Wozu Querruder?

Hallo Leute,

vorab: ich bin von Flugzeugen fasziniert, habe aber keine Ahnung vom Fliegen. Letztens habe ich mich gefragt, wozu Querruder gut sind. Bei Wikipedia war das Querruder wunderbar erklärt, aber nicht, warum man es braucht.

Will man eine Kurve fliegen, bewegt man das Seitenruder. Gut. Dann „schiebt“ das Flugzeug ein bißchen (Geschwindigkeitsvektor nicht mehr parallel zur Längsachse), aber was soll’s.

Andererseits haben Flugzeugbauer von Anfang an Wert darauf gelegt, dass Flugzeuge rollen können (Drehung um die Längsachse), egal, ob durch Querruder oder Flügelverwindung - und ich glaube nicht, dass sie dabei schon Kunstflug im Kopf hatten. Also muss das Rollen wichtig sein. Deshalb vermute ich, dass es wichtig ist, dass Flugzeuge Richtungsänderungen nur durch Drehung um die Querachse realisieren, weil dann der Geschwindigkeitsvektor immer (annähernd) parallel zur Längsachse ist und damit die Flügel auch in der Kurve „korrekt“ von vorne angeströmt werden und den Auftrieb nicht verlieren.

Ist das der Grund für die Notwendigkeit des Querruders?

Wenn ja, wozu braucht man dann so viele Ruderflächen? Würde nicht ein Höhenruder reichen? Ich steuere es asymmetrisch an - das Flugzeug rollt. In der richtigen Position für eine Kurve steuere ich die Ruder (die jetzt vielleicht einen Winkel von 45 ° zur Waagerechten bilden)symmetrisch an und fliege so die Kurve. Geht das? Falls ja: warum macht man es nicht so? Zusätzlich hilfreich bei diesem Verfahren müsste es sein, dass das Ruder in dieser Stellung auch dabei helfen sollte, in der Kurve die Höhe zu halten - oder?

Ich hoffe, ich habe mich annähernd verständlich ausgedrückt. Über eine sachdienliche Antwort würde ich mich sehr freuen.

Grüße, Thomas

Hallo Thomas, bei düsengetriebenen Flugzeugen braucht man das Seitenruder fast nur am Boden und am Übergang zum Flug. Wenn das Bugrad noch nicht oder nicht mehr am Boden ist, übernimmt das Ruder die Führung. Wenn aber beim Start ein Triebwerk an einer Tragfläche ausfällt, bes beim Jumbo ein äußeres, dann braucht man ein Riesenruder um auf der Bahn zu bleiben.

Bei Landung mit Seitenwind nimmt das Ruder den Luvwinkel vor dem Aufsetzen raus, damit die Reifen nicht radieren. Im Reiseflug gleicht das Ruder durch Trimmen Unsymmetrien aus, die bei Propellerflugzeugen auch durch das Rückdrehmoment der Propeller erzeugt werden.

Beim Einleiten einer Kurve durch Querruder erzeugen diese ein Giermoment, das durch Rudereinsatz ausgeglichen wird. Gruß, eck.

Hallo Leute,

Hi,

Will man eine Kurve fliegen, bewegt man das Seitenruder. Gut.
Dann „schiebt“ das Flugzeug ein bißchen
(Geschwindigkeitsvektor nicht mehr parallel zur Längsachse),
aber was soll’s.

Du kannst natürlich eine Kurve auf diese Weise fliegen, allerdings wird die nicht schön, der Kurvenradius wird größer und am „innen“ liegenden Flügel könntest du Probleme mit der Strömung bekommen.

Ist das der Grund für die Notwendigkeit des Querruders?

Unter anderem. Die Kurve wird dadurch schöner und vor allem enger.
Wenn du dir mal die Geschichte der Gebrüder Wright und ihrem Gleiter durchliest, wirst du sehen, dass das Querruder zuerst da war (bzw das verdrillen des Flügels). Erst alls die Brüder dann feststellten, das durch das Rollen ein sog. negatives Wendemoment entstand, führten sie das Seitenruder ein. Das neg. Wendemoment entsteht dadurch, das die Flügel unterschiedlich stark angeströmt werden und der innere Flügel mehr Auftrieb erhält als der äussere und das Flugzeug, engegen der Rollrichtung, giert (als Gieren wird die Drehung um die Hochachse bezeichnet, also das was das Seitenruder bewirkt).

Wenn ja, wozu braucht man dann so viele Ruderflächen? Würde
nicht ein Höhenruder reichen? Ich steuere es asymmetrisch an -
das Flugzeug rollt. In der richtigen Position für eine Kurve
steuere ich die Ruder (die jetzt vielleicht einen Winkel von
45 ° zur Waagerechten bilden)symmetrisch an und fliege so die
Kurve. Geht das? Falls ja: warum macht man es nicht so?
Zusätzlich hilfreich bei diesem Verfahren müsste es sein, dass
das Ruder in dieser Stellung auch dabei helfen sollte, in der
Kurve die Höhe zu halten - oder?

Da wirst du Probleme mit der Stabilität bekommen. Ich behaupte jetzt einfach mal, dass das Höhenruder dieser Belastung nicht standhält und einfach Abbricht (korrigiert mich wenn ich mich irre).
Das problem ist nämlich das das Höhenruder so effizient Arbeitet, da es noch einen recht großen Hebelarm zur Verfügung hat. Wenn du nun das Höhenruder asymmetrisch belastest, erzeugst du am Heck eien Moment um die Längsachse, da das Heck allersings auf der Längsachse sitzt wird das Moment, selbst wenn das Höhenruder das aushält, wenn überhaupt nur ein minimales Rollmoment erzeugen. Das ist vergleichbar mit dem Versuch ein Nichmoment durch entsprechenden Querrudereinsatz zu erzeugen.

Ich hoffe, ich habe mich annähernd verständlich ausgedrückt.
Über eine sachdienliche Antwort würde ich mich sehr freuen.

Ich hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen.

Grüße, Thomas

Gruß
Hatje

Hallo!

Um eine Kurve fliegen zu können, muss es eine Kraft geben, die das Flugzeug zum gedachten Kurvenmittelpunkt beschleunigt. Diese Kraft kann nur durch die Tragflächen aufgebracht werden. Also nimmt der Pilot Querneigung auf, damit der Auftriebsvektor eine Horizontalkomponente hat, die das Flugzeug auf die Kreisbahn zwingt. (Das nennt sich auch „Zentripetalkraft“).

Die Querneigung ist übrigens nicht beliebig. Sie ist eindeutig durch die Geschwindigkeit und durch den gewünschten Kurvenradius gegeben. (Das ist mathematisch exakt dasselbe wie die Querneigung eines Fahrradfahrers in der Kurve, auch wenn die physikalische Interpretation ein wenig anders ist.)

Michael

Tomatenaft
Moin,

Will man eine Kurve fliegen, bewegt man das Seitenruder.

ich mag mich ja irren, aber wenn die Piloten eine Kurve lediglich in der Ebene fliegen, also nur mit Seitenruder, dann stößt mein Passagierkopf an die Innenverkleidung und mein Tomatensaft schwappt über. Die Fluggesellschaft würde ich dann meiden :wink:

VG,

J~

Andererseits haben Flugzeugbauer von Anfang an Wert darauf
gelegt, dass Flugzeuge rollen können (Drehung um die
Längsachse), egal, ob durch Querruder oder Flügelverwindung -
und ich glaube nicht, dass sie dabei schon Kunstflug im Kopf
hatten.

Die ersten und auch heute noch besten Piloten (die mit den Federn) fliegen Kurven auch mit Querneigung. Man sieht das besonders deutlich bei den engen Kurvenflügen von Schwalben. Warum sollten geborene Fußgänger, die Piloten werden wollen (= Menschen), es besser wissen?

Hallo Hatje,

Das problem ist nämlich das das Höhenruder so effizient
Arbeitet, da es noch einen recht großen Hebelarm zur Verfügung
hat. Wenn du nun das Höhenruder asymmetrisch belastest,
erzeugst du am Heck eien Moment um die Längsachse, da das Heck
allersings auf der Längsachse sitzt wird das Moment, selbst
wenn das Höhenruder das aushält, wenn überhaupt nur ein
minimales Rollmoment erzeugen. Das ist vergleichbar mit dem
Versuch ein Nichmoment durch entsprechenden Querrudereinsatz
zu erzeugen.

ja danke, das hat mir sehr geholfen. Auch Dein letzter Einwand ist nachvollziehbar. Das träfe dann aber bei einem Deltaflügler nicht mehr zu, wenn ich die Hinterkante der Flügel möglichst weit außen als auch asymmetrisch ansteuerbares Ruder auslege, oder?

Grüße, Thomas

Hallo Michael,

Um eine Kurve fliegen zu können, muss es eine Kraft geben, die
das Flugzeug zum gedachten Kurvenmittelpunkt beschleunigt.
Diese Kraft kann nur durch die Tragflächen aufgebracht werden.
Also nimmt der Pilot Querneigung auf, damit der
Auftriebsvektor eine Horizontalkomponente hat, die das
Flugzeug auf die Kreisbahn zwingt. (Das nennt sich auch
„Zentripetalkraft“).

danke für Deine Antwort. Jetzt wird es aber schwierig für mich, die „fliegerische“ Sicht und die physikalische Sicht aufeinanderzulegen. Als Physiker ist mir klar, dass ich, wenn ich einen Kreis fliegen will, eine Zentripetalkraft brauche und ich kann eine Kurve als Teil eines Kreises beschreiben.

Andererseits:
Ich sitze in einer Rakete, die kräftefrei im Weltraum in x-Richtung fliegt. Jetzt setze ich die Steuerdüsen ein und drehe mit zwei kurzen Schüben das Raumschiff so, dass die Längsachse in y-Richtung zeigt und zünde dann das Haupttriebwerk. Dann fliegt die Rakete auf einer Parabel. Wenn ich eine Kurve fliegen will (also auf der x-Achse bis Punkt A und von da modulo Kurvenradius in y-Richtung nach B), muss ich die Geschwindigkeit in x-Richtung wieder abbauen. Ich drehe also das Raumschiff etwas weiter, bis die Schubkomponente in x-Richtung (modulo Vorzeichen) die Geschwindigkeitskomponente in x-Richtung wieder abgebaut hat. Die Rakete fliegt also einen „Überschwinger“.

Übertragen auf das Flugzeug (mit Luftwiderstand) würde das doch bedeuten, dass der Luftwiderstand des Lateralplans die Geschwindigkeit in x-Richtung irgendwann einmal abgebaut haben wird (wenn auch nicht so effizient wie die Flügel), oder?

Abgesehen davon, dass es natürlich für die Passagiere schöner ist, wenn die resultierende Kraft senkrecht zum Boden steht - und wenn ich das mit der Kraft nicht schaffe, dann eben mit dem Boden.

Grüße, Thomas

Freut mich das ich dir etwas weiterhelfen konnte.

Ja, bei Deltaflüglern kann das eigentliche Querruder auch als Höhenruder genutzt werde. Das wird auch bei vielen dieser Modelle gemacht, dazu werden dann die Querruder asymmetrisch angesteuert. Das ganze kann dann noch mit Entenflügel unterstützt werden. Es gibt aber auch Deltaflügler die nur die Entenflügel als Höhenleitwerk nutzen und auch welche die ein extra Höhenleitwerk besitzen.

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Hallo!

Du brauchst eine Zentripetalkraft.

Die Tragflächen erzeugen bei entsprechender Querneigung die Zentripetalkraft praktisch von selbst - mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass der Passagier keine Scheinkräfte quer zur Hochachse spürt.

Ist das nicht Begründung genug für die Querruder?

Helikopter können beides: Sie können eine „vernünftige“ Kurve mit Querneigung fliegen, indem der Anstellwinkel der Rotorblätter entsprechend variiert wird und sie können flach um die Hochachse gieren, indem der Heckrotor mehr oder weniger Schub liefert. Wenn sich der Heli nicht gerade im Schwebeflug befindet, wird der Pilot immer die erste Variante wählen.

Michael

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