Hallo Karl,
Europa verdankt den Juden sehr viel, unter anderem das
Christentum, das ich aber nicht weiter erwähnen will, weil es
heutzutage kaum noch eine Rolle spielt.
ich wüsste nicht so recht, wo ich dieses Zitat finden sollte - ich vermute, dass es eines der gar nicht so unüblichen ‚Zitate‘ ist, die zwar der, dem sie zugeschrieben werden, nie gesagt hat aber von denen manche Leute nicht nur meinen, er könnte sie so gesagt haben, sondern sogar, er müsste…
Schaun mer mal, was Heine tatsächlich zu dem Thema mal gesagt (bzw. nachweislich geschrieben) hat:
„Ja, den Juden, denen die Welt ihren Gott verdankt, verdankt sie auch dessen Wort, die Bibel; sie haben sie gerettet aus dem Bankerott des römischen Reichs, und in der tollen Raufzeit der Völkerwanderung bewahrten sie das teure Buch, bis es der Protestantismus bei ihnen aufsuchte und das gefundene Buch in die Landessprachen übersetzte und in alle Welt verbreitete. Diese Verbreitung hat die segensreichsten Früchte hervorgebracht, und dauert noch bis auf heutigen Tag, wo die Propaganda der Bibelgesellschaft eine providentielle Sendung erfüllt, die bedeutsamer ist und jedenfalls ganz andere Folgen haben wird, als die frommen Gentlemen dieser britischen Christentums-Speditions-Sozietät selber ahnen. Sie glauben eine kleine enge Dogmatik zur Herrschaft zu bringen und wie das Meer, auch den Himmel zu monopolisieren, denselben zur britischen Kirchendomäne zu machen: und siehe! sie fördern, ohne es zu wissen, den Untergang aller protestantischen Sekten, die alle in der Bibel ihr Leben haben und in einem allgemeinen Bibeltume aufgehen. Sie fördern die große Demokratie, wo jeder Mensch nicht bloß König, sondern auch Bischof in seiner Hausburg sein soll; indem sie die Bibel über die ganze Erde verbreiten, sie sozusagen der ganzen Menschheit durch merkantilische Kniffe, Schmuggel und Tausch, in die Hände spielen und der Exegese, der individuellen Vernunft überliefern, stiften sie das große Reich des Geistes, das Reich des religiösen Gefühls, der Nächstenliebe, der Reinheit und der wahren Sittlichkeit, die nicht durch dogmatische Begriffsformeln gelehrt werden kann, sondern durch Bild und Beispiel, wie dergleichen enthalten ist in dem schönen heiligen Erziehungsbuche für kleine und große Kinder, in der Bibel.“
Heinrich Heine, Geständnisse in: Vermischte Schriften, Band 3
Das war freilich 1854, als der arme Heine in seiner Pariser Matratzengruft ein „Wiedererwachen des religiösen Gefühls“ erfahren hatte und die lange abgelegte „lutherische Glaubensuniform“ zwar nicht gerade wie maßgeschneidert, aber doch hinreichend wieder passte …
Freundliche Grüße,
Ralf