Wo findet man die Höhe der jährlichen Annuitäten, die eine Aktiengesellschaft zahlen muss?

Hallo zusammen,

es geht nicht um die tatsächlichen Tilgungen und Zinsen, sondern um die jährlichen Pflichtbeiträge (Zinsen- und Tilgungen) die eine AG jährlich zahlen muss? (Natürlich nur sofern Schulden vorliegen)

In der Gewinn und Verlustrechnung?
In der Bilanz?
In der Cash-Flow-Rechnung?
Woanders?
Ich tippe auf die GUV, bin mir aber nicht sicher.

Weiß dies jemand???
Wenn ja, kann jemand evtl. ein Beispiel zeigen anhand eines Unternehmens?

Vielen Dank für eure Antworten!!!

Hallo,
aggregiert gibt es diese Informationen sowohl in der GuV (Income Statement),nach IFRS unter Punkt Interest Expense (Zinsaufwendungen), als auch in der Bilanz unter Kapital und Verbindlichkeiten (Equity and Liabilities) unterteilt nach Kurzfristig und Langfristig (Current/Non-current) beim Posten Financing Liabilities (also Finanzierungsverbindlichkeiten).

Für die Tilgungen muß man natürlich zwei Bilanzen miteinander vergleichen und die Differenz bilden, allerdings kann es durch Refinanzierungen durchaus sein, daß sich Tilgungen als solche nicht erkennen lassen. Da müßte man schon eine Ebene tiefer disaggregiert bei den Kapitalmaßnahmen schauen.

Als Beispiel: Daimler Geschäftsbericht 2018, Seite 228 und Seite 230

Servus,

die Tilgungen für Verbindlichkeiten, die zu einem Stichtag bestanden haben, lassen sich nicht durch den Vergleich der zwei Bestände per Stichtag und per folgendem Stichtag ermitteln. Nicht nur wegen möglicher Refinanzierungen, sondern ganz grundsätzlich nicht.

Schöne Grüße

MM

„Grundsätzlich“ nicht, stimmt. Grundsätzlich werden Schuldinstrumente ja auch nicht getilgt, schon gar nicht gelistete, von daher ist die Frage schon etwas verwirrend.

@hroptatyr und Aprilfisch,

erst mal vielen Dank für eure Antworten!

Vorab:
Bei Annuitäten sind die monatlich zu zahlenden Pflichtbeträge exakt gleich hoch. -> Diese möchte ich irgendwo finden! Das ist ja quasi meine Frage. (Falls es überhaupt möglich ist!)

Mit fallender Restschuld fallen die Zinsen und die Tilgungen steigen, die Annuitäten bleiben jedoch gleich. -> Ob dies überhaupt so bei einer AG ist weiß ich leider nicht. Im privaten Bereich beim Abzahlen einer Grundschuld bei einer Bank ist es jedenfalls so…

Verstehe ich das so richtig: Die aktuelle ZINSLAST zum bestimmten Zeitpunkt steht in der GUV unter dem Punkt Interest Expense?

Die Höhe der Annuitäten jedoch, die jährlich anfallen, kann man jedoch NICHT finden - korrekt?

Schöne Grüße!

Ja das ist garantiert nicht so. Die übliche Finanzierung einer AG findet standardisiert durch Anleihe-Verkäufe oder Herausgabe von Kapital (Aktien) bzw. Mischformen statt. Unstandardisiert findet man Notenverkäufe und sog. Repos (Repurchase Agreements). Einer der Hauptgründe sich listen zu lassen ist gerade der Zugriff auf diese Finanzierungsmöglichkeiten.

Die (klassische) Anleihe hat eine Nominale, eine Laufzeit und Kupons. Am Ende der Laufzeit wird die Nominale zurückgezahlt. Kuponzahlungen entsprechen den Zinsen. Vorzeitige Rückzahlung (sog. Redemption) kann optional in die Anleihe eingebaut werden, ist allerdings selten.

Wandelinstrumente (engl. Convertibles) sehen vor, verbindlich oder optional am Ende der Laufzeit die Nominale durch andere Vermögenswerte (meist Aktien) auszugleichen.

Es gibt noch eine 3. Form der „Tilgung“ (nebst Rückzahlung und Wandlung) und die funktioniert zu jedem beliebigen Zeitpunkt vor dem Ende der Laufzeit, der Rückkauf. D.h. die Emittentin (Herausgeber der Schuld) kauft ganz einfach die Schulden wieder am Markt ein.

So, nun zum Thema Finden: Für gelistetes Fremdkapital (grob gesagt Anleihen und Instrumente, die eine ISIN haben) gibt es den sog. Corporate-Action-Dienst (zu deutsch etwa Kapitalmaßnahmen). Da werden in maschinenlesbarer Form exakt die Informationen verteilt, die Du suchst: Rückkäufe, Redemptions, Wandlungen, Calls und Puts (also einseitige Kündigungen), Zinszahlungen, einfach alles. Nachrichten auf diesem Dienst kommen in Echtzeit.

Ebenfalls in maschinenlesbarer Form gibt es die Bilanz nach IFRS 9, dort seit neuestem eine Kategorie SPPI (Solely Payments of Principal and Interest), in der auch interne Schuldinstrumente aufgeführt sind, also z.B. zwischen Mutter und Tochter, oder Töchtern, etc. Daneben finden sich auch andere Schuldinstrumente, die Nominale läßt sich raten (wenn man das Bewertungsmodell kennt), Laufzeiten lassen sich auch grob raten. Allerdings sind einige Eckpunkte ungewiß, wie z.B. Kündigungsoptionen, Wandlungsoptionen, Zinsen. Man kann aber hiermit die gesamte Kapitalstruktur eines Konzerns erraten. Veröffentlichungen auf diesem Dienst passieren meist quartalsweise oder halbjährlich.

In beiden Fällen bist Du aber auf der Einzelinstrumente-Ebene, d.h. Du mußt Dir Deine Summe selbst bilden und gegebenfalls annualisieren.

Da steht das Aggregat des im Berichtszeitraums angefallenen Zinses. Meist noch nach Einnahmen und Ausgaben getrennt. Letzteres ist, was Dich interessiert, richtig? Im Falle Daimler reden wir aber von mehr als 300 verschiedenen Anleihen und Noten in 2 Währungen. Viele davon eventuell geswappt (siehe unten).

Ich verstehe Dich richtig, Du willst die Zinsaufwendungen des laufenden Quartals/Halbjahres/Jahres oder besser noch alle zukünftigen Zinsaufwendungen haben?

Die gibt es so nicht. Du kannst wie gesagt MT564-Nachrichten (Kapitalmaßnahmen) bei den Börsen und Banken mitlesen und schauen, ob es „Tilgungen“ in Deinem Sinne gab oder auch konkrete Zins-/Kuponzahlungen und Dir daraus „Annuitäten“ ausrechnen. Aber weder geht das für die Zukunft, noch macht es irgendwie wirklich Sinn, wenn Du nicht konkret etwas vorhast (z.B. Währungsrisiko oder Zinsrisiko ausrechnen).

Aber: Banken und Finanzdienstleister machen genau das, mit dem Ziel, den nächsten Quartalsreport schonmal so gut wie möglich vorab zusammenzupuzzlen.

Zum Thema Swaps: Anleihen am Markt kann man ohne Kupons oder mit festen Kupons oder mit variablen Kupons begeben. Letzteres macht es schon schwer die tatsächlichen Zinszahlungen zu verstehen, da sich der Zins ständig ändert. Aber wo es richtig „fies“ wird: Wenn die Zinsen einer Anleihe mit festen Kupons gegen variable Zinsen getauscht werden. Oder die Währungen der Nominale, oder die Währung des Zinsen, oder oder oder.

Kurzum: Was Du Dir so einfach vorstellst, ist in Wahrheit ein sehr komplexes (aber lösbares) Thema. Also was hast Du konkret vor mit den Zahlen?

PS: Das ganze Thema kann auch in Richtung Unlösbarkeit gehen, wenn der Konzern aktiv versucht, Intransparenz zu schaffen, siehe Steinhoff-Noten.

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Servus,

Nö. Unter „Interest Expenses“ (Plural) stehen die Zinsaufwendungen in einen bestimmten Zeitraum (nicht Zeitpunkt) im P&L statement. In der GuV heißt diese Position „Zinsen und ähnliche Aufwendungen“.

Schöne Grüße

MM

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Da kann ich Dich aus eigener Erfahrung beruhigen: Die wenigsten AGs haben Annuitätendarlehn als einzigen Kredit. Es macht also wenig Sinn, die Frage nach der Höhe der jährlichen Annuitäten zu stellen. Bei z. B. endfälligen Darlehen bzw. Anleihen gibt es keine Annuitäten!

In der GuV erscheinen natürlich nur die Zinsaufwendungen, also nur ein Teilbetrag der Annuitäten. Die erfolgten Tilgungen erscheinen in der Bilanz als Abbau von Verbindlichkeiten (gegenüber Banken oder Sonstige Kreditgeber).

Hab wieder Marktzugriff, also hier noch konkret das Beispiel Daimler (long-term (>1Jahr) Fremdkapital):

LT 2017: 78053 Mio
LT 2018: 88342 Mio
Diff.   +10289 Mio

Und zum Vergleich, die Summe aller Corporate Actions nach EUR gewandelt, Marktpreise:

LT 2018 begeben:  71137 Mio
LT 2018 getilgt:  60641 Mio
Differenz:       +10496 Mio

fehlen also 200 Mio., wird wohl an meinen Währungs- und Aktienpreisumrechnungen liegen. Aber man sieht zwei Dinge. Erstens, Tilgungen und Neuausgaben kann man in der Summe nicht mehr unterscheiden (das war Aprilfischs Einwand). Zweitens, wenn man die Bilanzen kennt und einfach nur Neuausgaben im Zeitraum mitschneidet, hat man schon einen ersten sehr groben Überblick über die Tilgungen. Wie genau getilgt wurde, kann man daraus nicht erkennen.

Trotz allem: Daimler jetzt monatliche Annuitäten von 5110 Mio EUR (Zins + Rückflüsse) zu unterstellen, ist erstmal komisch, aber kann (als linearer Mittelwert) im Rahmen eines Vergleichsmodells durchaus hilfreich sein.

nun wenn du Tippst, dann sage frage dich, welchen Gewinn oder Verlust man durch einen Tilgung hat?

Das sollte dir schon mal weiter helfen.

Hammer, was eine ausführliche Antwort! Vielen Dank dafür!! :blush:

ich vermute eher, es ist der Unterschied zum Marktpreis.
Auch Verbindlichkeiten haben einen Nenn- und einen Marktwert.

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nanana: ein Annuitätenkredit zeichnet sich durch über die Laufzeit (bzw. Zinsbindung) vereinbarte gleiche Zahlung aus. im Vertrag heißt das dann: „Zins: x%, Tilgung y% zzgl. ersparter Zinsen“.
Allerdings ändert sich das Verhältnis zwischen Zins und Tilgung mit jeder Zahlung - die Summe bleibt jedoch gleich (halt Annuität).

Was? Er fragte, ob es solche überhaupt möglich ist, solche Angaben zu finden, und ich sagte: Garantiert nicht.