Hegel zitieren
Hallo,
ich schreibe gerade meine Examensarbeit … Ich würde gerne mit
einem Zitat beginnen, habe aber Angst, dass ich es vielleicht :falsch verstehe.
Das kommt davon, wenn man Zitate aus Zitatensammlungen im Internet ergoogelt.
Wie wäre es denn mit einem Zitat, bei dem du sicher bist, daß du es es verstehst? Und bei dem du aufgrund genauer Quellenkenntnis auch mit dem Zusammenhang vertraut bist? Examensarbeit ist schließlich keine Zeitungsglosse.
Meint es, dass ein Mensch nur das als Geschichte empfindet bzw. sich merkt, was ihm als Inhalt einer Epoche beigebracht wurde?
Nein, das hat weder mit Empfindung, noch mit Beibringen etwas zu tun. Vorschlag: Mach dich damit vertraut, wer oder was bei Hegel das Subjekt der Geschichte ist … Vielleicht erkennst du dann, daß du bei diesem deinem Arbeitsthema ausgerechnet mit einem Hegel-Zitat ziemlich auf die Nase fallen könntest.
–> Würde also bedeuten, dass wir nur wichtige Ereignisse aneinander hängen und als Geschichte bezeichnen. Ganze Jahrhunderte bleiben leer.
Eben gerade nicht. Aber darüber sagt das Zitat eh gar nichts. Es kommt in der Vorlesung zur Philosophie der Weltgeschichte („Philosophie der Weltgeschichte“ ist etwas ganz anderes als „Weltgeschichte“!) beiläufig im Kapitel über Indien vor und ist aus dem dortigen Kontext herausgerissen, wodurch dem Satz mehr Gewicht beigelegt wird, als gemeint war:
Wenn auch in Indien die Elemente weiterer Entwicklungen zu finden wären, und wenn wir auch Spuren hätten, daß sie nach Westen herübergekommen sind, so ist diese Übersiedlung doch so abstrakt, daß das, was für uns bei späteren Völkern Interesse haben kann, nicht mehr das ist, was sie von Indien erhielten, sondern vielmehr ein Konkretes, das sie sich selbst gebildet haben, und wobei sie am besten taten, die indischen Elemente zu vergessen. Das Sichverbreiten des Indischen ist vorgeschichtlich, denn Geschichte ist nur das, was in der Entwicklung des Geistes eine wesentliche Epoche ausmacht. http://gutenberg.spiegel.de/buch/1657/6
D.h. es meint schlicht, daß Indien nichts Wesentliches zur Entwicklung des Geistes beigetragen habe. Sogar so wenig, daß es nicht einmal überhaupt schon zur Weltgeschichte gezählt werden könne. Ebensowenig wie China (das er im vorhergehenden Kapitel abhandelt). „Geist“ ist an dieser Stelle hier „Weltgeist“, d.h. das eigentliche Subjekt der Weltgeschichte. Damit ist weder der Geist eines Geschichte-Studenten, noch der eines Geschichte-Dozenten gemenit.
Daß diese Aussage Hegels eine katastrophale Fehleinschätzung ist, ist für 1828 (woraus diese Vorlesungs-Nachschrift kommt. Der Zitatsatz ist allerdings von Hegel selbst) nicht ganz so unverzeihlich, wie es scheinen mag. Die Neu-Entdeckung Asiens für die Geistesgeschichte steht da erst am Anfang.
Gruß
Metapher