Wieso belasten €-Garantien den Haushalt nicht?

Hallo allerseits,

könnte mir mal jemand den Bilanztrick erklären, durch den die Bürgschaften/Garantien zur Euro-„Rettung“ nicht den Haushalt belasten?

Irgendwie läuft das Ganze ja über die KfW. Aber buchhalterisch gesehen müsste man doch für den Fall, dass die Bürgschaften tatsächlich eingelöst werden müssen (seriöserweise) Rückstellungen bilden, die dann in irgendeiner Form den Staatshaushalt belasten.

Last not least: wieso gabs da ein solches Geschrei um die Beteiligung des Parlaments, wenn die Garantien sowieso am Haushalt vorbeigemogelt werden?

Servus,

Kameralisten bilden keine Rückstellungen, sie rechnen in Geldströmen. Ungefähr wie W irte, M etzger und F risöre.

Das macht es für sie auch so schwierig, das Geld, das sie hinaushauen, in irgendeinen sinnvollen Zusammenhang mit den damit möglicherweise, im besten Fall, getätigten Investitionen zu bringen; und weil sie den Blick auf eine Bilanz nicht gewohnt sind, müssen sie sich auch mit solchen akrobatischen Kunststücklein wie „Nettoneuverschuldung“ behelfen.

Der Umgang mit erhaltenen Krediten, den man bei nämlichem Volk beobachten kann, entspricht genau dieser Betrachtungsweise: Der Kameralist tut sich ausgesprochen schwer, einen ausgezahlten Kredit von sonst irgendwie erzielten Einnahmen zu unterscheiden: Schließlich ist beides Käsch in de Däsch.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo,
denk dir einen Stern für die klare Aussage.
Da wir hier ja im Politikbrett sind, würde mich mal interessieren, warum „der Staat“ das so macht, während er jeden Unternehmer, der mehr als nur ein paar Euro Umsatz macht, zu einer doppelten Buchführung verpflichtet, damit der eben nicht „beliebig“ über geschickte Steuerung der Geldströme den Gewinn beeinflussen kann.

Cu Rene

Hallo,

denk dir einen Stern für die klare Aussage.
Da wir hier ja im Politikbrett sind, würde mich mal
interessieren, warum „der Staat“ das so macht, während er
jeden Unternehmer, der mehr als nur ein paar Euro Umsatz
macht, zu einer doppelten Buchführung verpflichtet, damit der
eben nicht „beliebig“ über geschickte Steuerung der Geldströme
den Gewinn beeinflussen kann.

bei Unternehmen geht es um Ertrag, Vermögen und Schulden. Für ein Geschäftsjahr kann man einen zutreffenden Ertrag eigentlich nur ermitteln, wenn man die doppelte Buchführung verwendet.

Für Gebietskörperschaften hielt man die Kameralistik über Jahrhunderte für vollkommen ausreichend. Solange immer Kohle in der Kasse war (egal ob geliehen oder nicht), paßte das schon. Es interessierte ja niemanden, ob die Hütte, die man bauen ließ, im Moment der Fertigstellung 30% weniger wert war als man bezahlt hatte, die Straßen Schrott und die gewerblichen Aktivitäten/Eigenbetriebe defizitär waren.

Ein erstes Umdenken war die Ausgründung von Stadtwerken und Verkehrsbetrieben. Ein zweiter Schritt waren die Vermögensrechnungen, die inzwischen auch der Bund [aufstellt](http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_4314/DE/Wirtschaft und Verwaltung/Finanz und Wirtschaftspolitik/Bundeshaushalt/Haushalts-und-Vermoegensrechnung/Vermoegensrechnung_202009,templateId=raw,property=publicationFile.pdf).

Seit zwei oder drei Jahren ist es den Gemeinden erlaubt, die doppelte Buchführung zu verwenden, was auch mit mehr oder weniger Begeisterung umgesetzt wird. Dumm nur, wenn sich im Zuge dessen die Überschuldung herausstellt - aber da Städte und Gemeinden nicht insolvenzfähig sind…

Gruß
Christian

Hallo,

Es interessierte ja niemanden, …
…weniger Begeisterung

Verständlich, daß da keine Begeisterung aufkommt.

Weil du die Straßen erwähnt hast - wäre in der Tat seltsam, wenn die Anliegerstraßen, die die Anlieger zu weit über 50% selbst bezahlen zu 100% bei der Kommune bilanziert würden. Andererseits würde man mit einer Bilanzierung imo besser sehen, daß es möglicherweise rausgeworfenes Geld ist diese immer nur notdürftig zu flicken, statt sie zu sanieren. So lang es Bürgermeister gibt, die nur bauen, wenn sie (also die Kommune) weniger als 50% bezahlen müssen und dann auch noch damit „angeben“ wieviel Zuschüsse (als Steuerzahler ist es mir egal, ob das Kommunale-, Landes-, Bundes- oder EU-Mittel waren, gezahlt habe ich es so oder so irgendwann) sie bekommen haben…

Cu Rene

Servus,

Kameralisten bilden keine Rückstellungen, sie rechnen in
Geldströmen.

Also für den Fall das diese zigMilliarden fällig werden sollten werden keinerlei Vorkehrungen getroffen?

Und wo sind all die Milliarden hergekommen die bereits geflossen sind (aus den laufenden Haushalten ja scheinbar nicht…)?

Hallo,
denk dir einen Stern für die klare Aussage.
Da wir hier ja im Politikbrett sind, würde mich mal
interessieren, warum „der Staat“ das so macht, während er
jeden Unternehmer, der mehr als nur ein paar Euro Umsatz
macht, zu einer doppelten Buchführung verpflichtet, damit der
eben nicht „beliebig“ über geschickte Steuerung der Geldströme
den Gewinn beeinflussen kann.

Die Kohle kommt doch von der KfW - und die praktiziert doch wohl Doppik, oder? Aber wo kriegt die all das Geld her???

macht, zu einer doppelten Buchführung verpflichtet, damit der
eben nicht „beliebig“ über geschickte Steuerung der Geldströme
den Gewinn beeinflussen kann.

Die Kohle kommt doch von der KfW - und die praktiziert doch
wohl Doppik, oder? Aber wo kriegt die all das Geld her???

Das ist im Geschäftsbericht der KFW alles nachzulesen. Kurzfassung: am Ende zahlt der Bund.

Hallo Rene!

warum „der Staat“ das so macht, während er
jeden Unternehmer, der mehr als nur ein paar Euro Umsatz
macht, zu einer doppelten Buchführung verpflichtet…

Ein Unternehmer, der auch nur halbwegs bei Sinnen ist, muss nicht zur doppelten Buchführung verpflichtet werden. Er macht es nämlich freiwillig, weil er seinen Verantwortungsbereich so transparent wie nur irgend möglich hält, um den Überblick zu wahren und sich vor vermeintlich überraschend auftauchenden Belastungen zu schützen.
Immerhin hängt die persönliche wirtschaftliche Existenz daran.

Interessenlagen und Motivation bei den Verantwortlichen für die Staatsfinanzen scheinen irgendwie andersartig gelagert zu sein.

Gruß
Wolfgang

kleiner Ausflug ins Haushaltsrecht
Hallo,

Weil du die Straßen erwähnt hast - wäre in der Tat seltsam,
wenn die Anliegerstraßen, die die Anlieger zu weit über 50%
selbst bezahlen zu 100% bei der Kommune bilanziert würden.

so ist es aber. Letztlich ist es so wie beim Verhältnis Vermieter Mieter. Der Mieter muß sich an manchen Verbesserungen (über eine höhere Miete) auch beteiligen, obwohl die Wohnung weiterhin im Eigentum des Vermieters ist.

Konkret handelt es sich bei den Zahlungen durch die Anwohner um Beiträge, die eine Gegenleistung dafür sind, daß den Anwohnern „durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden“ (Zitat aus dem Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen).

Andererseits würde man mit einer Bilanzierung imo besser
sehen, daß es möglicherweise rausgeworfenes Geld ist diese
immer nur notdürftig zu flicken, statt sie zu sanieren. So
lang es Bürgermeister gibt, die nur bauen, wenn sie (also die
Kommune) weniger als 50% bezahlen müssen und dann auch noch
damit „angeben“ wieviel Zuschüsse (als Steuerzahler ist es mir
egal, ob das Kommunale-, Landes-, Bundes- oder EU-Mittel
waren, gezahlt habe ich es so oder so irgendwann) sie bekommen
haben…

Dieser Effekt soll ja mit der NKF gemildert werden. Bisher war es so, daß nur das jeweilige Haushaltsjahr betrachtet wurde. Eine vernünftige Sanierung kostet imi laufenden Jahr mehr als eine flüchtige, so daß man sich häufig für die Billigvariante entschieden hat. Bei Anwendung der NKF wäre die Gemeinde eigentlich aufgefordert, Rückstellungen zu bilden und Vermögen auch abzuschreiben. Das hätte dann u.U. einen positiven Steuerungseffekt.

Dieses Problem betrifft übrigens auch öffentliche Krankenhäuser. Die Investitionen werden von den Ländern bezahlt, die laufenden Kosten von den Krankenkassen. Durch Haushaltsentscheidungen bedingte Fehlsteuerungen bei den Investitionen haben u.U. erhebliche Auswirkungen auf die meidzinische Versorgung und natürlich auf die Kostenstruktur der Krankenkassen und damit auch auf die Versicherungsbeiträge.

Gruß
Christian

Hallo,

Dieser Effekt soll ja mit der NKF gemildert werden.

Das mußte ich erst mal googeln, so weit sind wir in Bayern noch nicht.
Im Prinzip sind wir uns ja wohl einig und damit beende ich für mich die Diskussion.

Cu Rene

Genau,
Herr Schaeuble soll mal die 211 Milliarden in den Haushaltsentwurf 2012 einstellen. Und das Ganze im Parlament genehmigen lassen, nette Diskussion, wie vom Verfassungsgericht gefordert, Mitbestimmung der Parlamentarier.

Wenn das Geld 2012 nicht gebraucht wird, kann er diesen Posten 2013 dann wieder verwenden, oder sein Nachfolger.
Gruss Helmut