Vielen Dank an Alle!
Jetzt ist mir auch klar, weshalb ich mit „sozialen Netzwerken“ nichts anfangen kann:
Ich lebe sehr zurückgezogen und gehe meinen introvertierten Interessen nach. Auch in der „realen Welt“ habe ich nur mit einem anderen Menschen regelmäßig Kontakt und nenne sechs weitere „meine guten Bekannten“. Hier reicht aber schon ein Kontakt alle drei bis sechs Monate. Meine Innenwelt (Träume, Fantasien, Imaginationen) ist so lebendig, dass ich voll damit beschäftigt bin, so im Außen zu gestalten und keine Langeweile habe.
Bis vor 15 Jahren hatte ich noch Interesse daran, mit Menschen Kontakt zu halten, die ich in meinem „früheren Leben“ kennen gelernt hatte. (Schul- und Jugendfreunde, Kollegen aus der Ausbildung, Verwandte etc.)
Irgendwann stellte ich beim dritten Treffen mit Ausbildungskollegen aus der Zeit als ich 14 bis 17 Jahre alt war fest, dass offenbar die meisten Menschen in ihrer inneren Entwicklung irgendwann stehenbleiben und immer nur dasselbe (mit manchmal anderen Worten) erzählen. Da ich schnell erfasse und Details gut behalte, langweilt es mich schon, wenn ich ungefähr das gleiche ein zweites Mal zu hören bekomme.
Seit mir klar ist, dass ich mit den „alten Bekannten“ bloß meine Zeit vergeude und keinen Gewinn habe, habe ich an keinem „Ehemaligentreffen“ mehr teilgenommen.
Außerdem habe ich festgestellt, dass ein Treffen mit „Ehemaligen“ bzw. mit „alten Freunden“ nur solange Spaß macht, wie es den meisten von ihnen relativ „gut“ geht, sie noch ein „Aufwärts“ in ihrem Leben sehen und keine nennenswerten Wehwehchen aufgetreten sind. Ansonsten drehen sich solche Gespräche oft um Leid und Krankheit. Aber etwas, mit dem ich mich beruflich beschäftige, brauche ich nicht auch noch in der Freizeit.
Aber die wichtigste Feststellung für mich war, dass die meisten Menschen extravertiert sind und ihre Aufmerksamkeit ganz auf die Außenwelt gerichtet haben. Wenn ich denen von „Innenwelt“, von meinen lebhaften Träumen und vom Unbewussten berichten wollte, habe ich nur noch Unverständnis geerntet. Das aber ist nicht sehr aufbauend. Das brauche ich nicht. Dann tausche ich mich lieber mit sehr wenigen, aber verständigen Menschen aus. Das baut auf.
Zurück zu „sozialen Netzwerken“ im Internet. Ich bemerke einen deutlichen Unterschied in meinem Inneren, wenn ich einem realen Menschen aus Fleisch und Blut gegenüber stehe oder wenn mein unmittelbares Gegenüber der Editor einer Software ist: Im letzteren Fall spüre ich nicht, wie es den Angeschriebenen in ihrem Inneren geht. Ihre Gefühle übertragen sich nicht in mich und bewegen mich nicht. Wenn aber ein wirklicher Mensch mein Gesprächspartner ist, dann höre ich nicht nur seine Worte und registriere all seine nonverbalen Körperäußerungen, sondern gleichzeitig spüre (fühle, empfinde, empathiere) ich, was in ihm vorgeht. Das ist mir wichtig, denn oft reden Menschen wie ein Wasserfall und lächeln dabei, während in ihrer Innenwelt in Wirklichkeit Angst, Sorge und Chaos herrschen. Das oberflächliche Lächeln täuscht nur darüber hinweg. Ich will mich aber nicht täuschen lassen. Für Täuschungen habe ich keine Zeit (mehr).
Ich sollte noch sagen, dass ich als mittlerweile fast Sechzigjähriger (aber dennoch sehr Technikbegeisterter) statistisch gesehen drei Viertel meines Lebens hinter mir habe. Die subjektiv empfundene Zeit vergeht immer schneller. Wenn ich in den mir (statistisch) verbleibenden zwanzig Jahren noch etwas bewirken will, darf ich diese Zeit nicht für Oberflächlichkeiten, Smalltalk und Spiele verbrauchen.
Liebe Grüße
Fatzikowsky