Wut als Reaktion auf Belehrungen - warum nur?

Hallo Uwe,

Vor allem dann nicht, wenn einfach mit ihm gemacht wird.

Wieso „gemacht wird“? Die Kritik wird doch nur von außen
herangetragen. Was der
Kritisierte selbst damit „macht“, ist doch sein eigenes Ding
und hat mit dem Kritisierenden eigentlich gar nicht soviel zu
tun…

ich denke, damit ist „der Ton macht die Musik“ sowie auch der jeweilige Kontext gemeint. Was derjenige aus Kritik macht, hängt auch zum Teil davon ab, wie sie gestaltet ist.

In meinem Posting vom 11:39 habe ich ein paar Beispiele von Kritik, die ich ganz unterschiedlich auffassen würde, genannt:

  • sachliche Kritik (Obelix ist kein griechischer Gott) vs. Kritik die den anderen als dumm darstellt („nicht mal das weißt du…“)

  • Kritik die demjenigen weiterhelfen wird (z.B. andere Kleidung fürs Vorstellungsgespräch) vs. Kritik die demjenigen nicht weiterhilft und die vorrangig zum Niedermachen des anderen gedacht ist (Bemerkung, dass man den Kleidungsstil des anderen nicht mag)

Zu der Kritik „die einfach mit einem gemacht wird“:
Das sehe ich zwiespältig. Unverlangte Kritik finde ich okay, wenn sie jemanden vor etwas bewahren soll (wer sagt, Obelix sei ein griechischer Gott, erzählt das mitunter auch in einem Einstellungstest und blamiert sich - also die Person lieber darauf hinweisen!). Unverlangte Kritik wird aber, ist dies nicht der Fall, häufig eingesetzt, um jemanden niederzumachen („dein Pullover ist scheußlich“ - derjenige hat aber weder um eine Meinung zum Kleidungsstil gebeten, noch ist davon auszugehen, dass er das Kleidungsstück beim Vorstellungsgespräch trägt). Selbst wenn man die Person nicht niedermachen will: Was hat sie davon, sage ich, dass mir der Pullover nicht gefällt?

Viele Grüße,
Nina

Hallo,

ich glaube, man muß da unterscheiden zwischen dem „Was“ und dem „Wie“.

„Was“: die für sich alleine hilfreiche sachliche Information.

„Wie“: der Ton, in dem diese Information gegeben wird: auf gleicher Augenhöhe, oder von oben herab. Neutral, oder verbal abstrafend. Ausgeglichen, oder betont emotional.

Ich glaube, Kritik wird oft dazu mißbraucht, um momentan vorhandene Aggressionen abzureagieren, und um einen anderen zu demütigen.

Und darauf bezieht sich dann die Wut, nicht auf den informativen Gehalt.

Grüße,

I.

Hallo Wiz,

beherrscht, es aber sonst im Leben zu nichts gebracht hat, und
jetzt endlich mal dem erfolgreichen Ingenieur, Anwalt, Bänker,
… meint etwas beibringen zu können.

hier ist die Intention natürlich relativ eindeutig:
Derjenige will damit aussagen: „Pah, du bist zwar Ingenieur, Anwalt, Bänker…, aber jetzt weiß _ich_ mal was besser!“.

Ganz schlimm wird es, wenn das ganze Thema in missionarischen
Eifer ausartet und ggf. sogar zwanghafte Züge entwickelt. Ich
denke da an zwei Ex-Kollegen, die sich während Arbeits- und
Freizeit insbesondere damit beschäftigten sich irgendwelche
Wikipedia-Artikel, … zu irgendwelchen speziellen
Kleinigkeiten reinzuziehen, um dann bei nächster Gelegenheit
damit Kollegen auf das Eis führen zu können. Dabei suchte man
sich bevorzugt irgendwelche Detailprobleme aus deren
Fachgebiet, das man zwar nicht ansatzweise im
Gesamtzusammenhang verstand, wo man jetzt aber mal so richtig
zu einer Kleinigkeit „die Sau rauslassen“ und den lieben
Kollegen (bevorzugt vor Publikum) so richtig alt aussehen
lassen konnte. Solches dozieren kommt nie gut an, und muss
zwangsläufig auf Ablehnung stoßen.

Das würde bei mir auch auf herbe Ablehnung stoßen, denn hier ist eindeutig, was derjenige will: Einen niedermachen, sich als etwas besseres hinstellen.
Echtes Interesse und echtes Hinweisen auf Detailprobleme sähe ganz anders aus.

Wenn es hingegen jemand wirklcih gut meint, wird er
entsprechende Hinweise immer so dezent verpacken, dass das
Gegenüber dabei keinen Gesichtsverlust erleidet. Also statt
„Du schreibst das falsch“ lieber „Ich bin mir bzgl. der
Schreibweise nicht ganz sicher“, um dann gemeinsam den Duden
als objektive Quelle zu befragen (auch wenn man sich der
korrekten Schreibweise absolut sicher ist).

„Immer“ ist wohl etwas übertrieben, bzw. wenn du hier von „immer“ sprichst, wirst du wohl auch dem ein oder anderen Irrtum aufsitzen.
Ich würde z.B. in diesem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen „Du schreibst das falsch, schau mal hier nach…“, und ein „Ich bin mir bzgl. der Schreibweise nicht ganz sicher“ nur, wenn ich mir tatsächlich nicht sicher bin - und zwar auch, wenn ich’s mit dem anderen gut meine. Beim allerkleinsten Zweifel würde ich jedoch auch den Duden (oder in anderen Fällen ein Lexikon) bemühen, denn manchmal trügt das eigene Wissen… Ich hab’ auch schon manchen Irrtum ewig mit mir herumgeschleppt.
(Würde ich’s mit dem anderen nicht gut meinen, würde ich ihn schlichtweg nicht auf seinen Fehler hinweisen.)

Viele Grüße,
Nina

Hallo Nina,
1,3 ist nicht perfekt. Die halbseitige Kritik ist für und nicht gegen dich geschrieben. Wahrscheinlich hat sie sich mit Details beschäftigt, die ein Dreier-Kandidat nicht verstehen würde.
Dein Praktikumsleiter hätte sich gegenüber einem weniger leistungsfähigen Student wahrscheinlicher vorsichtiger ausgedrückt, um ihm nicht die Mut zu nehmen. Dir gegenüber deckt er schonungslos kleinste Fehler auf.

Im Forum, wo Leute aufeinander stoßen, deren Werdegang man nicht einschätzen kann, ist es schwierig, die richtige Sprache zu finden.
Wer in einem Forum konstruktiv auch im Detail kritisiert, geht also erst einmal positiv davon aus, dass der Gegenüber mit Kritik umgehen kann. Warum Romane schreiben, wenn dem Gegenüber eventuell nur eine Detailinformation fehlt. Eine langwierige Erklärung der Grundlagen kann auch als Beleidigend aufgefasst werden.
Vikas auszufüllen, war hier Mode, als das Forum noch Wissens Austausch zum Ziel hatte. Das mag elitär klingen – aber ich hinke der Entwicklung etwas hinterher. Zunehmend hat man es mit Leuten zu tun, die Galileo als Bildungsfernsehen betrachten.

Natürlich gibt es auch viele Streitereien, wo es darum geht, den Gegenüber zu verletzen. Darüber wollte nicht schreiben.

Manchmal will ich nur kurz helfen, ohne alle meine Gedankengänge zu erklären. Hier ein aktuelles Beispiel:
http://www.wer-weiss-was.de/app/archive/show/5886839…
Grüße
Ulf

Hallo!

„Wie“: der Ton, in dem diese Information gegeben wird: auf
gleicher Augenhöhe, oder von oben herab. Neutral, oder verbal
abstrafend. Ausgeglichen, oder betont emotional.

Dazu gehört nicht nur der Ton, sondern auch der Kontext und Situation. Eine im freundlichsten Ton abgegebene Sprach-Belehrung kann eine reine Unverschämtheit sein, wenn sie z.B. in einer Diskussion zu einem anderen Thema anstelle eines sachlichen Arguments eingesetzt wird. Odfer, wenn jemand mich abends in der Kneipe belehrt, daß meine Sprache gerade nicht dem elaborierten Hochcode angehört.

Ich denke, daß Belehrungen in den seltensten Fällen so „unschuldig“ sind, wie die Belehrenden meinen. Ob das wissentlich geschieht oder nur eine Selbsttäuschung der Belehrenden ist, sei dahingestellt.

Gruß,
Max

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Hallo Ulf,

1,3 ist nicht perfekt.

das ist sie nicht, und darum ist die Kritik voll und ganz gerechtfertigt.
Ich bin ihm für die Kritik auch dankbar; hätte er einfach die Note eingetragen und nicht viel dazu gesagt, wüsste ich nicht, was ich falsch gemacht hätte. Denn, eine 1,3 ist eben nicht perfekt und mir wäre klar, dass irgendwas noch verbesserungswürdig gewesen wäre - aber was, hätte ich selbst nicht gewusst.

Die halbseitige Kritik ist für und
nicht gegen dich geschrieben. Wahrscheinlich hat sie sich mit
Details beschäftigt, die ein Dreier-Kandidat nicht verstehen
würde.

So fasse ich das auch auf.

Dein Praktikumsleiter hätte sich gegenüber einem weniger
leistungsfähigen Student wahrscheinlicher vorsichtiger
ausgedrückt, um ihm nicht die Mut zu nehmen. Dir gegenüber
deckt er schonungslos kleinste Fehler auf.

Genau. Und das soll/„darf“ er auch.
Ähnliches habe ich auch bei anderen bewertenden Personen festgestellt.
Und der Sinn und Zweck dessen ist auch ganz klar:
Der 1,x-Kandidat kann diese Kritik wahrscheinlich umsetzen, während der Dreierkandidat sich erstmal um ganz andere Problemfelder geht.

Warum ich dies erwähnte:
Ich wollte damit darauf hinweisen, dass ich in einem Forum oder privat selbstverständlich nicht jemanden derart kritisiere - dort wäre dies fehl am Platze (außer, jemand bittet mich, einen Text Korrektur zu lesen).

Wer in einem Forum konstruktiv auch im Detail kritisiert, geht
also erst einmal positiv davon aus, dass der Gegenüber mit
Kritik umgehen kann. Warum Romane schreiben, wenn dem
Gegenüber eventuell nur eine Detailinformation fehlt. Eine
langwierige Erklärung der Grundlagen kann auch als Beleidigend
aufgefasst werden.

Genau.
Und: Als Antwortender macht man sich damit mitunter nur unnötig Mühe.

Anders herum aber auch: Eine zu knappe Antwort kann auch wieder als Kritik oder Angeberei aufgefasst werden. z.B. in einem Physikforum, an einen offensichtlichen Anfänger gerichtet: „nimm dafür Satz 2.15 aus dem Königsberger“ -> der Fragesteller wird sich so vorkommen, als habe man gesagt „Das Buch ‚Königsberger‘ hast du aber gefälligst zu kennen und auf dem Schreibtisch zu liegen haben! Und den Satz 2.15 müsstest du auch kennen, und verstehen sowieso!“
Daher halte ich es so: Eine kurze Antwort geben, von der ich ausgehe, dass sie zum Kenntnisstand desjenigen passt - mit Hinweis darauf, dass ich natürlich weiterhelfe, wenn es unverständlich oder zu knapp war.

Zunehmend
hat man es mit Leuten zu tun, die Galileo als
Bildungsfernsehen betrachten.

Meine Zustimmung.

Manchmal will ich nur kurz helfen, ohne alle meine
Gedankengänge zu erklären. Hier ein aktuelles Beispiel:
http://www.wer-weiss-was.de/app/archive/show/5886839…

Ich sehe das auch wie du:

Einen Hinweis auf ein Doppelposting sehe ich übrigens nicht als :Kritik am Poster.

Etwas vergleichbar war ja mein Fall bzgl. des Hinweises auf einen alten Forenthread, den ich oben genannt hatte: Da hatte ich einfach nur im Sinn, dass der Fragensteller sich schon mal die Antworten aus dem alten Thread durchlesen kann und damit bereits seine Frage(n) beantwortet sind, anstatt dass er lange auf Antworten warten muss.

Viele Grüße,
Nina

Hallo Uwe.

Unerwünschte Belehrung wird immer als Anmaßung empfunden.

Du stellst dich damit, gewollt, oder ungewollt, um eine Rangstufe höher als der zu Belehrende.

Dass der sich das nicht ohne Weiteres gefallen lässt, ist völlig klar.

Gruß, Nemo.

Hallo,

ich meine das mit dem „immer“ tastächlich wortwörtlich. Es ist eine reine Frage der Höflichkeit / der Vermeidung des Gesichtsverlustes beim Gegenüber und hat nichts mit dem eigenen Kenntnisstand zu tun. Wenn ich nicht gerade in einer Situation Lehrer/Schüler, vor Gericht, in einer Gefahrensituation, … bin oder ganz konkret gefragt werde, ob eine bestimmte Geschichte richtig oder falsch ist, würde ich nie ungefragt jemand ganz direkt auf einen Fehler ansprechen. Ausnahme höchstens da, wo wir von einer klaren „Verteidigungssituation“ sprechen. Also das Gegenüber seine falsche Darstellung versucht gegenüber meiner richtigen Darstellung so offensiv durchzusetzen, wie ich es für mich selbst zunächst ablehne. Wenn man dann vom Gegenüber in eine Situation klarer Worte gezwungen wird, bedeutet das aber natürlich, dass die Anstandsformen zunächst vom Gegenüber gebrochen wurden, und dann muss man sich auch nicht mehr zurückhalten.

Aber ich gebe zu, dass ist eine „hohe Schule“, die einem natürlich auch gegeben sein muss, und es braucht selbstverständlich auch Gegenüber, die damit umgehen können. Es gibt einfach Menschen die mit „ich hätte da noch eine andere Idee“, „ich würde es so machen“, „das haben wir schon mal so gemacht“ , … nichts anfangen können, und dann als letztes Mittel den „Wink mit dem Zaunpfahl“ brauchen. Aber das ist für mich wirklich das letzte Mittel. Wer gleich so anfängt, muss sich nicht wundern, wenn er überall aneckt, was dann auch Konsequenzen hat.

So habe ich es schon x-mal erlebt, wie schneidige, hochbezahlte und sicher auch gut qualifizierte externe Projektmitarbeiter genau daran recht schnell gescheitert sind, dass sie - zugegebener Maßen - zwar immer und überall die reine Wahrheit erzählt haben (das die Internen unfähig, unwillig und faul sind, und deshalb Projekte an die Wand gefahren worden sind und Mios verbrannt haben), aber so auch gleich die zwischenmenschliche Ebene gekillt und damit eine Blockadehaltung geschaffen haben, die auch jeden Neustart gleich zum Scheitern verurteilt hat. Mit „was würden sie davon halten?“, „ich glaub ich hab da mal was gelesen“, „vielleicht eine dumme Idee, aber könnte man es nicht so versuchen“, „ich kenne ja die komplexen Zusammenhänge noch nicht so, aber was wäre wenn wir …“ komme ich eigentlich immer recht schnell in die Situation die betroffenen Kollegen vom Teil des Problems zum Teil der Lösung zu machen, und die Karre dann auch aus dem Dreck zu ziehen.

Gruß vom Wiz

Hallo!

Wenn ich es richtig verstehe, gehts ja um „Aufklärung“ für Wort und Schrift.

Es kommt einfach darauf an, wer einem gegenüber ist…und worum es geht.
Alleine hier im Forum habe ich es auch schon öfter mitbekommen-- jemand schreibt ein Problem und wird dann zuerst mal von mehreren Personen gemassregelt, daß man dies oder jenes anders schreibt etc.

Ich empfinde das ziemlich daneben- denn es geht um die Problematik und nicht darum, ob sich nun jemand „perfekt“ ausdrücken kann!

Ich will nun nicht alle Lehrer über einen Kamm scheren, aber irgendwie erlebt man gerade bei denen einen „Aufklärungswillen“, der wirklich immer wieder auch sehr herablassend wirkt.

Zu einer Situation passend- kann man doch durchaus mal sagen „das heisst aber so oder so…“ oder " da kommt ein Komma hin"…-- aber jemanden ohne passende Grundlage dann zu belehren hat nunmal was Überhebliches und fühlt sich für den Gegenüber nicht gut an.

Ich frage mich dann immer, was solche Menschen bewegt sich an jede Komma- jede Satzstellung oder Forumulierung zu hängen…wird tatsächlich geglaubt, daß jemand, der sich schlechter ausdrücken kann danach dann gut wird???

kitty

Das lässt sich ein Erwachsener Mensch
nicht so ohne Weiteres gefallen.

Ja, ja, genau deshalb frage ich ja. Meine Frage war und ist
doch: WARUM denn nicht?

Du willst es nicht verstehen?

Dann anders: Es gibt einen Unterschied zwischen lernen, lehren und belehren. Wenn jemand lehrt, dann lernt der Lernende aus freien Stücken.

Belehren passiert aber ohne den Willen des Belehrten. Es beinhaltet die Bevormundung. Völlig gleich, ob der andere will oder nicht, die Lehre wird zur Pflicht, zum Zwang. Und genau dadurch entsteht das Gefälle:

Der Polizist belehrt den Autofahre, dass er die Vorfahrt missachtet hat.

Der Richter belehrt den Angeklagten über die Strafbarkeit seiner Handlung.

Der Richter belehrt den Angeklagten über seine Rechte. - Hier kann man es gut deutlich machen: Das ist zwar auch zum Wohle des Angeklagten, trotzdem hat der keine Wahl, er wird belehrt.

Die Mutter belehrt ihren Sohn, dass er nicht schmatzen soll.

Wieso „gemacht wird“? Die Kritik wird doch nur von außen
herangetragen.

Wird sie nicht. Sie wird eben nicht „nur von außen rangetragen“. Die Belehrung findet ja bereits in dem Moment statt, wenn korrigiert wird. Wenn der, der es besser weiß, dagegen vorher fragt: Darf ich korrigieren? Dann hat der andere die freie Wahl zu entscheiden - und dann ist es keine Bevormundung mehr.

Genau das ist einer der wichtigsten Schlüssel im Unterschied zwischem erfolgreichen und misserfolgreichem Lehren. Der Unterschied, zwischen guter und schlechter Mitarbeiterführung.

Es überrascht nicht, dass da sogar Freundschaften drauf gehen, wenn der Unterschied nicht wahrgenommen wird. Und traurig, dass die Ursache beim „Opfer“ gesucht wird und nicht beim Täter. Absurd ist dann allerdings, wenn sich der Belehrende dadurch selbst als Lernresistent erweist…

LG Petra

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Hallo Denker und R.Holzer,
nein, ich finde jede Kritik ist ein Geschenk. Auch die ‚unberechtigte‘.
Wenn z.B. jemand meine Kritik ‚überflüssig‘ findet ist das sein oder ihr gutes Recht, jeder darf alles finden was er will. Aber ich muss das nicht auch so sehen.

Denn jede Kritik ermuntert mich nochmals über meine Standpunkte nachzudenken.
Wenn es ein Punkt ist den ich zur genüge und vorerst abgehandelt habe nehme ich die Kritik wahr und finde es interessant, wie z.B. jemand so eine andere Ansicht oder Anschauung haben kann und frage mich woher das kommen kann. Wenn mich Kritik ‚trifft‘ weiß ich wo meine Baustelle liegt - das ist aber mein Problem und nicht das des Kritisierenden.

Empfinde ich eine Kritik nicht ‚berechtigt‘ und nicht ‚ernsthaft‘ kann ich lachen und brauche mich nicht aufzuregen.
Genauso wenig wie ich mir ‚herausnehme‘ zu bestimmen was für andere berechtigt und ernsthaft ist sehe ich mich gezwungen die Meinung anderer zu übernehmen was berechtigt und ernsthaft ist.

Ich kann gut mit anderen Meinungen leben. Das einzige was ich ablehne sind Beschimpfungen - aber die zeigen mir nur dass dem Gegenüber die Argumente ausgegangen sind und er sich selbst disqualifiziert.
Grüße…lux

1 Like

Kritik ist ein Geschenk, wenn sie wohlwollend gemeint ist.

Richtig.

Das ist aber mitnichten bei jeder Belehrung der Fall, selbst wenn
sie in „nicht-agressiven Ton“ vorgebracht wird.

Das hat noch nicht mal etwas mit dem Ton zu tun, sondern, wie ich nebenan schon geschrieben habe, mit der Situation an sich. Um ein „Belehren“ zu rechtfertigen, muss der Belehrende erst einmal in der Position sein, Belehren zu dürfen. Das kann er qua Amt (Beispiel Polizist, Richter, …) oder weil ich mich als Belehrter freiwillig und vorher in die Situation hinein begebe.

Oft steckt dahinter ein missionarischer Eifer, den anderen zur eigenen
Denk- oder Lebensart zu bekehren

Und genau das sehe ich beim UP ganz deutlich mitschwingen, wenn ich mir hier den Ausgangsbeitrag aber auch die Antworten durchlese: Ich bin im Recht, ich habe das Recht das dem anderen zu sagen, ob der will oder nicht, ob es ihm jetzt passt oder nicht, ob es stört oder nicht - und der andere hat das gefälligst jetzt anzunehmen oder mit der Wimper zu zucken - sonst tickt der nicht richtig…

Die zornige Reaktion, die der Belehrende kassiert, ist dann
nur das Echo aus den Wald auf einen aggresiven Akt, den der
Belehrende sich selbst nicht eingestehen will. –

Jepp. Genau das.

Das ist nicht wirklich ein Geschenk.

Diese Einsicht hat der Belehrende aber nicht - s.o. Denn er fühlt sich ja im Recht…

LG Petra

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nein, ich finde jede Kritik ist ein Geschenk. Auch die
‚unberechtigte‘.

Nein. Ist sie nicht. Ich kann dir alleine aus meiner beruflichen Tätigkeit heraus 1001 Kritik nennen, die - auch wenn sie sachlich richtig ist - falsch ist oder schädlich ist.

Wenn z.B. jemand meine Kritik ‚überflüssig‘ findet ist das
sein oder ihr gutes Recht, jeder darf alles finden was er
will.

Dann habe ich aber auch das Recht, mir diese Kritik zu verbeten. Das ist meine freie Entscheidung. Ich bin ein freier Mensch. Jemand der dann aber trotzdem meint, mich belehren zu wollen oder müssen, beraubt mich in dem Moment meiner Freiheit. Und das ist der Versuch von Machtausübung - ganz einfach. Mal ganz unabhängig davon, dass der klassisch Belehrer meist nicht einmal mit objektiv richtigen Dingen belehrt, sondern mit seiner Meinung. Und dann fehlt gleich doppelt die Grundlage.

Ich kann auf einige Beratungsprozesse zurück blicken, wo es genau die Belehrenden waren, die nicht meine Arbeit, aber den Veränderungsprozess der ganzen Gruppe torpediert haben. Nur intensiver Intervention war es dann zu verdanken, dass solche Projekte nicht scheiterten. Wegen nichts anderem - und das ist so etwas - als wegen ständiger Besserwisserei! Das zeugt übrigens nur selten von einem gesundem Selbstbewusstsein…

LG Petra

2 Like

Hallo Wiz,

Wenn ich nicht gerade in einer
Situation Lehrer/Schüler, vor Gericht, in einer
Gefahrensituation, … bin oder ganz konkret gefragt werde, ob
eine bestimmte Geschichte richtig oder falsch ist, würde ich
nie ungefragt jemand ganz direkt auf einen Fehler ansprechen.

ist natürlich okay, wenn du so handelst.
Anders herum: Wie würdest du reagieren, wenn du offensichtlich etwas falsches gesagt hast (was du später herausfindest) und eine andere Person (die wohl den Fehler bemerkt haben muss) nichts dazu gesagt hat? Fändest du das dann „nett und taktvoll“ oder „fies; der will wohl lieber sein Wissen für sich behalten“?

Es gibt einfach Menschen die mit „ich hätte da noch eine
andere Idee“, „ich würde es so machen“, „das haben wir schon
mal so gemacht“ , … nichts anfangen können, und dann als
letztes Mittel den „Wink mit dem Zaunpfahl“ brauchen. Aber das
ist für mich wirklich das letzte Mittel. Wer gleich so
anfängt, muss sich nicht wundern, wenn er überall aneckt, was
dann auch Konsequenzen hat.

Wie gesagt: Ich versuche mich bestmöglichst daran zu halten, seitdem ich das herausgefunden habe :smile:
Genauso, wie ich ein „man könnte vielleicht“ oder ein „ach ich hab da eine dumme Idee“ oder ein „ich will ja nicht lästig sein“ von anderen immer als seltsam fand und oft nicht recht verstanden habe, dass derjenige etwas nicht „vielleicht“ möchte, seine Idee „dumm“ findet oder sich „lästig“ fühlt, sondern derjenige einen Vorschlag, den er gerne umgesetzt haben möchte, vorbringt.

Muss dann immer nur extra umdenken, dass jetzt ein _dezentes_ Hinweisen angebracht wäre (außer, ich habe es mit Menschen zu tun, bei denen ich weiß, dass eine Kritik sicher nicht als Angriff, sondern als hilfreicher Hinweis aufgenommen wird).

(Ich bin Asperger-Autistin, da ist sowas eine Sache, die man nicht so leicht intuitiv erfasst wie andere - das muss(te) ich daher viel bewusster lernen.)

Viele Grüße,
Nina

den Eindruck, daß in anderen Kulturkreisen auf Belehrungen
ganz anders reagiert wird. Warum mögen speziell die Deutschen
sich nicht belehren lassen? Warum lassen sich andere Kulturen
lieber belehren?

Darüber läßt sich trefflich spekulieren.
Es gehören ja zwei dazu. In Fernost ist mir aufgefallen, daß man zwar Belehrungen entgegennimmt, jedoch nicht gerne erteilt.
Also Deine Belehrung wird akzeptiert und vergessen, und wenn Du Fehler machst, lassense Dich auflaufen.

Gruß

Marzeppa

Hallo Petra,

es ist mir zwar bekannt, dass das „gesellschaftlich so gesehen wird“,
aber eigentlich ist das nur eine Formalität:

Wird sie nicht. Sie wird eben nicht „nur von außen
rangetragen“. Die Belehrung findet ja bereits in dem Moment
statt, wenn korrigiert wird. Wenn der, der es besser weiß,
dagegen vorher fragt: Darf ich korrigieren? Dann hat der
andere die freie Wahl zu entscheiden - und dann ist es keine
Bevormundung mehr.

Auch ein „Darf ich korrigieren?“ sagt schon aus, dass irgend etwas als falsch angesehen wird.
Und: Die freie Wahl der Entscheidung bleibt einem noch immer. Niemand auf der Welt zwingt mich (einen), mich daran zu halten.

Beispiel:
Angenommen, ich habe morgen ein Vorstellungsgespräch und habe dafür Kleidung gewaschen und gebügelt. Ich habe Besuch, der diese Kleidung sieht und in Zusammenhang mit meinem Vorstellungsgespräch, von dem er weiß, bringt.
Ob er nun sagt: „Darf ich dir einen Tipp für die Kleidung geben?“ oder „Du, ich finde die Bluse sehr unpassend“ - in beiden Fällen weiß ich, dass derjenige irgendwas an der bereitgelegten Kleidung nicht in Ordnung findet.
Und wenn er sagt, er fände die Bluse unpassend - nun, ob ich mich daran halte und eine andere auswähle oder nicht, ist immer noch meine Sache.

Wie gesagt: Mir ist aber klar, wie das jeweils ankommt, und daher halte ich mich daran - auch, wenn ich es eigentlich seltsam finde :wink:
Aber soziale Regeln sind eben nicht immer logisch.

Viele Grüße,
Nina

Hallo Marzeppa,

Darüber läßt sich trefflich spekulieren.
Es gehören ja zwei dazu. In Fernost ist mir aufgefallen, daß
man zwar Belehrungen entgegennimmt, jedoch nicht gerne
erteilt.
Also Deine Belehrung wird akzeptiert und vergessen, und wenn
Du Fehler machst, lassense Dich auflaufen.

ähnliches ist mir mal bei asiatischen Kommilitonen aufgefallen.
Es ging um die Lösung einer geometrischen Aufgabe - hinsichtlich des Ergebnisses kann man bei einer solchen natürlich nicht verschiedener Meinung sein.
Es wurde sich untereinander bzgl. Fehlern seeeehr dezent ausgedrückt („man könnte dies natürlich auch eventuell anders lösen“, „vielleicht probieren wir mal einen anderen Lösungsweg“ - wobei klar war, dass der zunächst gewählte Lösungsweg zu einem falschen Ergebnis führte und es hier nicht um Sichtweisen eines Problems ging).
Direkte Hinweise von Kommilitonen („du hast den falschen Vektor eingesetzt!“, „das Integral geht von 0 bis PI, nicht von 0 bis PI/2“), über die viele europäische Studenten sehr froh waren da es sich um eine bewertete Hausaufgabe handelte (und natürlich jeder eine richtige Lösung abgeben will), wurden in der Form von asiatischen Kommilitonen oft als Frechheit aufgefasst.

Viele Grüße,
Nina

Auch ein „Darf ich korrigieren?“ sagt schon aus, dass irgend
etwas als falsch angesehen wird.

Es gibt keine Standardfloskel für jede Situation. Das „darf ich korrigieren“ für die von dir geschilderte Situation würde ich auch als unglücklich empfinden.

Beispiel:
Angenommen, ich habe morgen ein Vorstellungsgespräch und habe
dafür Kleidung gewaschen und gebügelt. Ich habe Besuch, der
diese Kleidung sieht und in Zusammenhang mit meinem
Vorstellungsgespräch, von dem er weiß, bringt.
Ob er nun sagt: „Darf ich dir einen Tipp für die Kleidung
geben?“ oder „Du, ich finde die Bluse sehr unpassend“ - in
beiden Fällen weiß ich, dass derjenige irgendwas an der
bereitgelegten Kleidung nicht in Ordnung findet.
Und wenn er sagt, er fände die Bluse unpassend - nun, ob ich
mich daran halte und eine andere auswähle oder nicht, ist
immer noch meine Sache.

In der Situation finde ich schon zurückhaltender, erst einmal zu fragen, ob der Tipp genehm ist… Aber das ist auch nicht so gravierend, denn: „Du, ich finde die Bluse sehr eher unpassend“ - ist keine Belehrung! Wobei ich hier bewusst noch mal korrigiert habe. Der eine entscheidende Unterschied zur Belehrung liegt im „ich finde“. Damit erhebe ich schon mal keinen Absolutheitsanspruck, kennzeichne das ausdrücklich als meine Meinung. Im Gegensatz zu: „Die Bluse ist unpassend.“ Denn das ist eine Belehrung. Wenn diese dann auch noch verstärkt wird durch ein „sehr“ oder gar: „Die Bluse ist aber sehr unpassend.“ (Den adäquaten Ton dazu kann man sich denken), dann sind wir genau an der Stelle, wo es nicht mehr darum geht, den anderen - zu seinem Wohl - auf etwas hinzuweisen, sondern wo im Vordergrund steht, dass der andere was falsch gemacht hat und vor allem ich es besser weiß…

Aber soziale Regeln sind eben nicht immer logisch.

Das ist sogar sehr logisch. Allerdings nicht unbedingt eine soziale Regel.

LG Petra

1 Like

Hallo,

Gestern erst: Ich erhielt von meinem Praktikumsanleiter eine
halbseitige (!) Kritik bzgl. meiner Praktikumsdurchführung und
des Praktikumsberichts. Er hat bestimmt zehn Punkte angeführt,
die ihm nicht gefallen haben.

Das, was du beschreibst, ist eine Kritik - keine Belehrung!

Als NaWi ist einem meist bekannt, wie’s gemeint ist

Anscheinend nicht. Jedenfalls scheint der Unterschied zwischen Kritisieren, lehren, belehren und Meinung äußern überhaupt nicht klar zu sein. Das wird alles fröhlich durcheinander gewirbelt.

LG Petra

3 Like

Meine Reaktion…
Ja, du hast Recht, das kommt wohl etwas überheblich „rüber“, denn ich muß gestehen, SOWAS läßt MICH ein bißchen zornig werden.

Wo ich schon explzit nach dem WARUM frage, mir dann mit so hohlen Phrasen zu kommen wie „das ist ganz normal“ und „das ist eben so“, das ist doch echt DER GIPFEL!!! Das ist schließlich genau jener im Grunde zynische, destruktive Fatalismus, gegen den sich mein Innerstes auflehnt…!!!

Es schreit förmlich nach der Korrektur: NEIN, es ist eben NICHT so, weil es nun mal so ist!!! Es ist stattdessen hinterfragungswürdig und hat andere Ursachen als es selbst. Nach genau diesen Ursachen habe ich eingangs gefragt.

Gruß
Uwe