Zeitdilatation: Gehen Uhren wirklich langsamer?

Hallo an alle

Über die spezielle Relativitätstheorie gibt es sehr viel zu lesen. Was ich über die Zeitdilatation gelesen habe erscheint mir jedoch widersprüchlich. Gehen Uhren wegen der Zeitdilatation in einem bewegten Bezugssystem S’ tatsächlich langsamer als im unbewegten Bezugssystem S, oder ist das nur eine Lichterscheinung aufgrund der relativen Bewegung der Bezugssysteme? Ich habe Argumente dafür und dagegen gefunden. Dafür spricht das Experiment mit dem Myon. Das Myon kann die Erdoberfläche nur erreichen, wenn seine Lebensdauer tatsächlich verlängert wird. Dagegen spricht, daß es rechnerisch nicht erforderlich ist, daß die Uhren im bewegten System S’ tatsächlich langsamer gehen.

Beispielrechnung:

Ein Objekt in S’ hat in Bewegungsrichtung die Länge l. Ein Photon bewegt sich vom Anfang des Objektes zum Ende und wird dann zum Anfang zurückgespiegelt. Das Photon bewegt sich also einmal in Bewegungsrichtung und einmal gegen die Bewegungsrichtung.

Da die Lichtgeschwindigkeit immer konstant ist, kann man berechnen, um welchen Faktor die Uhren in einem bewegten Bezugssystem langsamer gehen. Ein Beobachter im Bezugssystem S’ würde in seinem Bezugssystem in alle Richtungen eine Lichtgeschwindigkeit von C messen. Vom Bezugssystem S aus würde man von einem Photon in S’ wegen der relativen Bewegung der Bezugssysteme eine andere Geschwindigkeit beobachten.

Das Photon benötigt in Bewegungsrichtung l/(C-V) Sekunden

und gegen die Bewegungsrichtung l/(C+V) Sekunden.

Für l = c kann man berechnen, um welchen Faktor die Uhren in S’ scheinbar langsamer gehen. Aus Sicht eines Beobachters aus S bräuchte das Photon für l = c für den Hin- und Rückweg durch das Objekt um den Faktor 1/2 * [c/(c-V)+c/(c+v)] = C²/(c²-v²) = 1/(1-v²/c²) mehr Zeit, als ein Beobachter in S’ messen würde. Wegen der Längenkontraktion benötigt das Photon jedoch für den Beobachter aus S für diese Strecke nur um den Faktor 1 / Wurzel(1-v²/c²) mehr Zeit. Es gibt also keinen Grund, warum in S’ die Uhren tatsächlich langsamer gehen sollten. Es läßt sich alles mit der relativen Bewegung der Bezugssysteme erklären.

Der Beobachter von S’ kann die Längenkontraktion in seinem Bezugssystem nicht feststellen, weil auch alle Meßgeräte verkürzt sind. Er kann auch in Bewegungsrichtung keine andere Lichtgeschwindigkeit messen, weil die Zeit um den gleichen Faktor schneller vergeht, wie das Objekt verkürzt wurde. Es gibt also auch aus Sicht von S’ keinen Grund, warum die Uhren langsamer laufen sollten. Wenn die Zeitdilatation nur eine Lichterscheinung aus Sicht des unbewegten Beobachters ist, dann läßt sich jedes Paradoxon auflösen. Wenn das so ist, dann altern wohl nur Reisende in beschleunigten Bezugssystemen tatsächlich langsamer (allgemeine Relativitätstheorie). Was ist dann aber mit dem Myon?

Hallo,

Gehen Uhren wegen der
Zeitdilatation in einem bewegten Bezugssystem S’ tatsächlich
langsamer als im unbewegten Bezugssystem S, oder ist das nur
eine Lichterscheinung aufgrund der relativen Bewegung der
Bezugssysteme? Ich habe Argumente dafür und dagegen gefunden.

Dann nimm eine Tatsache, die dafür spricht: das GPS (http://de.wikipedia.org/wiki/Global_Positioning_Syst…).
Wenn Dir diese Tatsache nicht reicht, nutzen auch keine Argumente.
Gruß
loderunner

Hallo,

Gehen Uhren wegen der Zeitdilatation in einem bewegten Bezugssystem
S’ tatsächlich langsamer als im unbewegten Bezugssystem S

ja, das tun sie, weil in bewegten Bezugssystemen die Zeit selbst langsamer vergeht als in ruhenden. Deshalb laufen alle Uhren und alle nur denkbaren physikalischen Prozesse in bewegten Systemen tatsächlich und wahrhaftig langsamer ab als in ruhenden.

oder ist das nur eine Lichterscheinung aufgrund der relativen
Bewegung der Bezugssysteme?

Nein, die Zeitdilatation findet echt statt. Es handelt sich nicht um einen „optischen Effekt“ (!!), sondern um eine reale Gegebenheit der Welt, in der wir leben.

Gruß
Martin

Hallo loderunner,

dein Argument ist sicher richtig. In Wikipedia habe ich aber das folgende gelesen:

Eine – etwas voreilige – Formulierung der beiden Befunde könnte lauten: Die Uhren im System S’ gehen langsamer als die Uhren im System S und gleichzeitig gehen die Uhren im System S langsamer als die Uhren im System S’. Natürlich ist diese Aussage in sich widersprüchlich und daher nicht haltbar.

Wir müssen vielmehr annehmen, dass keine der Uhren ihre Ganggeschwindigkeit verändert, sondern dass die Uhren lediglich für relativ dazu bewegte Beobachter langsamer gehen. (So wie oben die Körper auch nicht objektiv kürzer geworden sind, sondern lediglich für einen relativ zu ihnen bewegten Beobachter.) Wie sollte sich auch am Gang der Uhren z. B. im System S objektiv dadurch etwas verändern, dass ich mir ein zweites (oder drittes …) Bezugssystem hinzu fantasiere! Es kann nur an der Relativbewegung der Beobachter liegen, dass für diese die Uhren im anderen System nachgehen, und zwar – wegen der Gleichberechtigung der beiden Systeme – in jeweils gleicher Weise. Damit ist der Sachverhalt zwar logisch widerspruchsfrei beschrieben, aber es ist bei weitem noch nicht erklärt, wie es dazu kommt und wie man diesen höchst merkwürdigen und beunruhigenden Vorgang verstehen kann. Was ist da in den Systemen oder zwischen ihnen vorgegangen, dass es keine objektive Gleichzeitigkeit mehr gibt, dass die Körper im jeweils anderen System kleiner sind und die Uhren langsamer gehen, und beides in völlig symmetrischer Weise? Sicher, logisch ist das zulässig, und wenn überhaupt Veränderungen eintreten, dann müssen sie wegen der Gleichberechtigung der Systeme sogar symmetrisch sein, aber wie kommt es dazu?

Den vollständigen Text kannst du lesen auf der Seite:

http://home.vrweb.de/~si.pe/Spezielle%20Relativitaet…

mfg. XGünther

Hi,

als Anmerkung dazu noch: Stephen Hawking schreibt in seinem Buch „Das Universum in der Nussschale“ von einem Versuch, in dem 2 Atomuhren in 2 FLugzeuge gesteckt wurden, die in unterschiedlicherweise um die Erde flogen. Bedingt durch die Erddrehung ging nachher die eine Uhr nach…

mfg Alex

Hallo!

Hi,

als Anmerkung dazu noch: Stephen Hawking schreibt in seinem
Buch „Das Universum in der Nussschale“ von einem Versuch, in
dem 2 Atomuhren in 2 FLugzeuge gesteckt wurden, die in
unterschiedlicherweise um die Erde flogen. Bedingt durch die
Erddrehung ging nachher die eine Uhr nach…

Ein weiteres Experiment haben sie glaubich in den 70ern gemacht.
Sie hatten 2 Atomuhren. Die eine steckten sie in ein Flugzeug und die andere blieb am Boden. Nach dem Flug ging die eine Uhr wirlklich langsamer…
Mein Tipp: Da gibt es zwei wirklich interessante DVD’s, in denen die Relativitätstheorie gut verständlich erklärt wird.

EINSTEINS’S RELATIVITÄTSTHEORIE:
ISBN: 3-8312-8817-8 Buch anschauen

GRAVITATION:
ISBN: 3-8312-8779-1 Buch anschauen

Tschö Pati

kleiner Nachtrag
Hi!

Der Link Buch ansehen geht nich, is ja kein Buch.
Aber wenn man die Titel bei der amazon.de Suche eingibt, ist es bei den ersten dabei.

Quarks&Co von 1999
Hi Patrick,

Ein weiteres Experiment haben sie glaubich in den 70ern
gemacht.

Da gabs auch die Sendung von Quarks&Co aus dem Jahre 1999:
http://www.quarks.de/relativ/04.htm

mfg Ulrich

Hallo!
schöne Geschichte mit den beiden Atomuhren. Aber ist es nicht so, dass die Laufzeitdifferenz keineswegs durch die Bewegung der einen Atomuhr, sondern ausschließlich durch die geringere Gravitation in hoher Flughöhe begründet war?
Gruß
loderunner

Hallo,

Spezielle RT:
Lichtgeschwindigkeit ist in einem Medium konstant.
Bewegt sich also ein Körper relativ zu dir, vergeht die Zeit in diesem System langsamer.
Das gilt auch für einen in dem System befindlichen Beobachter, der dich beobachtet. Also für ihn vergeht die Zeit bei dir langsamer.

Allgemeine RT:
Gekrümmter Raum lässt die Zeit einen Umweg machen - sprich: sie geht für uns langsamer.
Raumkrümmungen entstehen, wenn
a) Masse vorhanden ist bzw.
b) Energie — E=mc^2
und somit eine Beschleunigung auf jeden Körper wirkt.

MfG:smile:
René

Hallo loderunner,

Wir müssen vielmehr annehmen, dass keine der Uhren ihre
Ganggeschwindigkeit verändert, sondern dass die Uhren
lediglich für relativ dazu bewegte Beobachter langsamer gehen.

Genau das ist der Punkt.
Die Uhr geht ausschließlich für einen relativ zur Uhr bewegten Beobachter langsamer. Und umgekehrt geht die Uhr des Beobachters für den langsamer, der die erste Uhr festhält. Was schlicht daran liegt, dass es kein System gibt, das wirklich in Ruhe ist - es gibt keinen Nullpunkt im Universum, auf den sich alle beziehen könnten. Und das liegt nicht daran, dass dieser Punkt noch nicht gefunden wurde - es gibt ihn tatsächlich nicht. Wenn es also heißt: ‚die Uhr steht still und der Beobachter bewegt sich‘ ist das schlicht falsch, denn genauso kann man über den gleichen Vorgang behaupten: ‚der Beobachter steht still und die Uhr bewegt sich‘ oder auch ‚beide bewegen sich‘. Denn in wirklichkeit bewegen sie sich relativ zueinander - und das bedeutet gleichzeitig, dass es ein symmetrischer Vorgang sein muss.

Und nur solange sich die beiden relativ zueinander bewegen, gilt das mit der unterschiedlichen Zeit der beiden. Und weil sich die Satelliten des GPS ja permanent bewegen, muss dies bei der Positionsberechnung berücksichtigt werden.

Damit ist der Sachverhalt zwar logisch
widerspruchsfrei beschrieben, aber es ist bei weitem noch
nicht erklärt, wie es dazu kommt und wie man diesen höchst
merkwürdigen und beunruhigenden Vorgang verstehen kann.

Da hast Du völlig recht. Es ist nur eine Beschreibung, man kann das Ganze berechnen, man kann Vorhersagen treffen, wie sich die Dinge verhalten und dies auch unter Umständen überprüfen, aber niemand kennt den Grund für das Phänomen.

Was ist da in den Systemen oder zwischen ihnen vorgegangen, dass
es keine objektive Gleichzeitigkeit mehr gibt, dass die Körper
im jeweils anderen System kleiner sind und die Uhren langsamer
gehen, und beides in völlig symmetrischer Weise?

Offensichtlich ändert sich in den Systemen GAR NICHTS. Es scheint nur so für den Beobachter, der sich in Bezug auf das System bewegt.

Sicher, logisch ist das zulässig, und wenn überhaupt Veränderungen
eintreten, dann müssen sie wegen der Gleichberechtigung der
Systeme sogar symmetrisch sein, aber wie kommt es dazu?

Siehe oben: das weiß niemand.

Gruß
loderunner

Gehen Uhren wegen der
Zeitdilatation in einem bewegten Bezugssystem S’ tatsächlich
langsamer als im unbewegten Bezugssystem S

Ja. Warum das so sein muß, wird hier erschöpfend beantwortet:

http://www.pro-physik.de/Phy/pdfs/ger_890_921.pdf

schöne Geschichte mit den beiden Atomuhren. Aber ist es nicht
so, dass die Laufzeitdifferenz keineswegs durch die Bewegung
der einen Atomuhr, sondern ausschließlich durch die geringere
Gravitation in hoher Flughöhe begründet war?

Nein. Wegen der großen Flughöhe war der ART-Anteil der Zeitdilatation zwar höher als der SRT-Anteil, aber beide waren meßbar und wurden bei der vorhersage der Meßwerte auch berücksichtigt. Die Summe beider Effekte entsprach dann exakt (im Rahmen der Meßgenauigkeit) dem Wert den man anschließend gemessen hat.

Danke, das ist einleuchtend! (*,owt)
-nix-