Wunderschöner Engel -Kerzenhalter

Hallo, ich habe diesen wunderschönen Engel bekommen, kennt sich jemand aus wie alt dieser in etwa ist oder weitere Informationen?
Dankeschön Lg

Eine wirklich schöne Figurine.
Die kunsthistorische Einordnung wird sicher @Aprilfisch gelingen. Was ist es für ein Material? Porzellan, Holz? Die Farbe würde eher auf Bronze passen. Wie groß ist sie?

Mir fällt nur auf, daß der Faltenwurf des Kleides, insgesamt, aber speziell auch des Überrocks die bekannte erotische Assoziation hat, wie sie sonst der Darstellung des Motivs „Maria Himmelkönigin“ Mitte bis Ende 19. Jhdt hatte.

Gruß
Metapher
.

Hallo

Hat man dir denn gesagt, dass der alt sein soll?
Glitterfarbe ist nicht gerade ein Hinweis auf kunsthistorische Schätze.

Auf den allerersten ersten Blick sieht der Engel mit diesen geweihförmigen Flügeln zwar ein wenig nach Lüsterweib aus, auf dem zweiten irgendwie nach Jugendstil, aber auf dem dritten und letzten Blick wie etwas im Vintage-Look aus einem zeitgenössischen Deko-Laden - und der letzte Eindruck geht auch nicht mehr weg.

Kannst du mehr dazu sagen? Welches Material, welches Gewicht. Bilder von hinten und von unten? Irgendwelche Marken, Stempel etc.?

Viele Grüsse, Sama

Also der Engel ist 63cm hoch und ist aus ganz festen Stoff, der Stoff ist irgendwie behandelt das er ganz fest ist. Die Dame sagte das er schon sehr alt ist, hm alt ist relativ :blush:

Also der Engel ist 63cm hoch und ist aus ganz festen Stoff, der Stoff ist irgendwie behandelt das er ganz fest ist. Die Dame sagte das er schon sehr alt ist, hm alt ist relativ :blush:

Hallo Metapher,

Da bin ich mir gar nich sicher. Zumal etwas abgelenkt durch die doppelte Vulva - eine zweite, äußere wird angedeutet durch die Flügel und die seltsamen Tuchstreifen, die über die Unterarme gehängt sind, und in diesem Zusammenhang ist der Kopf dann recht hübsch platziert.

Auf den ersten Eindruck hin hab ich an auslaufenden Jugendstil gedacht - mit einer insgesamt nicht mehr floral schwingenden, sondern wohlgeordneten Komposition als eine Art Zugeständnis an die Neue Sachlichkeit.

Auffällig finde ich aber, dass die Figur dort, wo man bei einem Engel mit menschlicher Gestalt Beine und Füße erwarten würde, einfach zusammengeschnürt ist, als wollte man aus dem Engel eine Seejungfrau machen - also anders als naive Bildhauerarbeiten gar nicht den Anspruch hat, als Skulptur oder Plastik aufzutreten, sondern wohl nur hübsche Dekoration sein will (was ihr durchaus gelingt!). Außerdem fallen die inzwischen zumindest vage beschriebenen Materialien auf: Zwar könnte man so etwas wahrscheinlich auch mit gipsgetränktem Tuch machen, aber mit freundlicher Unterstützung der Polymerchemie geht das sicher besser.

Dieses zusammen mit der im Stil dezidierten Abkehr sowohl von der Moderne als auch von der in ihrem ersten Jahrzehnt gerne provozierenden „Postmoderne“ spricht meines Erachtens für eine Entstehung ab ca. 1990 - 1995.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

wie sieht der "Stoff"am Boden aus (angeklebte Unterlage aus Filz oder Pappe ev. am Rand etwas lösen)?
Hell, dicht und ev. etwas löcherig: Gussmasse aus Gips oder einer Mischmasse - nahezu wertlos.
Metall: welche Farbe? Gibt es eine Signatur? Höchstwahrscheinlich auch von geringem Wert.
Holz: interessanter und schwierig ohne Augenschein zu beurteilen.

Gruß, Paran

Hallo MM,

Genau das meinte ich mit der erotischen Assoziation bei der Drapierung von Kleid und Überkleid. Man findet die - teils sogar sehr anschauliche.- Vulva sonst bei Marienskulpturen und -malereien, und wenn ich es recht überblicke, so ab Ende 19. Jhdt.

Die Fußpartie fällt natürlich als erstes ins Auge. Füße scheinen, zumal bei dem überlangen Unterkörper von der Taillie ab, gar nicht angedacht zu sein: Wie in einem Bondage-Ritual ist das Ende der Beine mitsamt der auf den ersten Eindruck sinnfreien Verlängerung von Kleid und Überkleid mit einem Band fest zusammengebunden, und der zusammengeraffte Stoff breitet sich dahinter wieder über die Bodenplatte aus. ich seh darin die Intention des Gestalters, daß Engel ja Geistwesen sind und als solche auch nicht in High Heels über die Erde tapsen, sondern sich schwebend fortzubewegen pflegen. M.a.W. sie brauchen gar keine Füße …

Da wir nun wissen, daß das Material „ganz fester Stoff“ ist, also zumindest kein Porzellan, Holz oder gar Bronze, sind wir noch gar nicht unbedingt in der Polymerchemie der jüngsten Jahrzehnte: Seit Anfang 1900 waren zahlreiche „Kunststoffe“ unterwegs. Da wären unter anderem Elastolin und Lineol, wobei beide mangels Stabilität für eine 65 cm hohe - und vor allem so filigrane - Figurine ungeeignet wären. Beide wurden ja später von Schleich durch Polymere ersetzt. Aber es gab auch andere Materialien, die eher in Frage kommen, z.B. die unter „Chalkware“ zusammenfaßten Varianten auf der Grundlage von gebranntem Gips. Als „Plaster of Paris“ wurden sie ja unter anderem für Stuck verwendet.

Ich habe selbst einige Figurinen aus den 1920ern aus solchem Material, teils 50 cm hoch und schwerer - und härter - als Gips.

An Jugendstil dachte ich auch, aber wegen der starken Assoziation an vormalige Figurinen (insbesondere von Sakralfiguren) eher an den Anfang um 1895 als ans Ende. Dabei habe ich vor allem die Farbgebung in Blick, die bei einer Kopie bzw, Nachempfindung in der 90ern sicher spektakulärer gewählt worden wäre. Auch die Größe, verbunden mit der Funktion als Kerzenhalter, die Naivität des Gesichtes und die antiquiernde Komposition (s.o.) insgesamt scheinen mir kaum in das Zeitalter spektakulärer moderner Comic- und Starwars-Figurinen zu passen,

Schönen Gruß
Metapher

Servus,

ein Engel mit gezupften Lidern, Bambi-Lichtreflexen auf den Pupillen, sorgfältig zurechtgeföhnter Frisur und Lippenstift, vor allem aber die Verwendung von Kreuzschlitzschrauben zum Befestigen der Flügel (Kreuzschlitzschrauben gab es erst ab etwa 1930 und in großer Verbreitung erst ab ungefähr 1965) sprechen für eine Entstehung ab ca. 1995. Die recht groben Verschweißungen am Ständer gehören auch eher in die Deko-Mode der letzten ca. dreißig Jahre: Wenn man die Schweißpunkte so roh belässt, kann man bei gleichen Kosten den Output erheblich steigern.

Dass hier etwas Älteres neu gefasst worden ist und die Kreuzschlitzschrauben von einer Reparatur herrührern, kann man allerdings nicht ausschließen; ich halte es für unwahrscheinlich.

Schöne Grüße

MM

Hi,
Ich bin gar kein Experte, finde allerdings die Figur irgendwie faszinierend. Daher mal das, was mir durch den Kopf geht.

Ich fand schon auf dem ersten Bild, dass die Flügel so, wie sie sind, einen Fremdkörper darstellen. Material, Textur heben sich vom Rest ab. Auch der Farbton entspricht nicht dem des Tuchs. In Hinblick auf die Kreuzschrauben mal rumgesponnen: Ist die Figur mit anderen Flügeln oder gar ganz ohne denkbar?

Wenn man die daraus sich ableitende Theorie weiter verfolgt, dass da rumgefummelt wurde, die Sache mit den Augenbrauen: Im Detailbild hat das fast schon was von Katzenberger. Das heißt, man sieht Augenbrauen, die gezupft wurden. Würde jemand, der von vornherein darauf abhebt, gezupfte Augenbrauen, d.h. ideale Augenbrauen anlegen? Die Augenhöhle und der Ansatz der Augenbraue ist unterm Hautton noch sichtbar. Kann es also sein, dass ursprünglich eine „normale“ Augenbraue angelegt war, die nur nachträglich einem dann anderen Ideal angepasst wurde? Wer macht sich die Mühe bei einer solchen Figur (und warum) und ist so realistisch, ein Gesicht mit natürlichen Augenbrauen anzulegen, denen er dann nachher die gezupfte Variante aufmalt?

Ich finde auch, dass bei der Detailaufnahme des Gesichtes die Bemalung desselben nicht ganz stimmig zum Rest (Gewand, Haare) ist. Das betrifft auch die Pupille. Der Blitz kann das verzerren. Aber: ist der Hautton im Nacken ein anderer als im Gesicht?

Grüße

Uli

Hallo Julia,

diese deine jetztigen Makro-Aufnahmen werfen ein ganz neues Licht auf das bisher Vermutete. Ich hatte die Information über den Stoff als „Stoff=Masse, Material“ verstanden, aber es war „Stoff=Gewebe“ gemeint, und es handelt sich tatsächlich um eine (gewiß mit Harzen gehärtete und stabilisierte) Komposition mit realem Leinen, wie an der Textur deutlich erkennbar ist. Daher auch der kunstvolle detaillierte „echte“ Faltenwurf.

Es wäre sonst auch unwahrscheinlich gewesen, wieso die Figur so lange unbeschadet geblieben wäre. Das Baumaterial unter dem Leinen ist nämlich ganz gewiß das in den ersten Jahrzehnten des XX. Jhdts schnell weitverbreitete „Masse“ genannte Material aus gebranntem Gips, mit unterschiedlchen Zusatzstoffen versehen. Die bekanntesten Varianten liefen unter den Firmennamen „Lineol“ und „Elastolin“. Es wurde insbesondere durch Tierfiguren in den 1920ern schnell bekannt, die erst nach den 1950ern nach und nach durch die von Schleich erfundenen Hartgummi-Materialien verdrängt wurden, und nach den 1960ern ganz ausgestorben sind.

Daß es kein Hartgummi ist, sondern das -seit den 60ern nicht mehr verwendete - Elastolin oder Lineol, erkennt man deutlich an den diversen typischen Brüchen (z.B. im Haar und am Dekolleté) und vor allem an der abbröckelnden Farbe auf dem Haar. Da insbesondere Lineol - anders als Elastolin - mit Leinöl und Herzen versetzt wurde, würde ich auf ebendieses tippen, da dieselben Stoffe mutmaßlich für die Härtung des Leinens verwendet wurden.

Typisch für Figurinen aus diesem Material ist dann eben auch das Drahtgerüst, auf dem der Werkstoff aufgesetzt ist. Seit der Produktion von Figurinen aus Hartgummi und neueren Kunststoffen gibt es das nicht mehr. Die neueren Materialien sind in sich selbst stabil genug. Auch bröckelt die Farbe nicht mehr ab, wie man deutlich an selbst heftig „bespielten“ Comicfiguren der jüngsten Jahrzehnte erkennen kann.

Die Vermutung einer Herstellung in den 1990ern ist mir daher nicht nachvollziehbar. (Daß die Kreuzschlitzschraube ab den 60ern populär wurde (siehe unten) , daraus kann man ja wohl kaum schließen, daß die Figur in den 90er gemacht wurde!?). Der sogar offen präsentierte Draht-Standfuß (für Figurinen spätestens seit den 70ern und ff ganz und gar undenkbar), die abbröckelnde Farbe und die Materialbrüche sprechen eindeutig dagegen.

Bleibt noch die Diskussion über die Gesichtsbemalung und die Kreuzschlitzschrauben: Die Gesichtsbemalung gehört, wenn man sie vergleicht mit Figurenbemalungen der 1920er und 30er, eindeutig in diese Zeit. Augenbrauen wurden einfach als Strich auf die Stiirnwölbung aufgemalt, die Pupille als weißer Punkt in die Iris, sofern die Größe der Figur das zuließ. Ausgerupfte und neu aufgemalte Augenbrauen (man muß nur ein wenig in die Filmgeschichte schauen: Marlene Dietrich z.B.) waren schon in den 30ern Mode, ganz abgesehen davon, daß das mit der Gesichtsbemalung hier gar nichts zu tun hat!

Lippenstift wurde bereits durch Sarah Bernhardt (1844-1923) populär gemacht und der in der HülsE geführte Stift, praktisch für die Handtasche, hat Guerlain Anfang der 20er erfunden. Aber auch das spielt hier gar keine Rolle, denn die Lippen müssen bei einer Figurine nun mal eh aufgemalt werden.

Das weit wallende dichte Haar ist ferner ein Merkmal der Haarmode Anfang 1900 bis zur Erfindung des „Bob“ durch Colleen Moore Anfang der 20er und der Popularisierung durch Luise Brooks („Lulu“) Ende der 20er.

Und die Kreuzschlitzschraube wurde nicht 1933 erfunden (und tatsächlich seit den 60ern weitverbeitet), sondern lediglich eine spezielle Form, nämlich die sog. „Phillips“. Erfunden wurde sie jedoch durch Frearson: Erstes Patent 1857 (!). Daß die hier abgebildete Zylinderkopfschraube wie eine „Phillips“ aussieht (was auf eine Herstellung der Figur später als Mitte der 30er verweisen würde), ist kein Hinweis, denn auch eine fest eindrehte „Frearson“ kann die sichtbaren Seiteneindrücke haben.

Aus allen den Argumenten halte ich nach wie vor für eine Herstellung in den 1920ern. Und die Idee mit dem gehärteten Leinenkleid bedeutet immerhin, daß du ein Unikat hast, unikater gehts gar nicht.

Noch eine Bitte zugunsten meiner Neugier: Kannst du noch Fotos von der Rückseite posten? Von der Kopfpartie und insbesondere von dem Kleid. Wie hängt die über die Arme geworfene Stola mit dem Überrock zusammen usw.

Grüße
Metapher

addendum

Es wird somit auch klarer, warum die Figur keine Füße hat: Die
beiden Stoffe, Kleid und Überrock, zu säumen, wäre wohl überfordert. So
sind die Stoffe einfach zusammengerafft, so, daß damit zugleich der
Standfuß „überflossen“ wird. Eigentlich eine charmante artistische
Freiheit, die der Künstler sich erlaubte. Daß die Dame wegen der Fessel
nicht mehr „gehen“ kann, macht ja nichts, sie soll ja eh nur die Kerzen
halten.

Ich halte ebenfalls, wie @ulischnee, dafür, daß die Flügel nachträglich angebracht wurden. Vielleicht, um eine Sakralfigur draus zu machen, die es ursprünglich gar nicht war. Der nicht nur realistische, sondern reale Leinenstoff in Bordeauxrot und
Gold spricht auch gegen einen Engel (gemäß klassischer Angelologie).
Und zudem sind die Flügel im Vergleich zu der charmanten Figur eher
kitschig, sogar albern. Vom Blech und der gar nicht passenden Lackierung
ganz abgesehen.

Hallo, Danke schon mal für die informative Antwort, ich habe noch ein paar Bilder eingestellt.
Danke Lg Julia

Hallo,

danke, sehr interessant, was sich der Künstler hat einfallen lassen. Die Füße sind also nur mit dem Kleid zusammengefesselt, nicht mit dem Überrock. Ich sehe darin nach wie vor die charmante Lösung des Saumproblems.

Bin jetzt auch überzeugt, daß die Flügel nachträglich von einem anderen angesetzt wurden. Das volle dichte Haar ist ja zu einer Frisur durchgestylt (übrigens auch wieder genau so, wie man es von Theater- und Filmschauspielerinnen der 1920er her kennt). Aber die Flügel verdecken den Blick darauf. Das hätte dem Künstler selbst niemals passieren können.

Und dann ist da noch das Drahtgerüst des Ganzen: Die Kerzenhalter sind ja offenbar auch Abzweigungen davon. Es gibt also keinen Grund, warum dann nicht Flügelansätze, und überhaupt gleich auch die „Arme“ von Flügeln, ebenfalls aus Abzweigungen des Drahtgerüstes hätten gebildet sein sollen, wenn sie vom Künstler angedacht gewesen wären. Ich bin überzeugt, daß unter den ganz kunstlos und primitiv aufgesetzten Flügelansätzen das Leinen voll durchgefärbt ist, womit der Beweis erbracht wäre. Und überhaupt: Ich die Lady ist ohne diese Flügel gewiß noch schöner. Ein spektakuläres Unikat!

Schöne Grüße
Metapher

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Übrigens noch was (du siehst, mich fasziniuert dieses Kunstwerk ;-)): Das urspüngliche schwarze Haar ist, wie man an den neuen Photos deutlich erkennt, offenbar nachträglich grob mit einer helleren Farbe überpinselt worden. Sie reicht nicht in die Tiefe der Locken. Und wie es scheint (aber das kannst nur du selbst erkennen) mit derselben Farbe wie die Blechflügel? Diese sind ja, wie man an den Schrauben erkennt, ebenfalls nachträglich mit diesem fiesen Beige angemalt.

Erratum

Brauen natürlich!

Die vielen BDSM-Zitate an der Figur (an einem Eisengerüst festgebundene Handgelenke, zusammengeschnürte Knöchel usw.) haben mir hier wohl den Griffel geführt.

Das war schon klar.

Die vielen BDSM-Zitate-

Auch wahr. Und wenn wir schon offtopic scherzen: Zusammen mit der phantasieschwangeren Riesen-Stola von fast doppelter Körperlänge um ein Vielfaches mehr subtil und sophisticated als der zu Unrecht berühmte grau-nuancierte Kitschroman der jüngsten Zeit. Und wenn wir schon dabei sind: Die immer deutlicher als unpassend nachgewiesenen angeklatschten Blechflügel - jetzt weiß ich auch, woran mich die erinnern: Victoria’s Secret …

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Hi, ich weis ja nicht wo sie herkommen, dann könnten Sie persönlich Bekanntschaft mit dem Engel machen. Lg Julia