Die Liquidität war auch vor der Finanzkrise gut - und zwar aus dem gleichen Grund: weil die Notenbanken ausgesprochen großzügig waren. Zu einem Engpaß kam es erst als die Liquidität im Markt knapp wurde. Ersetzt wurde diese Liquidität nach einer kurzen Pause von noch mehr Geld seitens der Zentralbanken. Bis heute. Zusätzlich wurde seitens der Staaten viel Geld in den Markt gedrückt, um Kreditinstitute, Versicherungen und andere Branchen zu stützen, die durch die Krise ins Trudeln kamen. Dies hat die Staatsverschuldung in die Höhe getrieben.
Die Verschuldung der Staaten ist heute viel höher als seinerzeit. Daß die Zinslast heute niedriger ist, liegt schlicht und ergreifend an den niedrigen Zinsen. Und hier kommen wir zum eigentlichen Problem: steigen die Zinsen, werden viele Staaten an die Grenzen ihrer Möglichkeiten kommen. Die leicht gestiegenen Zinsen in den USA haben bereits Schwellenländer in Schwierigkeiten gebracht, aus denen Kapital massiv abgeflossen ist. Dies wird sich fortsetzen, es sei denn, die jeweiligen Zentralbanken erhöhen ebenfalls die Zinsen und gefährden so die Staatshaushalte der früheren Kapitalimporteure.
Das Thema mit den nicht risikoadäquaten Zinsen wiederholt sich auch - nämlich bei den Staatsanleihen. Negative Zinsen bei Ländern mit exorbitanten Staatsschulden, die nur deswegen tragbar sind, weil die Zinsen künstlich niedrig gehalten werden? Das ist aberwitzig. Nicht umsonst sprach vor etwa acht Jahren (schon) ein inzwischen nicht mehr existierendes Bankhaus von der größten Blase der Menschheitsgeschichte. Natürlich sind die Zinsen auf die Staatsanleihen in gewisser Weise unabhängig von den Zinssätzen der Notenbanken, aber die Anleger vertrauen darauf (und nur das hält die Zinsen für Staatsanleihen niedrig), daß die Zentralbanken die Zinsen weiter niedrig halten und massiv Geld in die Märkte schieben.
Das soll angeblich in Europa und in den USA ein Ende finden. Aber es kann doch keine Anlageperspektive sein, darauf zu vertrauen, daß die Zentralbanken weiter so agieren. Die Zentralbanken machen sich zum Diener der Staaten, obwohl sie eigentlich unabhängig sein sollten. Sie machen Geldpolitik für die Wirtschaft und den Finanzminister. Wenn die ersten Zentralbanken - allen voran die EZB und die FED davon abrücken, dann bricht das ganze Kartenhaus in sich zusammen. Die hochverschuldeten Staaten und die gleichermaßen hoch verschuldeten Unternehmen und Privatpersonen werden Schwierigkeiten haben, ihre Kredite zu bedienen. Dies führt zu einem massiven Wertverfall der Staatsanleihen und damit der Vermögenspositionen der Anleger, der Versicherungen, der Kreditinstitute und der Sozialversicherungsträger.
In vielerlei Hinsicht ist die Lage heute so wie vor gut zehn Jahren: liquiditäts- und zinsgetriebene Überbewertung von wichtigen Anlageklassen (Aktien, Immobilien, Rohstoffe und allen voran der Staatsanleihen, der angeblich sichersten Anlageform), hohe Verschuldung, völlig übertriebene und wirtschaftlich nicht zu rechtfertigende Preise für übernommene Unternehmen und völlige Aufweichung der Kreditbedingungen.
Ich sehe heute die gleichen abenteuerlichen Strukturen bei Übernahme-, Projekt- und Investitionsfinanzierungen - nur zu wesentlich niedrigeren Zinsen. Selbst jenseits der High-Tech-Branchen werden heute Preise für Unternehmen gezahlt, die selbst zu Dotcom-Zeiten übertrieben gewesen wären (die letzten beiden Transaktionen: das achtfache vom Umsatz und das dreißigfache vom EBITDA - und unsere Kunden haben den Zuschlag nicht erhalten, weil die Gebote zu niedrig waren) vom Geld wird heute wieder nicht nur für an sich sinnvolle Investitionen ausgeben, sondern auch wieder, weil das Geld einfach nichts kostet und daran keine Bedingungen geknüpft werden.
Da steht nichts anderes, wenn auch verklausuliert, als das, was ich sage: sobald die Notenbanken den Hahn zudrehen - und sei es nur ein kleines bißchen - dann ist die Party zuende. Diesmal geht es aber nicht um etwa eine Billionen Dollar an Immobilienfinanzierungen, sondern von hunderten von Billionen an Staatsanleihen. Vielleicht sind die Staatsanleihen nicht der erste Schritt, sondern irgendwann der letzte. In den USA steigen seit etwa zwei Jahren die Kreditausfälle massiv an. Betroffen sind vor allem Konsumentenkredite und Studiendarlehen. Das Volumen und die Entwicklung ist dabei ähnlich wie zehn Jahre zuvor bei den Immobilienkrediten. Nur halt, daß die Staaten wesentlich höhere Schulden haben und eine erneute Übernahme der Risiken aus dem Bankenbereich und bei den Wertpapieren kaum tragen werden können - jedenfalls nicht, ohne von der Bonität her massiv abgestuft zu werden.
Hinzu kommt das Gegenteil eines stabilen Umfeldes, nämlich das erratische Handeln eines US-Präsidenten, der auch kaum Solidarität zu erwarten hat, wenn die eigene Wirtschaft schwächelt. Der internationale Zusammenhalt ist heute geringer als damals - verbindliche Absprachen zwischen Europa und den USA sind kaum zu erwarten. Vielmehr ist dank Trump damit zu rechnen, daß sich der Protektionismus verschärft, was übrigens - neben der Spekulation auf Aktien und Immobilien - die Wirtschaftskrise Ende der 20er des vorherigen Jahrhunderts letztendlich verursacht hat.
Kurz gesagt: es droht die Mutter aller Schuldenkrise. Die Bombe ist da, die Lunte ist da - es fehlt nur noch der Funke. Trump, die Türkei und China sind meine Favoriten, was das Thema Funke angeht.
Warten wir mal ab.