Liebe Philosophen!
Ein Stück Kulturphilosophie, bezogen auf den Inhalt dieses Brettes.
Ist ja schön, dass der Diskurs als solcher entdeckt ist, und dass wir diskursiver geworden sind. Ich bin heilfroh, dass ich nicht vor der Aufgabe stehe, Hegel aus sich heraus zu widerlegen. Aber um eine Aussage in den Aussagen aller anderen Menschen zu verankern, muss ich sie ihres Sinnes berauben. Die neuen Sinnumgehungstechniken gemahnen an Finanzkrisen oder Supernovae. Im Zeitalter der Wikitis („wiki“ heißt auf deutsch „Eile“) bildet sich eine Ersatzwahrheit heraus. Stehen ein paar popelige Quellenangaben drunter, ist es wahr – sonst nicht. Absurd: der Augenzeuge hat nichts zu sagen, der Tratschkolumnist alles. Wiki misst den Grad der Vorveröffentlichung bzw. filtert die Medienmythen heraus.
So, ich habs jetzt gründlich überspitzt, aber das etwa ist der Kontext der Zitiersucht, die hier grassiert. Ich kriege meinen Beitrag in voller Länge wieder zurück mit dem schlichten Vermerk: „Dies trifft nicht zu.“ Somit hat der Chatpartner (oder sein entsprechend eingestellter PC, während er selbst schnarcht) meine Erwägungen mit seinen verglichen und verarbeitet. Weil das natürlich nicht befriedigt, muss dieser Prozess endlos wiederholt werden. Nachteil: die Vorherrschaft der Sinnhuber wird abgelöst durch die der Stoffhuber.
Auch wieder überspitzt. Das Fazit in Form meiner Bitte ist aber ganz wörtlich zu nehmen. Wäre es nicht sinnvoll (wie schrecklich!), die zu erwidernde Bekundung mit eigenen Worten zusammenzufassen? Daran kann der Adressat am besten erkennen, wie er verstanden wurde.
Euer Schreiner