An dem Punkt gehe ich komplett mit. Wenn man sich die
Geschichte von Subsahara-Afrikas anschau sieht man sehr
schnell, dass zu der Zeit als die ersten Buren das Land
besiedelten, der technische Entwicklungsstand der indigenen
Bevölkerung gradezu archaisch war.
Das betrifft nicht nur Afrika, sondern praktisch den ganzen Rest der Welt außer Europa und den Nahen Osten. Wenn man sich dafür interessiert, sei das Buch Arum und Reich von Jared Diamond empfohlen.
Standard für viele Menschen gesetzt. Das sich der Wohlstand
dort viel schneller erhöht als bei uns halte ich aber für ein
Gerücht, den große Teile der Bevölkerung lebt immer noch unter
ziemlich üblen Bedingungen.
Das eine widerspricht dem anderen nicht. Daß die Globalisierung (um diesen eher zweifelhaften Begriff zu verwenden) vor allem den ärmeren Regionen genützt hat, läßt sich nachlesen und zwar auch in Studien, die nicht unbedingt vom IWF kommen. Das Problem ist, daß eine Verdoppelung des Lebensstandards von sehr arm immer noch nicht ein entspanntes in Frieden und Wohlstand bedeutet.
Die Entwicklung der Lebenserwartung wurde ja schon dargestellt. Ähnlich ist die Entwicklung beim Einkommen, bei der Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln, mit festen Behausungen und bei der sozialen Absicherung jenseits einer großen Kinderschar.
Natürlich hat ein Großteil der Menschheit noch einen langen Weg vor sich, bis man mit den Verhältnissen vor Ort zumindest zufrieden sein kann, aber das ändert ja nichts daran, daß es ihnen vorher schlechter ging und die meisten, die heute einer mehr oder weniger geregelten Beschäftigung nachgingen, früher von ein paar Quadratmetern Ackerland von der Hand in den Mund leben mußten. Heute schuften viele für wenig Geld in Fabriken, um das Beispiel Süd-/Südostasien zu nehmen, natürlich, diese Leute finanzieren ihre Familie insoweit mit, daß diese keinen Hunger leiden muß. Früher krebste hingegen die ganze Familie auf dem hauseigenen Grundstück an der Hungergrenze entlang und wenn der Regen ausfiel oder das Hochwasser kam, auch mal darunter.
Ein überschaubarer Fortschritt, aber eben doch ein Fortschritt. Wie die Entwicklung voranschreitet bzw. zumindest voranschreiten kann, sieht man auch sehr schön an den heutigen Vorzeigeländern Thailand, Südkorea oder Taiwan. Nicht zuletzt das Beispiel Deutschland, das in vor- bzw. frühindustrieller Zeit auch durch Armut und Selbstversorgung geprägt war, zeigt, daß es in geschichtlichen Zeiträumen gesprochen schnell gehen kann, aber eben doch wenigstens einige Jahrzehnte dauert, um von einer ersten positiven Entwicklung zu allgemeinem Wohlstand zu kommen.
Aber diese Zeit will man sich - angesichts der Situation in Westeuropa (insofern hast Du mit dem Schaufenstereffekt natürlich recht) - nicht nehmen.
Menschen dominiert - die wirtschaftlichen Akteure aus dem der
entwickelten Welt haben das stets für sich zu nutzen gewusst.
Im Grunde handeln wir noch immer Glasperlen für Gold - nur
dass wir die Dinge heute anders nennen.
Wir tauschen heute auch Gold gegen Geld, nur ist das Problem, daß das Geld nicht immer dort ankommt, wo es eigentlich hingehört. Auch das hat natürlich seine Gründe und auch die kann man in der Kolonialzeit suchen. Das heißt aber nicht, daß wir die armen Länder über den Tisch ziehen.
Teil 2 des Problem ist aber, daß alles Geld der Welt und aller
Wohlstand in Europa nicht dazu führen werden, daß es weiten
Teilen der Welt nicht immer wieder zu gewaltigen
Naturkatastrophen wie Dürren, Erdbeben, Hochwassern oder
Stürmen kommen wird. Europa darf sich also überlegen, ob wir alle, die wandern
wollen und können, hereinlassen wollen oder eben nicht.
Von der globalen Erwärmung mal abgesehen hast du damit recht,
aber wie hoch ist denn objektiv der Anteil derer, die vor
Naturkatastrophen fliehen?
Es geht nicht um die Flucht vor Naturkatastrophen, sondern darum, daß eine zünftige Katastrophe die Entwicklung von Jahrzehnten zunichte machen kann. Heute zwar aufgrund des reichlich vorhandenen Kapitals nicht mehr so wie vor 50 Jahren, aber dennoch sind solche Ereignisse Wachstumshemmer, die dazu führen werden, daß bspw. Bangladesh niemals ein Industriestandort wie Deutschland werden wird. Einkommensunterschiede werden also bestehen bleiben, auch wenn sie abnehmen werden.
Das kann man so sehen, aber das Postulat alleine reicht nicht.
Wenn man die Sache nämlich weiterdenkt, wird man schnell
feststellen, daß dieser Verzicht niemals freiwillig
zustandekommen wird, sondern nur das Ergebnis von Krieg oder
(staatlichem) Zwang sein kann.
Grade mit staatlichem Zwang hätte ich eigentlich kein Problem,
Staatlicher Zwang ist nie von Dauer und zwar erst recht nicht, wenn er gegen die Natur des Menschen gerichtet ist. Manchmal dauert es zwar eine Generation oder zwei, aber auf lange Sicht wird der menschliche Drang nach Freiheit und Wohlstand jedem staatlichen Zwang widerstehen.
aber ich denke innerhalb gewisser Grenzen gibt es auch
zunehmend einen freiwilligen Verzicht. Die öffentliche Debatte
über den Fleischkonsum aber auch über Alternativen zum
derzeitigen PKW-Verkehr gehen ja in diese Richtung.
Dahinter stehen doch nur in den allerwenigsten Fällen altruistische Motive. Vielmehr geht es doch meist um persönliche Vorteile wie gespartes Geld, gesparte Zeit, bessere Ernährung usw. Wenn man jemanden fragt, ob er zugunsten eines Nigerianers oder Chinesen auf seinen Milchkaffee, sein Steak oder seinen Turbodiesel verzichten will, wird man in den allermeisten Fällen bestenfalls einen Vogel ernten.
Die meisten der Kriege und Konflikte der Welt mit westlicher
Beteiligung haben das Ziel den Status Quo zu erhalten
Welche wären das denn genau?
Ich glaube Struck war es damals der zum ersten Mal offen
aussprach was hinter vielen Bestrebungen stand: Dass wir
durchaus willens sind, uns den Zugang zu Märkten und
Ressourcen auch mit militärischen Mitteln zu sichern. Dass die
Freiheit Deutschlands am Hindukusch verteidigt würde ist
nämlich genau das.
Keine Ahnung, um welchen Status Quo es in Afghanistan gehen soll und die Operationen vor Somalia haben mit Krieg eher weniger zu tun.