Wir und die Ausländer

Servus Adam,

das ist sehr interessant. So um 1000 war ja das Land um Wien in einzelne Sprachgruppen unterteilt: Slawische Sprachen, Deutsch und Ungarisch wurde in kleinen Gebieten gesrpochen. Und auch später hat man sich nicht so sehr einem Land zugehörig gefühlt. Ich weiß nicht aus welcher Zeit dieser Satz stammt, zitiere ihn aber trotzdem: ‚Das einzige was ein Tiroler über Österreich weiß, ist dass in Wien einer (der Kaiser) mit einem roten Rock sitzt’. Allerdings Pogrome hat es schon um das Jahr 1000 gegeben, vo viel ich weiß. Also hier wir und dort die anderen (und umgekehrt)

Ist ein interesanntes Thema, das aber jetzt von der Aktualität überschattet wurde. Wieder ist etwas passiert.

Gestern hat der Innenminister entschieden: Mutter und Tochter Zogaj werden im Sommer abgeschoben.
Zur Begründung einen Auszug aus der Kronen Zeitung:
‚Rechtskräftiger Ausweisungsentscheid
Das Innenministerium begründet die Ablehnung des humanitären Aufenthalts außerdem damit, dass die Familie Zogaj ihrer seit 2004 rechtskräftigen Ausweisungsentscheidung nicht nachgekommen sei. Bemerkenswert: Auch die Abschiebung des Vaters und der Geschwister von Arigona Zogaj im September wird vom Platter-Ressort zur Begründung des verweigerten humanitären Aufenthalts angeführt: „Es ist evident, dass starke Bindungen zum Heimatstaat bestehen, da sich große Teile der Familie im Kosovo befinden.“ ‚
Den letzten Satz empfinde ich als besonders zynisch, es handelt sich um den Vater und den anderen Kindern, die bereits abgeschoben wurden.

Ich weiß schon, ich hänge mich an diesen Fall. Es gibt viele andere. Und hinter allen stecken schwere Schicksale. Und wenn dieser Fall irgendwas Gutes hat, er hat viele Menschen zum nachdenken gebracht.
Die 15jährige Arigona Zogaj haben wir jetzt kennen gelernt. Sie spricht (ich schreibe absichtlich nicht droht) von Selbstmord. Ihre Verzweiflung ist spürbar. Sie ist nur ein Wirtschaftsflüchtling? Sie soll mit ihrer Mutter in ein Gebiet abgeschoben werden, in dem es 60% Arbeitslosigkeit gibt. Keine sozialen Absicherungen. Es ist unwahrscheinlich, dass ihre Eltern sie und die anderen Geschwister ernähren können. Heute im Kurier: das Überleben im Kosovo ist keineswegs gesichert.

Ich weiß, wir können nicht die ganze Welt retten. Und vielleicht wäre es ungerecht anderen Familien gegenüber, dass sie abgeschoben werden, und die Familie Zogaj nicht. Aber genau darüber sollten wir nachdenken. Wohin schicken wir die Menschen, wenn wir sie abschieben? Pfarrer Friedl tut es.

Ich weiß sie werden es nicht lesen, aber ich mag gerne ein paar Worte an die Beteiligten richten, das wird jetzt ein wenig emotional. (Entschuldigung an jene die hier sachliche Beiträge gewöhnt sind.) Aber bis hierher und weiter lesen ohnehin nur mehr die Mod’s.

Sehr geehrter lieber Herr Pfarrer Friedl, ich liebe Sie. (Sie wissen wie das gemeint ist). Sie machen genau das richtige, sind mit Herz, Seele und Liebe dabei. Leute wie Sie brauchen wir, das sagt Ihnen ein alter Agnostiker, der noch dazu teilweise seine Wurzeln woanders hat und dem es nicht so recht gelingt an Gott zu glauben. (Aber dank Ihnen glaube ich an den göttlichen Funken, der Menschen dazu bringt wie Sie oder Mutter Theresa zu handeln). Wollen Sie nicht Inneminister werden?

Innenminister Platter. (‚Sehr geehrter Herr’ entfällt heute). Ich weiß, Sie haben gestern gegen Ihre Überzeugung gehandelt. Sie sind wiedermal vor dem rechten Rand ihrer Partei in die Knie gegangen. Haben Sie Angst Wähler an die FPÖ zu verlieren? Sie werden mehr Wähler an Grüne und SPÖ verlieren.

Bundeskanzler Gusenbauer (auch hier entfällt nur für heute das ‚sehr geehrter Herr’). Bei ihrer Rede im ‚Journal zu Gast’ war spürbar, dass Sie mit dem ‚Urteil’ des Innenministers nicht einverstanden sind. Warum sagen Sie das nicht?

Meine liebe Arigona, entschuldige bitte die vertrauliche Anrede. Ich schreibe an Dich und meine Deine Familie. Nur Dich kenne ich schon vom Fernsehen und Radio. An Dich Worte zu richten fällt mir am schwersten. Gerne würde ich Dir schreiben, alles wird gut. Aber wir beide wissen, dass das nicht stimmt. Ich wünsche Dir, dass ich nicht recht behalte. Du weißt ja (hoffentlich), wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist. Hör bitte nicht auf zu kämpfen. Und natürlich alles Gute auf Deinem weiteren Lebensweg.

Servus und ansonsten gute Nacht Österreich,
Euer Herbert