Zeugnisbewertung

Hallo, ich habe gesehen, dass es hier auch Experten gibt, die Zeugnisse bewerten können. Könntet Ihr mir bitte Eure Meinung zu den folgenden zwei Zeugnissen mitteilen?

Basics: Presse-Tabak-Lotto-Handlung mit benachbartem Bistro, Inhabergeführt, knapp 1 Million € Umsatz, 6 Beschäftigte.
Der erste Inhaber hat sich zur Ruhe gesetzt, der zweite hat aufgrund familiären und daraus folgenden wirtschaftlichen Gründen den Betrieb geschlossen.

1.Zeugnis
Herr XX, geboren am 27. Juni 1967, war von 01. März 1994 bis 31. Dezember 2001 als kaufmännischer Mitarbeiter und Buchhalter bei uns beschäftigt.

Seine Aufgaben bestanden zunächst aus den allgemein anfallenden Büroarbeiten.
Seit der Umstrukturierung im Jahre 1995 erledigten wir die gesamte Buchhaltung der Filialen Kirchheim, Esslingen und Böblingen bei uns im Haus. Aufgrund des großen Engagements von Herrn XX und seiner schnellen Auffassungsgabe haben wir ihm bereits nach kurzer Einarbeitungszeit die Verantwortung für die vorbereitende Buchhaltung übergeben. Hierbei arbeitete er eng mit unserem Steuerberater zusammen.

Herr XX genoss unser vollstes Vertrauen und wurde im gesamten buchhalterischen Bereich einschließlich Lohn- und Gehaltsbuchhaltung, dem Berichtswesen sowie dem Zahlungsverkehr eingesetzt.

Ab 1998 erledigte Herr XX das gesamte Rechnungswesen eigenverantwortlich. Aufgrund seiner Vertrauensstellung erteilten wir ihm gegenüber unserer Bank Zeichnungsbefugnis.

Herr XX erfüllte alle ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit. Seine Leistungsbereitschaft ging weit über das normale Maß hinaus.

Wir haben ihn als sehr zuverlässigen, ehrlichen und motivierten Mitarbeiter kennengelernt, dessen freundliche und zuvorkommende Art von Vorgesetzten, Kollegen und Geschäftspartnern gleichermaßen geschätzt wurde.

Aufgrund unserer Betriebsschließung haben wir unserem Nachfolger empfohlen, Herrn XX als Buchhalter zu übernehmen

Wir danken Herrn XX für die stets gute Zusammenarbeit und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

Kirchheim, 04. Januar 2002

2.Zeugnis
Wir haben Herrn XX, geb. am 27. Juni 1967, aufgrund einer Empfehlung unseres Vorgängers zum 02. Januar 2002 übernommen.

Im Rahmen seiner Tätigkeit war er für die Finanz- und Lohnbuchhaltung, das Berichtswesen, sowie die Überwachung des Zahlungsverkehrs und die Rechnungskontrolle verantwortlich.

Zur Erfüllung seiner Aufgaben arbeitete er mit MS-Office, der Agenda Finanzbuchhaltungssoftware, dem Lexware Lohnbuchhaltungsprogramm und dem Warenwirtschaftsprogramm Babula.

Herr XX erledigte alle Aufgaben selbständig und auch unter Termindruck mit äußerster Sorgfalt,. Wir kennen ihn als zuverlässigen und verantwortungsvollen Mitarbeiter, mit dessen Leistungen wir stets sehr zufrieden waren. Er zeigte Initiative, Fleiß und Eifer weit über das normale Maß hinaus.

Durch sein freundliches und hilfsbereites Wesen war er bei Vorgesetzten und Kollegen gleichermaßen geschätzt, das Verhalten gegenüber Geschäftspartnern war jederzeit vorbildlich.

Aufgrund unserer Betriebsschließung zum 30. November 2006 können wir Herrn XX leider nicht mehr weiter beschäftigen.

Wir danken Herrn XX für die wertvolle Zusammenarbeit und wünschen ihm für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

Kirchheim, 04. Dezember 2006

Vielen Dank für Eure Hilfe
Gruß

Paar Sachen…
Generell: Signatur und Ausstellungsdatum sollten immer gleich Ausscheidetermin sein.

1.Zeugnis
Herr XX, geboren am 27. Juni 1967, war von 01. März 1994 bis
31. Dezember 2001 als kaufmännischer Mitarbeiter und
Buchhalter bei uns beschäftigt.

„war… beschäftigt“ ist sehr passiv und hat damit einen negativen Unterton.

Seine Aufgaben bestanden zunächst aus den allgemein anfallenden Büroarbeiten.

Wie zum Beispiel Kaffeekochen und Müll raustragen? Oder auch was Erwähnenswertes?

Seit der Umstrukturierung im Jahre 1995 erledigten wir die gesamte Buchhaltung der Filialen Kirchheim, Esslingen und Böblingen bei uns im Haus.

Das ist irgendwie da bisschen fehl am Platz oder zumindest schlecht formuliert da es nichts mit der Bewertung Deiner Person zu tun hat.

Aufgrund des großen Engagements von Herrn XX und seiner schnellen Auffassungsgabe haben wir ihm bereits nach kurzer Einarbeitungszeit die Verantwortung für die vorbereitende Buchhaltung übergeben. Hierbei arbeitete er eng mit unserem Steuerberater zusammen.

Und was hat er da geleistet? Oder hat er nur die Verantwortung bekommen?

Herr XX genoss unser vollstes Vertrauen und wurde im gesamten buchhalterischen Bereich einschließlich Lohn- und Gehaltsbuchhaltung, dem Berichtswesen sowie dem Zahlungsverkehr eingesetzt.

Schon wieder dieser böse Passiv „wurde eingesetzt“! Und eine böse Schere zwischen Aufgaben und Leistungen (die fehlen hier)

Ab 1998 erledigte Herr XX das gesamte Rechnungswesen eigenverantwortlich. Aufgrund seiner Vertrauensstellung erteilten wir ihm gegenüber unserer Bank Zeichnungsbefugnis.

Herr XX erfüllte alle ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.

War er jetzt eigenverantwortlich oder wurden ihm Aufgaben übertragen? Hmm…

Seine Leistungsbereitschaft ging weit über das normale Maß hinaus.

Nicht jedoch seine Arbeitsergebnisse?

Wir haben ihn als sehr zuverlässigen, ehrlichen und motivierten Mitarbeiter kennengelernt, dessen freundliche und zuvorkommende Art von Vorgesetzten, Kollegen und Geschäftspartnern gleichermaßen geschätzt wurde.

Da kann man jetzt auch noch was reininterpretieren, denn wenn man bei einem Buchhalter mit Prokura schon die Ehrlichkeit hervorhebt, ist das entweder ein Hinweis daß es nichts Wichtiges zu sagen gibt oder daß das Zynismus sein soll.

Aufgrund unserer Betriebsschließung haben wir unserem Nachfolger empfohlen, Herrn XX als Buchhalter zu übernehmen

Aber nicht aufgrund seiner guten Leistungen?

Wir danken Herrn XX für die stets gute Zusammenarbeit und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

Wohlgemerkt- nicht „sehr gute“ Zusammenarbeit und auch nicht „Leistung“! Und man hält sich bedeckt, ob das jetzt beruflich oder privat sein soll.
Aber wenigstens Gut-Wünsche und weiterhin Erfolg.

Wir haben Herrn XX, geb. am 27. Juni 1967, aufgrund einer Empfehlung unseres Vorgängers zum 02. Januar 2002 übernommen.

Aber nicht weil wir selbst von seinen Qualifikationen überzeugt gewesen wären?

Im Rahmen seiner Tätigkeit war er für die Finanz- und Lohnbuchhaltung, das Berichtswesen, sowie die Überwachung des Zahlungsverkehrs und die Rechnungskontrolle verantwortlich.

Da sind also sogar Sachen hinzugekommen, die Finanzbuchhaltung. Vermindert wurde die Verantwortung im Bereich Zahlungsverkehr, ein Schelm wer Schlimmes dabei denkt.

Zur Erfüllung seiner Aufgaben arbeitete er mit MS-Office, der Agenda Finanzbuchhaltungssoftware, dem Lexware Lohnbuchhaltungsprogramm und dem Warenwirtschaftsprogramm Babula.

Und kennt sich, da er nur seine Aufgaben damit erfüllt keinen Deut besser als absolut nötig aus?

Herr XX erledigte alle Aufgaben selbständig und auch unter Termindruck mit äußerster Sorgfalt,.

War also selbst dann der lahmste Esel des Geschäfts, wenn bei allen Anderen die Ka* am Dampfen war.

Wir kennen ihn als zuverlässigen und verantwortungsvollen Mitarbeiter, mit dessen Leistungen wir stets sehr zufrieden waren.

Eigentlich gut.

Er zeigte Initiative, Fleiß und Eifer weit über das normale Maß hinaus.

Wenn er wenigstens was gebacken hätte bei den ganzen Dingen, wo er sich sonst noch eingemischt hat!

Durch sein freundliches und hilfsbereites Wesen war er bei Vorgesetzten und Kollegen gleichermaßen geschätzt, das Verhalten gegenüber Geschäftspartnern war jederzeit vorbildlich.

Warum wurde er nicht für Kompetenz und Leistung geschätzt?
Und: Warum sind die Geschäftspartner immer hinten dran? Sind die so unwichtig gewesen? Also - dem Unternehmen oder dem Zeugnisempfänger?

Aufgrund unserer Betriebsschließung zum 30. November 2006 können wir Herrn XX leider nicht mehr weiter beschäftigen.

Das klingt irgendwie logisch ^^ Bedauern ist gut, denn es ist ein Zeichen der Wertschätzung.
Leider kann man hier nicht erkennen, ob der Laden aus finanziellen Gründen dichtgemacht wurde, was eventuell in der Mitverantwortung des Buchhalters liegen könnte!

Wir danken Herrn XX für die wertvolle Zusammenarbeit und wünschen ihm für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

Da fehlt ein „stets“ und auch ein „sehr“, ansonsten ein schöner Nachsatz.

Fazit: Man kann viel Böses reininterpretieren, wie viel davon berechtigt ist, lasse ich mal dahingestellt.
Notenmäßig ist es vielleicht im unteren 3er Bereich, da konkrete Leistungen vollkommen fehlen und zusätzlich einiges unschlüssig erscheint.

Gruß,
Michael

Hallo Mike,

ist schon alles richtig, was du schreibst, aber ich möchte das hier:

Basics: Presse-Tabak-Lotto-Handlung mit benachbartem Bistro, Inhabergeführt, knapp 1 Million € Umsatz, 6 Beschäftigte.

zu Bedenken geben. Einen Kiosk- und Bistro-Besitzer kannst du nicht mit dem Personaler eines internationalen Konzerns vergleichen. :wink:

Grüße
Renee

Paar Sachen? Paar Fragen…
Hi, erstmal Danke für Deine Bemühungen. Ich hätte da noch ein paar Fragen:

„war… beschäftigt“ ist sehr passiv und hat damit einen
negativen Unterton.

Aber ich WAR da halt beschäftigt, aber BIN es nicht mehr. Wie kann man das besser ausdrücken?

Seit der Umstrukturierung im Jahre 1995 erledigten wir die gesamte Buchhaltung der Filialen Kirchheim, Esslingen und Böblingen bei uns im Haus.

Das ist irgendwie da bisschen fehl am Platz oder zumindest
schlecht formuliert da es nichts mit der Bewertung Deiner
Person zu tun hat.

Es sagt doch aus, dass die Buchhaltung von DREI Läden erledigt wurde.

Aufgrund des großen Engagements von Herrn XX und seiner schnellen Auffassungsgabe haben wir ihm bereits nach kurzer Einarbeitungszeit die Verantwortung für die vorbereitende Buchhaltung übergeben. Hierbei arbeitete er eng mit unserem Steuerberater zusammen.

Und was hat er da geleistet? Oder hat er nur die Verantwortung
bekommen?

Ist Verantwortung nicht immer gut? Sagt das nicht aus, dass er die Buchhaltung alleine gemacht hat bis auf die Dinge, die der Steuerberater machen muss?

Herr XX genoss unser vollstes Vertrauen und wurde im gesamten buchhalterischen Bereich einschließlich Lohn- und Gehaltsbuchhaltung, dem Berichtswesen sowie dem Zahlungsverkehr eingesetzt.

Schon wieder dieser böse Passiv „wurde eingesetzt“! Und eine
böse Schere zwischen Aufgaben und Leistungen (die fehlen hier)

Aber der Zeugnisaussteller muss doch in der Vergangenheit schreiben? Mach doch mal ein besseres Beispiel bitte.

Ab 1998 erledigte Herr XX das gesamte Rechnungswesen eigenverantwortlich. Aufgrund seiner Vertrauensstellung erteilten wir ihm gegenüber unserer Bank Zeichnungsbefugnis.

Herr XX erfüllte alle ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.
War er jetzt eigenverantwortlich oder wurden ihm Aufgaben
übertragen? Hmm…

Er hatte die Aufgabe, das Rechnungswesen alleinverantwortlich zu erledigen. „Wie Du das machst ist mir egal, Hauptsache es ist pünktlich erledigt und alles korrekt.“

Im Rahmen seiner Tätigkeit war er für die Finanz- und Lohnbuchhaltung, das Berichtswesen, sowie die Überwachung des Zahlungsverkehrs und die Rechnungskontrolle verantwortlich.

Da sind also sogar Sachen hinzugekommen, die
Finanzbuchhaltung. Vermindert wurde die Verantwortung im
Bereich Zahlungsverkehr, ein Schelm wer Schlimmes dabei denkt.

Das war dann ein Familienbetrieb, die wollten sowas nicht aus den Händen geben und die Ehefrau wollte das selbst machen. Eigentlich normaler Sachverhalt.

Herr XX erledigte alle Aufgaben selbständig und auch unter Termindruck mit äußerster Sorgfalt,.

War also selbst dann der lahmste Esel des Geschäfts, wenn bei
allen Anderen die Ka* am Dampfen war.

Hihi!

Aufgrund unserer Betriebsschließung zum 30. November 2006 können wir Herrn XX leider nicht mehr weiter beschäftigen.

Das klingt irgendwie logisch ^^ Bedauern ist gut, denn es ist
ein Zeichen der Wertschätzung.
Leider kann man hier nicht erkennen, ob der Laden aus
finanziellen Gründen dichtgemacht wurde, was eventuell in der
Mitverantwortung des Buchhalters liegen könnte!

Scheidung, daher Trennung, daher mussten 1,5 Arbeitsplätze plötzlich bezahlt werden, private Altlasten. Wer würde schon so ehrlich sein, das in ein Zeugnis zu schreiben?
Verbleibende Ehefrau war der Meinung, es gehe niemanden etwas an, warum sie den Laden zumacht.

Man kann viel Böses
reininterpretieren,

Jo, dashabe ich gemerkt…
Vielleicht kannst Du mir bei den Fragen weiterhelfen. Die wollten mir ein gutes Zeugnis ausstellen aber wissen eben nicht wie. Ich auch nicht, habe aber auch keines gebraucht bisher. Zum Glück ändern die mir die Zeugnisse.

Danke und viele Grüße

Hi,
ich finde auch, daß sich das ganze so derartig inkonsistent liest(vor allem mit den erklärenden Kommentaren von mike-river), daß sich da wohl eher jemand echt bemüht hat seinem Ex-MA ein ganz besonders tolles Zeugnis zu schreiben und leider voll daneben gehauen hat.

Ich meine allein schon die Empfehlung an den Nachfolger auszusprechen bei ner mittelmässigen 3 und Problemen im Zahlungsverkehr…

Gruß
Nick

Hallo Renee,

Basics: Presse-Tabak-Lotto-Handlung mit benachbartem
Bistro, Inhabergeführt, knapp 1 Million € Umsatz, 6
Beschäftigte.

zu Bedenken geben. Einen Kiosk- und Bistro-Besitzer kannst du
nicht mit dem Personaler eines internationalen Konzerns
vergleichen. :wink:

Deswegen habe ich das extra dazu geschrieben, die Inhaber haben selbst keine Ahnung, wie man Zeugnisse schreibt oder die Bedeutung einzelner Aussagen.

Wird das von „professionellen“ Personalern aberücksichtigt/erkannt?

Danke und Grüße

Hä?
Hi Nick,
Du sprichst doch das 1. Zeugnis an, oder?

Ich meine allein schon die Empfehlung an den Nachfolger
auszusprechen bei ner mittelmässigen 3 und Problemen im
Zahlungsverkehr…

Wo kann man denn da was lesen von Problemen im Zahlungsverkehr?

Überleg mal, Du würdest so ne kleine Klitsche übernehmen, samt dem bisherigen Buchhalter, würdest Du dem das gleiche Vertrauen gegenüber bringen wie der bisherige Inhaber? Ihm sofort Bankvollmacht geben? Und Deine Ehefrau sagt, ich kann das doch auch machen, da sparen wir auch noch Geld…Ich war doch nicht Prokurist bei der Deutschen Bank. Ist das wirklich so schwer nachvollziehbar und unrealistisch?

Ich bin echt dankbar für Eure Hilfe, aber mir kommt das so vor, als komme es nur darauf an, in jedem Satz das schlechteste zu sehen und so übel wie möglich auszulegen.

Danke und viele Grüße

Langsam, langsam…

Wo kann man denn da was lesen von Problemen im
Zahlungsverkehr?

Nick vergisst manchmal die Ironie-Tags… :wink:

Wo kann man denn da was lesen von Problemen im
Zahlungsverkehr?

Nick vergisst manchmal die Ironie-Tags… :wink:

Hi Renee,

jetzt hab ich es auch kapiert. Dann war das mit der schnellen Auffassungsgabe doch gelogen im Zeugnis…

Manno, das ist aber auch saublöd. Ich dachte bisher, das sind ordentliche Zeugnisse (so waren sie auch gedacht von den ehemaligen Chefs) und jetzt ist das praktisch Altpapier. Echt ärgerlich.

Grüße

Und paar Antworten
Also, als erstes mal:
Was Du an Hintergrundinfos gegeben hast, habe ich gelesen. Das Problem ist, dass diese Informationen im Zeugnis fehlen. So hat der Leser des Zeugnisses, dem zufällig ein paar der geschlossenen Familienbetriebe in Deutschland nicht mehr ganz geläufig sind, diese Info nicht an der Stelle, an der er sie bräuchte.
Selbst der Lebenslauf, in dem drin steht „Hinterhof-Bistro Vorderndorf, 4 Mitarbeiter“ rettet vielleicht nicht mehr, da die Bewerbung schon in Ablage P ist, bevor der Personaler die durch hat.

Hi, erstmal Danke für Deine Bemühungen. Ich hätte da noch ein
paar Fragen:

„war… beschäftigt“ ist sehr passiv und hat damit einen
negativen Unterton.

Aber ich WAR da halt beschäftigt, aber BIN es nicht mehr. Wie
kann man das besser ausdrücken?

Das Problem ist der Passiv.
„war beschäftigt“ (passiv) wirkt ganz anders als „hat gearbeitet“ (aktiv). Gleiches gilt für die anderen Passiva in den Zeugnissen.
Abstrahiert: Man schreibt über Dich im Passiv, also bist Du gundlegend passiv, das ganze „viel Interesse, hohe Motivation“ sind nur vorgeschoben um Deine grundlegende Faulheit zu vertuschen.
Stimmt zwar nicht unbedingt, aber kann so interpretiert werden.

Seit der Umstrukturierung im Jahre 1995 erledigten wir die gesamte Buchhaltung der Filialen Kirchheim, Esslingen und Böblingen bei uns im Haus.

Das ist irgendwie da bisschen fehl am Platz oder zumindest
schlecht formuliert da es nichts mit der Bewertung Deiner
Person zu tun hat.

Es sagt doch aus, dass die Buchhaltung von DREI Läden erledigt
wurde.

Dann muss aber der Satz so lauten „X übernahm nach einer Umstrukturierung die Buchhaltung für A,B,C“, wenn die Umstrukturierung der Grund für den Job war, ansonsten fliegt die Umstrukturierung ganz aus dem Zeugnis.
Was das Unternehmen X in seiner Freizeit mit Umstrukturierungen und Luxusreisen macht interessiert den neuen Personaler nur in so weit wenn Du eine aktive Rolle in der Umstrukturierung hattest oder deswegen in alter Position nicht mehr weiterbeschäftigt werden konntest.

Ist Verantwortung nicht immer gut? Sagt das nicht aus, dass er die Buchhaltung alleine gemacht hat bis auf die Dinge, die der Steuerberater machen muss?

Ehneinee… in so manchem Unternehmen ist „Verantwortung haben“ exklusiv-oder zu „etwas tun“, weißt ja „Arbeiter arbeitet, Maler malt, Chef scheffelt“ und so.
Gerade von Leuten in verantwortlicher Position wird erwartet, dass sie betriebswirtschaftlich interessante Resultate erbringen a la „konnte die Jahresbilanz in der Hälfte der bisherigen Zeit abschließen“ oder „ermöglichte dank seiner gezielten Analyse von unnötigen Kostenfaktoren eine Kostenreduktion von 20% im Bereich Kleinausgaben“.
Wer „verantwortlich“ ist und „nur seine Arbeit schafft“, hat irgendwie die Verantwortung falsch verstanden oder wird ihr nicht gerecht.

Schon wieder dieser böse Passiv „wurde eingesetzt“! Und eine
böse Schere zwischen Aufgaben und Leistungen (die fehlen hier)

Aber der Zeugnisaussteller muss doch in der Vergangenheit schreiben?

Vergangenheit ist nicht Passiv. Passiv = Leidensform.
Ich werde eingesetzt = Passiv. Ich übernehme Aufgaben = Aktiv.
Passiv = Faulheit, Aktiv = Leistungsbereitschaft.
Besonders für Leute in „verantwortlicher Position“ ist Passivität karrieretechnisch ein Todesurteil, besonders wenn es um Rollen und Verantwortlichkeit geht.

Er hatte die Aufgabe, das Rechnungswesen alleinverantwortlich zu erledigen. „Wie Du das machst ist mir egal, Hauptsache es ist pünktlich erledigt und alles korrekt.“

Das Problem ist hier, dass man „übertragene Aufgaben“ nie eigenverantwortlich erledigen kann, denn eigenverantwortlich ist man nur für die Aufgaben, die man sich selbst aussuchen kann.
In diesem Fall wurde Dir die Verantwortung ebenfalls nur übertragen, und, Zitat Stuart Mill, „Das Prinzip der Eigenverantwortung basiert auf dem liberalen Ideal eines mündigen, selbstbestimmten Menschen“.
Ohne hier in die Diskussion der Selbstbestimmung zu gehen, es beißt sich einfach mit „Tut, was ihm befohlen wird“.

Das war dann ein Familienbetrieb, die wollten sowas nicht aus den Händen geben und die Ehefrau wollte das selbst machen. Eigentlich normaler Sachverhalt.

Was aber nicht im Zeugnis steht und somit für den Personaler ein Aussortierungsgrund ist, bevor Du beim Gespräch Zeit zur Klärung hast.

Scheidung, daher Trennung, daher mussten 1,5 Arbeitsplätze plötzlich bezahlt werden, private Altlasten. Wer würde schon so ehrlich sein, das in ein Zeugnis zu schreiben?

Das muss ja auch nicht rein, jedoch sollte eindeutig erkenntlich sein, dass der Prokurist keine Mitschuld an der Schließung des Geschäfts hat, denn sehr oft wäre eine Insolvenz (als Schließungsgrund) vermeidbar, wenn der Buchhalter rechtzeitig Alarm geschlagen hätte.

Vielleicht kannst Du mir bei den Fragen weiterhelfen. Die wollten mir ein gutes Zeugnis ausstellen aber wissen eben nicht wie. Ich auch nicht, habe aber auch keines gebraucht bisher. Zum Glück ändern die mir die Zeugnisse.

Generell gilt: In einem Arbeitszeugnis suche ich greifbare Resultate, die belegen, dass der Mitarbeiter nicht nur Dienst nach Vorschrift gemacht hat und sich nicht nur „eifrig um sein Tagesgeschäft bemüht und mit großem Interesse irgendwelche Dinge gemacht“ hat, sondern tatsächlich etwas Nützliches zum geschäftlichen Erfolg beigetragen hat.
Wofür Du Dich interessiert und daß Du recht fleißig warst, interessiert nicht, solange dabei nicht etwas rumgekommen ist, was es für ein zukünftiges Unternehmen interessant macht, Dich eher zu nehmen als Jungspund Frisch-Von-Der-Berufsschule, welcher die gleiche Arbeit, genauso eifrig, genauso interessiert, für das halbe Geld machen würde und dem Arbeitsmarkt noch 10-15 Jahre länger zur Verfügung steht.

Gruß,
Michael

1 Like

Hi,

Stimmt die Ironietags muss ich nachliefern:wink:

Manno, das ist aber auch saublöd. Ich dachte bisher, das sind
ordentliche Zeugnisse (so waren sie auch gedacht von den
ehemaligen Chefs) und jetzt ist das praktisch Altpapier. Echt
ärgerlich.

Würd ich nicht sagen! Die Zeugnisse waren gut gemeint und Du kannst ja die Chefs als Referenz angeben. Dann kann ein eventuell skeptischer Personalchef direkt anrufen und sich bestätigen lassen, daß Dir da keienr einen reinwürgen wollte.

Gruß
Nick

Hi Nick,

das gibt Hoffnung :smile:

Ich kann die Zeugnisse ja ändern lassen, das ist kein Problem, aber das dauert eben.

Aber in der Zeitung war ne gute Arbeitsstelle drin und da bewerbe ich mich jetzt mit den „schlechten“ Zeugnissen. Mal sehen.

Danke für die Tipps.

Grüße

Hi Michael,

Danke für die zahlreichen Tipps, ich werde die Zeugnisse ändern lassen und dann nochmals hier reinstellen.

Ich denke, ich muss da vielleicht auch selbst konkrete Vorschläge machen. Kennst Du irgendwelche guten Seiten mit Anregungen für „gute“ Zeugnisse?

Grüße