Hallo allerseits,
folgende Situation:
Ich habe nochmals geheiratet. Beide Partner haben jeweils zwei erwachsene Kinder. Meine Tochter zog aus. Die Tochter meines Mannes zog ein. Sie war bis zu diesem Zeitpunkt selbstständig. Abgebrochenes Studium, diverse schlecht bezahlte aber verantwortungsvolle Jobs in der Start Up Szene. In dieser Zeit wurde sie chronisch krank . Da sie keine, räumlich bedingt, Intimsphäre im Hause ihrer Mutter hatte, boten wir ihr an,zu uns zu ziehen.Die Erkrankung ist erst spät diagnostiziert worden, da sie sehr selten ist. Wenig erforscht und bisher unheilbar. Sie kommt in Schüben und verursacht dann eine absolute körperliche Schwäche, einhergehend mit Konzentrationsstörungen, „brainfog“ und vielen anderen organischen Symptomen. Es gibt ganz schlimme Fälle, in denen Betroffene sogar bettlägerig werden. Hier ist die Situation nicht so ausgeprägt. Wenn Schübe aus unerklärlichen Gründen auftreten ist sie vollkommen außer Gefecht gesetzt. Ein großes Teil Ihrer Befindlichkeit ist jedoch gut. Dann schafft sie es, ihre gesamte Energie in ein sehr erfolgreiches (nicht finanziell) Projekt zu investieren. Ist viel im Lande per Auto unterwegs.
Zum Punkt meiner Unsicherheit:
Wir haben erwartet, dass sich sich in unseren Alltag zu einem Teil einbringt. Doch alles „Nichts tun“ wird mit ihrer Erkrankung entschuldigt. Es betrifft die ,für unsere Meinung , normale Beteiligung am gemeinsamen Haushalt. Es gibt keine Kraft um die Spülmaschine mal auszuräumen, Handtücher aus dem Trockner zu falten, Müll rauszubringen, etc. Es fallen Argumente, wie: Mir geht es gerade nicht gut, ich bin auf dem Sprung, ich kann nicht daran denken das Licht auszumachen, weil ich u.a. auch ADHS habe, da ist man eben „schusselig“, Fenster putzen- Wie soll ich bei meiner Größe da ran kommen, Staubsaugen -da habe ich eine Stauballergie ( wir haben auch einen Wasserstaubsauger). Ihr versteht mich und meine Erkrankung nicht!!! ( Sie ist wirklich schlimm, das wissen wir und sehen es auch … unserem Empfinden nach.) Mein Mann ist äußerst aufgebracht, da er im umgekehrten Falle immer parat steht, wenn sie um Hilfe fragt.
Wir haben als Patchwork Eltern einen Ehevertrag und ein Testament gemacht , um jeweiliges Eigentum nach unser beider Ableben den jeweiligen Kindern zukommen zu lassen. Die Reihenfolge ist so geregelt, dass der längstlebende Partner bis zu seinem Ableben Nutznießer des Eigentums des Partners bleibt. Dies löste eine riesige Welle aus. Es sei unverantwortlich, die (kleinen) Mieteinnahmen der Ehefrau zukommen zu lassen (ich werde eine ganz kleine Rente erhalten, minimal über der Grundsicherung, ich habe
seit langem drei anstrengende, verantwortungsvolle Jobs, um mich und meine Tochter zu finanzieren) er wisse doch, dass sie chronisch schwerstkrank sei und sich wahrscheinlich niemals selber versorgen werden könne. Gestern Abend dann der Satz: Er hätte sich vorher überlegen müssen, wo er seinen…, jetzt müsste er auch die Verantwortung für sein Kind tragen.
Ich bin entsetzt über diese Wortwahl. Ich bin entsetzt über diese Erwartungshaltung, besonders, da kein Interesse an unserem Leben, Alltag und Problemen vorhanden ist. Alles dreht sich um sie. Nicht falsch verstehen, ich sehe sie und verstehe auch ihre Nöte. Mir fehlt das Gesehen werden von ihrer Seite in Kombination mit ihrer Erwartungshaltung. Ist unser Denken so unmoralisch, wie sie uns vorwirft??
Ich würde mich freuen einige Meinungen dazu zu hören, auch kritische.
Herzlichen Dank im Voraus