Hallo,
Kann man mit einem Bachelorabschluss sinnvoll in den Beruf
einsteigen?
kann man sicher, aber zumindest in den Geistes- und Sozialwissenschaften ist mir das kaum untergekommen. Von denen, die mit mir in einem großen Studiengang den Bachelor gemacht haben, kenne ich nur eine, die direkt nach dem Bachelor angefangen hat zu arbeiten.
Gibt es Schwerpunkte: Praktische Orientierung,
wissenschaftliches Arbeiten?
Das hängt wohl vom Studiengang ab … mein Fach wurde anlässlich der Bachelorisierung komplett umgearbeitet und ein relativ großer Praxisanteil eingebaut, den es vorher nicht gab. Wissenschaftliches Arbeiten lief eher so mit.
Mir komme es immer so vor, als sei er schlechter als ein
Gesellenbrief (da kein Praxisanteil) und schlechter als ein
Masterabschluss (da Sparversion).
Zu den allermeisten Studienfächern gibt es kein Ausbildungs-Äquivalent, von daher kann man das wohl schwer vergleichen. Schlechter als ein Master ist er sicher, weil halt nur ein Teil des „kompletten“ Masterstudiums. Sich ohne Bachelorabschluss in ein Masterstudium einzuschreiben, geht ja nur in vernachlässigbaren Ausnahmefällen. Schau mal in die Gehaltstabellen für den öffentlichen Dienst: Da ist meines Wissens der Bachelor als gleichwertig mit einem FH-Diplom eingestuft, der Master mit dem Uni-Diplom.
Als ich angefangen habe, auf Bachelor zu studieren, hätte ich an benachbarten Unis auch noch dieselben Fächer mit den „alten Abschlüssen“ studieren können. Ich habe mich vor allem aus folgendem Grund für den Bachelor entschieden: Er schadet ja nicht. Ich wollte von Anfang an bis zum Master studieren, der ja gleichwertig zu Magister/Diplom etc. ist. Dass man zwischendurch aber noch einen Bachelorabschluss erwirbt, hat den Vorteil, dass ich, wenn ich kalte Füße bekommen hätte, nach drei Jahren nicht nur eine Exmatrikulationsbescheinigung in den Händen gehabt hätte, sondern immerhin einen akademischen Abschluss, der belegt, dass ich einigermaßen erfolgreich diese drei Jahre studiert habe. Und es hat mir auch geholfen, auf halber Strecke schon mal eine wissenschaftliche Abschlussarbeit „in klein“ verfasst zu haben und dann bei der Masterarbeit schon auf ein paar Erfahrungen in der Hinsicht zurückgreifen zu können.
Weitere Vorteile: In vielen Bereichen ist es nicht nur möglich, sich im Master zu spezialisieren, sondern man kann sich auch weitgehend neu orientieren. Ich habe meinen Master in einem Teilgebiet meines Bachelor-Nebenfaches gemacht, in dem ich vorher nur drei Seminare belegt hatte. Das Masterstudium war für mich also weniger eine Vertiefung als größtenteils voll mit komplett neuen Inhalten, sodass ich sicher mehr gelernt habe, als wenn ich an mein Hauptfach noch vier Semester drangehängt hätte. In der Zeit, die ich für einen Magister/ein Diplom gebraucht hätte, habe ich also automatisch zwei Abschlüsse gemacht: einen „großen“ auf Magister-Level und noch einen kleinen in einem anderen Fach. Hätte ich im Magisterstudium nach drei Jahren das Fach gewechselt, hätte ich erstens vermutlich krass die Regelstudienzeit gesprengt und zweitens wären die ersten drei Jahre ziemlich für die Katz gewesen.
Dazu kommt, dass man zwischen Bachelor und Master so easy die Uni wechseln kann, wie es während eines laufenden Studiums nie funktionieren würde. Und natürlich lässt sich diese Sollbruchstelle auch anderweitig nutzen. Ich kenne viele, die zwischen den Studiengängen im Ausland waren oder Praktika gemacht haben, ohne sich mit den bürokratischen Begleiterscheinungen rumärgern zu müssen.
Also Fazit: Ich finde, die Bachelor-Master-Struktur hat einen Haufen Vorteile, aber ich würde in meiner Fachrichtung niemandem empfehlen, zu studieren, wenn er von vorneherein nur einen Bachelor machen will. In anderen Fächern sieht das ganz anders aus; gerade bei Ingenieuren ist ein Bachelor meiner Erfahrung nach als ernstzunehmender Abschluss anerkannt.
Grüße
Sonja