'Zerschlagung' der Bahn --> Kündigungen ?

Moin,

die Trennung der Bahn in Netz und Transport wird seitens der Bahngewerkschaften und auch seitens der Bahn mit der Verringerung von Arbeitsplätzen in Verbindung gebracht und deshalb abegelehnt.
Wer kann mir sagen, wie eine Trennung der Bahn in Netz und Transport (evtl. laut der entsprechenden Interessensgruppen) zur Verringerung von Arbeitsplätzen führen soll?

thx
moe.

Moin,

also im Falle einer Trennung von Netz und Betrieb sind betriebsbedingte Kündigungen zumindest nicht mehr ausgeschlossen, wie es im Moment der Fall ist: http://www.wams.de/data/2006/08/20/1003561.html

Gewisse Befürchtungen sind da nicht ganz unberechtigt. So gibt es zum Beispiel einen Pool von Mitarbeitern ohne Stelle (DB Zeitarbeit, ähnlich wie Vivento [Wie wenn tot] bei der Telekom). Kompliziert wird es aufgrund der Tatsache, dass es noch zahlreiche Beamte bei der DB gibt, nicht ganz auszuschließen wäre es da, dass Tarifkräfte zuerst von Kündigungen betroffen sein könnten.

Viele Grüße
Axel

Moin,

also im Falle einer Trennung von Netz und Betrieb sind
betriebsbedingte Kündigungen zumindest nicht mehr
ausgeschlossen, wie es im Moment der Fall ist:
http://www.wams.de/data/2006/08/20/1003561.html

Gewisse Befürchtungen sind da nicht ganz unberechtigt. So gibt
es zum Beispiel einen Pool von Mitarbeitern ohne Stelle (DB
Zeitarbeit, ähnlich wie Vivento [Wie wenn tot] bei der
Telekom). Kompliziert wird es aufgrund der Tatsache, dass es
noch zahlreiche Beamte bei der DB gibt, nicht ganz
auszuschließen wäre es da, dass Tarifkräfte zuerst von
Kündigungen betroffen sein könnten.

Das heißt, es würde also doch keine Reduzierung der Arbeitsplätze geben, sondern lediglich diejenigen, die ohnehin nur „mitgeschleppt“ werden, wären dann auf die regulären staatlichen Maßnahmen angewiesen, richtig? Gut, aus Sicht der Gewerkschaft kann ich diese Argumentationsweise nachvollziehen, aber argumentiert nicht die Bahn selbst auch mit dem „Wegfall von Arbeitsplätzen“ im Falle der Netz-Transport-Trennung?

thx
moe.

Das heißt, es würde also doch keine Reduzierung der
Arbeitsplätze geben, sondern lediglich diejenigen, die ohnehin
nur „mitgeschleppt“ werden, wären dann auf die regulären
staatlichen Maßnahmen angewiesen, richtig? Gut, aus Sicht der
Gewerkschaft kann ich diese Argumentationsweise
nachvollziehen, aber argumentiert nicht die Bahn selbst auch
mit dem „Wegfall von Arbeitsplätzen“ im Falle der
Netz-Transport-Trennung?

Ojemine, das ist ein ganz schwieriges Thema, über das sich selbst die Fachleute streiten. Warum sollte allein die Trennung von Netz und Betrieb zu Arbeitsplatzabbau führen? Man bräuchte ceteris paribus genauso viele Lokführer, Fahrdienstleiter oder Gleisbauer für die Instandhaltung.

Ich glaube, eine Trennung von Netz und Betrieb wäre eher ein Schritt hin zu mehr Wettbewerb. So haben im Moment viele Bundesländer, die für den Schienenpersonennahverkehr zuständig sind, Verträge mit DB-Verkehrsunternehmen abgeschlossen. Bei einer Zerschlagung der Bahn würde man vielleicht eher dazu tendieren, die Verkehre auszuschreiben. Dann würde eine neue Gesellschaft statt der DB fahren, und das neue Unternehmen würde vielleicht nicht alle DB-Mitarbeiter einstellen. Da würden gerade die älteren auf der Strecke bleiben.

Aber das eine hat mit dem anderen nur mittelbar zu tun. Die Ansicht, dass es zu Arbeitsplatzabbau kommen wird, kann auch als Spekulation eingestuft werden. Und es ist ja bekannt, welches das am häufigsten benutzte Totschlagsargument gegen jede wirtschaftliche Umstrukturierung ist.

Gruß
Axel

Das heißt, es würde also doch keine Reduzierung der
Arbeitsplätze geben, sondern lediglich diejenigen, die ohnehin
nur „mitgeschleppt“ werden, wären dann auf die regulären
staatlichen Maßnahmen angewiesen, richtig? Gut, aus Sicht der
Gewerkschaft kann ich diese Argumentationsweise
nachvollziehen, aber argumentiert nicht die Bahn selbst auch
mit dem „Wegfall von Arbeitsplätzen“ im Falle der
Netz-Transport-Trennung?

Ojemine, das ist ein ganz schwieriges Thema, über das sich
selbst die Fachleute streiten. Warum sollte allein die
Trennung von Netz und Betrieb zu Arbeitsplatzabbau führen?

Genau das versuche ich gerade herauszufinden :wink:

Man
bräuchte ceteris paribus genauso viele Lokführer,
Fahrdienstleiter oder Gleisbauer für die Instandhaltung.

Ich glaube, eine Trennung von Netz und Betrieb wäre eher ein
Schritt hin zu mehr Wettbewerb. So haben im Moment viele
Bundesländer, die für den Schienenpersonennahverkehr zuständig
sind, Verträge mit DB-Verkehrsunternehmen abgeschlossen. Bei
einer Zerschlagung der Bahn würde man vielleicht eher dazu
tendieren, die Verkehre auszuschreiben. Dann würde eine neue
Gesellschaft statt der DB fahren, und das neue Unternehmen
würde vielleicht nicht alle DB-Mitarbeiter einstellen. Da
würden gerade die älteren auf der Strecke bleiben.

Aber das eine hat mit dem anderen nur mittelbar zu tun. Die
Ansicht, dass es zu Arbeitsplatzabbau kommen wird, kann auch
als Spekulation eingestuft werden. Und es ist ja bekannt,
welches das am häufigsten benutzte Totschlagsargument gegen
jede wirtschaftliche Umstrukturierung ist.

moe.

Servus,

zur gegenteiligen These: „Trennung führt wahrscheinlich zu mehr Verkehr auf der Schiene, insbesondere im Güterbereich, und auf diese Weise mittelbar zu tendenziell mehr (inländischen) Arbeitsplätzen“ gibt es einige recht instruktive Artikel im Organ des Bundesverbandes von Pro Bahn e.V. „Der Fahrgast“ 2/2006, in dem sich Pro Bahn u.a. mit dem skandalösen PRIMON-Gutachten zum Börsengang und den Thesen von Prof. Jörn Pachl, der die Trennung eher ablehnt, auseinandersetzt.

In dieser Ausgabe von „Der Fahrgast“ wird als einziges greifbares Argument von Transnet die Gewerkschaftszeitschrift „inform“ 1/2006 zitiert, in der das Schlagwort „Die Spaltung des Unternehmens gefährdet 50.000 Arbeitsplätze“ bloß mit der eher vagen These erläutert wird „Eine Vielzahl an Interessen sind beteiligt. So auch die der Industrie und der Dienstleistungsbranche, die längst ein Auge auf die lukrativen Nebengeschäfte der Bahn wie etwa Fahrzeuginstandhaltung, Reinigung oder Sicherheit geworfen haben.“ Dieser Satz bedeutet wohl, daß die Erledigung bestimmter Tätigkeiten durch andere Unternehmen nach der Ansicht von Transnet automatisch dazu führen würde, dass das gleiche Pensum von weniger Mitarbeitern bewältigt werden muss.

Daß genau diese Entwicklung nicht nur schon jahrelang bei der DB AG nebst Töchtern, Nichten und Cousinen genau so stattfindet, sondern durch bestimmte Strukturen der Einheits-StaatsAG, bei der Netz und Betrieb in einer Hand ist, flott weitergehen wird, bleibt dabei außer Acht.

Sicher ist, daß die derzeit geplante Stillegung von weiteren 6.000 km Eisenbahnstrecken auch in der Hand der Einheits-AG nicht nur zu Personalabbau führen wird, wo immer dieser noch weiter möglich ist, sondern auch zum Abbau von Leistungen und zum Abbau der Möglichkeiten für Mitbewerber, die es besser machen können und wollen.

Weitere Einzelheiten zu dem Thema bei der zitierten Quelle.

BTW: Mit den noch vorhandenen ex-Bundesbahnbeamten hat der Themenkomplex Börsengang und Abtrennung des Netzes vom Fahrbetrieb nichts zu tun: Die befinden sich in der Obhut des Bundeseisenbahnvermögens und werden von der DBAG „nach Bedarf“ - böse Leute sagen „nach Lust und Laune“ dort angemietet. Mit der Folge, daß einerseits haufenweise ordentlich ausgebildete Leute sich beim Bundeseisenbahnvermögen mit so Nettigkeiten wie dem Erfassen von „Hartz-IV“-Antragsbögen beschäftigen, während den Bahnkunden zugemutet wird, ihre Fahrkarten bei trostlos schlecht eingewiesenen Angestellten zu kaufen, die beim besten Willen nicht glauben können, daß man von Köln nach Oldenburg auch über Osnabrück - Quakenbrück fahren kann und nicht zwingend über Hannover muss…

Schöne Grüße

MM

Hallo,

nur mein Senf, ohne wirtschaftspolitische Begründung, und nur aufgrund persönlicher Erfahrungen:

Jegliche Umstrukturierungsmaßnahmen, egal ob „Zerschlagung“ oder „Zusammenführung“ wird als geeigneter Zeitpunkt angesehen, um „sich von Mitarbeitern zu trennen“. (Egal, ob nun die Umstrukturierung wirklich den Grund darstellt, aber man kann halt so schön damit argumentieren).

Gerhard

Hallo,

Jegliche Umstrukturierungsmaßnahmen, egal ob „Zerschlagung“
oder „Zusammenführung“ wird als geeigneter Zeitpunkt
angesehen, um „sich von Mitarbeitern zu trennen“.

bei einer Fusion bzw. Übernahme ist das Argument noch nachvollziehabr, weil man Führungskräfte einsparen, Abteilungen zusammenlegen und Doppelarbeiten vermeiden kann. Dafür, daß bei einer Aufspaltung Personal über sein sollte, kann es somit nur die Erklärung geben, daß schon jetzt zuviele Mitarbeiter bezahlt werden. Dann wäre die Aufspaltung nur der Anlaß aber nicht der Grund. Eigentlich sollte dann auch mit der Personalreduzierung nicht bis zur Aufspaltung gewartet werden.

Gruß,
Christian

Moin, Moe,
anhand der mit der Telekom gemachten Erfahrungen (wo man das Netz eben nicht vom Betrieb trennte) scheint man hier wohl aus der Vergangenheit gelernt zu haben.

Es ist nicht einzusehen, dass der ehemalige Monopolist die Infrastruktur behält, die ja schließlich mit Gemeinschaftsmitteln (da Staatsbetrieb) geschaffen wurde.

Da ist es dann für die alternativen Betreiber schon fairer, wenn sie die Infrasruktur zu gleichen Bedingungen nutzen können wie der ehemalige Monopolist.

Genau dieses wurde bei der Telekom versäumt (als Hauptanteilseigner hatte der Bund ein durchaus vitales Interesse an einer möglichst lukrativen Telekom und verschaffte ihr auf diese Weise gewisse Vorteile). Dies führte zu Verzerrungen im Gleichgewicht der Anbieter, die nur durch starkes Eingreifen der Regulierungsbehörde einigermaßen abgemildert werden konnten.

Aufgrund der Trennung wird es wohl eher nicht zu einem Abbau von Arbeitsplätzen kommen. Es werden zwar dennoch Arbeitsplätze abgebaut werden, aber dies ist nicht der Aufteilung geschuldet, sondern anderen Ursachen.

Gruß
Eckard

Hallo!

Welches Interesse kann das Gemeinwesen daran haben, eine komplette Verkehrsinfrastruktur in die Hand eines einzigen privaten Anbieters zu geben, der dann wesentlich beeinflußt, ob und welcher Wettbewerb stattfindet, ob Strecken stillgelegt werden, die ein Wettbewerber betreiben möchte?

Ein Alleinanbieter macht stets das, was jeder in seiner Position täte: Er nutzt seine Stellung im eigenen Sinn und das ist nach aller Erfahrung nicht deckungsgleich mit den Interessen des Gemeinwesens und jedes einzelnen Nutzers.

In vielen Bereichen ist es technisch schwierig und wirtschaftlich nicht sinnvoll, Parallelstrukturen aufzubauen. Der Betrieb mehrerer elektrischer Energieversorgungsnetze parallel nebeneinander, mehrere kabelgebundene Kommunikationsnetze, mehrere Wasser- und Gasnetze und mehrere Schienennetze sind gewiß nicht vernünftig. Das andere Extrem, nämlich den Wettbewerb auszuschalten, führt zu hohen Preisen bei mäßiger Leistung. Ich sehe deshalb den sinnvollen Weg in der Trennung von Netzbetrieb und Dienstleistung.

Kaum ein Tag vergeht, ohne daß die Monopolstellung von Eon, Vattenfall & Co. beklagt wird, weil die Unternehmen eben nicht nur elektrische Energie verkaufen, sondern auch das Netz betreiben und damit Wettbewerbern die Bedingungen diktieren. Vergleichbares betrifft die Telekom. Wenn es nun im Zuge der Entstaatlichung der Bahn die Chance gibt, solche Struktur beim Schienennetz abzuschaffen, sollte die Gelegenheit unbedingt genutzt werden. Arbeitsplatzargumente liefern dabei keine taugliche Entscheidungsgrundlage, zumal solche Argumente letztlich das Gegenteil dessen bewirken, was ihre Verfechter bezwecken. Wenn nämlich durch eine Trennung von Bahn und Netz Arbeitsplätze entfallen, sind die bisherigen Strukturen offenkundig ineffektiv.

Gruß
Wolfgang

Moin,

zur gegenteiligen These: „Trennung führt wahrscheinlich zu
mehr Verkehr auf der Schiene, insbesondere im Güterbereich,
und auf diese Weise mittelbar zu tendenziell mehr
(inländischen) Arbeitsplätzen“ gibt es einige recht
instruktive Artikel im Organ des Bundesverbandes von Pro Bahn
e.V. „Der Fahrgast“ 2/2006, in dem sich Pro Bahn u.a. mit dem
skandalösen PRIMON-Gutachten zum Börsengang und den Thesen von
Prof. Jörn Pachl, der die Trennung eher ablehnt,
auseinandersetzt.

Viele Eisenbahner und Eisenbahnfans bezweifeln auch die Fairness und Unabhängigkeit von Pro Bahn, insbesondere nach den Streitereien mit Mehdorn. Und Prof. Pachl bringt - neben den vieldiskutierten wirtschaftlichen Aspekten - auch technischen Sachverstand mit ein. Ein Triebfahrzeug, das auf einer Eisenbahnschiene fährt ist nicht das gleiche wie ein Auto, das auf einer asphaltierten Straße fährt. Ein Beispiel: die Züge der Nord-Ostsee-Bahn auf der Marschbahn fahren zur Zeit streckenweise ohne Klimaanlage/Heizung weil die zentrale Energieversorgung der Fahrzeuge die Infrastruktur (z.B. Achszähler) stört. Das gab im Juli kostenloses Sauna-Feeling für die Fahrgäste. Fahrzeuge und Netz müssen aufeinander abgestimmt sein. Bei einer Trennung von Netz und Betrieb wird die Abstimmung nicht unmöglich, aber schwieriger.

In dieser Ausgabe von „Der Fahrgast“ wird als einziges
greifbares Argument von Transnet die Gewerkschaftszeitschrift
„inform“ 1/2006 zitiert, in der das Schlagwort „Die Spaltung
des Unternehmens gefährdet 50.000 Arbeitsplätze“ bloß mit der
eher vagen These erläutert wird „Eine Vielzahl an Interessen
sind beteiligt. So auch die der Industrie und der
Dienstleistungsbranche, die längst ein Auge auf die lukrativen
Nebengeschäfte der Bahn wie etwa Fahrzeuginstandhaltung,
Reinigung oder Sicherheit geworfen haben.“ Dieser Satz
bedeutet wohl, daß die Erledigung bestimmter Tätigkeiten durch
andere Unternehmen nach der Ansicht von Transnet automatisch
dazu führen würde, dass das gleiche Pensum von weniger
Mitarbeitern bewältigt werden muss.

Wieviele Menschen in der Branche Eisenbahn beschäftigt sind, hängt in der Tat davon ab, wieviel Verkehr auf der Schiene stattfindet. Ein überflüssiger Personalbestand muss immer abgebaut werden - egal auf welche Lösung sich die Politiker nun einigen.

Daß genau diese Entwicklung nicht nur schon jahrelang bei der
DB AG nebst Töchtern, Nichten und Cousinen genau so
stattfindet, sondern durch bestimmte Strukturen der
Einheits-StaatsAG, bei der Netz und Betrieb in einer Hand ist,
flott weitergehen wird, bleibt dabei außer Acht.

Das ist richtig, der Personalabbau seit der Fusion von Bundes- und Reichsbahn war immens. Und wenn man sieht, wieviele Formsignale, die mit Seilzügen von Menschenhand bedient werden oder wieviele Schrankenposten es noch gibt, ist sicher, dass der Personalabbau noch weiter gehen wird.

Sicher ist, daß die derzeit geplante Stillegung von weiteren
6.000 km Eisenbahnstrecken auch in der Hand der Einheits-AG
nicht nur zu Personalabbau führen wird, wo immer dieser noch
weiter möglich ist, sondern auch zum Abbau von Leistungen und
zum Abbau der Möglichkeiten für Mitbewerber, die es besser
machen können und wollen.

Wenn ein Bundesland den Verkehr auf einer Nebenstrecke abbestellt, dann wird die Strecke in der Regel stillgelegt. Diese Entscheidungen trifft die Politik. Die Entscheidungen der Länder werden beeinflusst durch die Regionalisierungsmittel des Bundes.

BTW: Mit den noch vorhandenen ex-Bundesbahnbeamten hat der
Themenkomplex Börsengang und Abtrennung des Netzes vom
Fahrbetrieb nichts zu tun: Die befinden sich in der Obhut des
Bundeseisenbahnvermögens und werden von der DBAG „nach Bedarf“

  • böse Leute sagen „nach Lust und Laune“ dort angemietet. Mit
    der Folge, daß einerseits haufenweise ordentlich ausgebildete
    Leute sich beim Bundeseisenbahnvermögen mit so Nettigkeiten
    wie dem Erfassen von „Hartz-IV“-Antragsbögen beschäftigen,
    während den Bahnkunden zugemutet wird, ihre Fahrkarten bei
    trostlos schlecht eingewiesenen Angestellten zu kaufen, die
    beim besten Willen nicht glauben können, daß man von Köln nach
    Oldenburg auch über Osnabrück - Quakenbrück fahren kann und
    nicht zwingend über Hannover muss…

Ob jemand Beamter oder Angestellter ist, sieht man jemandem nicht an. Oder hast du beim Fahrscheinkauf gleich danach gefragt? Es gibt auch viele jüngere Beamte dort, die letzten wurden 1994 verbeamtet. Das Problem: deren Zukunft steht in den Sternen. Keiner weiß, wie lange der Bund die Beamten noch an die DB verleiht und Zulagen/Pensionen zahlt.

Gruß
Axel

Servus Axel,

Viele Eisenbahner und Eisenbahnfans bezweifeln auch die
Fairness und Unabhängigkeit von Pro Bahn, insbesondere nach
den Streitereien mit Mehdorn.

Unabhängig von Mehdorn: Schon. Fair gegenüber seinem Zerstörungswerk - eher nicht. Warum auch? Den Dialog hat der Ritter von der Sauerstofflanze von sich aus abgebrochen. Alle seine Vorgänger konnten prima mit Pro Bahn reden, und das meiste, was in den zurückliegenden zehn Jahren besser geworden ist, kommt von Pro Bahn. Einschließlich solcher Dinge wie integrierte Taktfahrpläne, Regioshuttle, Desiro etc. …)

Ein Beispiel:
die Züge der Nord-Ostsee-Bahn auf der Marschbahn fahren zur
Zeit streckenweise ohne Klimaanlage/Heizung weil die zentrale
Energieversorgung der Fahrzeuge die Infrastruktur (z.B.
Achszähler) stört.

Ach weißt Du, dort wo man DB-Netz machen lässt, sieht man überall an den LA-Tafeln, was dort unter technischer Abstimmung verstanden wird: Ein Fahrzeug, das schneller als die erlaubten 20 km/h läuft, ist unsinniger Luxus. Ich frag mich schon, wofür all die schönen neuen Regioshuttles, Desiros etc. von den fitten Mitbewerbern angeschafft werden, wenn sie nachher über die furchtbaren Rübenäcker der Netz AG hoppeln müssen. Das was hier abgestimmt werden muss, sind die Interessen der Dehback („Möglichst kein Verkehr mehr auf der Schiene außer Ölzügen, Erzzügen, Kohlezügen und ICE“; vielleicht noch bissel was für die dussligen Schweizer, Italiener und Franzosen, die sich noch mit Wagenladungen abgeben - aber bitte nicht unter 120 Achsen, und ohne Rangieren!) und die Interessen der Bundesländer, die für ihr teueres Geld vielleicht auch gern ein wenig funktionierenden Personenverkehr hätten und sich dafür Unternehmen engagieren, die diesen gerne erbringen würden, wenn nicht hinter jeder rausgerissenen Weiche, vor jedem demolierten Signal und neben jedem zusammenbrechenden Bahnhofsgebäude wieder ne neue LA-Tafel lauern würde.

Bei einer Trennung von Netz und Betrieb wird
die Abstimmung nicht unmöglich, aber schwieriger.

Das halte ich für ein Gerücht. Das Netz ist in der Hand eines Unternehmens, das sich damit brüstet, jetzt endlich im Güterverkehr wie alle modernen Logistiker mehr Leistungen auf der Straße als auf der Schiene zu erbringen. Dessen Oberindianer jeden für bescheuert erklärt, der gerne länger als zwei Stunden im Zug sitzt, und um das zu unterstreichen, ohne jede Pilotphase flächendeckend die Heulsusen BR 425 auf die gequälte Kundschaft loslässt, in denen man es tatsächlich nicht länger als 10 Minuten aushält, ohne dass die Ohren pfeifen und der Rücken, der Nacken, die Knie wehtun. Wie soll jemand das Netz vernünftig managen, der gar keine ordentlichen Schienenverkehrsleistungen damit erbringen will, sondern ganz andere Ziele verfolgt?

Die derzeitigen „Investitionen“ ins Netz bestehen wesentlich im Zerstören von Weichen, Begegnungsmöglichkeiten, Ausweich- und Überholgleisen. Das geht teilweise mit einer frappierenden Geschwindigkeit: Kaum ist irgendwo der Nahverkehr ausgedünnt, sind wenige Tage später die „nicht mehr benötigten“ Weichen an allen Begegnungsstellen demoliert. Wo dafür keine Kapazitäten da sind, genügt es offenbar auch schon, die Ausweichgleise durch Rausschneiden von etwa meterlangen Abschnitten unbefahrbar zu machen. Die Wehrmachtspioniere auf dem Rückzug konnten 1944 mit dem Schwellenreißer kaum effizienter arbeiten. Aber: Hat man da nicht vielleicht den Bock zum Gärtner…? Die Börsenbahn will gar keinen Nahverkehr fahren, und auch keinen ordentlich organisierten Güterverkehr. Alles, was sie mit ihrer Netz-Tochter veranstaltet, scheint unter dem Motto zu stehen: „Dass das aber ja keinem Mitbewerber einfällt, hier noch fahren zu wollen!“

Wieviele Menschen in der Branche Eisenbahn beschäftigt sind,
hängt in der Tat davon ab, wieviel Verkehr auf der Schiene
stattfindet.

Der findet aber nicht von selber statt. In den seltenen Beispielen, wo es Mitbewerbern ermöglicht wurde, was am Netz zu machen, führte das zu Steigerungen um runde 130% - Ich spreche von der Murgtalbahn und den anderen Unternehmungen der Karlsruher Straßenbahn, mit denen gezeigt wurde, was man außer Rausreißen, Verschrotten und Demolieren noch alles tun kann.

Ein überflüssiger Personalbestand muss immer
abgebaut werden - egal auf welche Lösung sich die Politiker
nun einigen.

Es ist freilich auch möglich, ihn effizienter einzusetzen. Ich bezahle mit meinen Regionalisierungsmitteln lieber Leute, die was fertigbringen, als ALG-Empfänger, Frühpensionäre etc.

Das ist richtig, der Personalabbau seit der Fusion von Bundes-
und Reichsbahn war immens. Und wenn man sieht, wieviele
Formsignale, die mit Seilzügen von Menschenhand bedient werden
oder wieviele Schrankenposten es noch gibt, ist sicher, dass
der Personalabbau noch weiter gehen wird.

Genau für Formsignale, Dr-Stellwerke, handbediente Schranken etc. kennt die Netz AG bloß eine Lösung: Wenn das Stillegungsverfahren zu lang dauert, schickt man so lang den Schienenmesszug drüber, bis man auch so aufhören darf zu fahren. Gut, dann sind die überflüssigen Arbeitsplätze weg. Aber die Strecke halt auch.

Wenn ein Bundesland den Verkehr auf einer Nebenstrecke
abbestellt, dann wird die Strecke in der Regel stillgelegt.
Diese Entscheidungen trifft die Politik.

Nein, das würde nur bei einer Abtrennung des Netzes so funktionieren. Etwa die Hälfte der Regionalisierungsmittel landen beim Netz, aber ohne daß die Länder beeinflussen könnten, wie und wofür. Abbestellt wird die Verkehrsleistung, wenn sie im Vergleich zu dem, was sie kostet, so kläglich geworden ist, daß sie niemand mehr in Anspruch nehmen will. Die Verkehrsleistung ist das Ergebnis, die an DB Netz dabei bezahlten Trassenentgelte eine Vorleistung, die in dieses Ergebnis einfließt. Das Ergebnis ist kurios: Politisch gewünschte Verkehrsleistungen werden unter Bedingungen erbracht, auf die die Besteller in sehr vielen Punkten gar keinen Einfluß haben. Wenn z.B. der zuständige Minister in Hessen entscheiden könnte, ob er die gleiche Summe lieber für die Demolierung des Gütergleises an der Bergstraße ausgibt oder lieber für Rationalisierungsmaßnahmen, die den Verkehr auf der Odenwaldbahn billiger machen würden und damit einen dichteren Takt und kürzere Fahrzeiten erlauben würden, glaube ich nicht, daß er sich der Option anschlösse, die die DB Netz für ihn getroffen hat.

Ob jemand Beamter oder Angestellter ist, sieht man jemandem
nicht an.

Das hört man, sobald einer den Mund aufmacht, ob er eine vernünftige Ausbildung oder eine dreiwöchige Einweisung bekommen hat. Die Beamten, die noch im Betriebsdienst sind und nicht irgendwo im Gelben Sack rumhängen, Buchfahrpläne einbessern und verteilen und wasweißich für spannende Aufgaben (kein Jux, Hartz-IV-Erfassen wurde tatsächlich in großem Umfang von Eisenbahnern erledigt - während gleichzeitig Zugausfälle wegen Personalmangel an allen Ecken und Enden normal sind), sind schnell abgezählt.

Aber das steht auf einem anderen Blatt.

Schöne Grüße

MM