Zitat deuten

Hallo,

ich schreibe gerade meine Examensarbeit zum Thema Längsschnitte im Geschichtsunterricht. Ich würde gerne mit einem Zitat beginnen, habe aber Angst, dass ich es vielleicht falsch verstehe.

Das Zitat: „Geschichte ist nur das, was in der Entwicklung des Geistes eine wesentliche Epoche ausmacht.“ von Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte

Meint es, dass ein Mensch nur das als Geschichte empfindet bzw. sich merkt, was ihm als Inhalt einer Epoche beigebracht wurde?

–> Würde also bedeuten, dass wir nur wichtige Ereignisse aneinander hängen und als Geschichte bezeichnen. Ganze Jahrhunderte bleiben leer.

Habe ich das richtig verstanden? Ansonsten verbessert mich doch bitte.

Das Zitat: „Geschichte ist nur das, was in der Entwicklung des
Geistes eine wesentliche Epoche ausmacht.“ von Georg Wilhelm
Friedrich Hegel
Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte

Meint es, dass ein Mensch nur das als Geschichte empfindet
bzw. sich merkt, was ihm als Inhalt einer Epoche beigebracht
wurde?

–> Würde also bedeuten, dass wir nur wichtige Ereignisse
aneinander hängen und als Geschichte bezeichnen. Ganze
Jahrhunderte bleiben leer.

Ich verstehe es eher so, dass Hegel „die Entwicklung des Geistes“ nicht auf eine einzelne Person bezieht, sondern auf eine Gesellschaft (oder die gesamte Menschheit). Eine Epoche wird nur dann als Geschichte in die Geschichtsbücher aufgenommen, wenn sich in ihr etwas bewegt hat, wenn sich durch sie die Menschheit (oder ein Teil von ihr) gesellschaftlich, politisch oder kulturell weiterentwickelt hat.

Hegel zitieren
Hallo,

ich schreibe gerade meine Examensarbeit … Ich würde gerne mit
einem Zitat beginnen, habe aber Angst, dass ich es vielleicht :falsch verstehe.

Das kommt davon, wenn man Zitate aus Zitatensammlungen im Internet ergoogelt.

Wie wäre es denn mit einem Zitat, bei dem du sicher bist, daß du es es verstehst? Und bei dem du aufgrund genauer Quellenkenntnis auch mit dem Zusammenhang vertraut bist? Examensarbeit ist schließlich keine Zeitungsglosse.

Meint es, dass ein Mensch nur das als Geschichte empfindet bzw. sich merkt, was ihm als Inhalt einer Epoche beigebracht wurde?

Nein, das hat weder mit Empfindung, noch mit Beibringen etwas zu tun. Vorschlag: Mach dich damit vertraut, wer oder was bei Hegel das Subjekt der Geschichte ist … Vielleicht erkennst du dann, daß du bei diesem deinem Arbeitsthema ausgerechnet mit einem Hegel-Zitat ziemlich auf die Nase fallen könntest.

–> Würde also bedeuten, dass wir nur wichtige Ereignisse aneinander hängen und als Geschichte bezeichnen. Ganze Jahrhunderte bleiben leer.

Eben gerade nicht. Aber darüber sagt das Zitat eh gar nichts. Es kommt in der Vorlesung zur Philosophie der Weltgeschichte („Philosophie der Weltgeschichte“ ist etwas ganz anderes als „Weltgeschichte“!) beiläufig im Kapitel über Indien vor und ist aus dem dortigen Kontext herausgerissen, wodurch dem Satz mehr Gewicht beigelegt wird, als gemeint war:

Wenn auch in Indien die Elemente weiterer Entwicklungen zu finden wären, und wenn wir auch Spuren hätten, daß sie nach Westen herübergekommen sind, so ist diese Übersiedlung doch so abstrakt, daß das, was für uns bei späteren Völkern Interesse haben kann, nicht mehr das ist, was sie von Indien erhielten, sondern vielmehr ein Konkretes, das sie sich selbst gebildet haben, und wobei sie am besten taten, die indischen Elemente zu vergessen. Das Sichverbreiten des Indischen ist vorgeschichtlich, denn Geschichte ist nur das, was in der Entwicklung des Geistes eine wesentliche Epoche ausmacht. http://gutenberg.spiegel.de/buch/1657/6

D.h. es meint schlicht, daß Indien nichts Wesentliches zur Entwicklung des Geistes beigetragen habe. Sogar so wenig, daß es nicht einmal überhaupt schon zur Weltgeschichte gezählt werden könne. Ebensowenig wie China (das er im vorhergehenden Kapitel abhandelt). „Geist“ ist an dieser Stelle hier „Weltgeist“, d.h. das eigentliche Subjekt der Weltgeschichte. Damit ist weder der Geist eines Geschichte-Studenten, noch der eines Geschichte-Dozenten gemenit.

Daß diese Aussage Hegels eine katastrophale Fehleinschätzung ist, ist für 1828 (woraus diese Vorlesungs-Nachschrift kommt. Der Zitatsatz ist allerdings von Hegel selbst) nicht ganz so unverzeihlich, wie es scheinen mag. Die Neu-Entdeckung Asiens für die Geistesgeschichte steht da erst am Anfang.

Gruß
Metapher

Hallo,

ich schreibe gerade meine Examensarbeit…
Ich würde gerne mit einem Zitat beginnen…

mit Zitaten - vom wem auch immer - ist es so eine verzwickte Sache, wenn man sie
einer „eigenen“ Abhandlung voran stellt.
So ein Zitat muß ja garnicht der „Weisheit letzter Schluß“ sein, egal ob man verstanden hat
(oder meint) was der Autor sich dabei gedacht hat oder nicht.
Zu ergründen, was ein Autor von „Sprüchen“ sich gedacht hat ist sowieso daneben wenn einem
sich der Sinn nicht sofort erschließt - jedenfalls nicht wie hier bei philosophischen Betrachtungen.
(Wenn der Autor selbst im Mittelpunkt steht ist das was anderes)
Am Schluß Deiner Arbeit wären solche Zitate eher angebracht, zur Bestätigung Deiner
Ausführungen in dem Sinne : „…zu dieser Erkenntnis ist etwa der oder jener auch schon gekommen…“
Aber wie schon gesagt - wenn man erst hinterfragen muß was das Zitat bedeuten soll oder gar
was der Autor damit gemeint hat ist damit "kein Staat "zu machen.
Metapher hat dies teils auch dargelegt, anhand dieses speziellen Zitates.


Habe ich das richtig verstanden? Ansonsten verbessert mich
doch bitte.

Nein, da käme nur Verböserung heraus.
Du mußt Deine Erkenntnisse ( hast Du welche ?) erst einbringen.
Und dann … eventuell verstandene Ausführungen von Anderen, an denen nicht erst
(strittig) gerätselt werden muß.
Gruß VIKTOR
PS
Natürlich ist es oft Gepflogenheit mit Zitaten eine „Einleitung“ zu beginnen, macht sich gut
bei den Prüfern, welche den Autor der Zitate „lieben“.
Aber wird es damit besser ?