Woinemer Geographie

Hallo,

habe gerade etwas Neues über/aus meiner Heimatstadt (Weinheim an der Bergstraße, liegt in der Kurpfalz im Dreieck Heidelberg-Mannheim-Weinheim) erfahren.

Man sagt dort:
Man fährt nach Heidelberg „nuff“,
nach Sulzbach (Hemsbach/Hepprem/Bensem) „nunner“,
in die Palz (oder nach Mannem) „niwwer“,
nach Berkene (Ferth etc.) „naus“
und geht in die Stadt „noi“.

Um die Geographie zu klären:
von Weinheim aus gesehen liegt die Pfalz bzw. Mannheim westlich (wobei es keinen Unterschied macht ob man auf der rechten Rheinseite bleibt oder eben „iwwer“ den Rhein „niwwer“ geht), Birkenau und Fürth liegt östlich im Odenwald, Heidelberg ist im Süden, Sulzbach- Hemsbach-Heppenheim-Bensheim nördlich. Mit „Stadt“ ist die Innenstadt gemeint.

nuff = hinauf
nunner = hinunter
niwwer = hinüber
naus = hinaus
noi = hinein

Gibt es vergleichbare verquere Geographiebegriffe auch woanders?

Gruß
Elke

Hallo,

Ja natürlich gibt es das woanders auch, z.B. bei den Schwaben, ziemlich genau in derselben Weise, ich kenne: nauf, naa, nom, nei. Nur „naus“ ist mir noch nicht untergekommen, wahrscheinlich gab es einfach an meinen bisherigen Wohnorten für diese Relation keinen Anwendungsfall.

„nauf“ und „naa“ leitet sich aus der geographischen Höhenlage ab, also man fährt von Biberach nach Ulm „naa“ aber nach Leutkirch „nauf“. Unklar ist mir, warum man von Ochsenhausen nach Memmingen „num“ fährt, aber nach Biberach „nei“. Anhand deiner Beispiele vermute ich aber, dass „nei“ für die nächstgelegen Stadt verwendet wird und „num“ für alles, was in etwa auf derselben Höhe liegt.

Grüße
Axurit

Hallo,

Ja natürlich gibt es das woanders auch,

Im Prinzip war mir das klar.
aber:

ziemlich genau in derselben Weise,

dass dann eben nicht.
Vielleicht war ich nicht deutlich genug:

„nauf“ und „naa“ leitet sich aus der geographischen Höhenlage
ab, also man fährt von Biberach nach Ulm „naa“ aber nach
Leutkirch „nauf“.

bei „nunner“ und „nuff“ gibt es keinerlei Höhenunterschied, vom Nord-Süd-Gefälle her müsste es auch gerade anders rum sein. Eventuell könnte es daran liegen, dass die Bergstraße (heute B3) von Nord nach Süd verläuft.
Das „naus“ geht in Richtung Odenwald, der um einiges höher liegt. Von der Logik her, wäre das eher in Richtung Rhein angesagt.

Unklar ist mir, warum man von Ochsenhausen
nach Memmingen „num“ fährt, aber nach Biberach „nei“.

Sowas meinte ich. Entgegen der Logik.

Anhand
deiner Beispiele vermute ich aber, dass „nei“ für die
nächstgelegen Stadt verwendet wird und „num“ für alles, was in
etwa auf derselben Höhe liegt.

Nein. „noi“ ist innerhalb der Stadt, das Geschäftsviertel, wird bereits benutzt, wenn man einen Straßenzug weg davon ist.
Und wie gesagt, Höhenunterschied ist es eben gerade nicht.

Gruß
Elke

Hallo,

Auch!

(Weinheim
an der Bergstraße, liegt in der Kurpfalz im Dreieck
Heidelberg-Mannheim-Weinheim)

Für einen Stammgast im Hermannshof nichts Neues. :smile:

Man sagt dort:
Man fährt nach Heidelberg „nuff“,

Es könnte sich gefühlsmäßig um die Fließrichtung des Rheins handeln. (Des Neckars wohl weniger)

nach Sulzbach (Hemsbach/Hepprem/Bensem) „nunner“,

Ebenso.

in die Palz (oder nach Mannem) „niwwer“,

Vielleicht wieder der Fluss: Ab 1815 war die Pfalz ja nur linksrheinisch. Oder: Durch die Ebene „hinüber“ nach Mannheim.

nach Berkene (Ferth etc.) „naus“

„Hinaus“ aus der alten Kurpfalz? Oder hinaus aus dem Tal.

und geht in die Stadt „noi“.

Dass man in die (Innen-)Stadt „hinein“-geht, stammt vielleicht noch aus der Zeit, als es eine deutliche Begrenzung durch die Stadtmauer gab.

Gibt es vergleichbare verquere Geographiebegriffe auch
woanders?

Ja. Im Bairischen gibt es ganze lokale Sammlungen dazu. Der Verstand staunt zunächst, aber gefühlsmäßig ist das alles stimmig. Wird bei euch auch so sein.

Schönen Gruß!
H.

Hehr, Eklastic,

ei, bei uns in de Palz, do wu isch herkumme duh, do duhn mer genauso babbele. Do fahr mer noch Woinem iwwer de Roi riwwer, odda moinzwesche ach uff Määnz nuff. Awwer uff Karlsuh duh mer runner fahre, obwohl mer ja eischndlisch ach niwwer fahre missd, weils jo ach iwwer de Roi niwwer geht (awwer des iss ach ned so wischdisch, weil zu de Geelfiessler will sowieso känner).
Isch denk emol, des lischd on de Londkaad. Määnz lischt owwe un Karlsruh unne. Dass mer niwwer fahrt, lischt vermudlisch ach do droh. Woinem lischt zwar reschds iwwerm Roi, awwer Laudre lieschd links unn ned iwwerm Roi. Awwer drodzdähm fahrd mer niwwer uff Laudre. Also isch glaab, es lischd on de Lonkaad un ned am Roi.

MFG Cleaner

Servus,

allgemein kann man zwischen Ulm und dem Hafen „auf“ oder „gen“ jeden Ort fahren. Wenn man die Höhenzüge und Täler zwischen Ochsenhausen und Biberach zählt, wird sogar einleuchtend, warum man „uff Bembera naa“ grad so gut fahren kann wie „gee Bembera naa“: Es geht sozusagen gleichzeitig auf- und abwärts.

Es hat mich übrigens gefreut, in Savignac südlich Limoges, sozusagen dem Inbegriff der Provinz, wieder zu hören, dass man dort auch „sur“ Limoges oder Brive fährt, wie uff Laupa, uff Schemmera oder uff Egna.

Schöne Grüße

MM

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Man sagt dort:
Man fährt nach Heidelberg „nuff“,

Da hab’ ich noch eine hohenlohische, synonyme Richtungsanzeige beizusteuern:
meine Mutter, dortselbst gebürtig, sagte, wenn es hinunter von Waldenburg in die Ebene nach Öhrigen ging, „I fohr *uff* Ehringe…“

Alles andere kenne ich ebnso, auch aus meiner württembergisch Unterländer Heimat: „I fahr nach Schtuegert nuff“, „…nunter nach Mannem“ (Höhenunterschied?, Neckarfließrichtung?) …„niwwer nach Karlsru“…

MacG

@all
Danke fürs Antworten.

Die Rhein-Fließ-Richtung scheint mir die logischste Erklärung für „nunner“ und „nuff“.
Auch die Sache mit der Stadtmauer klingt für mich nachvollziehbar (und im Gegenzug nicht aus dem Tal „naus“ (denn es geht ja von der Ebene eigentlich ins Tal „hinein“), sondern weg von der Stadt (aus der Stadt hinaus).

Dass die Landkarte zugrunde liegt, glaube ich eher nicht (sorry, C.!), denn die Bezeichnungen stammen sicher aus einer Zeit, in der das normale Volk sich ohne Landkarte durchschlug, wenn es überland fuhr und in den Odenwald musste oder in die Regierungshauptstadt nach Mannheim.

Gefreut hätte ich mich - und würde mich noch freuen, wenn ein paar ähnliche geographische Ausdrücke aus anderen Dialekten beigesteuert würden.

Gruß
Elke

Guude, C.! (das „guude“ ist meinem derzeitigen Wohnort in Hessen gezollt),

ei, bei uns in de Palz, do wu isch herkumme duh, do duhn mer
genauso babbele.

Des halt ich erschtemol fer a Gerischt. Ähnlisch vielleicht, awer gonz beschtimmt net genauso.

Do fahr mer noch Woinem iwwer de Roi riwwer,
odda moinzwesche ach uff Määnz nuff.

Des „riwwer“ irritiert misch jetz.
„riwwer“ is jo uff dere seit, wo isch bin.
Also: niwwer iwwer de Rhoi (iwwer die Brick niwwer), awer wiedder riwwer wonn ma zurick will.

Awwer uff Karlsuh duh mer
runner fahre, obwohl mer ja eischndlisch ach niwwer fahre
missd, weils jo ach iwwer de Roi niwwer geht (awwer des iss
ach ned so wischdisch, weil zu de Geelfiessler will sowieso
känner).

Des konn ich nochvollziehe.

Isch denk emol, des lischd on de Londkaad. Määnz lischt owwe
un Karlsruh unne.

Dazu hew isch owwe schun was gschriwwe. Des glaab isch nämlich net.

Allah d’onn
Elke

Hi Elke,

Gefreut hätte ich mich - und würde mich noch freuen, wenn ein
paar ähnliche geographische Ausdrücke aus anderen Dialekten
beigesteuert würden.

Südrheinfränkisch (nördlicher Lkr. und Stadt Karlsruhe, zwar nicht allzu weit von Weinheim weg, aber anderer Dialekt):
uff Kallsruh
uff Bredde
uff Brusl
uff Haidlbärg

gerne auch:
uff Biechä niwwa (Nachbarort)
uff Brusl nei (wenn man dezidiert ins Stadtzentrum möchte, meist bedeutet der Zusatz „nei“ (hinein) auch gleich, dass man dort etwas erledigen muss)
uff Freiburg nunna (hinunter, Süden)
uff Fronkfurt nuff (hinauf, Norden)
uff Lautre niwwa (hinüber, K’lautern, Westen)
uff Stuggart niwwa (Osten)

und dann noch um auszudrücken, dass jemand irgendwo in der Richtung einer größeren Stadt ist:
„der isch Stuggart zu“

Prinzipiell wird also „nach“ stets durch „uff“ (auf) ersetzt.

Gruß
Elke

Grüße
Sarah

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Hallo Sarah,

Südrheinfränkisch (nördlicher Lkr. und Stadt Karlsruhe, zwar
nicht allzu weit von Weinheim weg, aber anderer Dialekt

aber total!
):

uff Kallsruh
uff Bredde
uff Brusl
uff Haidlbärg

Interessant wo ihr alles „uff“ geht.
Bredde, Kallsruh, Haidlbärg versteh ich. Brusl = Bruchsal?

gerne auch:
uff Biechä niwwa (Nachbarort)
uff Brusl nei (wenn man dezidiert ins Stadtzentrum möchte,
meist bedeutet der Zusatz „nei“ (hinein) auch gleich, dass man
dort etwas erledigen muss)

Das ist bei uns anders. Nach Mannem geht mer niwwer, egal, ob man dort Einkaufen, in die Fressgass oder ins Theatergehen will.

uff Freiburg nunna (hinunter, Süden)
uff Fronkfurt nuff (hinauf, Norden)

Nochmal interessant. Das zerstört die Theorie (zumindest zum Verallgemeiner, dass nuff und nunner mit der Fließrichtung des Rheins zu tun hat - es ist ja gegengesetzt zum Woinemer Dialekt).

uff Lautre niwwa (hinüber, K’lautern, Westen)
uff Stuggart niwwa (Osten)

und dann noch um auszudrücken, dass jemand irgendwo in der
Richtung einer größeren Stadt ist:
„der isch Stuggart zu“

Das wär vielleicht „nach Frankfodd hi“, muss aber weiter weg sein.

Prinzipiell wird also „nach“ stets durch „uff“ (auf) ersetzt.

Gruß
Elke

Hallo Sarah,

Südrheinfränkisch (nördlicher Lkr. und Stadt Karlsruhe, zwar
nicht allzu weit von Weinheim weg, aber anderer Dialekt

aber total!
):

Tschuldigung :wink:

Interessant wo ihr alles „uff“ geht.
Bredde, Kallsruh, Haidlbärg versteh ich. Brusl = Bruchsal?

Korrekt, Bruchsal.

Das ist bei uns anders. Nach Mannem geht mer niwwer, egal, ob
man dort Einkaufen, in die Fressgass oder ins Theatergehen
will.

Aber wahrscheinlich deshalb, weil ihr sowieso Mannem mit niwwer verbindet. Die Städte in der direkten Umgebung (und etwas weiter) setzt man bei uns nur mit uff ohne Verörtlichung.

Nochmal interessant. Das zerstört die Theorie (zumindest zum
Verallgemeiner, dass nuff und nunner mit der Fließrichtung des
Rheins zu tun hat - es ist ja gegengesetzt zum Woinemer
Dialekt).

Also ich bin der Meinung, dass das geographisch verordnet wird. Hab mir aber noch keine Gedanken darüber gemacht, wenn ich ehrlich bin.

Das wär vielleicht „nach Frankfodd hi“, muss aber weiter weg
sein.

Ja, muss schon weiter weg sein.

Gruß
Elke

Und nochmals Grüße
Sarah

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Hallo Sarah,

aber total!

:smile::
Tschuldigung :wink:

??
Ich finde Badisch charmant (was sicher mit den Leuten zusammenhängt, die ich von dort kenne). Das war übrigens kein Smiley in der 2. Reihe, sondern ein Überbleibsel deiner Klammer aus der Zeile vorher.

Also ich bin der Meinung, dass das geographisch verordnet
wird.

Bei euch ja, bei uns ist es ja umgekehrt - mir gehn nach Frankfurt „runter“ und nach Karlsruhe „hinauf“.

Gruß
Elke

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