Servus Axel,
Viele Eisenbahner und Eisenbahnfans bezweifeln auch die
Fairness und Unabhängigkeit von Pro Bahn, insbesondere nach
den Streitereien mit Mehdorn.
Unabhängig von Mehdorn: Schon. Fair gegenüber seinem Zerstörungswerk - eher nicht. Warum auch? Den Dialog hat der Ritter von der Sauerstofflanze von sich aus abgebrochen. Alle seine Vorgänger konnten prima mit Pro Bahn reden, und das meiste, was in den zurückliegenden zehn Jahren besser geworden ist, kommt von Pro Bahn. Einschließlich solcher Dinge wie integrierte Taktfahrpläne, Regioshuttle, Desiro etc. …)
Ein Beispiel:
die Züge der Nord-Ostsee-Bahn auf der Marschbahn fahren zur
Zeit streckenweise ohne Klimaanlage/Heizung weil die zentrale
Energieversorgung der Fahrzeuge die Infrastruktur (z.B.
Achszähler) stört.
Ach weißt Du, dort wo man DB-Netz machen lässt, sieht man überall an den LA-Tafeln, was dort unter technischer Abstimmung verstanden wird: Ein Fahrzeug, das schneller als die erlaubten 20 km/h läuft, ist unsinniger Luxus. Ich frag mich schon, wofür all die schönen neuen Regioshuttles, Desiros etc. von den fitten Mitbewerbern angeschafft werden, wenn sie nachher über die furchtbaren Rübenäcker der Netz AG hoppeln müssen. Das was hier abgestimmt werden muss, sind die Interessen der Dehback („Möglichst kein Verkehr mehr auf der Schiene außer Ölzügen, Erzzügen, Kohlezügen und ICE“; vielleicht noch bissel was für die dussligen Schweizer, Italiener und Franzosen, die sich noch mit Wagenladungen abgeben - aber bitte nicht unter 120 Achsen, und ohne Rangieren!) und die Interessen der Bundesländer, die für ihr teueres Geld vielleicht auch gern ein wenig funktionierenden Personenverkehr hätten und sich dafür Unternehmen engagieren, die diesen gerne erbringen würden, wenn nicht hinter jeder rausgerissenen Weiche, vor jedem demolierten Signal und neben jedem zusammenbrechenden Bahnhofsgebäude wieder ne neue LA-Tafel lauern würde.
Bei einer Trennung von Netz und Betrieb wird
die Abstimmung nicht unmöglich, aber schwieriger.
Das halte ich für ein Gerücht. Das Netz ist in der Hand eines Unternehmens, das sich damit brüstet, jetzt endlich im Güterverkehr wie alle modernen Logistiker mehr Leistungen auf der Straße als auf der Schiene zu erbringen. Dessen Oberindianer jeden für bescheuert erklärt, der gerne länger als zwei Stunden im Zug sitzt, und um das zu unterstreichen, ohne jede Pilotphase flächendeckend die Heulsusen BR 425 auf die gequälte Kundschaft loslässt, in denen man es tatsächlich nicht länger als 10 Minuten aushält, ohne dass die Ohren pfeifen und der Rücken, der Nacken, die Knie wehtun. Wie soll jemand das Netz vernünftig managen, der gar keine ordentlichen Schienenverkehrsleistungen damit erbringen will, sondern ganz andere Ziele verfolgt?
Die derzeitigen „Investitionen“ ins Netz bestehen wesentlich im Zerstören von Weichen, Begegnungsmöglichkeiten, Ausweich- und Überholgleisen. Das geht teilweise mit einer frappierenden Geschwindigkeit: Kaum ist irgendwo der Nahverkehr ausgedünnt, sind wenige Tage später die „nicht mehr benötigten“ Weichen an allen Begegnungsstellen demoliert. Wo dafür keine Kapazitäten da sind, genügt es offenbar auch schon, die Ausweichgleise durch Rausschneiden von etwa meterlangen Abschnitten unbefahrbar zu machen. Die Wehrmachtspioniere auf dem Rückzug konnten 1944 mit dem Schwellenreißer kaum effizienter arbeiten. Aber: Hat man da nicht vielleicht den Bock zum Gärtner…? Die Börsenbahn will gar keinen Nahverkehr fahren, und auch keinen ordentlich organisierten Güterverkehr. Alles, was sie mit ihrer Netz-Tochter veranstaltet, scheint unter dem Motto zu stehen: „Dass das aber ja keinem Mitbewerber einfällt, hier noch fahren zu wollen!“
Wieviele Menschen in der Branche Eisenbahn beschäftigt sind,
hängt in der Tat davon ab, wieviel Verkehr auf der Schiene
stattfindet.
Der findet aber nicht von selber statt. In den seltenen Beispielen, wo es Mitbewerbern ermöglicht wurde, was am Netz zu machen, führte das zu Steigerungen um runde 130% - Ich spreche von der Murgtalbahn und den anderen Unternehmungen der Karlsruher Straßenbahn, mit denen gezeigt wurde, was man außer Rausreißen, Verschrotten und Demolieren noch alles tun kann.
Ein überflüssiger Personalbestand muss immer
abgebaut werden - egal auf welche Lösung sich die Politiker
nun einigen.
Es ist freilich auch möglich, ihn effizienter einzusetzen. Ich bezahle mit meinen Regionalisierungsmitteln lieber Leute, die was fertigbringen, als ALG-Empfänger, Frühpensionäre etc.
Das ist richtig, der Personalabbau seit der Fusion von Bundes-
und Reichsbahn war immens. Und wenn man sieht, wieviele
Formsignale, die mit Seilzügen von Menschenhand bedient werden
oder wieviele Schrankenposten es noch gibt, ist sicher, dass
der Personalabbau noch weiter gehen wird.
Genau für Formsignale, Dr-Stellwerke, handbediente Schranken etc. kennt die Netz AG bloß eine Lösung: Wenn das Stillegungsverfahren zu lang dauert, schickt man so lang den Schienenmesszug drüber, bis man auch so aufhören darf zu fahren. Gut, dann sind die überflüssigen Arbeitsplätze weg. Aber die Strecke halt auch.
Wenn ein Bundesland den Verkehr auf einer Nebenstrecke
abbestellt, dann wird die Strecke in der Regel stillgelegt.
Diese Entscheidungen trifft die Politik.
Nein, das würde nur bei einer Abtrennung des Netzes so funktionieren. Etwa die Hälfte der Regionalisierungsmittel landen beim Netz, aber ohne daß die Länder beeinflussen könnten, wie und wofür. Abbestellt wird die Verkehrsleistung, wenn sie im Vergleich zu dem, was sie kostet, so kläglich geworden ist, daß sie niemand mehr in Anspruch nehmen will. Die Verkehrsleistung ist das Ergebnis, die an DB Netz dabei bezahlten Trassenentgelte eine Vorleistung, die in dieses Ergebnis einfließt. Das Ergebnis ist kurios: Politisch gewünschte Verkehrsleistungen werden unter Bedingungen erbracht, auf die die Besteller in sehr vielen Punkten gar keinen Einfluß haben. Wenn z.B. der zuständige Minister in Hessen entscheiden könnte, ob er die gleiche Summe lieber für die Demolierung des Gütergleises an der Bergstraße ausgibt oder lieber für Rationalisierungsmaßnahmen, die den Verkehr auf der Odenwaldbahn billiger machen würden und damit einen dichteren Takt und kürzere Fahrzeiten erlauben würden, glaube ich nicht, daß er sich der Option anschlösse, die die DB Netz für ihn getroffen hat.
Ob jemand Beamter oder Angestellter ist, sieht man jemandem
nicht an.
Das hört man, sobald einer den Mund aufmacht, ob er eine vernünftige Ausbildung oder eine dreiwöchige Einweisung bekommen hat. Die Beamten, die noch im Betriebsdienst sind und nicht irgendwo im Gelben Sack rumhängen, Buchfahrpläne einbessern und verteilen und wasweißich für spannende Aufgaben (kein Jux, Hartz-IV-Erfassen wurde tatsächlich in großem Umfang von Eisenbahnern erledigt - während gleichzeitig Zugausfälle wegen Personalmangel an allen Ecken und Enden normal sind), sind schnell abgezählt.
Aber das steht auf einem anderen Blatt.
Schöne Grüße
MM