Hallo,
Muss D sich jeden geschmacklosen Vorwurf von Erdogan bieten lassen?
Wäre das evtl. ohne die Erpressung mit dem Flüchtlingsdeal anders?
Ich fürchte fast „nein“, da doch zumindest die Balkanroute inzwischen sowieso einigermaßen geschützt ist.
Und was passiert, wenn es hier von „Jubeltürken“ Aufmärsche mit Spruchbändern und Parolen gäbe, die in die selbe Kerbe schlagen. Gibt es dann Festnahmen?
Gruß
rakete
Hi!
Nö. Aber offenbar laviert die Bundeskanzlerin derzeit ziemlich hilflos in der Gegend herum, anstatt eine deutliche Position zu beziehen. Das führt dann zu solch semipädagogischen Pseudoergüssen wie
„Das ist so deplatziert, dass man es eigentlich ernsthaft gar nicht
kommentieren kann. Zu rechtfertigen ist es schon überhaupt gar nicht“
anstatt klaren Grenzziehungen. Das sind verbale Seifenbläschen, die vielleicht bei ernsthaft-feinfühlig, diplomatisch miteinander umgehenden Staaten als rotgelbe Karte wirken mögen. Bei einem Demagogen wie Erdogan kommt nur das Signal an „ich lass alles mit mir machen“.
Okay, D befindet sich wg. des Flüchtingsdeals in einer gewissen Zwangslage.
Aber ich glaube, dass Merkel sich noch viel mehr vor unmißverständlichen Signalen fürchtet, die ihr irgendwann als Fehler ausgelegt werden könnten. Bspw. falls ein paar tausend nationalistisch durchgeknallte Türken sich plötzlich mit Eisenstangen und Messern bewaffnet Strassenschlachten mit Hundertschaften der Polizei liefern würden und wahlweise SPD, Grüne, Linkspartei anschliessend Merkel den schwarzen Peter zuzuschieben versuchen, weil Merkel hätte deeskalierend wirken müssen, aber „Öl ins Feuer … blabla“.
Merkel hat noch nie geführt, sondern immer nur (tls. zu spät) reagiert, wenn ihr nichts anderes mehr übrig zu bleiben schien und sich „ihre“ Entscheidung mit den Umfrageergebnissen zum Problem deckten. Die Politik des geringsten Widerstands, um ihrer tatsächlich nur (fantasielos) verwaltenden Regierungstätigkeit den Anschein von Führung zu geben. Das ganze viele Jahre mit der Lüge der „Alternativlosigkeit“ gewürzt.
Im Prinzip kriecht sie den Millionen (Deutsch)Türken im Land in den Hintern, weil sie weiss, dass diese mehrheitlich für Erdogan bzw. die AKP sind und auch die als tlw. potentielle Wähler nicht vergraulen möchte.
Nicht, falls es sich um Großaufmärsche handeln sollte.
Gruß
vdmaster
Hallo,
ich stehe eher auf der Seite des Innenministers. Keine weiteren Auftritte.
Aber diese künstliche Aufregung finde ich auch lustig.
Unter dem spießbürgerlichen Motto „Das ist ja alles gaanz, gaanz furchtbar!“
Wenn dieses Zwetschgenmännchen mit Rotzbremse in seinem Palast rumhüpft wie ein tanzender Derwisch auf Speed, warum soll uns das jucken? Kann dieses Abziehbild eines Diktators irgendwen beleidigen? Dazu müsste er doch sowas wie Ehre besitzen, oder? Wollen wir ihm diese Ehre zurückgeben, indem wir ihn ernst nehmen?
Wer sich die Entwicklung der türkischen Wirtschaft ansieht, ahnt vielleicht, wer am längerem Hebel sitzt.
Gruß, Hans-Jürgen Schneider
Es geht nicht darum, dass er in seinem Palast Rumpelstilzchen spielt, sonder soeben dabei ist, ein Land mit 80 Mill. Einwohnern in eine Diktatur umzuwandeln, die verfassungsrechtl. dem Hitlerdeutschland nach Beschluss des Ermächtigungs"gesetzes" frappierend ähnelt.
Zeitgleich masst er sich an, Forderungen zu stellen, die in die Souveränitätsrechte der EU-Demokratien eingreifen (wer Wahlkampf machen darf oder nicht), um genau diesen Plan umzusetzen.
Dies als ein Mitglied des westl. Verteidigungsbündnisses (dem man kürzlich als Bündnispartner noch gegen die gar schröckeliche Bedrohung durch SYR half) und Beitrittskandidat der Gemeinschaft, die sich gerne als Hüter hoher Ideale sieht.
Ich finde nicht, dass man seinem Verhalten und seinen Haltungen nach innen und aussen noch mit devoter Appeasementhaltung begegnen sollte.
Dass sich hier auf längere Sicht entscheidet, ob Erdogan pol. überlebt, hatte ich in einem anderen Thread bereits ausgeführt.
Gruß
vdmaster
Man muss sich nicht alles gefallen lassen, aber mir ist eine Haltung „Was juckt es die Eiche, wenn sich ein Wildschwein an ihr reibt“ lieber, als zuerst verbale Aufrüstung und dann vielleicht militärische …
Hallo!
Wenn man sich fragt, was den Mann dazu bringt, sich grob daneben zu benehmen, kommt man womöglich zum geeigneten Rezept für den Umgang miteinander.
Es gibt innerhalb der Türkei gewaltsam ausgetragene Konflikte, der Wirtschaft geht es nicht wirklich gut, der Tourismus als wichtige Einnahmequelle lahmt, vom eher bescheidenen BIP geht ein zu hoher Prozentsatz ins Militär und der Wunsch nach mehr Macht per Verfassungsänderung steht auf wackeligen Füßen… Wer in solcher Situation keine Ideen hat, braucht einen neuen Schauplatz, auf den sich die Blicke des Wahlvolks richten. Die Schaffung von Feindbildern ist dafür ein altbewährtes Mittel. Wer in solcher Lage Öl ins Feuer gießt und über die von Erdogan hingehaltenen Stöckchen hüpft, befeuert die türkische Regierung und ihr Ansinnen.
Ich empfehle größte Gelassenheit, einfach nur ignorante Stille und den April abwarten.
Gruß
Wolfgang
Aha. Kürzlich hattest du anstelle des Nazi-Diktaturvergleichs lediglich eher eine Ähnlichkeit zum
Putin-Regime sehen wollen. Das war nach dem „Röhmputsch“ und Massenverhaftungen.
Offenbar haben die aktuellen Dreistigkeiten dem Ankara-Regime bei dir dann doch die letzten Sympathien aufgebraucht.
Die schlimmen Beleidigungen sind -mit Blick auf EU-Beitritt- eigentlich nicht wieder gut zu machen. Ich denke, das weiss Erdogan und hat es womöglich schon im Kalkül. Vielleicht hat er einen Deal mit Putin, der attraktiver ist, als die sehr vage EU-Option. Möglicherweise erhofft er sich, einen Teil der Auslandsschulden (ca. 405 Mrd Dollar) dadurch nicht begleichen zu müssen?
Wie in „Hart aber Fair“ dargestellt wurde, erkennt wohl immerhin die Mehrheit der In D lebenden Türken nur Erdogan als Staatsoberhaupt an. Einige wenige Aufrechte gibt es jedoch.
Die Frage ist, was das für das Verhältnis zwischen Türken und Deutschen im Inland bedeutet, nachdem diese nun „den waren Jakob zeigen“ und die Bundesregierung davor nicht mehr die Augen verschließen kann.
Weil wir uns die Last der türkischen Einwanderer aufgehalst haben und man sich nicht unnötig einen Krawall mit dieser „5.Kolonne“ Ankaras leisten will.
Gruß
rakete
Vergiss es. Das funktioniert im Medienzeitalter nur in Diktaturen. Wenn hier über die osmanischen Frechheiten berichtet wird, muss sich die Politik irgendwie äußern. Schön wäre es, wenn man so etwas abperlen lassen könnte, indem man es gar nich zur Kenntnis nimmt und keiner darüber schreibt oder sendet.
Gruß
rakete
Da müsstest Du mir den Link zu meiner Aussage geben. Ich darf jetzt schon darauf hinweisen, dass es sich wahrscheinlich um eine Zustandsbeschreibung des damaligen IST handelte und nicht des SOLL. Bekanntlich soll das System geändert werden und ist noch nicht geändert worden.
Ausserdem ist „Röhm-Putsch“ jetzt ein historisch eher ungeschickter Vergleicht. da der erst nach dem Ermächtigungsgesetz kam.
Du kannst mir glauben, dass ich für Erdogan noch nie „Sympathie“ hegte. Das hat aber keinen Einfluss auf meine Bewertung seiner Regierungstätigkeit, soweit es menschlich überhaupt möglich ist.
Ich glaube nicht daran, dass er jemals den nötigen Grundrechtekatalog verwirklichen wollte, um überhaupt aufgenommen zu werden. Aber den Status als Beitrittskandidat in der Schwebe zu halten brachte ihm wirtschaftl. und finanzielle Vorteil.
Nee, RUS wird ihm keine Kopeke an Schulden erlassen, falls Du das vermuten solltest. Denn RUS muss selbst mit dem Geld knapsen. Aber RUS ist eben auch ein wichtiger Handelspartner für die TÜR. Erdogan hat zudem eingesehen, dass er sich mit RUS auch regionalpolitisch arrangieren muss (SYR, Aserbaidschan vs. Armenien).
Was die in D lebenden Türken anbelangt, ist natürlich Erdogan ihr Staatsoberhaupt. Ca. ein Drittel dürfte ihn sehr gerne im Knast oder Grab sehen (bspw. türk. Kurden). Mehrheitlich aber (60%) haben die Türken, die auch wählten, Erdogan gewählt.
Bei den Deutschtürken (doppelte Staatsbürger) werden etwas weniger pro Erdogan sein. Zumindest hoffe ich das.
Und nicht alle Türken oder Deutschtürken, die pro Erdogan sind, werden auch pro „Führer Erdogan“ sein, also ihn nicht zum Diktator befördern wollen. Ich hoffe, dass möglichst viele von denen auch zur Abstimmung gehen und ihm ein NEIN um die Ohren hauen.
Die Frage ist völlig berechtigt. Und es gibt Antworten, die man bei der AfD findet („möglichst rauswerfen“), bei vielen anderen bis hin zur SPD (Özoguz: „möglichst gleich Staatsbürgerrechte ohne Gegenleistung hinterherwerfen“).
Allerdings unterschätzt Du IMHO die Fähigkeit der Kanzlerin, vor allem die Augen zu schliessen und möglichst keine klare Haltung einzunehmen, solange es irgendwie möglich ist.
Gruß
vdmaster
ist müßig, da bei der Grundaussage ohnehin kein echter Dissenz besteht.
Meinetwegen „Reichstagsbrand“. Aber auch beim Röhmputsch wurden „en passant“ ein paar unliebsame Personen des öffentlichen Lebens gleich mitabgeräumt, die mit der SA gar nichts zu tun hatten.
dito.
Von ihrem „Ziehvater“ gelernt.
Ist zu hoffen.
Gruß
rakete
Yo. Zen des Aussitzens.
Hi!
Ich hoffe mal, dass auch da der Hase im Pfeffer liegt - bei einer Beteiligung von irgendwas zwischen 34% und 44%, je nach Quelle, relativiert sich die Zahl etwas.
VG
Guido
Allerdings muss man zu den AKP-Wählern auch noch die ultranationalistisch bis rechtsetremistischen Wähler der MHP hinzurechnen, soweit es um das Präsidialreferendum geht. Denn hier schwenkte die dirigistische Parteiführung von einem früheren NEIN zu einem verschworenen JA (wahrscheinlich auf immer und ewig! Ehrlich, ich schwör!).
Und bei der Wahlbeteiligung muss man berücksichtigen, dass es keine Briefwahl gibt und auch nicht viele Stellen, an denen gewählt werden könnte. Es war in 13 dt. Städten möglich, wahrscheinlich allesamt Konsulatsstädte. Diesmal soll es ca. die doppelte Anzahl von Wahlstellen geben wie derzeit die Spatzen von den Dächern pfeifen. Das könnte natürlich die Wahlbeteiligung heftig nach oben treiben.
Ich schleppe mich ja noch nicht einmal den halben Kilometer hier im Kaff bis zur Urne. Abernur weil es für mich die Briefwahlmöglichkeit gibt und ich rein zufällig immer gerade - ich schwör! - an diesem Sonntag verhindert bin . Nicht jeder wahlwillige Türke wird sich den Stress machen wollen und bis zu 100 Kilometer anreisen, sich in eine Großstadt quälen und später wieder zurücktuckern wollen. Gestellte Busse hin, gestellte Busse her.
Gruß
vdmaster
Die Türken in meinem Dunstkreis fanden die Wahl einfach nicht wichtig, weil sie hier in Deutschland wohnten und zum Großteil wesentlich interessierter an deutscher Politik waren (ok, da die meisten von ihnen zwei Staatsbürgerschaften haben, wählen sie halt bei hiesigen Wahlen) …
Allerdings sind diese jetzt auch etwas aufmerksamer und werden im April zur Abstimmung gehen.