No ja - wenn Du den verlinkten Artikel aus dem „Irishman’s diary“ gelesen hast, hast Du ja gesehen, dass es grundsätzlich zu einem Leben im Blues gehört, dass man Schwierigkeiten hat. Im Blues lebt keiner ‚straight‘, und wenn er es tut oder versucht, kommt nix Gutes dabei heraus, vgl. Elvis Presley.
Zwischen Lazy Bill Lucas und Paul Millns liegen nicht nur knapp dreißig Jahre, das sind völlig verschiedene Generationen, sondern auch der Atlantik - zwar haben sich die Briten im Empire und später im Commonwealth durchaus auch nicht immer als Engel aufgeführt, aber die strikte „Rassentrennung“ und Ausstattung von Bürgern verschiedener Hautfarben mit unterschiedlichen Rechten gab es im XX. Jahrhundert in Großbritannien nicht. „Segregation“ funktioniert in UK anders - wenn Du jemanden von einem britischen Golfclub fragst, ob er Dir sagen könnte, warum es in diesem Club nur Weiße gibt, obwohl doch bei den Gutsituierten in seiner Stadt alle Hautfarben des Commonwealth vertreten sind, sagt er sowas wie ‚Well, I don’t know - it just happens!‘.
Zwischen Bill Lucas und Paul Millns sind u.a. Malcolm X und Martin Luther King geboren, ungefähr gleich mit Paul Millns Angela Davis. Wer diese Leute sind und welche Bedeutung sie für die soziale Stellung von Afroamerikanern in den USA haben, kannst Du leicht selber recherchieren. Sehr wichtig war für diese Entwicklung die Zeit ca. 1965 - 1970, und ob jemand sich persönlich zum gleichberechtigten Bürger entwickeln konnte oder eben als Person trotz sehr zögerlich gewährter Gleichberechtigung Nigger blieb, hängt stark davon ab, in welchem Lebensalter er diese Zeit (als Zeitzeuge oder auch als Akteur) erlebt hat.
Wie auch immer: Im Blues war es umgekehrt, da mussten Weiße erstmal beweisen, dass sie überhaupt Blues singen und spielen konnten - in der Szene hieß es noch in den 1940er Jahren, das sei für einen Weißen ganz unmöglich - Weiße hätten weder das nötige „Kehlkopf-Timbre“ noch das nötige Feeling. Vor Johnny Winter (weißer geht’s nicht! - und bluesiger kaum) muss man Weiße im Blues auch sehr suchen. In der Blues-Szene der 1930er Jahre hätte Johnny Winter übrigens ziemlich wahrscheinlich einen pet name bekommen, der auf seinen Albinismus anspielt, „paleface“ oder sowas.
– Nebenbei: Wenn Du Paul Millns noch hören möchtest, solange er noch auftritt, muss das natürlich nicht unbedingt in Mannheim sein; aber es gibt schon Orte, die für Blues besser oder weniger gut geeignet sind; die Akustik macht es dabei gar nicht so sehr aus. Das sind solche Plätze wie die Gigelberghalle in Biberach (wo ich Champion Jack Dupree das erste Mal gehört habe) und die Stadthalle in Heidelberg (wo Johnny Winter einen seiner letzten großen Auftritte hatte).
Schöne Grüße
MM