Wieso gratis Versand?

Ich finde es auch total super, dass Leute wie der Fragesteller endlich anfangen, selber zu denken. Das hat ja gerade in den letzten 24 Monaten zu ganz großen Erfolgen geführt. Wobei ich vor gut 20 Jahren schon mal an einer Umfrage teilgenommen habe, die letztlich dazu diente, herauszufinden, wie verwirrend wechselnd man Gebinde von Softdrinks gestalten muss, dass der Kunde gar nicht mehr rafft, in welcher Konstellation er wie viel pro Liter bezahlt.

Aber mal was anderes: womit verdient Gilette wohl sein Geld? Am Rasierer oder an den 3 Euro je Klinge? Wie ist das mit Oral-B und den Aufsteckbürsten? Mit den Herstellern von Maschinen, dem Preis der Maschine und dem 4-Jahres-Service-Paket?

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass die Unternehmen Geld verdienen wollen und in den allermeisten Fällen auch verdienen. Die wenigsten Versender zahlen den DHL-Standardtarif. Schon mit ein paar hundert Pakten pro Jahr qualifiziert man sich für Sonderkonditionen, die tatsächlich online offen buchbar sind.

Kurz gesagt: die Ausgangsfrage ist eine von vielen Fragen dieses Fragestellers dieser Art. Und das sag ich einfach mal so, auch wenn ich die Frage gar nicht gelesen habe. Ich kann mir anhand der Antworten schon zusammenreimen, dass da wieder eine universelle Gesellschafts- und Unternehmenskritik formuliert wurde. Die letztlich auch auf der Unkenntnis des Umstandes beruht, dass der gleiche Anbieter oftmals das gleiche Produkt mit Versandkosten billiger und ohne Versandkosten teurer anbietet. Nicht unbedingt auf der gleichen Plattform.

Gruß
C.

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Ein Versandhändler muss keine Verkaufsräume haben mit Parkplätzen davor und Mitarbeitern, die auch zu bezahlen sind, wenn sie auf Kunden warten.

„Nur“ ein Lager, das viel weniger Platz beansprucht als ein Verkaufsraum mit Mittelgängen, Kassenbereich, Kundentoiletten, …

Ich finde, ersparte Miete und ersparte Personalkosten können doch für den Versand eingesetzt werden.

Ich kenne das von Ebay. Und ich bemerke natürlich, dass man da als „Mehrfachkäufer“ benachteiligt würde.

Klobürste „Akelei 2000“, günstigster Preis inkl. Versand: 12,80€.
Kaufe gleich drei und bezahle 38,40€ - denn du bezahlst dann gleich dreimal den einkalkulierten Versand.

Direkt darunter war das Angebot der Konkurrenz: 8,50€ zuzüglich 4,50€ Versandkosten.
Kaufe drei und bezahle 30€

Daher suche ich bei Ebay, wenn ich nur eine Sache bestellen muss, nach dem günstigsten Preis inkl. Versand - kaufe ich jedoch mehrere Artikel, dann sortiere ich nach dem günstigsten Artikelpreis ohne Versand.

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Prinzipiell bin ich da sogar mal deiner Meinung. Es fehlt der „Trigger“, darüber nachzudenken, was man so alles benötigt, um es in eine Bestellung zu packen mit dem Ziel die Transporte und Verpackungen zu minimieren. Aber wie sollte eine gesetzliche Änderung aussehen, ohne teure staatliche Prüfungen auszulösrn, im es nicht als Papiertiger enden zu lassen?

Allerdings würde das oft nichts bringen. Die bestellte Ware kommt nicht selten aus verschiedenen Lägern, so dass die Bestellung eh wieder auseinandergerissen wird. Der gewünschte Effekt wäre also da, aber bei weitem nicht so ausgeprägt, wie Du es vermutest.

Hinzu kommt, dass das eigentliche Problem bei den zu günstigen Preisen für Großabnehmer liegt. Das ist nicht mehr durch eine bessere Transporteffektivität begründbar, wie sie noch vor 20 Jahren gegeben war.

Zudem denken immer weniger Verbraucher überhaupt darüber nach. Schaue dir als Beispiel Cardmarket an. Da werden Karten oft für 2 Cent aber mit Versandkosten von 3-5 EUR gekauft … und das bei mehreren Verkäufern gleichzeitig, weil die Besteller nur auf den Produktpreis schauen.

Zu guter Letzt noch der Hinweis, dass es nicht nur um den Transport geht. Auch das kommisionieren ist deutlich kostenintensiver, wenn nur ein Stück pro Paket gepackt wird … und dabei viel teures Material für die Transportsicherung verwendet wird.

Übrigens… hab ich grade Rolladenmotoren bestellt. Die gibt es vom Hersteller für 32€ plus 5,90€ Versand. Man kann sie auch versandkostenfrei bei Amazon kaufen, der Verkäufer ist aber auch der Hersteller. Kostet dann 37€ das Stück.
Da ich 11 an der Zahl brauche, ist meine Entscheidung klar…

Ein Versandhändler benötigt auch kein Lager und einen verschwindend geringem Wareneinsatz. (Stichwort „Streckengeschäft“)

Warum willst Du das unbedingt den Versandkosten zuschlüsseln? Es kann auch einfach seinen Artikelpreis reduzieren.

Streckengeschäft ist, wenn ich - bildlich gesprochen - zwei Leute am Telefon habe und mir einer sagt, was er wann wo braucht und ich dem anderen sage, was er wann wohin schicken soll.

Amazon & Co. betreiben weder Strecken noch Großhandel, sondern Einzelhandel. Die entscheidenden Vorteile, die Amazon ggü. dem stationären Einzelhandel hat, sind

  • Produktpalette beliebig skalierbar - auch branchenübergreifend
  • weniger und billigeres Personal
  • weniger Flächenbedarf pro Euro Umsatz
  • weniger Miete je Quadratmeter, weil irgendwo auf dem Land
  • Preisvorteile durch größere Einkaufsvolumina

NOCH darf in D der Händler selber bestimmen, wo und wie er Ersparnisse einsetzt.
Er darf das Geld auch in die eigene Tasche stecken und sich eine Rakete bauen, oder einen Fußballclub kaufen oder oder…wenn ihm danach ist.

Moin,

Sicherheitshalber nachgefragt: Amazon selber, wenn der Buchhändler als Verkäufer auftritt, wäre für mich Einzelhandel. Beim Marketplace jedoch nicht, siehe https://www.magnalister.com/de/amazon-fba-vs-amazon-dropshipping/

Oder wo liege ich falsch?
-Luno

Verkauf und Versand durch Amazon: Einzelhandel
Verkauf von XY, Versand durch Amazon: Kommissionshandel und Logistik-Dienstleistung
Verkauf von XY, Versand durch XY: IT-Dienstleister oder so

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Beides stimmt so nicht.


Die Großhandels-Funktion ist allerdings noch in der Experimentierphase. Der Aufbau diese Sparte wurde aber schon vor Jahren (zusammen mit dem eigenen Auslieferdienst) von Amazon angekündigt. Die damals ausgerufenen Strategie „Amazon möchte die gesamte Lieferkette selbst betreiben“ war in alle Richtungen gemeint.

Aber auch nahezu alle anderen größeren Online-Marktplatz-Betreiber nutzen DropShipping und haben B2B-Angebot … mal ganz offen, mal „versteckt“.

Aber am Ende wollte ich nur aufzeigen, dass so manch ein Shop eben auch kein eigenes Lager hat.

Ich möchte das jetzt auch nicht als Werbung für diese Art Geschäftsmodell verstanden wissen. Es ist sehr verlockend, weil es auf den ersten Blick nahezu risikolos wirkt (und oft auch so dargestellt wird). Es hat aber ein paar Dinge, die man erst bei nähere Betrachtung bemerkt. Allerdings sind auch nicht nur billige China-Direkt-Importe, die über dieses Geschäftmodell abgewickelt werden (wie es ebenso oft dargestellt wird).

… genau jene, die ein Online-Shop mit DropShipping auch haben kann (nicht Jeder und natürlich mit einem vernünftig durchdachten Businessmodell).

Adressiere das bitte an jene Person, die das fest verdrahten wollte.

Bei Marketplace sind sie ein Plattform-Anbieter, Zudem ist Amazon auch Logistiker (sowohl Warehousing wie auch KEP). BTW: Mich würde nicht wundern, wenn demnächst noch eine Fluggesellschaft, eine Reederei sowie unternehmenseigene Häfen dazukommen.

Mit AWS wird alles vom einfachen Online-Speicher bis zum umfangreichen Speicher-Dienst geboten … sowohl B2C wie auch B2B. Streaming-Dienste für „Fernsehen“ und Musik wird auch angeboten.

Ich sehe Amazon eher als Misch-Konzern.

Der Gesetzgeber greift schon genug in die Wirtschaft ein. Irgendwann is ja auch mal gut, nich?

Beim Streckengeschäft ging es eigentlich ursprünglich um Schiffsladung Weizen, Rohöl oder Eisenerz. An den Gedanken, dass man den Versand einer Steckdose oder einer Packung Katzenfutter nun einfach genauso bezeichnet, weil Marketingstrategen und Journalisten das irgendwie cool finden, könnte ich mich mit Müh und Not noch gewöhnen.

Allerdings ist in dem Konstrukt nicht Amazon der Streckenhändler, sondern der, der mit dem Kunden den Vertrag schließt - also das Unternehmen, das sich Amazon als Vertriebsplattform und IT-Partner ausgesucht hat. Aufs zweite Lesen stelle ich aber auch fest, dass Du Amazon mit Deinem ersten Text gar nicht gemeint hast, sondern Versandhändler allgemein, die die geschilderten Versand- und Lagerhaltungsmodelle nutzen.

Das ändert aber nix daran, dass Amazon und andere, die Marketplace-ähnliche Dienstleistungen erbringen, selber nicht Streckenhändler sind, sondern eben IT-Dienstleister und Reichweitenvergrößerer (also Vertriebsplattformen).

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Das mag sein. Ich kenne das Streckengeschäft mit Hartwaren, Bekleidung u. ä. seit knapp 30 Jahren und da war es auch nicht neu. Damals allerdings hauptsächlich B2B als Großhändler, der die Palette oder auch eine LKW-Ladung direkt vom Hersteller an seinen Einzelhändler senden ließ, selten und eher als Sonderfall auch mal B2B2C.

Nein. Der Käufer kauft bei Amazon und Amazon gibt die Bestellung mit Lieferadresse des Käufers an den Streckenlieferanten. Der Käufer sieht auch „Verkauf und Versand durch Amazon“, obwohl das - was den Versand angeht - nicht wirklich stimmt.

Anders als sonst üblich gibt der Streckenlieferant aber eine Art Bestandsgarantie. Er muss die Bestände in deren Plattform pflegen oder per Datenschnittstelle bekannt geben.

Das ist richtig. Amazon hatte ich bei der Formulierung nicht im Kopf sondern eher den „Einzelkämpfer“. Trotzdem nutzen eigentlich alle „Großen“ auch DropShipping.

Bemerke gerade, dass der Link das Streckengeschäft mit Amazon etwas um die Ecke beschreibt. Folgender Link erscheint mir da besser:

Mit diesem „Argument“ könnte man auch sämtliche arbeitsrechtliche oder umweltrechtliche Gesetze abschmettern.

Das Verbot von kostenlosen Versand bzw. eine Mindestgebühr für den Versand würden die Umwelt entlasten und niemandem schaden, denn wenn ein Gesetz für alle gleichermaßen gilt ist niemand benachteiligt.

Ja, das ärgert mich auch… aber noch mehr ärgert mich, das z. B. die Mitarbeiter bei Amazon nach Logistik-Tarif statt EH-Tarif bezahlt werden.

P. S. OT.
mich ärgert auch wenn „mein“ www-Forum von dummdreisten Dumpflullen gekapert wird… aber das hat hier keine Relevanz.

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Vorab: Es geht hier darum, der Tarif welchen Gewerbes angewendet wird … in diesem Fall Spedition vs. Einzelhandel. Logistik ist das alles. (wird gleich noch relevant)

Dieser Punkt wird gerne Amazon vorgeworfen, aber es gibt nun mal die beiden Tarife. Das Versäumnis sehe ich da eher bei den Gewerkschaften, die es in (mindestens) 30 Jahren, in denen diese „Lücke“ von Unternehmen genutzt wird, nicht geschafft haben, das anzugleichen.

Und wenn man jetzt mal ganz genau aufgepasst hat: Vor 30 Jahren gab es noch gar kein Amazon. Es waren „solide“ deutsche Unternehmen, die den Weg geebnet haben. Soll Amazon nun einfach eine Logistik-Tochter ausgründen, wie es die deutschen Unternehmen gemacht haben und alles ist super?

… und dann wäre da noch der Großhandelstarif. Die bekommen ebenso weniger, als im Einzelhandel, aber mehr, als im Speditionswesen. Das macht noch viel weniger Sinn. Und um es auf die Spitze zu treiben, werden Mitarbeiter in genossenschaftlichen Unternehmen anders bezahlt, als in anderen Unternehmenformen.

Am Ende sind diejenigen, die da am lautesten protestieren, mit die Verursacher.

IMHO gibt es an Amazon viel zu kritisieren, aber die zu niedrigen Gehälter sind alles andere als ein Alleinstellungsmerkmal Amazons.

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