Zimt in der griechischen Küche

Liebe Kulinarier,

eben ist hier im Ofen eine Lammkeule, die in Knofel, Rosmarin und Zitrone mehr oder weniger badet und in der letzten Viertelstunde ihres Werdegangs eine Mütze aus Joghurt, Zimt und einem kleinen bisselchen Kartoffelmehl bekommen wird.

Damit bin ich über die bedeutende Rolle gestolpert, die Zimt in der griechischen Küche spielt, obwohl im 18. - 19. Jahrhundert, als die „traditionellen“ Küchen Europas entstanden sind, Griechenland nicht grad mit Reichtümern gesegnet und Zimt als Produkt nur einiger tropischer Länder immer noch richtig rar und teuer war. Gleichzeitig ist der wunderbare Strauß an ätherischen Ölen, den die Botanik auf Griechenland bietet, abgesehen von Rosmarin und ein bissle Salbei nicht gar so prägend für die Küche.

Weiß jemand, wie es kommt, dass ausgerechnet Zimt in der griechischen Küche so eine wichtige Bedeutung hat - die deutlich über das hinausgeht, was aus der osmanischen Küche in Griechenland geblieben sein mag?

Ist das schlicht der Bürgerstolz des 19. Jahrhunderts „wer in unserer Liga mitspielen will, muss es sich leisten können“?

Für Hinweise dankt

MM

Hi,
Zimt, der chinesische, nicht der ceylonesische, wurde durch Alexander den Großen ins Antike Griechenland geholt und seit dem in der Küche verwendet. Rosmarin ist eher ein westmediterranes Gewürz genauso wie Salbei, die beide nicht prägend sind für Griechenland. Das bedeutet aber nicht, das man in Griechenland nicht mit Kräutern kocht. Genau das Gegenteil ist der Fall. Nationalgewürz ist Oregano. Daneben noch sehr wichtig Thymian und Fenchel, Dill, Minze, Senf…
Joghurt als Zutat für Schmorgerichte ist eine typisch osmanische Sache, die man nicht in ganz Griechenland verwendet. Die griechische Küche ist auch was die Gewürze angeht keinesfalls homogen. Auch in Griechenland gibt es Regionalküche, an der man sehr gut erkennen kann, wer Gast gewesen ist: Ob Venetier oder Osmanen.
Die Gewürzpreise im Mittelalter sind besonders jenseits der Alpen so explodiert. Griechenland saß näher an der Quelle, einerseits durch den osmanischen Einfluss, andererseits durch die Venetier.

http://goccus.com/magazin.php?id=266

Zimt spielt nicht nur in der griechischen, sondern auch der türkischen, teilweise nordafrikanischen und „im Osten vom Mittelmeer“ - Küche eine größere Rolle als hier. Nicht nur zu Süßspeisen mit Zucker, sondern auch zum „Abrunden“ vieler Fleischgreichte (außer denen mit Schwein). Einfach mal ausprobirren.

Servus,

auch da: Mit Quitten in Granatapfelsaft schmoren lässt sich nicht nur Lammschulter, sondern auch Schwein; zu den Quitten gehört unbedingt Zimt. Auch z.B. Stifado, zu dem der Ton von Zimt und Nelken wichtig ist, kann man nicht bloß von Rind, sondern auch von Lamm und von Schwein machen.

Ausprobiert habe ich da schon einiges - ich fände es halt interessant, wie ein importiertes, teures Gewürz zu einer so bedeutenden Rolle kommen kann. Die Einführung durch Alexander den Großen, auf die @petrasnick dankenswerterweise hinweist, kommt mir dafür deswegen ein bisschen „dünn“ vor, weil auch die griechische Küche in ihrer heutigen Form sicherlich nicht älter als vielleicht vierhundert Jahre ist. Vieles daran ist erkennbar vom türkisch-osmanischen her vereinfacht, wenn man will vergröbert - aber Zimt ist mir von türkischen Schmorgerichten nicht als markant geläufig (was nicht viel bedeutet - türkische Küche kenne ich sehr wenig) - die Verwendung von Zimt zu geschmortem Fleisch kommt mir eher genuin griechisch denn wie ein Überbleibsel des osmanischen Reichs vor.

Schöne Grüße

MM

Hallo Petra,

schönen Dank für die Erläuterungen - ja, Oregano steht da natürlich im Mittelpunkt, das hab ich nicht bedacht: Was wäre Griechenlands Küche ohne das Zitronen-Oregano-Hühnchen, das so einfach es auch ist wegen mir gerne in ihrer Mitte thronen dürfte! Bei der im Vergleich zur Verfügbarkeit eher zurückhaltenden Bedeutung von Kräutern denke ich an sowas wie Cacık, das auf dem Weg zum Zaziki unterwegs die Minze verloren hat, die ich darin nicht missen möchte.

Die Herleitung der Bedeutung von Zimt in der griechischen Küche von Alexander dem Großen kommt mir deswegen nicht recht plausibel vor, weil die griechische Küche wohl wie die anderen Küchen Europas auch nicht in ihrer heutigen Form über zweitausend Jahre als ist.

Ein Überbleibsel der (offiziell ungeliebten, aber blau-weiß überlackiert doch auch heute noch recht bedeutenden) osmanischen Kultur ist der Zimt wohl auch nicht so sehr: Mir kommt es vor, als wäre er in türkischen Backofen- und Schmorgerichten weniger vertreten als in griechischen.

Dass zur griechischen Küche eigentlich Cassia-Zimt aus China gehört, erklärt aber, weshalb er nicht gar so unerschwinglich teuer war. So „originalgetreu“ muss ich es dann allerdings doch nicht haben…

Schöne Grüße

MM

Ich hatte nicht ohne Grund auf den Artikel verwiesen, der in selten zu findender Weise die Entwicklung der griechischen Küche aufzeigt. Natürlich ist die griechischen Küche heute eine andere als vor 2000 Jahren. Zu einer Entwicklung einer Esskultur gehört aber, dass sie normalerweise das ist, eine Entwicklung. Bei manchen Dingen lässt sich sehr genau festmachen, wann eine Zutat oder Zubereitung eine Küche erreicht hat. Möglicherweise hast du die italienische Küche zu sehr im Auge. Da findet man tatsächlich eine deutliche Kante zwischen der Küche des Antiken Rom und der heutigen.

Zimt an sich ist jedenfalls im Raum des östlichen Mittelmeers bzw. im Nahen Osten eine schon sehr lange gebräuchliche Zutat.
22 Und Jehova redete zu Mose und sprach: 23 Und du, nimm dir die besten Gewürze: von selbst ausgeflossene Myrrhe fünfhundert Sekel, und würzigen Zimmet die Hälfte davon, zweihundertfünfzig, und Würzrohr zweihundertfünfzig, 24 und Kassia fünfhundert, nach dem Sekel des Heiligtums, und ein Hin Olivenöl; 25 und mache daraus ein Öl der heiligen Salbung, eine Mischung von Gewürzsalbe, ein Werk des Salbenmischers; es soll ein Öl der heiligen Salbung sein. Exodus 30

Warum hast du so ein Problem damit, dir vorzustellen, dass der Zimt im Lamm ein Überbleibsel der osmanischen bzw. arabischen Küche ist? Er ist genau da sehr charakteristisch. Du findest ihn im ganzen östlichen Mittelmeerraum und Nahen Osten in dieser Kombination. Von der Türkei, Libanon, Persien bis zur Küste Nordafrikas, Tajine z.B.

Danke für die geschmackliche Ergänzung. Mein „Schweine- Ausschluss“ kam wohl, weil ich für uns nie Schweinefleisch kaufe.
Zimt kommt mir aber passend vor, wenn ich für Besuch mit Trockenobst gefüllten Schweinebauch mache. Werde ich ausprobieren.