Zahlenreihen in IQ-Tests

Hallo,

bestimmt haben viele von Euch schon mal einen IQ-Test gemacht.

Häufig müssen dort Zahlenreihen fortgesetzt werden. Dafür muß man die Regel erkennen, nach der die Zahlenreihe aufgebaut ist.

Meist geht es einfach los. Die gegebenen Zahlenfolgen wachsen arithmetisch oder geometrisch an.

In der zweiten Schwierigkeitsstufe ändern sich der jeweils hinzugefügte Summand oder der Faktor. Bei weiteren Schwierigkeitsstufen treten dann gemischte Operationen auf.

Das ganze endet oftmals mit Zahlenreihen, deren Bildungsregel so kompliziert ist, daß ich mich frage, ob die Aufgabe wirklich noch geeignet ist, Intelligenz zu messen.

Der Zufallsfaktor bei der Lösung solcher Aufgaben mit sehr hohem Schwierigkeitsgrad ist doch enorm. Außerdem kann man sich bei diesen Aufgaben durch Üben verbessern. Dann deutet eine hohe Trefferquote aber nicht unbedingt auf ein gutes Analysevermögen hin, sondern vielleicht eher auf ein gutes Gedächtnis, weil man den Grundtyp der Aufgabe wiedererkennt und einen bekannten Lösungsansatz nutzen kann.

Wirklich aussagekräftig ist es doch nur, wenn jemand trotz vielen Übens Reihen wie 1,2,3,4,5 … oder 2,4,6,8,10 immer wieder falsch fortsetzt oder wenn jemand ohne Vorübung (was allerdings kaum zu definieren und zu überprüfen ist) viele Reihen mit mittlerem oder hohem Schwierigkeitsgrad richtig fortsetzt.

Die Reihen mit sehr hohem Schwierigkeitsgrad (3, 4 oder mehr alternierende Komponenten in der Bildungsregel) empfinde ich als vollkommen ungeeignet für einen IQ-Test - wegen der beiden Faktoren Zufall + mögliche Wiedererkennung der Aufgabe nach Üben.

Was sagen hier die Experten ?

Hallo Torsten,

Deine Frage zielt auf die Validität des Tests bzw. der Aufgaben ab: Mißt der Test bzw. messen die Aufgaben, was sie messen sollen? Die von Dir genannten Einflußfaktoren (Übungs-, Einsichts-, Gedächtnis-, Rateeffekte) bedrohen in der Tat die Validität - und zwar nicht nur bei schwierigen und sehr schwierigen, sondern bei allen Aufgaben, wenn auch nicht in der gleichen Art und Weise. Deshalb ist generell die Validität eines Tests bzw. seiner Aufgaben bei jeder Testkonstruktion zu überprüfen. Die Überprüfung erfolgt nicht nur aufgrund theoretischer Überlegungen (Überprüfung z.B. durch Experten), sondern v.a. auf empirischer Basis.

Die empirische Überprüfung geschieht in der Regel auf folgende Weise: Wenn Personen, welche die (von Dir genannten) Aufgaben richtig lösen, auch tendenziell in anderen Indikatoren Werte erreichen, von denen man mit einiger Sicherheit weiß, daß sie das zu untersuchende Personenmerkmal (hier: Intelligenz) erfassen, dann gilt dies als Beleg für die Validität der Aufgabe bzw. des Tests. Man schaut also nach, ob bei Personen, die schwierige Aufgaben lösen und bei denen man daher auf Intelligenz schließen würde, andere Indikatoren auch auf hohe Intelligenz hinweisen. Ist dies der Fall, gilt die Aufgabe als valide, erfaßt also das zu untersuchende Personenmerkmal. Ist dies nicht der Fall, so kann es in der Tat so sein, wie Du schreibst, also z.B. daß die richtigen Lösungen nur durch Raten zustande gekommen sind und nichts mit Intelligenz zu tun haben.

Allerdings ist es aus statistischen Gründen schwierig, die Güte von sehr schwierigen, aber auch von sehr leichten Aufgaben zu überprüfen, da die zur Überprüfung eingesetzten statistischen Verfahren Varianz in den Itemantworten / Meßwerten voraussetzen und die Varianz bei dieser Art von Aufgaben allein schon aus mathematischen Gründen niedrig ausfallen wird.

Grüße,

Oliver Walter

Hallo Oliver,

Die empirische Überprüfung geschieht in der Regel auf folgende
Weise: Wenn Personen, welche die (von Dir genannten) Aufgaben
richtig lösen, auch tendenziell in anderen Indikatoren Werte
erreichen, von denen man mit einiger Sicherheit weiß, daß sie
das zu untersuchende Personenmerkmal (hier: Intelligenz)
erfassen, dann gilt dies als Beleg für die Validität der
Aufgabe bzw. des Tests. Man schaut also nach, ob bei Personen,
die schwierige Aufgaben lösen und bei denen man daher auf
Intelligenz schließen würde, andere Indikatoren auch auf hohe
Intelligenz hinweisen. Ist dies der Fall, gilt die Aufgabe als
valide

Welche Indikatoren (Außenkriterien) werden bei IQ-Tests im Regelfall zur Validitätsbestimmung verwendet? (abgesehen von der Korrelierung mit anderen IQ-Tests natürlich)

Viele Grüße
franz

1,2,3,4,5 … oder 2,4,6,8,10 immer
wieder falsch fortsetzt

Könntest du mir bitte mal genau erklären, was an der Fortsetzung

1,2,3,4,5, 7

konkret falsch sein soll?

Oder anders formuliert: Wann ist denn eine Fortsetzung richtig?

Gruß
Oliver

Hallo an dieser Stelle.

1,2,3,4,5 … oder 2,4,6,8,10 immer
wieder falsch fortsetzt

Könntest du mir bitte mal genau erklären, was an der
Fortsetzung

1,2,3,4,5, 7

konkret falsch sein soll?

Offiziell: immer die vorangegangene Zahl um 1 erhöhen
Inoffiziell: die offizielle Variante ist zu einfach und das Bildungsgesetz
viel komplizierter :wink: So gesehen ist jede andere Zahl auch richtig.
Ein Beispiel: 3 1 4 1 5 X
Was muss anstelle des X stehen ?

Oder anders formuliert: Wann ist denn eine Fortsetzung
richtig?

Wenn sie sich mit dem Vorangegangenen deckt. Da eine bestimmte Reihe bisher
ein gewisses Verhalten gezeigt hat wird man deswegen auf ein Bildungsgesetz
schliessen müssen/sollen/dürfen…

HTH
mfg M.L.

Hallo

Ein Beispiel: 3 1 4 1 5 X
Was muss anstelle des X stehen ?

9

Oder anders formuliert: Wann ist denn eine Fortsetzung
richtig?

Wenn sie sich mit dem Vorangegangenen deckt. Da eine bestimmte
Reihe bisher
ein gewisses Verhalten gezeigt hat wird man deswegen auf ein
Bildungsgesetz
schliessen müssen/sollen/dürfen…

Das Problem ist mir auch schon aufgefallen:
ES GIBT KEINE LOGISCHE FORTSETZUNG.
Man ist auf die menschliche Faehigkeit Muster zu erkennen angewiesen,
aber welches Muster man erkennt, kann individuell verschieden sein
und eine Richtig und Falsch gibt es nicht. Es gibt hoechstens die
Aussage „X% aller Probanden setzen die Reihe so und so fort“ und das
wird dann als die richtige Fortsetzung festgelegt. Ein bedenkliches
Vorgehen, das eher testet, wie durchschnittlich jemand ist.

Gruss Tychi

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Oder anders formuliert: Wann ist denn eine Fortsetzung
richtig?

Wenn sie sich mit dem Vorangegangenen deckt.

Wenn das wirklich das Kriterium ist, dann ist jede beliebige Fortsetzung richtig.

Schließlich gibt es zu jeder Folge (x1, x2,…, xn) und jeder Zahl xn+1 ein Polynom p vom Grad 1
p(2) = x2

p(n) = xn
p(n+1) = xn+1

Jede beliebige Fortsetzung xn+1 deckt sich also mit der Folge ist somit richtig.

Bleibt die Frage, wie eine Aufgabe, bei der jede Lösung richtig ist, zur Ermittelung des IQs herangezogen werden kann.

Gruß
Oliver

Hallo nochmal.

Hallo

Ein Beispiel: 3 1 4 1 5 X
Was muss anstelle des X stehen ?

9

…verrät der doch tatsächlich die Lösung. War wohl doch zu einfach :smiley:

Das Problem ist mir auch schon aufgefallen:
ES GIBT KEINE LOGISCHE FORTSETZUNG.

Bei meiner Frage schon…

Man ist auf die menschliche Faehigkeit Muster zu erkennen
angewiesen,
aber welches Muster man erkennt, kann individuell verschieden
sein
und eine Richtig und Falsch gibt es nicht. Es gibt hoechstens
die
Aussage „X% aller Probanden setzen die Reihe so und so fort“
und das
wird dann als die richtige Fortsetzung festgelegt. Ein
bedenkliches
Vorgehen, das eher testet, wie durchschnittlich jemand ist.

Was auch gleichzeitig der Nachteil eines IQ-Tests ist: es muss immer Leute
mit Durchschnitts-IQ geben. Speziell wenn man die Gaussverteilung als Kriterium nimmt(*). Über die tatsächliche mentale Leistungsfähigkeit muss das nichts aussagen.
(*)genauer: Das ist ein Analogon zur Armutsermittlung. Wer weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Nettoeinkommens verdient, gilt als arm. Es müssten also alle gleich viel (oder wenig) verdienen um Armut zu beseitigen…

mfg M.L.

Hallo

Was auch gleichzeitig der Nachteil eines IQ-Tests ist: es muss
immer Leute
mit Durchschnitts-IQ geben. Speziell wenn man die
Gaussverteilung als Kriterium nimmt(*). Über die tatsächliche
mentale Leistungsfähigkeit muss das nichts aussagen.

Na ja, was ist aber die tatsaechliche mentale
Leistungsfaehigkeit? Die gibt es meiner Meinung nach nicht. Mentale
Leistungsfaehigkeit ist von Natur aus ein relativer Wert.
Oder man definiert ihn anhand verschieden schwieriger Aufgaben. Sagen
wir es gebe 100 Aufgaben. Die erste besteht darin, selbsstaendig zu
essen, die hundertste darin, allein und ohne spezielle Ausbildung
eine Mondlandung inklusive Rakete zu planen und zu konstruieren.
Die Aufgabe, bei der jemand aussteigt, ist dann die Kennzahl seiner
Leistungsfaehigkeit. Da Aufgabe 1 auch von Tieren zu schaffen ist,
muss sich dieser Test nicht auf Menschen beschraenken.
Nun kann es aber Leute geben, die die Aufgabe 100 schaffen, die
Aufgabe 1 aber nicht (Inselbegabung).
Wie dem auch sei. Jedenfalls waeren Aussagen wie „Er ist sehr
intelligent“ nach wie vor relative Aussagen.

Gruss, Tychi

Jetzt habe ich nach den fundierten Antworten im Forum noch etwas nachgedacht und bin zu der Meinung gekommen, daß diese Zahlenreihen-Aufgaben nicht richtig gestellt sind.

Dem Probanden wird suggeriert: Die Aufgabe hat genau eine richtige Lösung, finde sie !

Daß diese Reihenaufgaben genau eine oder überhaupt eine Lösung haben, stimmt aber gar nicht. Denn in der Aufgabenstellung heißt es immer nur: „Wie muß die Reihe fortgesetzt werden ?“

Die Reihe 1,2,3,4,5 kann durchaus mit jeder beliebigen Zahl oder auch überhaupt nicht fortgesetzt werden. Eine eindeutige Lösung hat die Aufgabe erst, wenn Konkretisierungen gemacht werden, die sicherstellen, daß die Aufgabe eine eindeutige Lösung hat.

Dann kann es immer noch knifflig sein, die Bildungsregel zu erkennen, aber der Rate-Faktor und das Risiko, daß eine Aufgabe wiedererkannt wird, sind dann auch noch vorhanden.

So unkonkret, wie die Zahlenreihen-Aufgaben gestellt sind, begibt sich der Proband auf ein unwürdiges Glatteis. Ihm wird zugemutet, irgendetwas herauszufinden, was gar nicht als falsch oder richtig verifizierbar ist.

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etwas off topic
Spannendes Thema!
Ich erinnere mich daran, dass wir solche Zahlenreihen sogar mal in einer Matheklausur hatten! Als ich dann
2, 4, 6, 8 „logisch“ mit 8, 6, 4, 2 fortgesetzt habe, hab ich tatsaechlich keinen Punkt fuer meine Loesung bekommen *seufz*

Gruss,
A.

Und ich habe mal (das war noch in der DDR) eine Wortreihe, die in etwa lautete Kommunismus, Sozialismus, Kapitalismus … mit „Pflaumenmus“ fortgesetzt. Da war der Teufel los ! Die Utschitjelniza hat geschnaubt vor Wut.

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