Windbüchsen

Hallo,
eben habe ich ein Buch (um 1800 geschrieben) gelesen. Es kommt mehrmals die Bezeichnung ‚Windbüchse‘ vor, im Anhang steht, es sei ein Luftgewehr, mit dem einige wenige Regimenter ausgestatte waren. Meine Fragen:

  1. Wie hat das Ding funktioniert (vermutlich über Federdruck)
  2. Konnte man damit wirklich Panzerungen durchschlagen?
  3. Ein Luftgewehr ist recht aufwendig in der Herstellung, besonders, wenn man keine modernen Fräsmaschinen besitzt. Was konnte so eine Anschaffung rechtferigen?

Danke, Mel.

Hallo Mel!

Windbüchse ist ein Gewehr, dessen treibende Kraft zusammengepreßte Luft ist, die in einen abschraubbaren Kolben eingepumpt wird. Siehe auch Bolzenbüchse.
Und Bolzenbüchse ist ein Hinterlader, bei dem ein durch Büschel luftdicht schließender Bolzen mittels komprimierter, in den Kolben eingepumpter Luft aus dem Lauf getrieben wird.

Brockhaus 1906 mit Zeichnung.

Gruß Werner

Im sehenswerten Wehrgeschichtlichen Museum im Rastatter Schloss ist eine Windbüchse ausgestellt. Im Katalog dazu heißt es:

„Ansonsten gab es von der Bewaffnung her kaum Unterschiede zwischen den Heeren Napoleons und Friedrichs des Großen, abgesehen von technischen Außenseitern wie der Repetier-Windbüchse, System Girandoni. Die vom Tiroler Uhrmacher und Mechaniker Bartholomeo Girandoni (1744-1799) entwickelte Windbüchse ging auf Vorbilder aus dem 17. Jh. zurück und wurde nur in 1.400 Exemplaren gefertigt. Die Antriebskraft lieferte Preßluft in einem auswechselbaren runden Stahlkolben mit Ventil. Das Schloß mit Scheinhahn betätigte die Öffnung des Ventils. Die 20 Kugeln lagen in einen Röhrenmagazin neben dem Lauf und wurden durch Betätigung eines automatisch wieder zurückgehenden Schiebers in den Lauf hineingebracht. Kaiser Joseph II (1769 - 1790) förderte diese sehr rationelle pulverlose Schusswaffe und führte sie 1799 bei einigen Einheiten der österreichischen Armee ein. Nachteilig war, dass die bis zu 20 Schuss erlaubende Luftflasche gegen Ende immer geringere Schussleistungen erbrachte und dann mittels einer Spezielpumpe wieder aufgepumpt werden musste. Deshalb führte jeder Soldat, der mit dieser Waffe ausgerüstet war, zwei Reservekolben mit sich. Immerhin durchschlug der 20ste Schuss noch bei einer Distanz von 100 Schritt ein 2,5 cm starkes Holzbrett, vorausgesetzt der Kolben war vorher mit den vorgeschriebenen 30-40 atü aufgepumpt worden. Die Waffe wurde bei Scharfschützen im Türkenkrieg 1788-1791 und in den Kriegen gegen Frankreich bis 1806 verwendet. Die Behauptung, ein besonderer Befehl Napoleons habe den Schützen im Falle der Gefangennahme den Tod angedroht, ist nicht bewiesen.“

Moment mal
Es gab also schon um 1770 Gewehre, die in relativ kurzer Folge 20 Schuss abgeben konnten? Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, eine Muskete zu stopfen, aber der Unterschied ist doch so gewaltig, dass so ziemlich jede Armee damit ausgerüstet geworden wäre! Die Vorteile sind klar: Der einzelne Soldat kann mehr Muni rumschleppen, es gibt keine Fehlzündungen , kein Ärger mehr mit nassem Pulver, das Ganze war recht leise…wo waren die Nachteile?

So schwer zu erklären ist das nicht. Um 1770 gab es auch schon Büchsen mit gezogenen Läufen, die, einen erfahrenen Schützen vorausgesetzt, auf 500 Meter treffsicher sein konnten. Trotzdem stapften die meisten Soldaten mit Musketen einher, die mit viel Glück auf 50 m treffsicher sein konnten… . Das Ganze ist ein Finanzproblem. Büchsen erfordern Büchsenmacherkunst, also echte Handarbeit. Musketen wurden vorindustriell in Massen produziert.
Die Steigerung ist eine Windbüchse, die im Zeitalter ohne Plastik- und Gummidichtungen eine büchsenmacherische Meisterleistung darstellte ond in ihren Kosten etwa 1000 Musketen aufwog.
Unser Nachbau hier schießt etwa 100 Meter recht präzise, seit die Waffe gut eingeschossen ist, aber 2,5 cm Massivholz schafft sie bei einem Kaliber von fast 7 mm auch auf Kernschußweite nicht. Geräuschentwicklung ist kaum mehr als bei einer Soielzeugpistole, aber im Winter ist (wohldurch die Dichte der Luft) die Treffsicherheit deutlich herabgesetzt).
Positiverweise ist der Rückstoß sehr gering.

Liebe Grüße,

Marcus,
IG Armatus

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Hallo !

Im Spanisch - US-Amerikanischen Krieg 1898 beschoß das amerikanische Versuchs-Kriegsschiff „Vesuvius“ (Dynamitkanonenkreuzer) den Hafen von Santiago auf Kub mit 680 kg Dynamit-Granaten mit Preßluft aus drei feststehenden Rohren.

Gruß Werner