Hallo,
nur die aktive Einmischung macht es m. E. nicht aus. Das wäre
in der Tat einfach ein engagierter Bürger.
wo ziehst du hier den Trennstrich zu:
Den Wutbürger
ein (von dir so genannter) „Wutbürger“ kann doch genauso ein
engagierter Bürger sein.
Grundsätzlich ist ein Wutbürger natürlich ein engagierter Bürger, nur ist eben nicht jeder engagierter Bürger ein Wutbürger. Der Wutbürger ist ein engagierter Bürger, gepaart mit Emotionalität und ausgeprägtem Rechtsbewusstsein.
zeichnet aus meiner Sicht eher aus, dass er vor allem gegen
etwas ist, vor allem gegen „die da oben“. Er fühlt sich
moralisch immer im Recht, ist kaum kompromissbereit und hat
eine klare Vorstellung von gut und böse.
Die Emotionen sind stark ausgeprägt und sachliche Diskussionen
sind kaum möglich. Widerspricht man, ist man wahlweise dumm,
von der Atom-/Banken-/Wirtschaftslobby gekauft oder hat
einfach nicht den hohen moralischen Standard, den der
Wutbürger für sich in Anspruch nimmt.
Vielleicht sollte man mal seine eigenen Ansichten,
Einstellungen, Informationskanäle und Motive hinterfragen:
- wen bezeichne ich als „die da oben“?
„Die da oben“ ist als Zitat eines Wutbürgers genannt, was bei ihm die entsprechende Obrigkeit ist, die gerade das macht, was ihm nicht gefällt. So war z. B. bei S21 „die da oben“ eigentlich immer die Landesregierung, meistens die Bahn, aber soweit ich das verfolgt habe, nicht die Stadt und nich der Bund.
- was ist mein moralischer Standpunkt?
Darum geht es nicht, der Punkt ist, dass ich durchaus andere moralische Standpunkte als ebenso richtig für möglich halte…
- was ist meine Vorstellung von gut und böse?
Es gibt nicht nur gut und böse, es gibt eine Menge dazwischen und auch noch ausserhalb davon. Die Welt ist sehr kompliziert und taugt nicht dafür, in eine gute und eine böse Seite eingeteilt zu werden, vor allem, weil das jeder anders machen würde.
- woher beziehe ich meine Informationen?
Radio, Fernsehen, Internet, häufig auch Tageszeitung. Alles in dem Bewusstsein, dass es immer Infos geben kann, die mir nicht zur Verfügung stehen und jede Information allein durch ihre Art der Veröffentlichung bewertet wird.
- warum denke ich, dass meine Informationen richtig sind?
ich hoffe es, und wenn z. B. Medien wie TAZ und FAZ die gleiche Richtung weisen, glaube ich dieser Richtung mehr als wenn sich beide widersprechen.
- sind sachliche Diskussionen mit Menschen, die nicht meiner
Meinung sind, nicht auch deshalb kaum möglich, weil ich selber
nicht von meinem Standpunkt abrücken möchte?
Da ich in und durch sachliche Diskussionen durchaus schon meine Meinung geändert habe, greift diese Frage nicht wirklich.
- bin nicht ich derjenige, der keinen Widerspruch duldet?
Ich dulde und begrüße ihn ja, ich lasse mich auch umstimmen, wenn der Widerspruch für mich faktisch begründet ist.
Ich habe in den letzten Monaten einige neue Einsichten in
vielen Themen gewonnen und manches dazu gelernt, aber nie,
wenn ich mich mit einem der sog. Wutbürger unterhalten habe,
für den es ja verwerflich ist, eine andere Meinung zu haben.
Hast du dir mal ernsthaft die Argumente der Gegnerseite
angehört und deine eigene Meinung in einer Sache - in der du
dir eigentlich sicher bist - hinterfragt?
Das mache ich ständig. Ich ändere meine Einstellungen ja auch durchaus. Nur nehme ich für mich in Anspruch, dass man mir so begegnet, wie ich mich bemühe, anderen Menschen zu begegnen. Ich versuche andere Meinungen zu respektieren und hoffe, dass ich respektiert werde. Und bei den Menschen, die ich als Wutbürger bezeichne, gibt es keine Toleranz. Dass ich bei Menschen, die mich als gekauft, Lobbyist oder Nazi bezeichnen, nicht wirklich zugänglich für sachliche Argumente bin, magst Du mir verzeihen.
Halt ich mich also künftig wieder an die sachlichen
Diskussionen.
Sachliche Diskussionen greifen verschiedene Fakten auf.
Experten sind sich bei vielen Fakten nicht einig.
Eine objektive Ansicht aller transparent dargestellten Fakten
ist nötig, um sich einer tatsächlich sachlichen Diskussion
stellen zu können.
So sehr ich Dir auch grundsätzlich recht geben möchte: Es gibt keine objektive Ansicht der relevanten Daten. Jeder bewertet Daten anders. Grundvoraussetzung jeder zielführender Diskussion ist nur die Toleranz der anderen Meinung, das Heraushalten jeglicher Emotionalität und (da geb ich Dir recht) dass allen Diskussionsteilnehmern die selben Informationen vorliegen.
Gruß
ALex