Hallo @Nadja,
die Entwicklung verlief meines Erachtens ungefähr folgendermaßen.
- Zuerst kannte man nur das biologische Geschlecht, nämlich männlich und weiblich. Das war dann automatisch auch das gefühlte Geschlecht. Etwas anderes sah man nicht.
- Dann bemerkte man, dass einige wenige Leute sich anders fühlten als sie biologisch aussahen. Diese nannte man transgender, weil sie jenseits der Norm lagen, entfernt von allen anderen, unnormal waren. Man konnte die Leute also nun klassifizieren nach ‚normal‘ bzw. ‚transgender‘.
- Noch später, als man diese Unterscheidung zwischen dem biologischen und dem gefühlten Geschlecht einmal hatte, stellte man fest, dass diese ‚unnormalen‘ Leute doch so viele sind, dass die Bezeichnung ‚unnormal‘ gar nicht passt. Dann kann man aber die anderen auch nicht als ‚normal‘ bezeichnen. Ein neues Wort für die vorher als ‚normal‘ bezeichneten Leute musste her. Und da passte es natürlich fein, dass der Vorsatz ‚trans‘ im Lateinischen das Gegenteil von ‚cis‘ ist. Also war es naheliegend, die vorher als ‚normal‘ bezeichneten Leute nun ‚cisgender‘ zu nennen.
Damit kann man die Leute weiterhin klassifizieren und setzt sich nicht dem Vorwurf aus, jemanden zu diskriminieren. Denn man hat zwei emotional neutrale Worte für zwei verschiedene Ausprägungen des menschlichen Empfindens gefunden.
Dabei deutet die Wahl der lateinischen Präpositionen vorsichtig an, dass die cisgender Menschen in der Mehrheit sind gegenüber den transgender Menschen.
Liebe Grüße
vom Namenlosen