Gut genug.
Hi …
hallo,
ich habe auf meinem alten Ersatz-Rechner noch XP und den
Virenschutz von Avira.
Weil es seit April ja von Windows keine Updates für dieses
XP-Betriebssystem mehr gibt, ist das Sicherheitsrisiko im
Internet bekanntlich groß.
Das sehe ich nicht so, auch wenn es viele meinen sagen zu müssen, und auch wenn Microsoft kräftig anschiebt, weil man das alte XP - aus vielen verständlichen Gründen - ganz schnell durch Windows 8 ersetzen möchte. Inwiefern das dem eigentlichen Zweck eines PCs, eine effiziente Arbeitsunterstützung zu sein, durch das Ausmustern von Windows XP eher hilft oder schadet soll mal ausnahmsweise außen vor bleiben.
Mir persönlich kommt vor dass der lästige Schnickschnack, der einem ab Office 2010 und Windows 8 permanent anspringt, deutlich mehr Zeit vernichtet als alle Viren die ich je hatte, und dass mir Microsoft und Google sukzessive mehr von meinen persönlichen Daten abnötigen als alle Trojaner es je vermocht hätten. Kein mir bekannter Virus hat mir je mein Ebay Passwort geklaut, aber Ebay wurde gehackt, weshalb ich es als geklaut betrachten muss. Ich freue mich schon auf den Tag wo Paypal dasselbe passiert, dann gehts richtig rund, wenns direkt ans Geld geht.
Ich möchte dennoch die Frage stellen, ob ich trotzdem noch
wenigstens Emails abrufen und versenden kann, wenn ich Avira
täglich update. Oder ist das zu riskant?
Beim Versenden von Mails sehe ich kein Risiko, und beim reinen Empfangen von Mails keins was wesentlich größer ist als vorher. Die Mail-Viren stecken idR in den Anhängen, und diese werden zwar geladen, aber nicht (automatisch) ausgeführt --> der Schädling fährt erst mal Karussell auf der Festplatte und kann nur aktiv werden, wenn der Benutzer etwas unglaublich Leichtsinniges macht, indem er den Anhang mit eigener Hand höchstselbst startet. Eine Ausnahme waren eine Weile lang HTML basierte Viren, die in HTML formatierten Mails stecken können, und die bereits bei Anzeige des Mails ins System gelangen. Daher war es immer schon eine gute Idee, dem Mailer HTML zu verbieten, oder zumindest das automatische Vorschaufenster auszuknipsen, damit man eine Chance hat, das Mail ungelesen löschen zu können. Blöderweise sehen HTML formatierte Mails aber so unglaublich schnieke aus dass man ungern auf sie verzichtet und mit der alten kruden Textform zufrieden ist, daher stehen die meisten Mailer inzwischen per Default mit aktivierter HTML Mail Unterstützung da. Da viele Mailer zur Anzeige HTML formatierter Mails die Engine des Internet Explorers nützen, sollte dieser sicherheitstechnisch auf dem neuesten Stand sein.
Aktualisierte Internet Explorer lassen sich schon seit Jahren auf XP nicht mehr installieren --> das Risiko ist nicht größer als früher. Dennoch würde ich meinem Mailer HTML Mails konsequent verbieten, und die automatische Vorschau abschalten.
Soweit zum Textkörper, nun zu den Anhängen. Über diese mogeln sich Schädlinge aus dem Mail System ins eigentliche Betriebssystem. Das Erkennen „böser“ Anhänge war immer schon Sache des Virenscanners, und so lange der aktuell ist, ist das Risiko dass einer durchschlüpft auch hier nicht größer. Sollte man allerdings einen infizierten Anhang ausführen hat sich gezeigt, dass die Eigenschutzmechanismen der neueren Windows Versionen etwas besser sind als die von XP, Die neue UAC stoppt viele Schädlinge gerade noch rechtzeitig. Oder hält den Schaden gering - so kann sich der derzeitige GVU Trojaner nur noch im aktuell angemeldeten User-Account festkrallen, und nicht mehr wie früher alle Accounts kapern, man hat es also etwas leichter, ihn wieder aus dem System zu werfen.
Man hätte allerdings unter XP meistens einen ähnlichen Schutz haben können, wenn man - was aber sehr schlecht praktikabel ist - seinem Account konsequent alle nicht notwendigen Systemrechte wegnimmt - , also zuallererst den Account nicht als Administrator konfiguriert, sondern zum Administrieren einen anderen Account bereit halten, mit dem man aber niemals im internet umgeht. In der Praxis ist allerdings so sehr umständlich zu arbeiten, daher macht das kaum jemand, obwohl es schon immer empfohlen war. Die UAC von Windows 7 ist da ein gewisser Fortschritt, Dir würde ich auf jeden Fall empfehlen, Dir auf XP eine selbst auferlegte Trennung User/Administrator aufzuerlegen, obwohl das äußerst unbequem ist. Und ich wäre auf XP noch vorsichtiger mit Anhängen als auf der aktuellen Maschine.
Surfen ist ein weiteres Thema. Hier liegen derzeit die richtig gefährlichen Tretminen, teilweise schlüpfen sie sogar an aktuellen Virenscannern vorbei, indem sie z.B. Flash als Einfallstor nützen. Hier zeigt sich das Dilemma in dem man steckt: Flash gar nicht erst zu installieren wäre eigentlich schlau, und würde auch der monatlichen Flash Update Orgie ein Ende bereiten, aber dummerweise kommt der Großteil der Webseiten ohne Flash nicht mehr aus. Auf der XP Maschine würde ich Flash deinstallieren.
Und dann wäre da noch eine weitere üble Kategorie: Betriebssystemfehler die in den laufenden Diensten stecken. Die gerade durch die Presse gegangene OpenSSL Lücke „Heartbleed“ gehört in diese Kategorie, betrifft aber ausnahmsweise Windows mal nicht, weil Microsoft OpenSSL nicht nützt. Sie zeigt allerdings das Problem: wenn eine solche Lücke existiert, kann ein Angreifer völlig unbemerkt beliebiges mit dem System machen, ohne dass alle Virenscanner der Welt irgend etwas dagegen tun können. Man verlässt sich heutzutage oft auf die Firewall der Router, allerdings völlig zu unrecht, wie Sicherheitstests zeigen, die so zu Jahresanfang 2014, als das Thema nach dem eher zufälligen Entdecken unglaublicher Löcher in fast allen gängigen Internetroutern mal kurz pressetauglich war - endlich durchgeführt wurden.
Die Windows Firewall, die XP noch nicht hatte, mag hier ab und zu einen Angriff gestoppt haben, da aber sowohl Angriff als Abwehr völlig unbemerkt vom Benutzer im Hintergrund erfolgen kann man nur darüber spekulieren, wie oft einen die Windows 7 Firewall gerettet hätte.
Was sonst noch an unentdeckten Fehlern oder entdeckten, aber nicht öffentlich bekannten fehlern in welchem Windows steckt ist reine Spekulation. XP mag sicherer sein weil da möglicherweise weniger nach fehlern gesucht wird, XP mag unsicherer sein weil da schon vor vielen jahren zu suchen begonnen wurde - wer kanns wissen?
Zuletzt noch die derzeit meiner Meinung nach größte Bedrohung, über die aber kaum jemand redet, die mir aber in der Praxis die meiste Zeit (und damit Geld) stiehlt: Malware. Also Software mit Nebenwirkungen. Browse-Hijacker, Werbeschleudern und Konsorten. Die schleicht sich nicht über SIcherheitslücken ins System, sondern wird vom Anwender mit eigener Hand ins System eingeschleppt, und da ändert WIndows 7 nicht das Geringste daran, da der Anwender ja breitwillig alle Sicherheitssperren runterlässt. Dass an dem Tool, das er unbedingt zu brauchen meint, noch x unerwünschte weitere Softwarebestandteile dran hängen bemerkt man je nach Grad der Tarnung bei der Installation bestenfalls wenn man sehr genau hinschaut was man da alles an Segnungen untergejubelt bekommt, und ab und zu auch überhaupt nicht. Auch Software aus vermeintlich sicheren Quellen ist im strengen Sinn oft verseucht, man zählt sie nur deswegen nicht zur Malware weil der Anwender theoretisch eine Möglichkeit gehabt hätte, die Infektion mit einer Werbeschleuder während der Installation zu bemerken und manchmal sogar per Option zu unterbinden. Malware die sich nicht oder nur wenig tarnt wird nicht als Virus geführt. Und natürlich ist es inzwischen üblich, dass sich jede Software ein Tool zum automatischen Nachladen eigener Updates installiert. Abgesehend avon dass das den Rechnerstart verlangsamen kann - selbst wenn die Ursprungssoftware sauber war, das automatisch nachgeladene Update kommt erstens nicht mehr aus der „sicheren“ Quelle, und kann zweitens unbemerkt alles Mögliche mit einschleppen, weil der Autor des einst kostenlosen Tools inzwischen auch erkannt hat, dass Geld nicht stinkt, und sein Tool nun kommerziell ausschlachten wil.
An diesem meiner Meinung nach Punkt mit dem größten praktisch angerichteten Schaden gibt es keinen Unterschied zwischen XP und 7, man könnte sogar wieder einmal die (hanebüchene) Argumentation vertreten, XP sei sogar sicherer, weil zunehmend weniger Tools (mit „Beigaben“) programmiert werden, die sich auf XP überhaupt noch installieren lassen.
So gesehen sind Pferdekutschen auf Autobahnen das sicherere Verkehrsmittel als PKW, weil sie da nicht fahren dürfen.
Kann mir jemand einen Rat geben?
Windows 7/8 ist von der Papierform her und auch praktisch etwas robuster als XP, aber Hand aufs Herz, eigentlich sind alle Microsoft Systeme auf Intel Architektur mehr oder weniger verwundbar, daher kann man nur von einem etwas höheren oder etwas geringeren Risiko reden, aber nicht von (absoluter) Sicherheit. Und selbst eine Einschätzung des höheren oder geringeren Risikos ist Spekulation, da Microsoft mit Informationen zur Sicherheit seiner Systeme immer schon sehr restriktiv war: zugegeben wird nur, was unbedingt notwendig ist, und nachsehen kann wegen des geheimen Sourcecodes sowieso kaum jemand, und die wenigen die könnten werden durch Knebelverträge (NDA) gezwungen, nicht über ihre Funde zu reden.
Der langen Rede kurzer Sinn: es gibt derzeit kein mir bekanntes „sicheres“ Gerät, das man als Otto Normalverbraucher kaufen könnte, um seine private EDV zu machen, weder unter Windows noch unter einem anderen Betriebssystem, und auch nicht außerhalb der PC Welt (Tablets und Smartphones).
Daher macht man sich sinnvoller Weise nicht abhängiger von PCs als es unbedingt sein muss, sorgt durch ein gut durchdachtes Backup seiner Daten für den Ernstfall vor (Software unter dem Gesichtspunkt ihrer datentechnischen Offenheit auszusuchen gehört da auch dazu, damit man überhaupt eine Chance auf ein vernünftiges Backup hat), und vertraut ihnen keine wirklich kritischen Daten an, auch nicht wenn es bequem ist, und wenn es die meisten Anderen tun.
Gruss Armin