keine Lilith im Huluppu-Baum
meinst Du mit „dritte Band … der zugehörige Bildband“ die Bildermappe ??
Ja. Die wird bibliothekarisch als Bd 3 erfaßt.
Was mich allerdings bei diesem Samuel Kramer etwas irritiert ist, daß offensichtlich die Lilith (Burney-Relief) auf dem Frontcover als Inanna/Istar ausgegeben wird
Welches Buch und welche Ausgabe meinst du?
Das Rollsiegel auf dem Frontcover von Wolkstein/Kramer „Inanna“ (Ausgabe New York 1983, und dort zugleich zur der Story „The Holy Priestess of Heaven“ S. 92, ) ist nicht das Burney-Relief. Aber die Abb. S. 6 des Tontäfelchens zu „The Huluppu Tree“ hat sehr große Ähnlichkeit zum Burney-Relief. Allerdings mit einem besonderen Unterschied: Auf der Burney-Tontafel steht die Gestalt auf Löwen und daneben stehen Eulen zu beiden Seiten, in der anderen steht sie auf Widdern.
Ob das Burney-Relief allerdings „Lilith“ darstellt, wird seit eh und je heftig behauptet und ebenso heftig bestritten. Das analoge Täfelchen in „Inanna“ interpretiert Wolkstein allerdings ebenfalls als Lilith. Und dabei handelt es sich um folgende irritierende Situation: Als Ausgangspunkt empfehle ich das FAQ:3347, sonst müßte ich hier zuviel wiederholen.
Eine Lilith (hebr. lijlijth) taucht literarisch erst mit Jesaja 34.14 auf. In sumerisch-akkadischen Kontexten gibt es keine Lilith, aber es gibt das Abstraktum „lil“, Wind, das darüber hinaus entweder allgemein „Dämon“ bedeutet oder spezieller „Wind-Dämon“. Ansonsten das Dreigespann lil (m), lilitu (f) und ardat lili („Mädchen Lili“). Kramer übersetzt in der Episode „The Huluppu Tree“ einen Ausdruck mit „Lilith“, der im Original lautet „ki-sikil-lil-la-ke“. Wie „lil-la-ke“ aber zu übersetzen ist, ist bis heute äußerst strittig. Da es nur im „Huluppu Tree“ auftaucht, deutet der Ausdruck auf Grund seines Kontextes auf ein dämonisches Wesen, das sich in einem Baumstamm versteckt, so daß ein eulenartiger (und zwar weiblicher/mädchenhafter) Dämon naheliegend ist. Dazu paßt auch dessen Weinen in der folgenden Zeile, was dann auch von Inanna ausgesagt ist.
Die Darstellungen wie in dem Täfelchen, das Wolkstein dazu komponiert, ebenso auch wie im ähnlichen Burney-Relief (und auch zahlreichen anderen Rollsiegeln), greift diese Bild auf, denn die weibliche Gestalt hat Vogelfüße und Flügel. In diesem Kontext ist Wolksteins Interpretation der Passage im „Huluppu Tree“ recht interessant, und zwar egal, ob „lil-la-ke“ eine Vorläuferin der späteren „lilith“ in Jesaja ist, oder nicht: Der Baum wird von einer Schlange im Wurzelwerk, dem „anzu“-Vogel im Geäst und eben „lil-la-ke“ im Baumstamm besetzt. Das sind drei Dämonen, die gemeinsam der Inanna zu schaffen machen. Da die antiken Dämologien als frühe Psychologien anzusehen sind, liegt Wolkstein mit dem, was sie dazu sagt, durchaus in einer evidenten Spur.
Es ist aber eine Katastrophe, daß in populären Kontexten, nicht zuletzt die Wikipädie, sämtliche Darstellungen dieses „lil-Eulen“-Wesens als „Lilith“ bezeichnen. Kramer hat mit dieser Unvorsichtigkeit der Mythologie-Geschichte keinen Gefallen getan. Seine Verdienste in der Sumerologie sind davon aber natürlich keineswegs abgekratzt.
Wolkstein macht dann nur den Fehler, etwas unvorsichtig das Wesen ebenfalls, wie Kramer, als Lilith zu deklarieren und das Mythem von Lilith als Adams erster Frau zu addieren. Das ist natürlich abwegig, denn dieses Mythem taucht erst ca 1000 Jahre später in rabbinischer und kabbalistischer Literatur auf (siehe FAQ).
Gruß
Metapher