Hallo Susanne
Danke nochmals für diesen wertvollen Input. Das Thema Wirtschaftswachstum hat mich in letzter Zeit doch sehr beschäftigt und die Diskussion mit Dir hat mir viel gebracht.
Durch Googlerecherchen ist mir vor allem eins klar geworden: Viele Ökonomen scheinen selbst überhaupt nicht zu wissen, weshalb die Wirtschaft wachsen muss, damit es uns gut geht. Es hat mehr den Anschein, als ob die Notwendigkeit des Wachstum vorausgesetzt wird und im Nachhinein versucht wird, sich zu erklären weshalb.
Offenbar fragt sich fast niemand, wie ein Wirtschaftsystem aussehen könnte, das auch gesund ist wenn es nicht wächst und ob unser eigenes Wirtschaftssystem überhaupt dazu in der Lage wäre.
Für mich als Biologe ist es ziemlich klar, dass unser Konsum nicht stetig wachsen kann. Ich weiss jetzt was du denkst, ach ein Biologe ist das, so ein Öko halt. Wenn ich in dieser Sache ökologische Bedenken habe, ist das aber nicht wegen des bengalischen Bergtigers oder des Korallensterbens. Solange diese Dinge uns nicht am eigenen Körper betreffen, können sie uns ***egal sein. Ich denke wir sind noch nicht weit genug, dass wir aus ethischen Gründen grosse globale Probleme lösen können. Wenn sie allerdings unser Überleben beeinträchtigen, werden wir relativ schnell handeln.
Ich als Biologe mache folgendes Gedankenexperiment: Ich zoome aus meinem Blickwinkel als einzelner Mensch heraus und sehe die menschliche Weltbevölkerung als eine Tierpopulation, die die Welt sehr verbreitet bevölkert hat. Bis jetzt konnte sich diese Population immer weiter verbreiten. Ganz banal kann man die Population mit einer Bakterienpopulation vergleichen, die in einer Petrischale wächst (wie gesagt, ein Gedankenexperiment). Irgendwann wird die Population an eine Kapazitätsgrenze stossen. Sie kann noch so effizient in der Beschaffung und Rezyklierung von Rohstoffen werden, irgendwann kommt sie an die Kapazitätsgrenze K. Ab dann kann sie nicht noch mehr produzieren und auch nicht noch mehr konsumieren. Die Tatsache, dass die Wirtschaft bis jetzt immer gewachsen ist, ist also in keiner Weise ein Grund zur Annahme dass sie dies weiterhin tun wird.
Findest du das widersprüchlich, oder stimmst du dem zu?
Natürlich will der Mensch immer mehr - wenn es vor seinen Füssen liegt. Früher oder später müssen wir uns aber mit dem zufrieden geben, was wir haben, da die Erde nicht mehr hergeben wird. Eine andere Wahl haben wir gar nicht. Unglücklich werden wir darüber auch nicht sein, ehrlich gesagt bin ich mit dem Lebensstandard den ich jetzt habe, schon mehr als zufrieden.
Die Frage ist nur, wie wird sich das äussern, wenn die Kapazitätsgrenze erreicht wird? Wie werden wir gezwungen, nicht weiterzuwachsen? Tiere fressen sich gegenseitig die Nahrung weg - auf dieses Szenario bei uns Menschen habe ich allerdings nur begrenzte Lust.
Ich denke so, wie wir heute eine regulierte Wirtschaft haben, die für alle viel angenehmer ist als die absolut freie Marktwirtschaft, genau so könnten wir einen regulierten Wechsel zu einem nicht wachsenden Wirtschaftssystem angenehmer einleiten.
Dazu müssten sich Ökonomen allerdings langsam Gedanken machen, wie ein solches Wirtschaftssystem funktionieren könnte.
Sag mir ganz ehrlich, ob du das eine biologen Spinnerei findest oder ob du meine Gedanken nachvollziehen kannst.
Eine Idee, wo der Wurm im jetztigen System steckt habe ich schon, damit verschone ich dich jetzt aber 
Sag mir, was du von all dem hältst!
Gruss
Thierry