konstruierte Gefahr spiegelt also keineswegs die realen Gefahren von heute wider. Wer angesichts dessen die realen Gefahren argumentativ in den Bereich der Verschwörung abtut, scheut offenbar eine Auseinandersetzung mit den drohenden gesellschaftlichen Umbrüchen. Er redet sich die Welt schön, so ähnlich wie ein Herr Biedermann auch immer Beschwichtigungen dafür parat hatte, warum die offen als Brandstifter erkennbaren Männer das Haus doch nicht anzünden würden.