Wieso hat der Boden der schwäbischen Alb eine wasserdurchlässige Kalkschicht? (im Vgl. zur Umgebung)

Hallo,

Ein Hinweis gleich zu Anfang: Falls sich jemand wundert, warum ich so schwer von Begriff sei: Ich bin Geisteswissenschaftler, will aber mein Wissen bzgl. meiner Heimat etwas verbessern…

Ich habe mich gestern ausgiebiger mit der Entstehung von Gebirgen befasst. So weiß ich nun, dass Gebirge durch einen von der Erde ausgehenden Druck entstehen, der bewirkt, dass die Platten nach oben fahren und dann irgendwie auseinanderklaffen. So weit so gut - dass dann dadurch Gebirge entstehen, ist irgendwie vorstellbar und dass es bei der „Abhang-Seite“, also der Seite, die sich in Richtung der ehemaligen „Auseinanderklaff-Seite“ erstreckt, steiler nach unten geht (Stichwort Albtrauf), kann ich mir auch merken.

Es wird nun problematisch bei der Thematik, dass die Menschen auf der schwäbischen Alb eher an Wassermangel litten (heute im Zeitalter der unbegrenzen Möglichkeiten auch hinsichtlich der Importe ist das natürlich kein Problem mehr): Wie kann erklärt werden, dass durch so einen Vorgang eine wasserdurchlässige Kalkschicht lediglich den Boden der schwäbischen Alb umfasst?  Wie aus folgendem Schaubild schließlich ersichtlich wird,  bleiben die Erdschichten und ihre Reihenfolge genau dieselben. Ich muss mir ja bloß vorstellen, wie die Sache vor der Auseinanderklaffung war: Also die Reihenfolge bspw. Trias- Jura - Tertiär war doch genau gleich. http://media.diercke.net/omeda/800/10265E_11.jpg

Wie soll dann erklärt werden, dass sich durch diesen Vorgang irgendwie Schichtreihenfolgveränderung bzw. zusätzlich eine Kalkschicht bildet, die wohl oberhalb aller Schichten gesetzt wird, die durch ihre Durchlässigkeit bewirkt, dass Trinkwasser gespeichert werden kann?

Danke im Voraus!

Hallo

Gebirgsauffaltung ist nicht der einzige Geologische Prozess. Da kommen noch viele andere dazu.
zB Sedimentation. Viele Gesteine bestehen aus Sedimenten. Das sind Abgelagerte Partikel, aus diversem Material, die sich zu Schichten aufstapeln, und ggf später durch Gebirgsbildung zB gehoben werden. Kalksteine sind solche Sedimantgesteine.
Das Gebiet der Schwäbischen Alb war ursprünglich Meeresgrund. Das Meer war aber in dem Gebiet recht flach, und damit Idealer Lebensraum für Korallen. Diese haben den Kalk gebildet. Kalk aus Korallen ist aber eben aufgrund der Bauweise der Korallen eher Porös. Später wurde das Gebiet dann gehoben, und bildete das Kalkgestein der Alb.
Aber nicht überall sind die Lebensbedingungen für Korallen gegeben. Dort wo es keine Korallen gibt, wird oft kein Kalk abgelagert.
Dafür können andere Dinge abgelagert werden. Dort wo Sand sich ansammelt (wird oft von Gewässern angespült, oder auch von Wind dort abgelagert) bildet sich später Sandstein.
Lagern sich über Kalkschichten später andere Materialien ab, so daß der Kalk stark unter Druck gerät, und er tief genug in die Erde wandert, um dort auch ausreichend warm zu werden, bildet sich aus dem Kalk oft Marmor, der dann nicht mehr Porös ist.
Jeder Teil der Erdoberfläche hebst und senkt sich mehrfach im laufe der Erdgeschichte. Bei Hebungen gibt es oft Erosion, so daß ursprünglich vorhandene Gesteine wieder verschwinden können. Heute an der Oberfläche liegende Gesteine waren nicht immer dort, oft waren sie ursprünglich tief unter der Erde, wurden gehoben, und die darüber liegenden Schichten wurden durch Wind und Wasser abgetragen.
Diese ganzen Prozesse, Sedimentation, Abtragung, Hebung, Senkung…) Spielen ineinander. An jeder Stelle aber unterschiedlich stark, und zu unterschiedlichen Zeiten. An einer Stelle kommt es zur Hebung, an anderer zu Absenkungen. Material das hier Erodiert wird, wird an anderer Stelle abgelagert.
Dies führt dazu, daß jede Stelle der Erdoberfläche seine Eigene Geschichte hat. Deswegen ist auch an jeder Stelle ein anderes Gestein zu finden. Je nachdem wie dort die Prozesse in welcher Reihenfolge abgelaufen sind.
In der Alb führte eben eine Kalkablagerung durch Korallen zur Bildung von Porösen Kalkschichten. Die Anschließende Hebung und Auffaltung des Gebirges zur Bildung der heute bekannten Albstruktur. In anderen Regionen sind andere Prozesse abgelaufen, deswegen ist dort ein anderes Gestein heute bestimmend.

Hoffe Geholfen zu haben…

Ich habe mich gestern ausgiebiger mit der Entstehung von
Gebirgen befasst. So weiß ich nun, dass Gebirge durch einen
von der Erde ausgehenden Druck entstehen, der bewirkt, dass
die Platten nach oben fahren und dann irgendwie
auseinanderklaffen.

„Gebirge“ im engeren Sinne (wie z.B. die Alpen) entstehen durch Kollosion und Stapelung von tektonischen Platten, die Abbildung die Du hier zitierst zeigt den Aufbau des Oberrheingrabens und die verkippten Schollen an seinem Rand.

Die Ursache dafür liegt aber ebenfalls in der Kollosion der Apulischen Platte (= Italien) mit der Europäischen Platte (= Frankreich Deutschland Polen etc…)
sowie mehreren kleinen Heissen Stellen im Erdmantel („Hot Spots“) von denen einer unterhalb des Oberrheingrabens ziemlich sicher vermutet wird (Kaiserstuhl-Vulkan mit Karbonatiten u.a. speziellen magmatischen Gesteinen)

Dadurch wurde die sogenannte Süddeutsche Großscholle (Liegt im Dreieck Alpennordrand-Rheingraben-Vogelsberg-Grenze zum Bayerischen Wald) nach Südsüdost verkippt und auch noch etwas verwellt… Die Vekippung beträgt dabei grade mal wenige % neigung maximal, was aber auf 100 km Strecke auch ein bis 2 km Höhenunterschied ausmachen kann.

Was das bedeutet kann man vieleicht fogendermaßen visualisieren: Nimm ein paar großformatige Bücher (vorzugsweise welche, die Du nicht magst :smile: ) leg sie Übereinander (die ablagerung der einzelnen Gesteinsarten) und verkippe den ganzen Klotz (=Verkippung der Großscholle). Dann mit dem Hobel die Fläche oben abhobeln, bis die wieder eben ist (Erosion). Du siehst, dass auf der Oberfläche sich ein Streifenmuster bildet, wo dann die verschiedenen Bücher an der Glattgehobelten Oberfläche wieder erscheinen.
Nun besteht der Schichtaufbau nicht alles aus papier, sondern aus verwitterungsresistenten und weniger verwitterungsresistenten Gesteinen. Es ist somit relativ einsichtig, dass durch die Verwitterung die härteren Schichten herauspräpariert werden und Steilabbrüche entgegen die Verkippungsrichtung bilden. das nennt man dann Schichtstufenlandschaft, und eine sehr prominente Schichtstufe ist der Albtrauf.

Somit haben wir im Bereich der Alb verwitterungsresistente Kalksteine (und Dolomitsteine) die durch die verwitterung herauspräpariert wurden.
Diese mächtige kalksteinschicht setzt sich nach Süden unter das Molassebecken hinein fort (wurde dort oft erbohrt) und mit gewissen Gesteinswechseln auch unter die alpine Deckenfront. D.H. südlich der Alb liegt der Kalksteinkörper unter Wasserstauenden und wasserleitenden Schichten (Wechselfolgen aus Feinsedimenten und sanden (teilweise auch gering mächtige Karbonate) somit ist dort der Wassermangel an der Oberfläche nicht vorhanden und was in ein paar 100 m tiefe stattfindet ist nicht wirklich für den Oberflächenwasserhaushalt von tieferer Bedeutung.

Kalkstein ist auch sehr anfällig für Verkarstung, so dass sich in dem relativ zum Umlad hoch liegenden Bereich schnell Höhlen bilden, durch die das Oberflächenwasser in den Untergrund verschwindet und dann am Fuß des Albtraufes rauszukommen.
Ein zweites Problem der Karstgrundwasserleiter liegt in der quasi nicht vorhandenen Filterwirkung des Gesteins, so dass der Dreck, der oben reinläuft, ungefiltert und ungeklärt nach wenigen Stunden im Grundwasser landet. (deswegen sind zur Oberfläche offene Karstgrundwasserleiter extrem unbeliebt zur Trinkwasserversorgung)
Auf der Alb kommt als spezielles Problem hinzu, dass die Kalksteinschichten sehr mächtig sind, so dass man um in unbeeinflusstes Grundwasser zu kommen teilweise über 100 m tiefe Brunnen anlegen muß.

Es ist übrigens hierbei weniger von Bedeutung, welchem Erdzeitalter diese Gesteine nun angehören, sondern welcher Art die Gesteine sind. Das ist regional teilweise SEHR unterschiedlich.

LG
Mike

(Disclaimer: Das ist jetzt ziemlich vereinfacht dargestellt…)

Hallo Mike,

(Disclaimer: Das ist jetzt ziemlich vereinfacht dargestellt…)

wäre aber in seiner Prägnanz und Anschaulichkeit eines Schorsch Wagner würdig.

Glück auf!

MM

Ich habe gesehen, dass es jetzt schon zwei sehr gute Antworten gibt. Deshalb will ich mich nicht wiederholen. 

Mit herzlichen Grüßen,
Antje