Zeitreisen

Da er selbst aber ja existiert, kann er es nicht tun, d.h.
dass irgendein Mechanismus diesen Teil seiner freien
Entscheidung verhindern muss.

Wozu muß es da einen Mechanismus geben? In der Quantenmechanik gibt es Gesetzmäßigkeiten zwischen kausal getrennten Ereignissen (z.B. bei der Verletzung der Bellschen Ungleichung). Da ist es bislang auch niemandem gelungen irgend einen Mechanismus zu konstruieren der das zuwege bringt. Man beobachtet einfach, daß es so ist und die Quantenmechanik sagt diese Beobachtung auch korrekt voraus, aber niemand weiß warum. Eine mögliche Erklärung ist übrigens auch hier die subtile Einschränkung der Willensfreiheit. Warum soll es sowas nicht auch bei Zeitreisen geben?

Hi,

Eine mögliche Erklärung ist übrigens auch hier die
subtile Einschränkung der Willensfreiheit. Warum soll es sowas
nicht auch bei Zeitreisen geben?

Natürlich kann’s das geben. Aber es ist halt IMO schon ein wichtiger Aspekt an der Sache, wenn der freie Wille gar nicht so frei ist :wink:

mfg
deconstruct

Eine mögliche Erklärung ist übrigens auch hier die
subtile Einschränkung der Willensfreiheit. Warum soll es sowas
nicht auch bei Zeitreisen geben?

Natürlich kann’s das geben. Aber es ist halt IMO schon ein
wichtiger Aspekt an der Sache, wenn der freie Wille gar nicht
so frei ist :wink:

Wichtig mag dieser Aspekt durchaus sein, aber neu ist er nicht und vor allem bedarf es dazu keiner Zeitreisen. Deshalb ist es auch nicht notwendig, dieses Thema unbedingt im Zusammenhang mit Zeitreisen zu diskutieren.

Hallo,

Ich wüßte nicht, wozu eine Veränderung am etablieretn Modell
unserer Welt notwendig wäre.

wie erwähnt gibt es im etablierten Modell keine Möglichkeit zu Zeitreisen.
So ist z.B. die Einführung von negativer Masse, wie für manch theoretisches Modell einer Zeitmaschine nötig, IMHO eine gravierende Veränderung des etablierten Modells.


PHvL

wie erwähnt gibt es im etablierten Modell keine Möglichkeit zu
Zeitreisen.

Ich habe eher den Eindruck, daß das unter Experten sehr kontrovers diskutiert wird. Möglicherweise bin ich da ja nicht auf dem neuesten Stand. Kannst Du mir eine Quelle nennen, in der das bewiesen wird?

Hallo,

wie erwähnt gibt es im etablierten Modell keine Möglichkeit zu
Zeitreisen.

Ich habe eher den Eindruck, daß das unter Experten sehr
kontrovers diskutiert wird.

die meisten Paper, die ich so gefunden habe sind sehr moderat und behaupten nicht wirklich, Hawking widersprechen zu können, der meinte:

„It seems that there is a Chronology Protection Agency which prevents the appearance of closed timelike curves and so makes the universe safe for historians.“

Kannst Du mir eine Quelle nennen, in der das bewiesen wird?

das Standardmodell enthält keine Zeitmaschinen (im Grunde ist es ja ein homogener und isotroper Raum). Die nachträgliche Konstruktion von Zeitmaschinen wird durch Sätze von Tipler und Hawking (z.B. Phys. Rev. Lett. 37, 879–882 (1976)) sowie durch weitere Effekte, die die verbleibenden Möglichkeiten mindestens extrem unwahrscheinlich machen, eingeschränkt. Eine Zusammenfassung gibt es z.B. hier: http://de.arxiv.org/abs/gr-qc?0204022.

Grundsätzlich ist wohl klar, dass die Frage endgültig nur durch eine Quantengravitation entschieden werden kann, so dass bis dahin die `chronology protection’ meist ab initio eingebaut wird.


PHvL

Die nachträgliche
Konstruktion von Zeitmaschinen wird durch Sätze von Tipler und
Hawking (z.B. Phys. Rev. Lett. 37, 879–882 (1976)) sowie
durch weitere Effekte, die die verbleibenden Möglichkeiten
mindestens extrem unwahrscheinlich machen, eingeschränkt.

Und nicht zuletzt deshalb sagte ich am Ende meines ersten Postings

Anstelle von „nein“ würde ich „eingeschränkt“ schreiben.

Natürlich sind Zeitreisen extrem unwahrscheinlich oder zumindest nur unter sehr exotischen Bedingungen möglich, weil wir bisher noch nichts dergleichen beobachtet haben. Es gibt aber auch kein „Michelson-Morley-Experiment“ mit dem sich die Möglichkeit von Zeitreisen ausschließen läßt. Auch eine theoretische Widerlegung im Rahmen etablierter Modelle scheint bisher nicht gelungen zu sein. Alles was bisher dabei herausgekommen ist, sind Einschränkungen (z.B. die Unmöglichkeit von geschlossenen Zeitschleifen oder ein Großvater-Paradoxon).

Hallo,

Natürlich sind Zeitreisen extrem unwahrscheinlich oder
zumindest nur unter sehr exotischen Bedingungen möglich, weil
wir bisher noch nichts dergleichen beobachtet haben.

verschärfend gibt es doch nicht einmal eine, über begründete Zweifel erhabene, Lösung der einsteinschen Gravitationstheorie, die die Konstruktion einer Zeitmaschine beschreibt. Deshalb kann man IMHO nicht behaupten das Konsens-Modell der Kosmologie erlaube Zeitreisen, was mich zu meiner ursprünglichen Aussage bringt, dass es geändert werden müsste, wenn Zeitreisen zugelassen werden sollen.

Es gibt aber auch kein „Michelson-Morley-Experiment“ mit dem sich die
Möglichkeit von Zeitreisen ausschließen läßt.

Auf welchem Gebiet leistet das Michelson-Morley-Experiment oder irgendein anderes Experiment vergleichbares?

Auch eine theoretische Widerlegung im Rahmen etablierter Modelle
scheint bisher nicht gelungen zu sein.

Wie bereits erwähnt hat sich die Hoffnung, diese Frage auf (semi-)klassischem Niveau zu klären wohl zerschlagen.

Unmöglichkeit von geschlossenen Zeitschleifen

Was meinst du damit? Geschlossene zeitartige Kurven sind doch praktisch synonym zu Zeitmaschinen.


PHvL

Es gibt aber auch kein „Michelson-Morley-Experiment“ mit dem sich die
Möglichkeit von Zeitreisen ausschließen läßt.

Auf welchem Gebiet leistet das Michelson-Morley-Experiment
oder irgendein anderes Experiment vergleichbares?

Das MM-Experiment hat den Lichtäthers widerlegt. Ein Experiment, das Zeitreisen widerlegt, ist mir nicht bekannt.

Unmöglichkeit von geschlossenen Zeitschleifen

Was meinst du damit? Geschlossene zeitartige Kurven sind doch
praktisch synonym zu Zeitmaschinen.

Mit Zeitschleifen meine ich Vorgänge, in denen Ursache und Wirkung identisch sind. Widerlegt wurde das am Beispiel eines fiktiven Billard-Spiels, indem eine Kugel von einer (vermeintlich) anderen Kugel angestoßen wurde, um dann in die Vergangenheit zurückzureisen und sich selbst anzustoßen. Solche und vergleichbare Vorgänge sind offenbar ausgeschlossen.

Hallo,

Es gibt aber auch kein „Michelson-Morley-Experiment“ mit dem sich die
Möglichkeit von Zeitreisen ausschließen läßt.

Auf welchem Gebiet leistet das Michelson-Morley-Experiment
oder irgendein anderes Experiment vergleichbares?

Das MM-Experiment hat den Lichtäthers widerlegt.

für sich allein stehend sicher nicht. Aber auch kombiniert mit anderen Experimenten ist das ein bißchen zu viel der Ehre.

Obwohl das MM-Experiment und weitere vergebliche Versuche, den Äther nachzuweisen, sicherlich dazu beigetragen haben, dass sich die spezielle Relativitätstheorie durchgesetzt hat und insbesondere das Axiom der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit weithin als richtig angenommen wird, ist letzeres keinesfalls zwingend notwendig. Das MM-Experiment hat auch bestenfalls eine sehr untergeordnete Rolle als Motivation für Einstein gespielt, die SR zu entwickeln.


PHvL

Obwohl das MM-Experiment und weitere vergebliche Versuche, den
Äther nachzuweisen, sicherlich dazu beigetragen haben, dass
sich die spezielle Relativitätstheorie durchgesetzt hat und
insbesondere das Axiom der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit
weithin als richtig angenommen wird, ist letzeres keinesfalls
zwingend notwendig. Das MM-Experiment hat auch bestenfalls
eine sehr untergeordnete Rolle als Motivation für Einstein
gespielt, die SR zu entwickeln.

Das MM-Experiment hat aber das Faß zum Überlaufen gebracht. Mit dem Lichtäther war man ja ais verschiedenen Gründen (schon allein wegen seiner exotischen) Eigenschaften alles andere als glücklich. Als sich dann auch noch herausstellte, daß er gegenüber der Erde ruhen müßte, war das Maß voll. Damit war die Zeit endgülig reif für eine neue Theorie. Ich bezweifle, daß sich die RT genauso schnell durchgesetzt hätte, wenn es das MM-Experiment nicht gegeben hätte.

Etwas ähnliches fehlt bei den Zeitreisen. Die sind in der ART zwar ausgesprochen exotisch, aber eben nicht vollkommen abwegig. Die ART läßt Lösungen zu, die Effekten verbunden wären, die man als Zeitreisen bezeichnen kann (z.B. bei der Überbrückung beliebiger Entfernungen ohne Zeitverlust mit Wurmlöchern). Es fehlt ein Experiment, das eine Theorie favoriersiert, in der Zeitreisen von vorn herein ausgeschlossen sind, so wie das MM-Experiment einer Theorie zum Durchbruch verholfen hat, in der das Licht automatisch in jedem Bezugssystem dieselbe Geschwindigkeit hat (was ja den bis dahin angenommenen klassischen Lichtäther grundsätzlich ausschließt).

Etwas ähnliches fehlt bei den Zeitreisen. Die sind in der ART
zwar ausgesprochen exotisch, aber eben nicht vollkommen
abwegig. Die ART läßt Lösungen zu, die Effekten verbunden
wären, die man als Zeitreisen bezeichnen kann (z.B. bei der
Überbrückung beliebiger Entfernungen ohne Zeitverlust mit
Wurmlöchern).

Hier liegt ein grundlegendes Mißverständnis vor: unterhalten wir uns zunächst einmal über die klassische ART. Natürlich läßt sie geschlossene zeitartige Kurven zu! Warum auch nicht?

Die Einstein-Gleichungen sind lokal, die ART somit eine lokale Theorie und keine globale. Ob es zeitartige geschlossene Kurven geben kann, entscheidet zunächst einmal das Modell der zugrundeliegenden Raumzeit! Eine ganze Reihe von kosmologischen, sprich Raumzeit-Modellen enthalten zeitartige Loops (Goedel-Universum beispielsweise).

Die Physiker mögen aber diese Art der Kausalitätsverletzung nicht. Daher wird POSTULIERT, daß eine physikalisch vernünftige Raumzeit derart nicht sein darf, sondern wie es heißt GLOBAL HYPERBOLISCH sein muß, damit das Cauchy-Problem eindeutig und immer lösbar ist!

So jetzt zu den Wurmlöchern: diese bedingen einen nicht-verschwindenden Energie-Impuls-Tensor, der nicht den üblichen Positivitätsbedingungen entspricht, sondern EXOTISCHE MATERIE voraussetzt, sprich lokale negative Energiedichte. Diesen Kram würde ich aber ohne mit der Wimper zu zucken ebenfalls als unphysikalisch abtun, egal was Alcubierre sagt. Wozu bitte schön gibt es denn physikalisch „vernünftige“ Randbedingungen, wenn man sie im nächsten Paper gleich wieder über den Haufen wirft? Ist ja OK, mal zu schauen, was wäre wenn, aber dann sollte immer daneben stehen: ist aber alles unphysikalisch! Das ärgert mich maßlos.

Es fehlt ein Experiment, das eine Theorie
favoriersiert, in der Zeitreisen von vorn herein
ausgeschlossen sind, so wie das MM-Experiment einer Theorie
zum Durchbruch verholfen hat, in der das Licht automatisch in
jedem Bezugssystem dieselbe Geschwindigkeit hat (was ja den
bis dahin angenommenen klassischen Lichtäther grundsätzlich
ausschließt).

Nur um es noch mal zu verdeutlichen: die Theorie ist OK, was du verlangst sind Nachweise, daß die als physikalisch vernünftigen angesehenen Randbedingungen in unserem Universum auch erfüllt sind.

Da denke ich sagen zu können: hier hilft nur der Glaube.

Viele Grüße

Oliver

Hallo,

Ich bezweifle, daß sich die RT genauso schnell durchgesetzt hätte,
wenn es das MM-Experiment nicht gegeben hätte.

auch ich habe das nicht bezweifelt. Aber das MM-Experiment leistet das von dir behauptete (`widerlegt den Lichtäther’) nicht einmal lokal in dieser Absolutheit - geschweige denn global.

Etwas ähnliches fehlt bei den Zeitreisen.

Du misst ein bißchen mit zweierlei Maß: du forderst hier ein Experiment, dass etwas leisten soll, was von keinem anderen Experiment verlangt wird: eine globale Aussage über die Raumzeit zu machen.

Als Experiment, das lokal Zeitreisen ausschließen, kannst du ja die (experimentalphysikalische) Geschichtsschreibung sehen.

so wie das MM-Experiment einer Theorie zum Durchbruch verholfen hat,
in der das Licht automatisch in jedem Bezugssystem dieselbe
Geschwindigkeit hat (was ja den bis dahin angenommenen klassischen
Lichtäther grundsätzlich ausschließt).

Was aber eben nicht bedeutet, dass das MM-Experiment keine Theorie zuließe, in der Licht nicht in jedem Bezugssystem dieselbe Geschwindigkeit hat.


PHvL

unphysikalische Zeitmaschinen
Hallo,

So jetzt zu den Wurmlöchern: diese bedingen einen
nicht-verschwindenden Energie-Impuls-Tensor, der nicht den
üblichen Positivitätsbedingungen entspricht, sondern EXOTISCHE
MATERIE voraussetzt, sprich lokale negative Energiedichte.

ob es auch auf Wurmlöcher zutrifft weiß ich nicht, aber leider weisen Lösungen, die die Konstruktion einer Zeitmaschine beschreiben, nicht notwendigerweise negative Energiedichten auf. Das schließt aber nicht aus, dass andere Mechanismen die Bildung trotzdem verhindern.

Beim Versuch, die Unmöglichkeit der Bildung von Zeitmaschinen zu zeigen, scheint eine Quantengravitationstheorie unausweichlich:
„If you are willing to entertain the possibility that semiclassical quantum
gravity is not the whole story (the majority opinion), then it
follows from the above that issues of chronology protection cannot
be settled at the semiclassical level.“
(M. Visser, http://de.arxiv.org/abs/gr-qc?0204022)

So wenig ermutigend das vielleicht klingen mag: es rückt Zeitmaschinen in den Bereich der Quantengravitation und macht sie damit praktisch unmöglich, denn
„If you assume that semiclassical quantum gravity is the fundamental
theory […] Chronology is protected“
(ebd.)


PHvL