ich interessiere mich für die deutsche Geschichte und habe bezüglich des Deutschen Kaiserreichs festgestellt, dass die Staaten innerhalb des Reiches bis 1918/19 noch eigenständig waren. Wie kann das sein? Ok das HRR war so eine Art überstaatliches Gebilde oder auch ein (loses) Bündnis zwischen den Deutschen (Klein)Staaten. Aber das Kaiserreich war doch ein geeinigter Staat, wie kann das sein, dass dann z.B. Bayern trotzdem noch unabhängig war? Wollten die Monarchen unabhängig bleiben? Der Kaiser war ja auch das Präsidium des Bundes, aber heute sind ja die Bundesländer auch nicht unabhängig und der Bundespräsident Staatsoberhaupt. In anderen Staaten wie den USA, die ja auch wie das Kaiserreich aus Bundesstaaten bestehen ist z.B. Kalifornien trotzdem nicht unabhängig.
Würde mich freuen, wenn mir da jemand helfen konnte.
danke für die Einladung zu dieser Frage. Ich weiß nicht, wie Du darauf kommst, daß die Bundesstaaten des Deutschen Reiches unabhängig waren. Das Deutsche Reich war gemäß Verfassungsgesetz vom 16. April 1871 ein Bundesstaat, in dem der preußische König als Präsidium des Bundes das Staatsoberhaupt war und den Bund nach außen vertrat. Der Bund hatte zudem auf einigen Gebieten die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz. Allerdings verblieb den Bundesstaaten eine umfangreichere Eigenständigkeit. Das Königreich Bayern und auch das Königreich Württemberg hatten nach Maßgabe des genannten Verfassungsgesetzes zusätzliche Freiheiten, insbesondere auf dem Gebiet des Post- und Eisenbahnwesens, die andere Bundesstaaten nicht hatten, ohne daß man sie jedoch als unabhängige Staaten bezeichnen kann. Solche Sonderregelungen nahmen Rücksicht auf die Bedeutung dieser beiden Königreiche vor der deutschen Reichsgründung.
Nun, immerhin bis 1921 unterhielten Bayern und das Deutsche Reich jeweils Gesandtschaften in der entsprechenden Hauptstadt… das ist schon was anderes als heute, wo Bayern und der Bund keine diplomatischen Beziehungen führen
Allerdings unterhalten die Länder der Bundesrepublik Deutschland in der Bundeshauptstadt sogenannte Landesvertretungen, um ihre Interessen auf Bundesebene zu vertreten (Bundesrat, Bundestag, Bundesregierung). Ich selbst war schon in mindestens zwei dieser Vertetungen zu Gast, u.a. in der Vertetung des Landes Schleswig-Holstein beim Bund.
Seit längerem haben die Länder auch Vertretungen bei der Europäischen Union.
doch die Königreiche und auch heutzutage die Bundesländer (sowohl in Deutschland als auch in den USA)
sind sehr wohl in vielen Bereichen unabhängig.
Im Augenscheinlichsten wird dieses in den USA bei verschiedenen Gesetzen in den jeweiligen Bundesstaaten.
In dem einen darfst du mit 18 Jahren eine Bar besuchen, in dem anderen Land erst mit 25 Jahren.
Sowas gab es auch in Deutschland bis zum 1. WK danach wurde dann aber sehr vieles in Bundesgesetzen geregelt´.
Aber auch nach dem Kriege gab es in einzelnen Bundesländern der BRD noch Abweichungen.
Die bekannteste ist natürlich Berlin (West) ,das nämlich gar kein Bundesland war. Aufgrund des Viermächteabkommens mussten alle Gesetze des Bundes nämlich dort Übergeleitet
werden.
Und Bayern hatte bis 1993 noch eine „Extrawurst“ bezüglich der Grenzsicherung.
Während alle anderen Bundesländer diese dem Bundesgrenzschutz seit dessen Gründung übertragen hatten, gab es in Bayern bis dahin die eigene Grenzpolizei
Und bis heute wird in allen Bundesländern im Schulwesen das eigene Süppchen gekocht.
vielen Dank für eure Antworten. Klar die hatten eigenes Postwesen usw., habe ich alles in der wikipedia gelesen. Klar, in jeder Landesregierung gibt es einen Minister, der das Land in Berlin und in Brüssel vertritt.
Ich meinte aber, da in allen deutschen Bundesstaaten immer noch die selben Monarchen herrschten, wie vorher. So erscheinen in der Liste der Staatsoberhäupter aus dem Jahre 1900 die Könige Otto I. (Bayern), Wilhelm II. (Würrtemberg) und Albert (Sachsen) als Staatsoberhäupter, ebenso wie alle anderen deutschen Fürsten und sogar die „Bürgermeister“ von Bremen, Hamburg und Lübeck, die laut der Wikipedia erst nach der Reichsgründung zu Staatsoberhäuptern wurden.
Hier mal die Links, vielleicht könnt ihr euch das erklären.
vielen Dank für deine Antwort. Klar gibt es in den Bundesländern verschiedene Gesetze und den Schulgesetzen kann ich ein Lied singen. Aber wie ich oben geschrieben habe, meinte ich das laut der Wikipedia alle deutschen Bundesstaaten weiterhin ein eigenes Staatsoberhaupt hatten, Hamburg, Bremen und Lübeck sogar erst nach der Reichsgründung. Hier nun die entsprechenden Links:
Das ist damit nicht gemeint. Die deutschen Länder unterhalten Vertretungen beim Bund und der EU, also Gebäude, Beamte, Beschäftigte, die vor Ort sind und nicht in deren Land (bis auf Berlin, weil Berlin nicht nur ein eigenes Land, sondern auch die Bundeshauptstadt ist).
Daß es weiterhin Staatsoberhäupter in den Bundesstaaten gab, schließt die Aufgabe der vollständigen Souveränität nicht aus:
„Auch die Gliedstaaten eines (gesamtstaatlichen) Bundesstaats können Staatsoberhäupter haben. In den Vereinigten Staaten beispielsweise werden Gouverneure als Staatsoberhaupt eines US-Bundesstaates angesehen. Als teilsouveräne Gliedstaaten haben diese ein eigenes Polit- und Rechtssystem, wobei die Stellung des Gouverneurs jener des Präsidenten auf Bundesebene gleichkommt. Die Ministerpräsidenten der deutschen Länder sind ebenfalls Staatsoberhäupter, auch wenn im Vergleich zum US-amerikanischen System eine geringere Machtfülle und wegen der Verfassungsarchitektur eine stärkere Abhängigkeit von der Legislative besteht.“
In Schleswig-Holstein beispielsweise vertritt der Ministerpräsident das Land und kann als dessen Vertreter Verträge mit der Bundesrepublik Deutschland und anderen deutschen Ländern schließen.
In Bayern heißt die Landesregierung heute noch „Staatsregierung“ und der bayerische Ministerpräsident vertritt den Freistaat Bayern nach außen (Art. 47 Bayerische Verfassung). Darüber hinaus kennt die bayerische Verfassung sogar noch die bayerische Staatsangehörigkeit. Trotzdem sind Schleswig-Holstein und Bayern keine unabhängigen Staaten, sondern Gliedstaaten des Bundesstaaten Bundesrepublik Deutschland.
Das ist das Besondere am Föderalismus und anders als in zentralistisch organisierten Staaten wie z.B. Frankreich oder - mit Einschränkungen - Italien.
um das zu verstehen, musst du auch die Verfassung des Norddeutschen Bundes kennen, welche nahezu identisch ist mit der Bismarckschen Verfassung von 1871
Viel besser für das Deutsche Volk wäre es aber gewesen, es hätte sich um 1848 diesbezüglich ein Vorbild an der Französischen Revolution genommen und sich aller Adeligen entledigt … Die nachfolgende Republik hätte zwar etwas Zeit zur Stabilisierung benötigt, aber wohl keine großen Kriege geführt …
Aber wie ich oben geschrieben habe, meinte ich das laut der Wikipedia
alle deutschen Bundesstaaten weiterhin ein eigenes Staatsoberhaupt
hatten, Hamburg, Bremen und Lübeck sogar erst nach der Reichsgründung.
weil es sich ja immer noch um eigenständige Königreiche bzw.Großherzogtümer handelte.
Fürsten (Adlige) kriegt man nicht so einfach weg (außer in Frankreich) woran übrigens später auch noch die Weimarer Republik „krankte“ und das unter anderen Dingen Hitler den Weg
bereitete.
erstmal und sorry dass ich mich erst jetzt wieder melde, aber mir geht es gesundheitlich nicht so gut.
Ja, ich weiß das mit den Beamten vor Ort, aber die Vertreter der Landesregierungen sitzen doch dann in Berlin/Brüssel in diesen Gebäuden natürlich mit einem ganzen Stab Mitarbeiter oder koordinieren die das von der jeweiligen Landeshauptstadt aus?
Ja klar den Föderalismus, aber ein Gouverneur hat jetzt doch nicht die Macht eines US-Präsidenten, der ja immer noch ein „höheres“ Staatsoberhaupt. Ok der Bundespräsident hat ja keine politische Macht, aber er steht protokolarisches lange vor den Ministerpräsidenten, also ist er 1. Mann im Staat und somit Staatsoberhaupt. Sorry, aber in den meisten Statistiken steht nun mal nur ein Staatsoberhaupt, in der Wikipedia nirgends ein Gouverneur oder Ministerpräsident. Aber gut, wenn diese alle als Staatsoberhäupter angesehen werden soll es mir recht sein, dann hast du meine Frag ja beantwortet. Dann war ja Arnie auch Staatsoberhaupt und ich habe auch schon mal ein Staatsoberhaupt/Ministerpräsident getroffen. Es stand auch in einer Statistik über die Staatsoberhäupter im 19. Jahrhundert, neben dem US-Präsidenten noch das Oberhaupt Puerto Ricos und eines anderen Überseegebietes.
erstmal und sorry dass ich mich erst jetzt wieder melde,
aber mir geht es gesundheitlich nicht so gut.
Ja klar, die Bundesstaaten haben Vertreter in den Bundesrat entsendet, genau wie es heute auch der Fall ist. Aber es ist wohl so, wie der Experte oben meinte, dass auch heute noch die Oberhäupter von föderalistischen Bundesstaaten wie bei Deutschland und den USA als Staatsoberhäupter angesehen werden.
Ob die Republik keine Kriege geführt hätte, ist fraglich. Sicherlich hätte man auch Bündnisse z.B. mit Österreich gehabt und daher wohl auch im Kriegsfall diese unterstützen müssen. Vielleicht wäre dadurch auch viel früher ein „anderer Hitler“ an die Macht gekommen und hätte was weiß ich für ein Chaos angerichtet. Was die Kolonien angeht, da hatte Frankreich auch einige erst erworben, als es schon lange Republik war (Fr-Westafrika, Madagaska, Kamerun), also nicht typisch für Monarchien. Aber das ist eine Frage, die schon viele Historiker beschäftigt hat (genauso mit dem Hitlerismus) und welche man nicht zweifelsfrei beantworten kann.
erstmal und sorry dass ich mich erst jetzt wieder melde, aber mir geht es gesundheitlich nicht so gut.
Ja stimmt, dass man die nicht so leicht wegbekommt, in Frankreich war es ja schon ziemlich heftig. Ein anderer Experte meinte, dass Oberhäupter von Bundesstaaten auch als Staatsoberhäupter angesehen werden können (Ministerpräsidenten in Deutschland, Gouverneure in den USA).
Meinst du, dass die Konservativen aus der Kaiserzeit immer noch im Reichstag aktiv waren und dann später in NSDAP und DNVP und sich die Nazis ja auf das kaiserliche Erbe bezogen haben und Hitler von Hindenburg und Ludendorff zur Macht verholfen wurde und dass alte Adelige wie von Ribbentrop und von Papen in seiner Regierung saßen? Ach ja, da waren ja noch die Dolchstoßlegende und dass Göring dem Kaiser versprach, dass er wieder auf den Thron zurück käme…
Ein anderer Experte meinte, dass Oberhäupter von Bundesstaaten auch als Staatsoberhäupter angesehen werden können (Ministerpräsidenten in Deutschland, Gouverneure in den USA).
nein, weil der grundlegende Unterschied zwischen heute und damals der ist, das die damaligen Fürsten wirklich Souverän, d.h. unabhängig waren.
alte Adelige wie von Ribbentrop und von Papen in seiner Regierung saßen
Du musst dir Deutschland zu der damaligen Zeit und in den damaligen Grenzen vorstellen.
D war zum überwiegenden Teil ein „Bauernland“ und der Adel von ganz klein bis zu den bekannten
besaß große Ländereien und hatte einen Großteil der Bevölkerung als Pächter unter sich.
Ebenso waren alle Offiziere der Wehrmacht Adelige.
ja das stimmt auch wieder, die Bayern wären glaube ich gerne
unabhängig, aber die Königreiche usw. waren es ja wirklich. Aber jetzt verstehe ich es trotzdem nicht, es ginge ja da drum einen deutschen Nationalstaat zu bilden, der ja aus dem Norddeutschen Bund unter preußischer Führung hervorgegangen ist und dem sich dann letztendlich die süddeutschen Staaten angeschlossen haben. Es ist also so wie bei der Bundesrepublik, die ja nicht aus den Bundesländern besteht, sondern die Bundesländer bilden die Bundesrepublik Deutschland, sind aber dann doch nicht unabhängig, da sie ja keine Monarchien mehr sind. Habe ich das jetzt richtig verstanden?
Ja, hatte der Adel nach dem 1. Weltkrieg noch so viel Macht, ich dachte die hätten alle Privilegien verloren, wobei die ja noch heute große Ländereien haben? Ja die meisten Offiziere waren adelig, sieht man auch in der Liste der Generalfeldmarschälle, wobei im 3. Reich dort einige wenige bürgerliche Herren hinzukamen u.a. Göring.