Wirtschaft geht's gut wie nie zuvor - Kassen leer?

Hallo MitleserInnen,

laut gleichlautenden Aussagen in mehreren Nachrichtenmeldungen ist die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr so stark gewachsen wie seit 1991 nicht mehr: das Bruttoinlandsprodukt (BIP) weise ein Plus von real 3,0 Prozent auf.
   „Natürlich“ wurde diese Euphorie gleich wieder von einigen Arbeitgebern und Medien gebremst, denn im 4. Quartal 2000 waren es nur 1,9 Prozent (1.Vj 3,7% / 2.Vj. 3,5% / 3.Vj 2,8% / 4.Vj 1,9%) und damit der schwächste Zuwachs des vergangenen Jahres. Das ist aber absoluter Nonsense und einmal mehr blosses programmatisches Geschwätz!
   Anders kann man das nicht nennen, denn wenn man sich die Zahlen von 1999 anschaut, so waren 1,9 Prozent noch gut: 1.Vj 0,8% / 2.Vj. 1,4% / 3.Vj 1,6% / 4.Vj 2,4%. Zudem gibt es eine Besonderheit, denn im 4. Quartal 200 „standen rund drei Arbeitstage weniger als im entsprechenden Quartal des Vorjahres zur Verfügung. Würde dieser Kalendereffekt herausgerechnet, so ergäbe sich im vierten Vierteljahr 2000 eine Zuwachsrate des realen Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahresquartal von 2,6 %“, sagt das Stat. Bundesamt.

1,9 Mrd. Überstunden werden für 2001 erwartet, wobei der Grund die gute Konjuntur wäre. Nur als kleines Rechenbeispiel - Ihr könnt auch andere Zahlen einsetzen -, wieviel 1,9 Mrd. Stunden sind: Nimmt man an, dass ein Arbeitnehmer 200 Tage im Jahr und 8 Stunden am Tag arbeitet, kommt man auf 1600 Stunden. Diese dividiert durch die 1,9 Mrd. ergäbe 1.187.500 - natürlich wären das nicht alles neue Arbeitsplätze, aber welch eine hohe Zahl, während Schulte (DGB) nur für 250.000 Stellen plädiert, und die Arbeitgeberseite selbst bei dieser Zahl bereits lamentiert.

Tja, was muss eigentlich in diesem Lande NOCH passieren, damit es genügend Arbeitsplätze gibt? Die Voraussetzungen sind mehr als günstig bzw. günstig gewesen. Womöglich erst dann, wenn Arbeitnehmer Jobs annehmen, die sich am Rande des Existenzminimums bewegen, weshalb sie gleich zwei, drei Stellen belegen müssen. Diese gehen natürlich anderen verloren, die sich dann wieder den Vorwurf des Schmarotzertums anhören müssen.
   Halten wir doch statt dessen einfach mal fest, dass Wirtschaft und Politik überhaupt keine Arbeitsplätze schaffen wollen. Deshalb ist jegliche Diskussion um die Schaffung neuer Arbeitsplätze hinfällig. Nachweislich sind sowie die Zuwächse bei den Arbeitnehmern wesentlich weniger gestiegen als bei den Unternehmen, während sogar erstere noch stärkere Belastungen hinnehmen mussten, Unternehmen jedoch steuerlich bevorteilt wurden…

Quellen:

Hallo Marco,

   Halten wir doch statt dessen einfach mal fest, dass
Wirtschaft und Politik überhaupt keine Arbeitsplätze schaffen
wollen. Deshalb ist jegliche Diskussion um die Schaffung neuer
Arbeitsplätze hinfällig. Nachweislich sind sowie die Zuwächse
bei den Arbeitnehmern wesentlich weniger gestiegen als bei den
Unternehmen, während sogar erstere noch stärkere Belastungen
hinnehmen mussten, Unternehmen jedoch steuerlich bevorteilt
wurden…

Ganz schön blauäugig!
Wer glaubst du wird Arbeitsplätze direkt schaffen? Die Unternehmen. Ein Unternehmen wird aber selbstverständlich nur dann eine zusätzliche Kraft einstellen, wenn es wirtschaftliche Zwänge erfordern. Dazu wiederum ist es notwendig, daß es dem Unternehmen gut geht und es expandieren kann (räumlich oder umsatzmäßig). Das Ganze geht nun einmal nicht von heute auf morgen. Die Voraussetzungen um heute einen Arbeitnehmer einzustellen sind relativ schlecht, da man diesen schlecht „wieder los wird“. das bedeutet aber gleichzeitig, daß schon ein großes polster an wirtschaftlicher potenz da sein muß um die entscheidung zu fällen weitere AN einzustellen. Das braucht seine Zeit!

Die Politik kann direkt keine Arbeitsplätze schaffen. Sie hat ausschließlich die Aufgabe Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen wirtschaftlichen Aufschwung möglich machen.

Gruß
Daniel

Dazu wiederum ist es
notwendig, daß es dem Unternehmen gut geht und es expandieren
kann (räumlich oder umsatzmäßig). Das Ganze geht nun einmal
nicht von heute auf morgen. Die Voraussetzungen um heute einen
Arbeitnehmer einzustellen sind relativ schlecht, da man diesen
schlecht „wieder los wird“. das bedeutet aber gleichzeitig,
daß schon ein großes polster an wirtschaftlicher potenz da
sein muß um die entscheidung zu fällen weitere AN
einzustellen. Das braucht seine Zeit!

Wahrscheinlich umgreift nach Deiner Auffassung dieser Zeitraum 20 bis 50 Jahre. In den letzten zehn stieg das Wachstum stetig an, wie Du selbst nachlesen. An der Zeit liegt es nicht.
   Auch Dein Einwurf, man würde die Arbeitnehmer schlecht wieder „loswerden“ bleibt haltlos. Wie Du ebenfalls feststellen kannst stiegen gerade bei den grossen Firmen die Gewinne an, während die Arbeitnehmeranzahl weiter abnahm.
   Selbstverständlich kann die Politik Arbeitsplätze schaffen. Zum einen werben die Politiker doch gerne damit in ihren Wahlkampfreden, zum anderen sind sie dafür verantwortlich, Richtlinien zu schaffen. Bisher haben die Regierungen allerdings die Unternehmen unterstützt, insofern wäre die von Dir angesprochene wirtschaftliche Potenz noch mehr gegeben. Doch wer selbst in Lohn und Brot der Industrie steht, wird nicht gegen sie und für die Bevölkerung arbeiten; siehe Friedhelm Schwarz, „Das gekaufte Parlament“, Piper-Verlag.

hallo, Marco, Du alter Kommunist!
Wie kannst Du nur der Großindustrie (und um die geht es ja hauptsächlich) den Spiegel vors Gesicht halten?!
Noch ein hochintressantes Buch zu diesem Thema (habe es schon mehrfach erwähnt):

Naom Chomsky: profit over people.

Grüße
Raimund

hallo, Marco, Du alter Kommunist!

Hallo Raimund, gib bloss acht, was Du sagst, denn es ist alles eine Frage der Definition, wenn in Austria bereits - sogenannte - Sozialdemokraten für einige Herrschaften als Kommunisten gelten.

Wie kannst Du nur der Großindustrie (und um die geht es ja
hauptsächlich) den Spiegel vors Gesicht halten?!
Noch ein hochinterssantes Buch zu diesem Thema (habe es schon
mehrfach erwähnt):

Noam Chomsky: profit over people.

Du hast natürlich recht damit, dass ich die Grossindustrie meine. Dies ist für mich so selbstverständlich geworden, dass ich es zu erwähnen vergesse. Ja, und Du hast weiterhin recht mit Chomskys Buch, das ebenfalls öfter erwähnt werden sollte! Ich frage mich ernsthaft, ob einige Beiträge hier und an anderere Stelle noch so geschrieben werden würden, hätte die Verfasser zumindest zwei oder drei der in diesem Brett genannten Bücher gelesen.
   Doch dies scheint alles hierzulande nicht zu interessieren, denn was wirklich bedeutsam ist, bekam ich gerade mit, als ich den falschen Fernsehknopf drückte: Babs und Boris finden wieder zueinander!

Marco

Hallo,

Hallo Raimund, gib bloss acht, was Du sagst, denn es ist alles
eine Frage der Definition, wenn in Austria bereits -
sogenannte - Sozialdemokraten für einige Herrschaften als
Kommunisten gelten.

*g* war mir bislang noch gar nicht aufgefallen

Wie kannst Du nur der Großindustrie (und um die geht es ja
hauptsächlich) den Spiegel vors Gesicht halten?!

ähm… mal ein Beispiel:

Ich und meine Freude kaufen von Dir Brötchen ein (wir gehen jetzt mal davon aus, daß du die herstellst). Dafür helfen wir dir gegen einen Betrag x, den Teig zu kneten und den Ofen wieder sauber zu bekommen.

Jetzt konstruieren wir mal und du antwortest, wann du bereit wärest neue Arbeiter einzustellen (bitte mal nur die gegebenen Tatsachen und nicht Wunschvorstellungen einfließen lassen):

Wir entlasten dich als Bäcker, senken also Deine Steuerlast!

Wir belasten dich als Bäcker und entlasten die Arbeitnehmer!

meine Lösung:

zu 1.:
hey wir stellen doch tatsächlich fest, daß es dir gelingt, mit der gegebenen Entlastung die Herstellungskosten deiner Brötchen zu verringern -> der Preis sinkt (du willst ja mehr davon verkaufen) -> mehr leute kaufen bei dir ein -> der Gewinn steigt -> du kommst aber gleichzeitig mit der Produktion nicht nach -> arbeitnehmer einstellen!

zu 2.:
die entlasteten Arbeitnehmer können mehr Brötchen kaufen -> leider bleibt bei dir als Unternehmer nicht so viel davon hängen -> durch die Entlastung der Arbeitnehmer wird dieser für dich auch teurer -> die Herstellungskosten deiner Brötchen steigen -> Der Verkauf bleibt geradeso konstant (weil ja die Entlastungen der Arbeitnehmer gleich wieder von diesen weg fließen, für deine Brötchen) -> du kannst es dir nicht leisten neue Arbeitnehmer einzustellen -> selbst für kurze Stoßzeiten ist es dir nicht möglich einen AN anzustellen, weil der ja eine Kündigungsfrist von 3 Monaten hat und du für so lange zeit gar nicht vorplanen kannst.

Naja, dies ist zugegebenermaßen ein stark vereinfachtes Beispiel, aber genau das ist es!

Klar, es ist richtig daß AUCH die AN entlastet werden müssen, dies kann und darf aber nur so geschehen, daß ich nicht gleichzeitig die Wirtschaft vor sich hin sterben lasse! Nicht der Politiker gibt dir einen Arbeitsvertrag, sondern eben gerade der Bäcker von nebenan!

Du hast natürlich recht damit, dass ich die Grossindustrie
meine. Dies ist für mich so selbstverständlich geworden, dass
ich es zu erwähnen vergesse.

wenn du magst, spielen wir obiges Beispiel gern auch mit Autos nach!

Ich frage mich ernsthaft, ob einige Beiträge hier und an
anderere Stelle noch so geschrieben werden würden, hätte die
Verfasser zumindest zwei oder drei der in diesem Brett
genannten Bücher gelesen.

ich muß zugeben, die Bücher nicht gelesen zu haben, aber wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen kann ich schon -> es ist immer recht leicht zu sagen: DIE sind schuld - nur leider darf man da nicht vergessen, daß Wirtschaft nicht etwas ist, was da draußen passiert und mit dem man nix zu tun hat, sondern gerade wir sind ein glied in der Kette -> ohne uns geht W. nicht, aber ohne eine funktionierende Industrie, Handel usw funktioniert W. genausowenig!

   Doch dies scheint alles hierzulande nicht zu interessieren,

Ah…soll ich das jetzt so werten, daß du den stein der weisen in der tasche hast und alle die nicht deiner meinung sind sind doof? :wink: Du solltest DEINE Schlußfolgerungen nicht als absolut und unwiderlegbar betrachten! mach ich mit meinen auch nicht, sonst könnten wir uns diese diskussion ja sparen.

denn was wirklich bedeutsam ist, bekam ich gerade mit, als ich
den falschen Fernsehknopf drückte: Babs und Boris finden
wieder zueinander!

Na wer sagt es denn -> jetzt wo man geschieden ist, kann man die ganze kohle auch viel besser verwalten *g* und die unterhaltszahlungen gehen nur von boris konto weg *g*.

Gruß
Daniel Scholdei

Hiho,

Wahrscheinlich umgreift nach Deiner Auffassung dieser Zeitraum
20 bis 50 Jahre.

nicht ganz, aber 5 - 10 würde ich schon ansetzen, vorausgesetzt die Entlastungen der Wirtschaft und der AN geht weiter geordnet voran.

In den letzten zehn stieg das Wachstum stetig an

Das ist schon richtig, gleichzeitig sind die Belastungen der Wirtschaft und der AN in den letzten 10 Jahren aber höher gestiegen als das Wachstum!

An der Zeit liegt es nicht.

ich denke schon.

   Auch Dein Einwurf, man würde die Arbeitnehmer schlecht
wieder „loswerden“ bleibt haltlos. Wie Du ebenfalls
feststellen kannst stiegen gerade bei den grossen Firmen die
Gewinne an, während die Arbeitnehmeranzahl weiter abnahm.

Doch! Das von mir vorgebrachte Argument gilt vor allem (nicht allein) für den Mittelstand, der hat auch als einziges die Möglichkeit, die benötigte Anzahl Arbeitsplätze zu schaffen! Das in einem Autokonzern (oder einer nach Belieben einzusetzenden andereren Sparte) selbst bei einer Verdoppelung der Kapazitäten eines Werkes nicht allzuviele AN eingestellt werden, weiß ich selbst.

Der Mittelstand ist aber heute nicht in der Lage, einen Arbeitnehmer für Stoßzeiten einzustellen, da es ihm nicht möglich ist, diesem kurzfristig auf Wiedersehen zu sagen.

   Selbstverständlich kann die Politik Arbeitsplätze schaffen.

Wie bereits gesagt, nicht direkt nur indirekt

Zum einen werben die Politiker doch gerne damit in ihren
Wahlkampfreden,

hm…ob das jetzt was an ihren möglichkeiten ändert?!

zum anderen sind sie dafür verantwortlich,
Richtlinien zu schaffen. Bisher haben die Regierungen
allerdings die Unternehmen unterstützt, insofern wäre die von
Dir angesprochene wirtschaftliche Potenz noch mehr gegeben.

Klar, deswegen ist ein AN in den letzten 10 Jahren auch um durchschnittlich 10 - 15 % teurer geworden und die Steuerlast nicht unerheblich gestiegen (auch für Unternehmen - ich meine hier den Mittelstand) -> insofern ist die wirtschaftliche Potenz keinesfalls gestiegen.

Doch wer selbst in Lohn und Brot der Industrie steht, wird
nicht gegen sie und für die Bevölkerung arbeiten;

Du glaubst nicht ernsthaft, daß ich dem Herbert von nebenan zu Lohn und Brot verhelfe, wenn ich ausschließlich die AN entlaste?

Und warum zum T… sollte ich GEGEN die Wirtschaft arbeiten? Ähmm…dir ist schon klar, daß „die Industrie“ Einzelunternehmen mit dem Ziel Gewinn zu machen sind? wenn dies nicht mehr möglich ist, wird der Herr Meier, der die Meier GmbH betreibt, sich sagen hier kommt nix mehr dabei rum, ich zahle nur drauf, also entlasse ich die 20 Leute und gehe heim.

Gruß
Daniel Scholdei

hi marco!

ich möchte punkto grossindustrie nur etwas hinzufügen (gilt für die schweiz, wie es in deutschland aussieht weiss ich nicht)

80 % der AN werden von KMU’s eingestellt (kleine und mittlere unternehmen

20 % durch die grossindustrie

die kmu’s geraten immer mehr unter druck durch die grossindustrie. z.b. der bäcker von nebenan muss die gleichen preise machen wie ein grossmarkt - wieso? : weil die netten hausfrauen und hausmänner (80% davon bei kmu’s eingestellt) beim billigsten produzenten einkaufen…

die entwicklung ist sehr ungesund, aber daran sind zum einem riesenteil auf die AN schuld. also: nicht nur klönen, und ab sofort beim „tante-emma-laden“ von nebenan etwas einkaufen.