Woher kommen Familiennamen, die auf Heilige zurückgehen?

Hallo zusammen,

gerade habe ich ein bisschen recherchiert, woher mein Familienname kommt, und allem Anschein nach geht er auf den heiligen Servatius zurück. Der Name Servatius wiederum bedeutet wohl soviel wie „der Gerettete“.
Meine Frage lautet nun: Wie kommt eine „normale“ Famile (sowei ich weiß, waren meine gesamten Vorfahren vätterlicherseits Bauern) zu so einem Heiligennamen als Familienname.
Ich kenne die Geschichte, woher Nachnamen überhaupt kommt, so, dass es aufgrund von Bevölkerungswachstum irgendwann zu viele Leute im Dorf gab, die den gleichen Vornamen trugen, und so wurden weitere Bezeichnungen benutzt, um zwischen den Gleichheißenden zu unterscheiden. Aus diesen Bezeichnungen wurden dann mit der Zeit Familiennamen. Und typisch waren Berufsbezeichnungen (z.B. Hans, der Müller, und Hans, der Bäcker) und Ortsbezeichnungen (z.B. Hans, der am Fluss wohnt, oder Hans, der auf dem Berg wohnt). Ansonsten kämen vielleicht noch körperliche Merkmale in Frage (z.B. Hans Groß oder so). Aber was hätte die Leute im Dorf wohl dazu bringen können, meinem Vorfahren als Beinamen einen Heiligennamen zu geben?

Viele Grüße und vielen lieben Dank.

Servus,

alle Heiligennamen sind auch als Taufnamen verwendet worden, teils lokal sehr eingeschränkt (z.B. Pirmin und Alban kann man auf die Nase zusagen, wo sie oder ihre Eltern - Großeltern herstammen), und umgekehrt gibt es gegendweise überhaupt keine Taufnamen, die nicht Namen eines Heiligen sind.

So ist auch Servaz ein Vorname und die Bildung des Nachnamens schlicht nach dem Vornamen des Vaters bzw. der Vorfahren (sehr oft wurden dem Erstgeborenen Taufnamen vom Großvater oder Vater gegeben) ein sog. Patronym.

Die Patronyme sind eine ganz wichtige Gruppe von Familiennamen außer den von Dir bereits genannten, vgl. die Häufigkeit des Familiennamens Martin in Frankreich.

Schöne Grüße

MM

Was auch nicht ausser Acht gelassen werden darf, sind die alten Hofnamen. die haben manchmal auch einen Bezug zu Heiligen, meist aber eher zu örtlichen Gegebenheiten.
Wie Huber zB (eine Hub oder Hube bezeichnet einen kleinen Hof (Sacherl) ohne Viehhaltung)

Super! Danke für die Antwort. Dann weiß ich ja jetzt Bescheid :slight_smile:

Servus,

welche von beiden Möglichkeiten - Vatersname oder Hofname - muss allerdings offen bleiben: Heilige als Patron eines Hofes sind auch nicht so selten, einen Servazhof habe ich gekannt.

Sogar Fußballheilige kamen da vor, schon Jahrhunderte vor ihrer Sportkarriere: In der Gegend von Eberhardzell sind wir als Buben mit den Rädern ab und zu am Beckenbaurenhof vorbeigekommen (ohne Jux allerdings die Kombination einer Berufs-/Statusangabe Bauer und einer Tätigkeit Beck = Bäcker (hat ein Backhaus, in dem er auch für andere backen darf).

Schöne Grüße

MM

In dem Städtchen, aus dem mein Vater kommt (zu seiner Zeit war es wirklich eher ein Dorf), heißen sehr viele Leute so wie wir. Auch reichlich Leute, die ich überhaupt nicht kenne. Spricht das vielleicht eher für einen Hofnamen? Denn sonst müssten diese Leute ja alle auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgehen? Oder ausgerechnet in dem einen Dorf war Servatius einst als Vorname besonders beliebt, und so wurde daraus mehrfach unabhängig von einander ein Familienname …

Servus,

die Verwendung von Familiennamen fing bereits im 12. Jahrhundert an; in ihrer heutigen Funktion als über die Generationen gleichbleibender Name der männlichen Abstammungslinien etwa ab dem 15. Jahrhundert.

In dieser Zeit können sich die Nachkommenslinien einer einzigen Person schon vervielfältigen; weiterhin hat am Anfang des 17. Jahrhunderts die Entvölkerung ganzer Landstriche durch Krieg nochmal zu einer ziemlichen Konzentration der Namen geführt.

Und bis ungefähr 1850 war es die große Ausnahme, dass sich jemandes Nachkommen weiter als einen Tagesmarsch von ihm niederließen.

Wie heißt der Name denn genau? Seraz? Servaz? Je nachdem, wo das ist, könnte die Konzentration auch damit zusammenhängen, dass es sich um eine Walsersiedlung handelt. Giibt es typische Walsernamen am Ort?? (z.B. Matt, Flüel, Laternser?) Wenn dem so wäre, könnte der Name noch in einem ganz anderen Zusammenhang stehen.

Schöne Grüße

MM

Also, der Name lautet Zerwas. Und das Dorf, von dem ich sprach, aus dem mein Vater stammt, ist Rübenach bei Koblenz.

Von Walisern habe ich noch nie etwas gehört. Laut meiner Oma kommt der Name ursprünglich aus Frankreich. Ein Onkel meinte, unsere Vorfahren wären Hugenotten gewesen, aber das halte ich mittlerweile für falsch, weil ich mal gelesen habe, dass viele Leute fälschlicherweise denken, sie hätten einen hugenottischen Namen und u.a. weil Koblenz meines Wissens nicht zu den primären Siedlungsgebieten der Hugenotten zählte und weil der Zweig meiner Familie komplett katholisch ist.
Mein Onkel hat mal nach unserem Stammbaum geforscht. Der älteste Vorfahre, den er gefunden hat, wurde 1648 geboren. Auch in dem Dorf und auch mit dem Familiennamen. Wobei sich die Schreibweise offenbar immer mal verändert hat; da war dann mal einer dabei, der sich Cirvas oder so schrieb oder Servas oder so.

Danke, dass du dir soviel Zeit nimmst bzw. Mühe gibst!