Wir fahren 'nach' Aldi - falsch od. Dialekt?

Hallo,

hatte letztens ein „Streitgespräch“, weil ich mich immer aufrege, wenn jemand „nach Ikea fährt“ oder „nach Tante Anna“.
Man fährt doch „zu Ikea“ und „zu Tante Anna“.
Mein gegenüber meinte, aber man fährt ja auch nach Hause, nach Frankfurt etc., was ja so grammatikalisch auch richtig ist.
Meine Frage: bin ich zu streng, wenn ich ersteres als total falsch ansehe? Stimmt es, daß es „Rheinische Ausdrucksweise“ sein soll? Denn erklären, warum das eine so und das andere so heißt, konnte ich auch nicht.
Danke schonmal vorab!!!
Caren

Hallo, Caren!

„Nach Ikea, nach Tante Anna“ ist definitiv, also durch die Definition der Grammatikregeln des Hochdeutschen, falsch.
Wobei es sich dabei weniger um eine dialektale, als um eine soziolektische Fehlbildung handelt.

Die Präposition „nach“ wird bei Städten, den meisten Ländern - mit Ausnahme der Länder mit Artikel: also in die Schweiz, in die Türkei, aber nach Spanien, nach Frankreich etc. - verwendet.

Die Präposition „zu“ dagegen findet bei Personen, Institutionen und auch Geschäften Anwendung; also „zu Paul, zu Tante Erna, zum Arzt, zur Post, zu Aldi etc.“

Es gab einst den Mantafahrerwitz:

Ein Mantafahrer fragt aus dem Wagen heraus: „Wo geht es hier nach Aldi?“
Der Passant, zufälligerweise ein Ausländer, der bei mir Deutsch gelernt hat, korrigiert: „ZU Aldi!“
Darauf wieder der Mantafahrer: „Was? Aldi schon zu? Is doch erst fünf.“

Beste Grüße Fritz

Hallo,

„Nach Ikea, nach Tante Anna“ ist definitiv, also durch die
Definition der Grammatikregeln des Hochdeutschen, falsch.
Wobei es sich dabei weniger um eine dialektale, als um eine
soziolektische Fehlbildung handelt.

Ich habe hier mal eine ähnliche Frage gestellt und erfahren, daß in Norddeutschland (Bremen, Ostfriesland, auch Angeln) „nach“ tatsächlich im Dialekt gesagt wird. Ich komme aus dem Ruhrgebiet und bin erklärte Anhängerin des „nach Ikea gehens“. Mag es eine soziolektische Fehlbildung sein, mag ich mich auch nicht an Diskussionen, ob „Ruhrdeutsch“ nun ein Dialekt ist oder nicht auch nicht beteiligen, da in meiner Heimat keiner so redet wie irgendwelche Fernsehfuzzis, habe ich nichts dagegen, wenn jemand mir anhört, daß ich aus dem Ruhrgebiet komme. Keinem Bayern oder SChwaben wird das übel genommen. So kann man sich ein Stück „Heimat“ fernab der Zivilisation bewahren…

Grüße,
Taju

Wenn der Sozi am Dia leckt…
Servus Fritz !

Mich würde interessieren, wieso Du von einer eher soziolektischen als dialektischen Fehlbildung sprichst. So diese Formulierung sich denn quer durchs Land zöge, also nicht regional beschränkt wäre, stimmte ich Dir zu. Als Exil-Kölner kenne ich ebenfalls diese Art der Formulierung „dann jonn mr noch nahm Aldi…“, habe es südlich des Weißwurstäquators allerdings nach meiner Erinnerung noch nie gehört.
Und als jetziger Deutsch-Wiener ist mir hier schon mehrfach zu Gehör gekommen, daß jemand, der z.B. nach Wiener Neustadt fährt, dieses mit den Worten „i foa auf (!) Neistadt…“ zur Kenntnis bringt. Also doch regional beschränkt und damit eher dialektal fehlgebildet???
Wie gesagt, Deine Begründung würde mich interessieren.

Grüße aus Wien
Helmut

Nach Manni, oder zu Manni?
Hallo, liebe Freunde der deutschen Sprache!

Einst ziemlich rein-dogmatisch an meine Muttersprache herangehend hielt ich mich (im Prinzip) früher strikt an die von Fritz angegebene Regel: zu Personen und nach Sachen (natürlich mit erklärbaren Ausnahmen).
Vor 20 Jahren, als ich „meine eigene Klasse“ als Klassenlehrer (inner Haupt/Realschule) hatte, habe ich aber selbst viel gelernt, auch als ich manchmal hörte: „Gehst du heute nachmittag auch nach Manni?“
Ich hatte zur Verbesserung der Klassengemeinschaft die Klasse immer FreiNM gruppenweise z u mir n a c h Hause eingeladen(Ein getankt hamwer aber erst abends denn, inner Kneipe, nicht bei/zu/nach mir).
Da wollte ich erst „helfend“ korrigierend eingreifen, bis ich merkte, daß mein ZUhause u n d damit i c h selbst also inzwischen Treff-Ort für die Klasse geworden ist.
Genauso/ähnlich, wie ja, wenn ich „nach Karstadt“ gehe, zum Einkaufsort Karstadt gehe, nicht zum blöden Karl Karstadt aus der Wäscheabteilung.
Ich gehe heute nm „nach Jungjohann“ ist also „nur“ eine sehr schlaue Verkürzung/Verbesserung von „zu Jungjo nach Hause“.
Dies ist allerdings eine andere grammatische BILDUNG ALS „nach Hertie“, denn „Hertie“ hat überhaupt nichts persönliches mehr, ist reiner (Kauf)Ort!

Grüße, moin, manni

Hallo Fritz,

Wobei es sich dabei weniger um eine dialektale, als um eine
soziolektische Fehlbildung handelt.

Mann, was für eine Formulierung … Klasse :smile:

Die Präposition „nach“ wird bei Städten, den meisten Ländern -
mit Ausnahme der Länder mit Artikel: also in die Schweiz, in
die Türkei, aber nach Spanien, nach Frankreich etc. -
verwendet.

Die Präposition „zu“ dagegen findet bei Personen,
Institutionen und auch Geschäften Anwendung; also „zu Paul, zu
Tante Erna, zum Arzt, zur Post, zu Aldi etc.“

Du kannst dir natürlich denken, daß mir die Variante mit „nach“ geläufiger ist. „Zu“ Aldi klingt in meinen Ohren etwas gestelzt, auch wenn ich natürlich weiß, daß der Duden Recht hat.

Allerdings habe ich hier im hessischen Exil eine weitere Variante lernen müssen (die für die Eingeborenen die einzig richtige ist) und die mir mittlerweile kein Knoten mehr in der Zunge verursacht. Hier sagt man weder NACH noch ZU Aldi sondern ZUM Aldi.
Ist das jetzt eine dialektale oder sozioelektische Fehlbildung?

Fragende Grüße

Roland
(Soziolektiker :smile:)

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zum Aldi
Hallo Roland,

Allerdings habe ich hier im hessischen Exil eine weitere
Variante lernen müssen (die für die Eingeborenen die einzig
richtige ist) und die mir mittlerweile kein Knoten mehr in der
Zunge verursacht. Hier sagt man weder NACH noch ZU Aldi
sondern ZUM Aldi.

NATUERLICH heisst das „zum Aldi“, es heisst auch „zum Penny“ und „zum Plus“, sowie auch „zur Reinigung“ oder „zur Apothek“. Alldiweil es analag „der Aldi“, „der Penny“, „der Plus“ heisst, aber „die Reinigung“ und „die Apotheke“. Was soll denn da weh tun? :wink:

Und fuer mich wer das dialektisch.
Noch dialektischer (fuer Kurpfaelzer) ist dann uebrigens:
„die Nudel“ (wobei das Drei-Glocken-Werk gemeint ist, und jemand der dort arbeitet, sagt: Ich schaff in d(i)e Nudel.
Aber das war wohl nun off-topic, glaube ich.

Tschuess, ELke

Hallo, Roland, du bekennender Soziolektiker!

Wobei es sich dabei weniger um eine dialektale, als um eine
soziolektische Fehlbildung handelt.

Mann, was für eine Formulierung … Klasse :smile:

Spötter! Besser hieße es: Hierbei handelt es sich …

Hier sagt man weder NACH noch ZU Aldi
sondern ZUM Aldi.
Ist das jetzt eine dialektale oder sozioelektische
Fehlbildung?

Elke hat ja schon geantwortet.
„Zum Aldi“ ist auf die Unsitte, der ich aber auch verfallen bin, zurückzuführen, Eigennamen mit dem Artikel zu gebrauchen.
Also gehen wir zum Roland, waren beim Roland, kommen vom Roland.

Dazu die Regeln:
_- Personennamen ohne Beifügung werden im Allgemeinen ohne Artikel gebraucht.

  • Umgangsprachlich (und verwaltungssprachlich) steht der Artikel auch bei Personennamen ohne Adjektiv._

Umgangsprachlich! also sowohl dia-, als auch sozio-!

Bei der Gelegenheit habe ich auch das gefunden:
Maskuline Personen- und Vornamen, die auf einen Konsonantehn enden, haben die Endung -e!

Da können alle Rolande der Welt nicht ändern;-}, und wenn sie noch so rasen!:wink:

Gruß Fritz

Sicher?
Hallo Fritz,

Elke hat ja schon geantwortet.
„Zum Aldi“ ist auf die Unsitte, der ich aber auch verfallen
bin, zurückzuführen, Eigennamen mit dem Artikel zu gebrauchen.
Also gehen wir zum Roland, waren beim Roland, kommen vom
Roland.

Könnte das nicht auch eine Art Analogiebildung sein, bei dem man der Einfachheit halber sich „Supermarkt, Geschäft, Laden“ nur dazu denkt?
Früher ging man doch zum Kramer, zum Milchladen, zum Bäcker, zum Metzger, zum Schuster, zum Supermarkt (etwas später).
Hat damals, als es nur diese kleinen Geschäfte gab, eigentlich jemand jemals irgendwo die Präposition „nach“ benützt? Das kann ich mir, ehrlich gesagt, kaum vorstellen. Und ohne Artikel, also nur mit „zu“, hätte das, in meinen Ohren jedenfalls, auch sehr falsch geklungen.
Meiner Meinung nach ist die Verwendung von „nach“ in diesem Zusammenhang eine relativ neue Entwicklung. Und deshalb würde ich es auch unter Soziolekt und nicht unter Dialekt einordnen.

Gruß
Uschi

1 Like

Hallo Uschi!

Ich halte deine Erklärung für ebenso stichhaltig wie die meine und sie klingt einfacher, was sie wahrscheinlicher macht.

Ah, by the way!

Erinnerst du dich noch an den germanischen Vorläufer vom Knecht Ruprecht? Ich bin fündig geworden in Jakob Grimms „Deutsche Altertümer“. Es gibt da tatsächlich einen Polter- und Hausgeist dieses Namens, der speziell die Kinder belästigt.
Und seiner älteren Herkunft nach ist er ein Mitstreiter in Wotans Heer.

Wenn ich die längeren Textpassagen exzerpiert und konzentriert habe, lasse ich wieder von mir hören.

Gruß Fritz

Plural (off-topic)
Hallo Fritz,

Bei der Gelegenheit habe ich auch das gefunden:
Maskuline Personen- und Vornamen, die auf einen
Konsonantehn enden, haben die Endung -e!

Au weia, das muß ja tief sitzen. Bist du immer noch nicht darüber weg, dass aus dem großen, ultimativen, definitiven, letalen Rundumschlag gegen das Plural-s nichts geworden ist?
Ich erinnere mich noch gut:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Aber gut, kommen wir auf das Thema bei Gelegenheit noch einmal zurück. Es wird mir ein Vergnügen sein :wink:

Da können alle Rolande der Welt nicht ändern;-}, und wenn sie
noch so rasen!:wink:

Stimmt, aber die Rolands, die können, vor allem wenn sie Soziolektiker sind.

Aber das tragen wir dann im Deutschbrett aus, gell?

Bis bald
Roland

Hallo,

hatte letztens ein „Streitgespräch“, weil ich mich immer
aufrege, wenn jemand „nach Ikea fährt“ oder „nach Tante Anna“.
Man fährt doch „zu Ikea“ und „zu Tante Anna“.

Mich ärgert das auch. Das wollte ich jetzt nur sagen, denn: Nie ist man ganz allein :smile:

Gruß, W.