Ist der Charakter (die einzelnen Merkmalsausprägungen emotional/rational/handlungsgesteuert) eines Menschen letztlich darin begründet, welche positiven Erfahrungen man in den Bereichen Emotionen, Rationales, Handlungserfordernis gemacht hat?
Servus
Ist der Charakter (die einzelnen Merkmalsausprägungen
emotional/rational/handlungsgesteuert) eines Menschen
letztlich darin begründet, welche positiven Erfahrungen man in
den Bereichen Emotionen, Rationales, Handlungserfordernis
gemacht hat?
Der wesentliche Kern des Menschen wird leider schon im ersten Lebensjahr, ja, sogar in den ersten 6 Monaten des Säuglings geformt. Einen Teil bringt er schon mit auf die Welt und den Rest machen die ersten 6 Monate, roughly spoken.
Gruß,
Branden
Ich weiß, dass es das prä- und postnatale Lernen gibt. Das ist in der Wissenschaft belegt. Ebenfalls belegt ist, dass bis zum ca 21. Lebensjahr das Lernen (Ausbildung und Stabilisierung der wesentlichen Charaktermerkmale) stattfindet. Die Ausbildung und Stabilisierung der wesentlichen Charaktermerkmale finden degressiv asymptotisch statt.
Nach langem Nachdenken und Nachlesen von Dissertationen bin ich der Überzeugung, dass die wesentliche Ausbildung des frontopolaren Kortex, des limbischen Systems und der Großhirnrinde durch überwiegend positive Merkmale zu einem Sachverhalt eine Ausbildung stabilisiert. (Vgl.: wie lesen wir?)
Kritik des Charakterbegriffs
Hi.
Ist der Charakter (die einzelnen Merkmalsausprägungen
emotional/rational/handlungsgesteuert) eines Menschen
letztlich darin begründet, welche positiven Erfahrungen man in
den Bereichen Emotionen, Rationales, Handlungserfordernis
gemacht hat?
Mindestens so viel Einfluss auf späteres Verhalten wie positive Erfahrungen haben negative Erfahrungen bzw. Erfahrungen, die vom Subjekt als negativ (vor allem bedrohlich) erlebt werden. Was du unter „positiven Erfahrungen“ im „Bereich… Rationales“ verstehst, bleibt unklar.
Branden lokalisiert die entscheidende Phase zu einseitig im ersten Lebensjahr. Wichtig sind auch die Phasen, in denen das Kind vermittels Sprache zu moralischem Verhalten angeleitet (oder negativ: gedrillt) wird (Freuds Über-Ich-Bildung) sowie die pubertäre Phase.
Übrigens sollte der Begriff des Charakters und der Charakter prägung kritisch reflektiert werden. Sie sind Ausdruck eines altbackenen psychologischen Konzepts, das die Persönlichkeit eines Menschen (das moderne Konzept) auf starre Merkmale festlegt und schematisch einordnet. Der Ausdruck „Prägung“ bedeutet in der Verhaltensbiologie den Erwerb einer Eigenschaft, die zeitlebens wirksam bleibt, als wäre sie angeboren. Das auf den Persönlichkeitsbereich zu übertragen ist fatal, da es den Menschen zum Roboter, d.h. zum Sklaven eines verhaltensdeterminierenden Programms, abstempelt. Etymologisch geht „prägen“ auf den Münzdruck zurück und bedeutet „ein Muster eindrucken“. Es leuchtet sicher jedem ein, dass eine Metallmünze keine sinnvolle Metapher für die Persönlichkeit eines Menschen ist. Die sog. „Charakterzüge“ sind faktisch nur zufällig entstandene Verhaltenstendenzen, die - unter bestimmten Bedingungen - auch rückgängig gemacht bzw. stark modifiziert werden können. Der Prägungsbegriff verwischt diesen Sachverhalt, ist also genaugenommen unwissenschaftlich.
Das Wort „Charakter“ bedeutet übrigens im Griechischen „Prägestempel“.
Chan
Hallo,
ich habe schon einige wissenschaftliche Studien gelesen, in verschiedenen Sprachen und dazu Primärliteratur gewälzt, aber ganz ehrlich: man kann das auch einfacher ausdrücken.
Ich gehe mit Branden mit: einen Teil bringst Du mit (genetische Disposition) und der andere Teil wird im ersten Lebensjahr (von mir aus auch in den ersten 6 Lebensmonaten) geprägt / erlernt. Das bedeutet nicht, dass Du danach nichts mehr lernst oder dass Dein „Charakter“ mit 20 genauso ist wie mit 70 Jahren. Nur, dass was Du später lernst (also die Richtung und das Level) wird von dem bestimmt, was Du mitgebracht hast bis Du die erste Kerze auf dem Kuchen auspustest.
Wenn Du so wissenschaftlich herangehen willst, dann solltest Du erstmal klären was der Begriff „Charakter“ überhaupt ist. In der Psychologie wirst Du diesen Begriff eher nicht finden. Da spricht man eher von Persönlichkeitseigenschaften (z.B. die s.g. Big Five) und diese Merkmale sind stabil, d.h. sie sind gar nicht bis nur sehr wenig formbar / flexibel.
Wenn Du unter Charakter auch das Moralempfinden verstehst, so ist dies eher veränderbar. Dazu gibt es zahlreiche Literatur. Man spricht aber auch hier nicht von „Charakter“, sondern eher von Stufen der Moral.
Wie und warum sich ein Mensch in seinem Moralsinn wohin entwickelt (oder eben nicht) wurde ebenfalls in zahlreichen Studien untersucht.
Also erkläre uns erstmal wovon Du sprichst: Persönlichkeitsmerkmalen oder Moral?
Viele Grüße
Hallo;
ich denke, dass Art und Weise wie mit Lusten und Lasten im Leben umgegangen wird sehr ausschlaggebend ist. Ein Egoïst wird alles tun um sich selbst angenehme Erlebnisse /Vorteile zu bescheren. Ungeachtet was er seinen Mitmenschen damit aufbürdet. Oft glaubt der Egoïst dann er/sie habe sich selbst verwirklicht, könne sich „eben durchsetzen“. Der Mangel an Respect für Werte und Ansichten Dritter wird dann als „authentik“ declariert. Zudem ist Erziehung nur 20% verantwortlich für die Entwicklung des Menschen. Der Rest muss / sollte er selber leisten.
Gruss:
Kwéniviel