Die Intoleranz des Monotheismus
Hi.
…wurde ein polytheistischer Hintergrund der Genesis ignoriert …Im Hintergrund des Schöpfungsberichts steht die Existenz einer Vielzahl von Göttern bzw. Engeln. Beispiel 1 Mose 1,26 - 27: Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich usw…
Du vergisst dabei nur, dass Gen.1 Version der von Genesis 2 widerspricht. Die Bibel ist damit unlogisch.
Ist sie sowieso, und ´vergessen´ habe ich den Unterschied zwischen 1 und 2 natürlich nicht.
Gegenwärtig geht der Konsens dahin, dass beide Versionen relativ zeitgleich entstanden, nämlich während des Babylonischen Exils. Die bedeutsamere Version scheint mir die von mir zitierte zu sein, und zwar 1) weil sie einen Komplettbericht liefert (d.h. auch die Welt- und nicht nur die Menschenschöpfung), und 2) weil aus ihr noch das ursprüngliche polytheistische Götterbild spricht, das im israelischen Glauben lange die henotheistischen Bestrebungen einer von Propheten angeheizten Minderheit dominierte.
Es geht in diesem Thread ja um die Frage, was v o r der Schöpfung (durch „Gott“ bzw. Elohim) war.
Meine Antwort ist: eine (polytheistische) Götterwelt, so wie es sie in allen Religionen jener Zeit gab. Man kann nämlich belegen, dass das jüdische Denken in seinem Ursprung polytheistisch war. Die andere Genesis-Version liefert keinen Hinweis auf den eigentlichen Beginn der Welt, und um das geht es hier doch, wie gesagt.
Die eine Version würde ein Götterpaar zeigen (Mann und Frau)
Nicht unbedingt ein Paar, aber eine Göttervielheit. In 5 Mose 32, 8 gibt es nochmals einen eindeutigen Bezug auf eine Poly-Götterwelt. Die Texter versuchten während der Exilszeit polytheistische Bezüge zu vermeiden bzw. auszumerzen, aber es gelang ihnen nicht vollständig. Logik und Konsequenz war einfach nicht ihre Stärke…
die andere Version den alleinigen Gott, einen Adam mit Lehm im Bauch;
Was ganz schöne Logikproblem aufwirft. Welches Geschlecht hatte Adam bei seiner Erschaffung? Er wird nur „Mensch“ genannt. Einige jüdische Interpreten meinten, das deute auf seine Androgynität hin. Denn erst nach Evas Entstehung wird Adam „Mann“ genannt. Außerdem ist die Übersetzung von ´zela´ als Rippe sehr fragwürdig. Das wurde alles aber hier kürzlich schon diskutiert, ich will das unentwirrbare Chaos, das der Bibeltext hier anrichtet, nicht wieder aufwärmen…
Der Islam hebt zudem Allah als das Einzig wahre hervor
Um ehrlich zu sein, ich halte die drei monotheistischen Religionen nur für verfeindete Varianten ein und derselben Basisreligion. Ich denke, diese Sicht ist nur schwer zu widerlegen.
Allerdings bemühten sich die Genesis-Texter zur Zeit des Babylonischen Exils, ihren Gott von allem abzuheben, was auch nur entfernt an die verhassten Götter Mesopotamiens erinnerte.
So durcheinander waren aber weder die Ägypter, noch die Phönizier, noch die Chaldäer oder Hethiter.
Klar. Die jüdische Religion, wie sie sich ab dem Exil ausprägte, ist eine gewaltige Zäsur. Sie führt nicht nur den strengen Eingott-Glauben, sondern auch die Geschichtlichkeit (Teleologie) in das religiöse Denken ein.
Allerdings mit einem gewaltigen Schönheitsfehler: sie ist auch der Beginn der Intoleranz gegenüber anderen Gottesvorstellungen. Du sagst über die anderen Religionen sehr richtig:
Sie waren, wie ich ihren Texten entnehme, sehr tolerant und gaben ihren „Göttern“ stets die passenden Namen - mit einer vernünftigen Vorstellung in ihrer jeweiligen Sprache…
Und bei Eroberungen wurden die Götter der Besiegten nicht ausgelöscht, sondern in die eigenen Götterwelt integriert. Religiöse Intoleranz gab es im mesopotamischen Denken nicht.
Chan