Wo kann mein jetzt blinder Bruder die

… blindenschrift lernen?
Mein Bruder hat einen gehirntumor! Und kann nicht mehr sehen! Wie und wo kann er die Blindenschrift daheim lernen?

Lieber Herr Schleiwies
Viele Behinderungen sind anders und finden andere Lösungen. Ich selbst konnte nach meiner völligen Erbrindung nach zwei Wochen wieder lesen, hier auf einem abgelegenen Dorf.
Um Ihnen die richtige Auskunft geben zu können, müsste ich wissen

  • wie alt ist ihr Bruder, es ist ein Unterschied zwischen Vorschulalter oder Altersblindheit
  • wie sind seine cognitiven Fähigkeiten ; ich hatte vor drei Wochen eine Gehirnblutung und erkannte zwei Wochen lange die Tasten nicht mehr
  • in welcher Stadt wohnen Sie , Niedergriesbach oder Hamburg, das ändert alles.

Iczh schlage vor, sie antworten per p.m. auf diese Fragen am [email protected] und ich kann Ihnen gezielt antworten., öffentlich oder persönlich.
Nota bene: ich habe nichts zu verkaufen, ich kann Ihnen nur berichten, wie ich innert zweier Wochen wieder gelesen habe, langsam zwar, aber in den Fremsprachen Deutsch, Amerikanisch, Italienisch…
M. Dippold, F-79140 Combrand

… blindenschrift lernen?
Mein Bruder hat einen gehirntumor! Und kann nicht mehr sehen!
Wie und wo kann er die Blindenschrift daheim lernen?

Die Experten, die sich hier bereitwillig den Fragen, auch den naiven, des Publikums stellen, haben keine Biertischmeinungen zu bieten sondern Fachwissen und Jahrelange Erfahrung. Die Fragestellungen sind aber bisweilen so allgemein, dass der Experte Einzelheiten, Parameter erfragen muss.
Ich kenne mich, zu meinem Leidwesen, auf dem Gebiet der Blindentechnik aus. Vor zwei Monaten kam hier eine Anfrage: ein Mensch war besorgt wegen der Verzweiflung eines Kameraden, der zu erblinden drohte, und deutete Suizidabsichten an. Ich bat sofort um Einzelheiten, Alter, Bildungsstand, Wohnort, da ich über einen deutschen Blindenverein eine Anzahl persönlicher Kontakte dort habe, welche die Beratung persönlich weiterführen könnten. Keine Antwort, es war nur ein Hoax.
Nun bemüht sich jemand um seinen Brudr, der angeblich durch einen Gehirntumor erblindet ist und fragt, wo dieser zuhause die Punktschrift lernen kann. Ich habe zurückgefragt, wie alt der Bruder ist, 7 oder 70, wo er wohnt in Niedereggendorf oder in Berlin, weil im ersten Fall nichts zu machen ist, und schließlich, inwieweit die Defizienzd des Gehirns, die mir auch schon widerfahren ist, sich auf die Fähigkeiten des Kindes oder des Greises auswirkt. Aus Gründen der Diskretion bat ich um persönlichen Kontakt. Keine Antwort. Ich schließe daraus, dass das Los des Bruders, wenn er tatsächlich existiert, dem Fragesteller gleichgültig ist und er nur hier etwas Bewegung hereinbringen wollte. Wer bei wer-weiß-was sich dem Fragen des Publikums stellt, verdient wohl Respekt und Antwort. Die Beratungen sind kostenlos, nota bene.
Nach dieser zweiten Verhöhnung will ich trotzdem auf die Frage antworten, in der Hoffnung, anderen zu nutzen, denn auf dem Gebiet der Blindentechnik herrscht groß Unwissen, welches dazu von internationalen und nationalen Institutionen gefördert wird.

Auf meinem Jahrelangen, erfolgreich überwundenen Leidensweg habe ich keinen Ophtalmologen getroffen, der mich auf den Screenreader hingewiesen hätte.
Zunächst muss man wissen, was die Blindenschrift eigentlich ist.
Der Mensch ist das einzige Wesen der Schöpfung, das über eine Sprache verfügt. Die menschliche Kommunikation erfolgt zunächs über das Gehör, in einer Gruppe, welche dieselbe Sprache teilt.
Vor 4000 Jahren entstand im Libanon und Syrien die geniale Idee, die Laute der Sprache nicht in Keilen oder Piktogrammen, sondern in willkürlichen Symbolen oder Graphemen für Abwesende oder Spätere festzuhalten, beginnen mit dem Piktogramm eines Stierschädels, dem aleph, dem A. Aus dem Graphemen, den Symbolen, setzt man Wörter, Sätze, ganze Bücher zusammen. Dieser graphische Code wird visuell erfasst.
Die visuelle Wahrnehmung macht 80% unserer totalen Wahrnehmung aus, davon aber nur ein geringer Teil im focus : das offene Fenster im vierten Stock beachtet niemand. Wenn die visuelle Wahrnehmung nun durch Erblindung ausfällt, hat der Erblindete immer noch die gesprochene Sprache und die Laute der Umwelt, beim Schütteln klingt eine Kilopackung Mehl anders als ein Kilo Kristallzucker. Als dritter Sinn kommt nun der Tastsinn.
Um 1823 begann ein dreizehnjähriger blinder Junge, gedankliche Vorarbeiten zu nutzen. Nicht mehr die Form der Buchstaben als Relief abtasten zu lassen, sondern den graphischen Code in einen taktilen zu übersetzen, nämlich in alle möglichen Kombinationen von maximal 6 erhabenen Punkten oder Dornen wie auf der 5 des Telephons. Das Detail über Louis Braille lesen Sie in der Wikipedia. Mit der gleichen Idee erfand der Junge Mann auch eine mathematische Schrift und eine Notenschrift. Die Punktschrift war unverzichtbar zu einer Zeit ohne Elektrizität und ohne Aufzeichnung von Ton. Seit 180 Jahren lesen Blinde in aller Welt, in allen Sprachen, die doppelte Codierung mit dem rechten Zeigefinger auf Karton, wo die Sechserkombinationen von der Rückseite per Hand oder mit einer speziellen Schreibmaschine durchstochen bzw. punziert werden. Ganze Bücher werden so zusammengestellt und erlauben Blinden Justizbeamten, Pfarrern, Lehrern, Sachbearbeitern, Telephonisten, neben Kinesitherapeuten und Handwerkern ins Berufsleben einzusteigen.
In der Mitte des vorigen Jahrhunderts begann die Ära der Niederstromtechnik, der Elektronik. Um 1950 begannen Versuche, elektronisch Sprache zu erzeugen, der Art, dass binäre Texte in künstlich erzeugte Laute umgewandet wurden, die menschliche Stimme nachgemacht. diese Laute wurden zu Wörtern und Sätzen zusammengesetzt. IBM und Laboratorien in Palo Alto waren die Pioniere.
Um 2000 – die Details lesen Sie in der Wikipedia, entstanden nun die Screenreader oder Bildschirmleseprogramme, dh. Software, welche anscheinend den Inhalt des Bildschirms von links oben nach rechts unten in einer künstlich erzeugten aber natürlich klingenden Sprache vorliest. Es braucht nur wenige Tastengriffe, damit das Programm einen Buchstaben, ein Wort, eine Zeile, einen Abschnitt oder eine ganze Kurzgeschichte an einem Stück liest. Der Screenreader ist ein mehrsprachiges Multifuntionsprogramm: Sie können schreiben, weil die Tastatur jeden Buchstaben spricht, den sie drücken, Sie können lesen, und viele Programme enthalten die wichtigen Europäischen Sprachen, Französisch, kanadisches Französisch, Englisch in amerikanischem, britischen, indischen oder kenianischem Dialekt. Ferner Niederländisch, brasilianisches Portugiesisch, schrechliches Italienisch, und Deutsch, Auf Anfrage auch eine Opastimme, Omastimme, Jungenstimme, Schwäbisch oder Sächsisch, um Karl May zu lesen. Mit dem Screenreader können sie ganz einfach e-Post empfangen und senden, sie können im Internet surfen : die Wikipedia hat über 20 Millionen Artikel in 200 sprachen oder mehr, über 1,5 Millionen Artikel in Deutsch, dazu in Badisch und Schwäbisch oder Haussa,– ob das für Ihren Wissensdurst reicht ? Natürlich auch Tageszeitungen und das Telephonbuch. Im Projekt Gutenberg und in de.wikisource.org haben Sie nahezu alle Werke aller vor 1942 verstorbenen Autoren. Reich das ?
Aber auch neuere Literatur ist zugänglich, nur ist es umständlicher als für den Sehenden. Es gibt sogenannte OCR-Programme (Optische Texterkennung), welche gedruckten Text in binären, in Computertext umwandeln. Sie scannen die Buchseiten mit dem Scanner, das Programm tastet die schwarzen Pixel ab, erkennt die Buchstaben und setzt sie in Computertext um. Als das beste OCR-Programm gilt das russische fine Reader; mein 11-jähriger Sekretär beherrscht es inzwischen routiniert.
Wo wir früher zu den Bibliotheken reisen oder Auf die Fernleihe warten mussten, das haben wir in Minutenschnelle im Computer. Ich wette, ich erfahre in drei Minuten, wie die beiden Offenburger Polizeibeamten auf die Idee kamen, den Kofferraum eines gewöhnlichen Autos öffnen zu lassen, um die entführte Chloé zu entdecken ?, und die Blinden können es eben hören.
Es funktioniert auch bei ausgeschaltetem Monitor, denn Screenreader ist ein kleiner Schwindel: die Software liest nicht das Innere des Monitors ab, sondern es wandelt den aufgerufenen Text von der festplatte mittels einer Wort+Lautbibliothek in die gesprochene Sprache um. Ergänzend sei noch gesagt: am Satzende senkt sich die Stimme beim ? hebt sie sich, beim ! wird sie etwas lauter, Großbuchstaben werden etwas stärker als kleine gesprochen. Was brauchen Sie, um einen Screenreader zu nutzen ? Nun, einen Computer mit Microsoft, am besten XP, wenn Sie es noch bekommen, also nicht im Supermarkt. Sodann müssen Sie eine europäische Sprache beherrschen, theoretisch auch als Analphabet, Sodann müssen Sie die cognitive Fähigkeit haben, die Strukturierung der Inhalte in Ordnern und Dateien zu verstehen sowie, mit einiger Übung, 50 Tastenkürzel zu behalten, die Maus ist nicht mehr zu gebrauchen, alles geht über die Tasten. Für Personen, die vor der unsichtbaren Tastatur in Panik geraten, gibt es die Erfindung eines französischen Gymnasiasten, das Clavier Poiraud, welches das Vertippen verhindert.
Wie lange dauert die Beherrschung des Screenreaders ? Zunächst muss ein Informatiker das Programm installieren oder irgend ein Mensch, welcher die schriftliche oder akustische Installationsbefehele ausführen kann. Die Beherrschung des Screenreaders ist kein Erwerb von Wissen sondern einer unbewussten Fertigkeit, so wie Radfahren, Schwimmen oder Autofahren, wo man nur auf den „Inhalt“ achtet, auf die Verkehrssituation. Zum eindrillen der Tastaturbefehle engagieren sie um Himmelswillen keinen Informatiker, sondern einen 11 bis 15 Jahre alten Jugendliche, der wie ein Grundschullehrer geduldig Ihre Hände leitet. Das klingt unkonventionell, kommt aber aus der Praxis : Die Informatik ist eine Technik für Kinder, weil diese Vorgänge intuitiv erfassen und ein gutes Kurzzeitgedächtnis haben. In zwei Wochen sind sie Freischwimmer, zur Expertise brauchen Sie vielleicht ein Jahr übung.
Zu den Kosten : Es gibt kommerzielle und kostenlose Programme.
Die weltweit größte Verbreitung hat das amerikanische Jaws for Windows. Es kostet um die 1750 € (unverbindlich), teurer als eine Leberwurst, gewährt Ihnen jedoch jahrelange Lebensqualität, wenn Sie die Kosten wie beim Auto auf die Nutzungsstunden umlegen (der Blinde spart schon sein Auto). Als Blinder sind Sie zu 100% behindert und Ihre Krankenkasse zahlt anstandslos technische Geräte, welches Ihr Handicap ausgleichen und eine berufliche Tätigkeit ermöglichen. Es gibt gleichwertige englische und deutsche Programme wie Virgo oder Cobra. Das Problem von Jaws ist das aller amerikanischen Programme: alle zwei Jahre kommen angeblich verbesserte Versionen heraus. Ich verwende Jaws 10 mit Windows XP, das gilt als ideale Kombination, und es lässt keine Wünsche offen. Inzwischen ist der Markt jedoch bei Jaws 13 und Windows 8, während schon fleißig an Windows 9 und Jaws 14 gewerkelt wird : Zweck ist der Erhalt hochwertiger Arbeitsplätze in den USA, Taiwan und China.
Eine gleichwertige Alternative ist NVDA (Non visual Desktop Access), das ein blinder australischer Entwickler 2006 herausgebracht hat, und das in den USA schon von 30 % aller Blinden genutzt wird. Meist wird es als zweites Programm neben Jaws installiert, weil es kostenlos und Open source ist. Sie können es frei aus dem Internet herunterladen, Freiwillige haben es in den wichtigen Kultursprachen weiterentwickelt und lokalisiert, d.h. das Menu in Französisch, Italienisch, Portugiesisch oder Deutschübersetzt. Da es ständig weiterentwickelt wird, gibt es bisweilen Schwierigkeiten, die auf den Diskussionslisten der Entwickler und Nutzer gemeldet und behoben werden. Problematisch ist die gratis mitgelieferte Stimme e-seak, sie klingt wie aus dem Gully, doch gibt es mit einigen Verrenkungen die Möglichkeit, die Stimme „Eloquence“ von Jaws zu holen. Fragen Sie auf der Diskussionsliste.
Eigentlich können sich Europäer und Amerikaner die kommerziellen Programme leisten und installieren, NVDA meist nur aus technischer Neugier ; in den Entwicklungsländern, wo es keine Sozialversicherungen gibt und keine Hilfsprogramme für Blinde, erregt NVDA und der Screenreader kein Interesse, zumindest nicht in Westafrika, wo die traditionelle Blindenschrift auf Karton weiter gepflegt wird. Hohe Frachtkosten und 35% Zoll auf gespendete Computer bremsen die Spendefreudigkeit der Europäer. Sollen sie es halt bleiben lassen.
Eigentlich galt die Frage dem Erlernen der Punktschrift. Die „Natürliche Methode“, der Screenreader, benötigt 2 Wochen Lernzeit, einen geringen Lernaufwand, ein Computer ist überall vorhanden, die Kosten werden von der Kasse übernommen oder das Programm ist gratis. Problematisch wird die Rechtschreibung, die man ja nicht hört. Man muss also aufpassen, ansonsten lehnt man im Sessel und hört zu wie im normalen Leben.
Die Punktschrift, die wie die Bedienung des Computers kein Wissen sondern eine intuitive Fähigkeit ist, bedarf einer intensiven Schulung in einer Förderschule mit Internat oder der Wohnung in einer Großstadt, wo ein Blindenverein dem Nachwuchs die Punktschrift lehrt, wie man sie ihnen selbst als Kind aufgezwungen hat. Die doppelte Codierung, die taktile Codierung (Punkte) der graphischen Codierung (Schrift) verlangt eine hohe oder eine bestimmte mathematische Befähigung. In Frankreich verwenden nach der Statistik des Arbeits- und Sozialministerium von 2008 gerade 3,6% der Blindendie Blindenschrift, 7.000 von 207.000 ; 15.000 haben sie gelernt. Ein Blinder auf 21 Blinde beherrscht also die Blindenschrift.
Wenn Sie also tatsächlich einen blinden Bruder haben, geben Sie ihm eine Medikamentenpackung in die Hand, in Europa sind da Aufdrucke in Blindenschrift, und fragen Sie ihn, ob er damit die 1504 Seiten des Grafen von Monte-Christo oder auch nur die 465 Seiten von Karl May „Durch die wüste“ lesen möchte. Der Kundige streicht mit dem Zeigefinger schnell von linkst nach rechts und erfasst im Vorbeigleiten (nicht durch Druck von oben) die Buchstaben, Wörter, die Bilder entstehen in seinem Gehirn. Wenn er fähig ist, auf einem Mohnbrötchen einzelne ;Körner zu unterscheiden. Oder wenn er Jahrzehnte lange Übung hat. Pech, wenn der Erblindete Maurer oder Zimmermann war. Eigentlich nur für junge Kinder oder blindgeborene geeignet; ältere interessieren sich dafür als Denksport, aber das können sie mit Scrabble, Schach oder Mensch-ärgere-dich ebensogut.
Ich selbst kann keine Punktschrift und habe sie noch nie gebraucht.
Immerhin wurde die Punktschrift modernisiert. Zum Ende des letzten Jahrhunderts wurde die Braillezeile erfunden, die dem Blinden erlaub, im Computer und im Internet zu lesen. Programme wie Jaws und NVDA haben sowohl eine Sprachausgabe als auch einen anschluss für die Braillezeile. Dies ist ein länglicher piezo-elektrischer Apparat, der aus 20, 40 oder 80 nebeneinanderliegenden Modulen besteht. In jedem Modul sind 8 Metallstifte versenkt, die sich wechselnd erheben, um die Buchstaben-Kombinationen zu bilden ; 8 Stifte wegen der vielen Funktionstasten des Computers. 80 Module erfassen die ganze Breite des Monitors und der Texte. Jedes Modul kostete früher mindestens 100 $, eine gute Zeile kostet bis 11.000 €. Die Jährliche Reinigung oder Reparatur des hochwertigen Instruments kostet zwischen 350 und 1050 €.
Vor Jahren gint durch die deutsche Presse die Geschichte eines Mannes, der im Büro eine Braillezeile im Wert von 18.000 DM nutzte. Er prozessierte mit seiner Krankenkasse um eine zweite Zeile für zuhause, um Telephon- und Gasrechnungen zu prüfen. Er war übrigens verheiratet und hatte zwei Kinder.
Das Anspruchsdenken mancher Blinder, die Chuzpe, ist bisweilen Groß. Es gibt eine geniale Erfindung, einen tragbaren Scanner mit Sprachausgabe, in dem 900.000 Referenzen gespeichert sind, Supermarktware und CD-Rom. Die großen Lebensmittelketten laden ihre aktuellen Preislisten herunter und der Besitzer kann damit im Supermarkt die Yoghurtbecher rundrehen, bis er aus den Barcode trifft, der ihm dann vorgelesen wird. Man muss sich das in der Praxis vorstellen, 40 Yoghurtsorten. Der Apparat kostet 3500 bis 3.000 €, und es gibt tatsächlich Leute, die den Apparat beim Bundessozialgericht mit dem Argument herauskämpfen, die freie Lebensgestaltung sei ein Grundrechtes Menschen. Und die Gerichte diskutieren über Menschenrechte, anstatt einen Ortstermin zu veranstalten. Eine gewisse deutsche Kasse finanziert nur Geräte, die länger als 5 Stunden pro Woche in Betrieb sind. Sie wissen, was auf deutschen Lohnsteuerkarten steht, welchen Beitrag ein unverheirateter Berufsanfänger zahlt. Ich persönlich bemühe mich um etwas Anstand und schicke alle 14 Tage eine e-Post an meinen Supermarkt, um die üblichen 35 Artikel, eine Verkäuferin füllt meinen Wagen, die Lieferung kommt ins Haus für 7,60 €. Dabei ist zu bedenken, dass ein Pack Mineralwasser 9 Kilo wiegt und eine Flasche Butangas für vier Monate 23 Kilo.
Man fragt sich, wenn ein Erblindeter in zwei Wochen wieder lesen, schreiben, posten und surfen kann, und bei Bedarf sogar gratis und auch auf dem Dorfe, wo clevere Schüler und Studenten rumlaufen, warum dann nicht alle Blinden mit der „Natürlichen Methode“ lesen und schreiben ?
Ich bin der Ansicht, dass sie nicht bekannt ist und unterdrückt wird. Die politischen Entscheider von heute sind um 1950 geboren und die Blinden jener Generation, welche die öffentliche Meinung, die Medien und die diskussionscforen beherrschen, haben in der Förderschule nur Braille lernen können. Und wer seit fünfzig Jahren in tschechischer Blindenkurzschrift liest, wird sogar die Stimme ausschalten, weil er nur in Braille denken kann. Wenn jemand wie ich von der Blindenschrift abrät, verletzt er jene Menschen, die Braillekundigen aufs Tiefste : Jedes Kind liebt seine Puppe, auch wenn sie Schielt. So kommt es, dass die Behindertenkonvention der Vereinten Nationen, die Behindertenkonvention der Europäischen Union, die European Blind Union, der Nationale Aktionsplan der deutschen Bundesregierung von Juni 1911 nur eine Blindentechnik nennen – Braille. Auch die Blindenvereine bemühen sich nur um Braille, selbst wenn sie wie die französische AVH 47 regionale Club Informatiques unterhalten. Die Blindenschrift wird zum Image-Macher. Konto-Auszüge, Wahlzettel, Speisekartenstellen die Firmen als sozialfreundlich hin. Ein heiß umstrittenes Thema waren die Wahlmaschinen, 3.400 € das Stück : Mein Sekretär, in kurzen Hosen, hat in der Wahlkabine den einzigen richtigen Zettel in den Umschlag gesteckt und meine Hand über den Schlitz der Urne geführt : kein Blinder ist allein !
Ich hatte einen deutschen Arzt hier zu Tisch geladen, einen hier angesiedelten Rentner. Im Gespräch fiel im plötzlich ein: Ja wie lesen sie eigentlich ? Wir gingen ins Büro, ich schaltete den Rechmer ein in die deutsche Sprache und tippte seinen Namen : „Ich krieg ne Gänsehaut“, vor Erregung, wenn man mit 70 noch ein Wunder entdeckt. Dabei haben Ärzte ein ungeheures Allgemeinwissen. Auch die leitenden Augenärzte und Chirurgen sind zwischen 40 und 60, zudem gehört die Nachbetreuung, die psychologischen Folgen nicht zu ihren Aufgaben. Auch die erwachsenen Psychologen, Pastoren, Krankenhauspfarrer und Imame wissen nicht, dass es ein reiches Leben nach der Erblindung gibt, auch für Unbegabte. Wenn also die unwissenden Eltern mit dem wehrlosen Kinde in die Augenklinik kommen, gibt es meist nur die Antwort: Förderschule. Erblindung = Braille. Marburg, Berlin, Köln. Bestandsbewahrung. Wenn der Screenreader einmal installiert ist, gibt es nichts mehr zu verdienen,. Mein erster Screenreader hielt 5 Jahre, bis ein Virus den Rechner leerräumte, mein zweiter, in einer höheren Version, wird mich wohl überleben : es ist ja nur ein Werkzeug – the medium is NOT the message !
Noch eine Detailfrage: Es gibt die Hörmedien und Hörbücher. Sie sind ideal für Romane, Krimis, Kurzgeschichten und vor allem für spezielle Hörspiele, jedoch nicht für historische, technische, juristische Information : während Sie noch nachdenken, sprich der schon weiter. Hier ist der von Ihnen gesteuerte Screenreader gefragt, das sogenannte „aktive lesen“ oder „close reading“, wo Sie solange zurückgehen, bis Sie den Zusammenhang verstanden haben. Dazu können Sie alle Wörter oder nur bestimmte zählen. Ich kann Ihnen in drei Minuten sagen, ob der Koran den Wein und den Palmwein erlaubt oder verbietet : das kann kein professioneller Taliban. Ihre Text finden Sie sofort in den Ordnern, indem sie auf den Anfangszuchstaben tippen. Das Gehörte hat also seine schriftliche Unterstützung.

Jetzt habe ich einen vollen Arbeitstag an diesem Informationstext gearbeitet, ihn aber nicht nachgearbeitet. Ein voller Arbeitstag sollte eigentlich die Antwort des Auftraggebers verdienen.
Für Nachfragen und Ergänzung bin ich gerne bereit.
M. Dippold, [email protected].

… blindenschrift lernen?
Mein Bruder hat einen gehirntumor! Und kann nicht mehr sehen!
Wie und wo kann er die Blindenschrift daheim lernen?