Wissenschaft

Hi Wissende,
vielleicht ist die Frage ja nicht neu, aber ich bin erst jetzt drauf gekommen: Unterscheidet sich die Wissenschaft nur durch die Verwendung der Mathematik vom Volksglauben? Kann man sich eine „ernsthafte“ Wissenschaft ohne Formeln oder zumindest Statistiken überhaupt vorstellen?

Und weiter: kann die Mathematik überhaupt glaubwürdig sein, wenn sie nicht definierte Inhalte benutzt bzw. nicht benutzt? Ist sie nicht sowieso manchmal unlogisch?

Danke schon mal

Tai

Hallo,

Unterscheidet sich die Wissenschaft nur durch
die Verwendung der Mathematik vom Volksglauben?

Nein. Der Unterschied besteht darin, dass Wissenschaft überprüfbar ist. Das bedeutet, dass eine wissenschaftliche Theorie durch Experimente bestätigt oder widerlegt wird.
Als Volksglauben bezeichnet man im allgemeinen nicht überprüftes, längst widerlegtes oder unüberprüfbares.

Kann man sich
eine „ernsthafte“ Wissenschaft ohne Formeln oder zumindest
Statistiken überhaupt vorstellen?

Nein. Wie soll eine Theorie in einem Experiment überprüft werden, wenn die Theorie nicht zumindest mit einer gewissen Genauigkeit oder Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis vorhersagt?

Und weiter: kann die Mathematik überhaupt glaubwürdig sein,
wenn sie nicht definierte Inhalte benutzt bzw. nicht benutzt?

Mathematik benutzt keine nicht definierten Inhalte, es sei denn, dass bestimmte Dinge einer Berechnung als ‚nicht definiert‘ vorausgesetzt werden oder eben das Ergebnis ‚nicht definiert‘ ist - was dann aber auch ein Ergebnis ist.

Ist sie nicht sowieso manchmal unlogisch?

Nein.

Gruß
loderunner

Huhu!

Unterscheidet sich die Wissenschaft nur durch
die Verwendung der Mathematik vom Volksglauben? Kann man sich
eine „ernsthafte“ Wissenschaft ohne Formeln oder zumindest
Statistiken überhaupt vorstellen?

„Die Wissenschaft“ setzt auf die Abfolge:
Beobachtung
Hypothese
Experiment zur falsifizierung(!) der Hypothese
Theorie (oder Modell)
Experiment zur falsifizierung der Theorie/des Modells
Verbesserte Theorie/Modell
Experiment …
Etc.

Dafür braucht man strenggenommen keine Mathematik, und die Mathematik bringt einen auch nicht weiter, wenn man sich nicht an diese Reihenfolge hält.

Die Mathematik hilft einen in vielen Bereichen, abstrakte Sachverhalte zu beschreiben und Abläufe zu modelieren.

Statistik hilft einem dabei, herauszufinden, ob die Daten, die man gemessen hat, irgendwie korrekt sind oder nur
Zufall.

Brauchen tut man beides nicht, aber es sind wichtige Hilfsmittel, und weil Wissenschaft nicht in Luftleerem Raum stattfindet, ist es sehr hilfreich, seine Ergebnisse mit Hilfe der Statistik zu unterfüttern.

Viele Methoden oder Techniken greifen heutzutage auf die Mathematik oder Informatik zurück, sobald Computer verwendet werden, aber letzlich habe ich viele Paper gelesen, in denen keine Mathematik direkt verwendet
wurde, um auf die Ergebnisse zu kommen.

(Das waren Biochemischie und Genetik-Paper, ist natürlich nicht repräsentativ, aber wir brauchen zur falsifizierung der These „Wissenschaft ist ohne Mathematik nicht möglich“ nur ein Gegenbeispiel.)

Und weiter: kann die Mathematik überhaupt glaubwürdig sein,
wenn sie nicht definierte Inhalte benutzt bzw. nicht benutzt?

Den Teil der Frage verstehe ich nicht, denke ich …
Aber wenn ich es richtig verstanden habe, dann kann sie das … mathematische Sätze sind auch glaubwürdig, wenn man sie nur herleitet, man braucht keine konkreten Werte einzusetzen.

Falls ich das falsch verstanden habe, antworte ich gerne nochmal …

Ist sie nicht sowieso manchmal unlogisch?

Nein, Mathematik ist immer streng logisch.

Sie scheint manchmal der Logik oder dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen, das liegt aber daran, das die moderne Mathematik Ergebnisse aus mehreren Jahrhunderten verwendet, die aufeinander aufbauen - man kann den Gedankengang, der dahintersteckt als normaler Mensch nur schwer verstehen oder nachverfolgen.

Es ist gewissermaßen Logik auf den gesunden Menschenverstand angewandt, und das so oft, bis das Ergebniss nicht mehr logisch erscheint.

Grüßlis!
Scrabz aka Philipp (aka Drache).

Und weiter: kann die Mathematik überhaupt glaubwürdig sein,

ja, ich kenne nichts glaubwürdigeres.

wenn sie nicht definierte Inhalte benutzt bzw. nicht benutzt?

tut Sie das?

Ist sie nicht sowieso manchmal unlogisch?

Das schöne (oder langeweilige- wie mans nimmt :wink: ) an der Mathematik ist doch, dass alles auf logischen Folgerungen basiert, und eindeutig zutrifft.

Das ist in der Physik zB. anders! Man kann Vorgänge nicht durch Überlegen BEWEISEN. Experimente sind zwingend notwendig um einem Modell einer Theorie Glaubwürdigkeit zu schenken.
Ob man den WAHREN hintergrund der Physik jemals entdeckt, oder entdecken kann ist fraglich.

Gruß
Philipp

Hallo!

Es wurde ja schon fast alles gesagt.

Kann man sich
eine „ernsthafte“ Wissenschaft ohne Formeln oder zumindest
Statistiken überhaupt vorstellen?

Generell unterscheidet man in der Wissenschaft qualitative von quantitativen Aussagen. Ohne Mathematik können nur qualitative Aussagen getroffen werden. z. B.: „Der Mensch und der Schimpanse haben einen gemeinsamen Vorfahren.“ Für quantitative Aussagen („Die Entfernung Erde - Mond beträgt ca. 380.000 km“) braucht man Mathematik. Die kann so simpel sein, dass Du sie gar nicht als solche erkennst, aber streng genommen betreibt man schon Mathematik, wenn man die Eier in einem Vogelnest zählt.

Das Schöne an der Mathematik ist nun, dass aus sehr sehr wenigen Grundlagen, die in Form von wenigen Axiomen klar definiert sind, die gesamte Mathematik entwickelt werden kann. D. h. wenn man das Handwerkszeug hat, um die Eier im Vogelnest zu zählen, dann hat man auch das Handwerkszeug, um an Atomkernen rumzurechnen - oder man kann es sich zumindest schaffen.

Die Aufgabe der Naturwissenschaft ist es nun die richtige Beschreibung der Natur in der Mathematik zu finden. Warum sind wir so zuversichtlich, dass das überhaupt möglich ist? Nun, weil quantitative Aussagen über die Natur zwangsläufig Zahlen verwenden, und dann gelten automatisch die Regeln der Mathematik. Schwierig ist dieses Unterfangen, weil wir nur einen begrenzten Schatz an Messwerten haben, die zudem fehlerbehaftet sind. Dann gibt es häufig mehrere Beschreibungen, die in ihren Vorhersagen mit den Messwerten übereinstimmen. Der Wissenschaftler muss dann durch Raten eine dieser Beschreibungen auswählen.

Jahre später stellt sich vielleicht heraus, dass die Theorie des Wissenschaftlers falsch war. Das liegt jedoch nicht daran, dass die Mathematik ein ungeeignetes Werkzeug zur Beschreibung der Natur wäre, sondern daran, dass der Wissenschaftler falsch geraten hatte.

Beispiel: Eine (sehr einfache) biologische Theorie besagt, dass die Anzahl der Eier in einem Gelege mit der Anzahl der Eier, die von dem betreffenden Weibchen gelegt wurden, übereinstimmt. Irgendwann wird man einen Fall finden, wo mehr Eier im Nest liegen, als die Glucke gelegt hat. Man wird gezwungen sein, die Theorie zu verwerfen, und sich über den Kuckuck Gedanken zu machen… Die Theorie war also Quatsch. Die Methode jedoch (Eier zählen) war nicht falsch.

Michael

Hi,

Unterscheidet sich die Wissenschaft nur durch
die Verwendung der Mathematik vom Volksglauben?

Oh nein!
Ganz kurzgefasst kann man sagen, dass sich Wissenschaft durch 2 deutliche Eigenschaften auszeichnet:

  1. Überprüfbarkeit von Allem,
  2. Das Prinzip „Occams Rasiermesser“
    Wie du siehst, taucht Mathematik hier noch nicht auf.

Kann man sich
eine „ernsthafte“ Wissenschaft ohne Formeln oder zumindest
Statistiken überhaupt vorstellen?

Meiner Meinung nach ist Mathematik für Wissenschaft nicht zwingend notwendig, aber:
Die Wissenschaften sind ja schon lange aus ihren Kinderschuhen draussen, sodass man sich in der Tat ernsthafte Wissenschaft (gemäss heutigem Niveau) nicht mehr vorstellen kann.
das gleiche gilt auch für Wissenschaftszweige, die erst in Zukunft entstehen werden, bzw. für solche Zweige, bei denen man naiverweise kein Mathematikaufkommen vermuten würde. Weshalb sollten sie auf das inzwischen derart ausgereifte Werkzeug „Mathematik“ verzichten?

Und weiter: kann die Mathematik überhaupt glaubwürdig sein,
wenn sie nicht definierte Inhalte benutzt bzw. nicht benutzt?

Mathematik benutzt immer definierte Inhalte. Das hat mit Wissenschaft zunächst mal garnix zu tun.

Ist sie nicht sowieso manchmal unlogisch?

Nein, unter gar keinen Umständen, denn das ist eine grundlegende Eigenschaft von Mathematik.

Gruss,

Hallo,

Logik ist die Grundlage wissenschaftlichen Schließens. Logik ist auch eine wichtiges Teilgebiet der Mathematik. Darum eignet sich Mathe so hervorragend, um wissenschaftliche Modelle abzubilden.

Wissenschaft kann ohne Logik nicht sein, aber Wissenschaft und Mathematik sind lediglich ein Zweckbündnis. Mathematik liefert eine Sprache, in der sich Zusammenhänge logisch und quantitativ darstellen lassen. Das geht wohl auch mit anderen Mitteln, aber die Mathematik ist das einfachste bekannte Werkzeug, was das vermag.

Kann man ohne technische Zeichnungen ein Haus bauen? Sicher geht das: schließlich haben die alten Hochkulturen ja schon Häuser (und Weltwunder!) gebaut, ohne technische Zeichnungen zu kennen. Doch trotzdem mußten die am Bau beteiligten Menschen sich gegenseitig verständlich machen, was wie wo und wann zu tun ist. Das geht auch in ägyptisch, griechisch, syrisch oder sonstwie. Es ginge auch im Binärcode, aber da was ägyptisch beim Bau der Pyramiden sicher einfacher und zweckmäßiger. Die Anekdote vom Turmbau zu Babel zeigt, dass ein gemeinsames Werk ganz ohne gemeinsame Sprache nicht möglich ist.

Mathematik ist genau wie Deutsch, Binärcode oder Gestik nur eine Form von Sprache. Eine Sprache, die eben sehr elegant und einfach ist und weit weniger zweideutig und mißverständlich als andere Sprachen.

Doch egal, welche Sprache ich benutze: erst, wenn ich logischen Regeln folge, machen meine Aussagen einen verwertbaren Sinn. Diese Logik ist die wichtige Grundlage (zB der Wissenschaft). Weil sie so wichtig ist, wird sie von der Mathematik als Teilgebiet auch formal behandelt, aber dass ist eine Parallele zur Wissenschaft.

Und weiter: kann die Mathematik überhaupt glaubwürdig sein,
wenn sie nicht definierte Inhalte benutzt bzw. nicht benutzt?

In der Mathematik geht es nicht um Glauben. Es gibt einfache Grundannahmen („Axiome“), die nicht weiter hinterfragbar sind und deren Gültigkeit man voraussetzt. Dazu zählen auch die Axiome der Logik! Abgesehen davon beruht jeder weitere Schritt auf Beweisen.

Ist sie nicht sowieso manchmal unlogisch?

„Unlogisch“ an der Mathematik ist ihre Grundlage, die Axiome. Für sie kann es keine logische Begründung geben, da sie der Anfang aller Begründungen sind. Hier ist „unlogisch“ aber gemeint im Sinne von „Jenseits einer Logik“ und nicht etwas im Sinne von „logisch falsch“.

LG
Jochen

Was ist Wissenschaft?
Hi Tai!

Es gibt Wissenschaften, die ohne Mathematik auskommen: z.B. Literaturwissenschaft und Theologie. Gleichzeitig ist nicht alles, was Mahtematik benutzt Wissenschaft. Hierzu folgendes Beispiel: Ein Prophet leitet eine Gleichung für das Ende der Welt aus einigen „ihm von Gott gegebenen“ Axiomen mathematisch her und rechnet das Datum aus. Hat er wissenschaftlich gearbeitet? Aus welchen Gründen es sich hierbei nicht um Wissenschaft handeln kann, kannst du den untenstehenden Kriterien entnehmen.

Wissenschaftliche Forschung zeichnet sich durch folgende vier Dinge aus:
a) Methodik: die Vorgehensweise muss festglegten Bedingungen, welche gültige Schlussfolgerungen ermöglichen sollen, gerecht werden
b) Replizierbarkeit: der Vorgang der Wissensgewinnung muss genau dokumentiert und von anderen Forschen, welche die Methodologie der Wissenschaft beherrschen nachvollziehbar sein
c) Inferenz: Wissenschaft soll mehr leisten als bloße Beschreibung: Es werden Aussagen über nicht beobachtbare Tatsachen abgeleitet
d) Wissenschaftliche Ergebnisse erheben nicht den Anspruch unanzweifelbare Wahrheiten zu sein (im Gegensatz zu Religion); das Maß der Unsicherheit kann aber abgeschätzt werden

Quelle: Schnell, Hill, Esser: Methoden der Empirischen Sozialforschung.
siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaft

Ein Prophet leitet eine Gleichung für das Ende der
Welt aus einigen „ihm von Gott gegebenen“ Axiomen mathematisch
her und rechnet das Datum aus. Hat er wissenschaftlich
gearbeitet?

Ja. Theologie ist schließlich auch eine Wissenschaft.

Hallo,

Nicht jeder, der „Physik“ oder „Theologie“ betreibt, ist damit ein Wissenschaftler (oder eben nicht). Ich komme eindeutig aus der Naturwissenschaftlichen Ecke und hab mir mal ein paar Vorträge von Theologen angehört. Dabei war ich positiv, wie sorgfältig dort argumentiert wurde, auch wenn mir die Axiome („Es gibt Gott“) etwas krude vorkamen :wink:
Aber von der Stichhaltigkeit der Argumente könnten sich viele „Wissenschaftler“ ein gutes Stück abschneiden :wink:

Grüße,
Moritz

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Nein, denn bei dem, was er getan hat handelt es sich nicht um Theologie im Sinne einer Wissenschaft. Göttliche Inspiration ist keine anerkannte Methode zur Erkenntnisgewinnung.

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Damit könnte Theologie grundsätzlich keine Wissenschaft sein, weil die Grundlage jeder theistischen Religion letztendlich auf göttlicher Inspiration basiert. Es macht ja keinen entscheidenen Unterschied, ob ein Prophet „ihm von Gott gegebene“ Axiome zur Grundlage seiner Überlegungen macht, oder ob er sich auf Axiome stützt, die anderen von Gott gegeben und in irgend einer heiligen Schrift niedergeschrieben oder anderweitig weitergegeben wurden.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Theologen gehen von gemeinsamen Grundannahmen aus. Diese können, wie im Falle der Bibel, als göttliche Inspirationen verstanden werden. Das ist aber etwas prinzipiell anderes: Wollte ein Theologe seine persönliche Erleuchtung als Erkenntnisgrundlage anführen, würde keiner seiner wissenschaftlich arbeitenden Kollegen seine Arbeiten anerkennen, weil er sie nicht durch wissenschaftliche Methodik gewonnen hat. Das meinte ich als ich schrieb, dass göttliche Inspiration keine wissenschaftliche Methode zur Erkenntnisgewinnung sei.

Falk

Hi Wissende,
vielleicht ist die Frage ja nicht neu, aber ich bin erst jetzt
drauf gekommen: Unterscheidet sich die Wissenschaft nur durch
die Verwendung der Mathematik vom Volksglauben?

Nein, es gibt doch Wissenschaften, die weitestgehend auch ohne Mathematik operieren, von ganz speziellen Untersuchungen mal abgesehen. Wichtiger als der Gebrauch der Mathematik ist das Herangehen an den Gegenstand mit einer gewissen nachvollziehbaren Systematik, die das Ergebnis glaubwürdig und unabhängig von irgendwelchen weltlichen Interessen darstellen kann. Dies ist dann die gleiche wissenschaftliche Ebene, auf der auch gute Mathematik stattfindet. Und wie definierst du Volksglauben ? Es gibt da sicherlich Beispiele für Volksglauben, der einer Wissenschaft ebenbürtig ist, z. B. uralte Bewirtschaftungsmethoden, kulturelle Schätze, soziale Weisheit usw. Und es mag irregeleitete Populationen und wissenschaftliche Irrtümer geben.

Kann man sich
eine „ernsthafte“ Wissenschaft ohne Formeln oder zumindest
Statistiken überhaupt vorstellen?

Das ist bestimmt möglich. Manchmal wird ja mit Statistiken und Formeln nur der Anschein von Wissenschaftlichkeit erzeugt. Die Benutzung von Statistik und Formeln ist kein hinreichendes Kriterium für Wissenschaftlichkeit. Für die Beantwortung schwieriger Spezialfragen sind Statistik und Formeln aber ein Hilfsmittel, manchmal vielleicht sogar unentbehrlich. Ein Wissenschaftlicher, der dies nicht beherrscht, sollte wenigstens in der Lage sein und sich nicht scheuen, einen Experten hierfür zu konsultieren.

Und weiter: kann die Mathematik überhaupt glaubwürdig sein,
wenn sie nicht definierte Inhalte benutzt bzw. nicht benutzt?
Ist sie nicht sowieso manchmal unlogisch?

Dieser Teil der Frage ist etwas seltsam. In der Mathematik stehen am Anfang von Abhandlungen immer Definitionen. Es gibt aber bei manchen Wissenschaftlern, nicht nur bei Mathematikern, eine Neigung, die Definitionen nicht mehr mit anzuführen, weil ihnen das zu albern oder zu lästig ist oder weil sie die Definitionen völlig verinnerlicht haben, es ist ihnen in Fleisch und Blut übergegangen, wie man so sagt. Auch die Logik ist eine Sache von Definition. Sie wird aus Beobachtung und Erfahrung abgeleitet. Für alle weiteren Abhandlungen setzt man sie als gegeben und als zwingend voraus, was aber nicht immer stimmen muß, denn man kann ja nicht alles im Voraus beobachten. Außerdem ist es eigentlich unmöglich, alle tatsächlich vorhandenen Voraussetzungen in einem System zu erkennen und in den Definitionen zu berücksichtigen.

Danke schon mal

Tai

Hallo!

Damit könnte Theologie grundsätzlich keine Wissenschaft sein,
weil die Grundlage jeder theistischen Religion letztendlich
auf göttlicher Inspiration basiert.

Man glaubt an die Aussagen einer Religion oder läßt es bleiben oder betätigt sich selbst als Religionsstifter und stellt beliebige Postulate in den Raum. Religion an sich, also die Inhalte der Religion, sind keine Wissenschaft. Ungeachtet dessen kann man sich Religionen mit wissenschaftlichen Methoden nähern, wie man sich der Geschichte mit wissenschaftlichen Methoden nähert.

Man muß unterscheiden zwischen Religionswissenschaft als neutral forschender Disziplin und der Theologie, die sich zwar u. a. auch mit historischen Zeugnissen des Glaubens beschäftigt, dabei aber eine bestimmte Glaubensposition vertritt, also nicht ergebnisoffen ist. Von daher ist Theologie keine Wissenschaft.

Gruß
Wolfgang

1 Like

Religion an sich, also die
Inhalte der Religion, sind keine Wissenschaft. Ungeachtet
dessen kann man sich Religionen mit wissenschaftlichen
Methoden nähern, wie man sich der Geschichte mit
wissenschaftlichen Methoden nähert.

Und genau darum geht es im genannten Beispiel. Es ging nicht um die Wissenschaftlichkeit der Axiome, sondern um die der daraus gezogenen Schlußfolgerungen.

Wissenschaften ohne Mathe?
Hi,

Es gibt Wissenschaften, die ohne Mathematik auskommen: z.B.
Literaturwissenschaft und Theologie.

Das sind zumindest zwei schlechte Beispiele.
Theologie, auch wenn ich ihr die Eigenschaft Wissenschaft abspreche, bedient sich beispielsweise der Archäologie, und diese ist ohne Mathematik heutzutage völlig undenkbar.
Literaturwissenschaften ebenso: Beispielsweise die Klärung der Herkunft eines Textes anhand statistischer Analysen.

Beim Rest gebe ich dir recht.

Gruss,

Hi,
(…)

Man muß unterscheiden zwischen Religionswissenschaft als
neutral forschender Disziplin und der Theologie, die sich zwar
u. a. auch mit historischen Zeugnissen des Glaubens
beschäftigt, dabei aber eine bestimmte Glaubensposition
vertritt, also nicht ergebnisoffen ist. Von daher ist
Theologie keine Wissenschaft.

Volle Zustimmung. Stern.

Theologen würde hier wohl entgegnen, dass die Dogmatik (darauf spielst du ja an) nur einen geringen Teil der Theologie ausmacht.

Gruss,

Hallo Tai!

Und weiter: kann die Mathematik überhaupt glaubwürdig sein,
wenn sie nicht definierte Inhalte benutzt bzw. nicht benutzt?
Ist sie nicht sowieso manchmal unlogisch?

Was es ist hat Gödel doch treffend bewiesen:

„Jedes hinreichend mächtige formale System ist entweder widersprüchlich oder unvollständig“

http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6delscher_Unvolls…

Das sollte aber nicht Tür und Tot öffnen, alles relativieren zu wollen und immer zu sagen, es passe nicht.

Die Mathematik ist unser mächtigstes formales System.
Es macht auch keinen Sinn zu sagen, wenn die Lehrerin fragt „Liegen deine Hausaufgaben auf deinem Schreibtisch zu Hause?“ „Sie liegen dort und sie tun es nicht. Mein Hund hat meine Panzertür aufgebrochen und sie gefressen und er hat es nicht. Erst wenn ich nach Hause gehe und nachschaue kollabiert die Superexposition und die Hausaufgaben sind gefressen oder nicht.“

Es ist anscheinend oft möglich im konservierten System zu bleiben. Aber ich kenne mich mit der Interpretation des Satzes nicht aus, deswegen sag ich nix weiter dazu.

VG, Stefan

Hallo!

Hallo ebenfalls !

Warum sind
wir so zuversichtlich, dass das überhaupt möglich ist? Nun,
weil quantitative Aussagen über die Natur zwangsläufig Zahlen
verwenden, und dann gelten automatisch die Regeln der
Mathematik.

Auch ich sehe das immer aus dem Standpunkt des Menschen (des Wissenschaftlers) als Subjekt:
Unser gesamter phys.Messapparat und die damit erhaltenen Ergebnisse, und damit wiederum die resultierenden Theorien, sind durch den Menschen erdacht, von ihm gebaut (oder von Maschinen,aber die entstanden dann ihrerseits letztendlich doch „von Menschenhand“) und so von ihm in die Welt gebracht; es sind so gesehen nur die „verlängerten Arme“ des Menschen, d.h. eine Art Erweiterung und Verbesserung seiner Sinnesleistungen und „organischen Werkzeuge“.
Aber so sehr sie die Erfassbarkeit der „Welt“ auch vergrößern, im Grunde bleiben sie doch Geräte „von dieser Welt“ (ich meine damit diesem System immanent) und sollen ja auch gar nichts anderes sein (sonst wäre das etwas aus dem Bereich des esoterischen)!

Und so ist es auch mit den Zahlen und anderen Ergebnissen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit.
Die Zahlen als solche sind zunächst nicht mathematischer Natur, sondern physikalischer. Die Mathematik ist dann die Wissenschaft des Menschen, die daraus in sich stimmige (d.h.auch mit gewissen Grunderkenntnissen und Begriffen aus der Auseinandersetzung des Menschen mit der Umwelt vereinbare) „Systeme“ , also Axiomengebäude usw.aufbaut.

Beispiel: Eine (sehr einfache) biologische Theorie besagt,
dass die Anzahl der Eier in einem Gelege mit der Anzahl der
Eier, die von dem betreffenden Weibchen gelegt wurden,
übereinstimmt. Irgendwann wird man einen Fall finden, wo mehr
Eier im Nest liegen, als die Glucke gelegt hat. Man wird
gezwungen sein, die Theorie zu verwerfen, und sich über den
Kuckuck Gedanken zu machen… Die Theorie war also Quatsch.
Die Methode jedoch (Eier zählen) war nicht falsch.

Ein sehr schönes Beispiel, finde ich; es zeigt deutlich (abgesehen von der Kurzfassung des Ganges der Heuristik in den Naturwissenschaften) wie eine Erkenntnis über etwas abstraktes (Zahlen) angewendet werden kann in der Praxis wie hier die „Zahl der Eier“ bzw. „Zahl der Jungen“…

Grüße
Peter