Zuerst Nachname, dann Vorname

Hallo Experten!

Im süddeutschen und östereichischen Raum wird z.B. bei Telefongesprächen sehr oft zuerst der Nach- und dann erst der Vorname genannt (Müller, Liesi, Grüß Gott im Vergleich zu Liesi Müller, Grüß Gott).
Auch findet sich in Briefen oft diese Reihenfolge, sehr häufig ohne Komma:
(Mit freundlichen Grüßen
Müller Liesi
)

Mich würde nun interessieren, ob das einen besonderen Grund hat und ob ich mit meiner Beobachtung recht habe, daß es sowas nur im süddeutschen und österreichischen Raum gibt.

Danke für Eure Antworten!
Frauke

Hallo Frauke,

hier im Rheinland wird das in der Sprechsprache verwendet, allerdings meist nur, wenn von der Person indirekt gesprochen wird.

Da hät der Müllers Jupp sich wie jet jeleistet

In der Schriftform halten wir Rheinländer uns meist an die ‚hochdeutschen‘ Varianten.

Gandalf

Hallo, Frauke,

sowohl im Schwäbischen, als auch im Bayrischen und damit auch im Österreichischen war - bis zum Eindringen des „Neudeutschen und Denglisch“ - diese Art der Namensnennung nicht nur gebräuchlich, sondern nahezu die einzig mögliche, wenn man „schwätzte“, also wenn man formlos, ungezwungen im Alltag unter vertrauten Menschen redete.

Meine Mutter war die „Ritterkathl“, die Großmutter die „Zechnertheres“, bis sie heirateten.

Es hieß der Weinbergerhans, der Poszgaipaul, der Haidingersteffl oder wenn es schon eher Respektspersonen waren, der Lokatosvetter, die Wallybasl, wobei Vetter jeder bekannte erwachsene Mann und Base jede bekannte erwachsene Frau war.
Solange ich Kind war, kannte ich keine andere Formen, wie man über andere sprach.
Ließ man die Vornamen weg, wurden die Nachnamen bei Frauen feminisiert: die Ritterin, die Zechnerin, die Weinbergerin.
Bei Verwandeten kehrte es sich eigenartiger Weise um: Michelonkel, Kathitante.

Woher das rührt, weiß ich nicht zu sagen. Es muss aber bereit im Mittelalter so üblich gewesen sein.

In meiner Umgebung ist meine Generation vielleicht die letzte, die das noch kennt und gebraucht; die Kinder meiner Geschwister reden nicht mehr so.

Gruß Fritz

Brommel
Hallo, Freunde,
wir bei uns in Norddeutschland sagen aber auch „Himbeertoni“ zu einem, der nicht der Sohn von den Himbeers ist.
Ich kenn es aber auch aus dem Saarland: „Müllers Jupp“, und dergleichen.
Nur Mühle ist zum Glück ja (noch) kein Vorname.

moin,
den Jungjohanns (ihr) Manni

heißt aber wa korrekt „der Jungjohanns´ Manni“
oder „J… ihr Manni“, oder?

Grüß euch!

Tja, die inneralpine Namenskunde ist/war schon beinah eine eigene Wissenschaft und manchmal brauchte es schon die „höheren Weihen“, um damit noch zurecht zu kommen.
Die (Vulgo-) Namensgebung richtete sich oft nur nach den Vornamen der Eltern und Großeltern:
das „Wawe-Wam-Wawei“ ist die kleine Barbara, deren Mutter und Oma ebenfalls Barbara heißen,
das „Wawe-Moidl-Mariedei“ ist die kl. Maria, deren Mutter ebenfalls Maria, die Oma Barbara heißt.
Und „Steffn-Steffis-Steffei“ ist der kl. Bub, der Stefan heißt…usw.
Diese Extreme sind heute aber kaum noch anzutreffen,wie auch mit Yasmin, Denise, Gilbert, Mateo …? :wink:

Ließ man die Vornamen weg, wurden die Nachnamen bei Frauen
feminisiert: die Ritterin, die Zechnerin, die Weinbergerin.

Ich kenne Urkunden, in denen die Nachnamen der Frauen generell feminisiert sind. Bei Eheschließungen behielten die Frauen ihre Mädchennamen, die Kinder bekamen aber alle den Namen des Mannes.

Woher das rührt, weiß ich nicht zu sagen. Es muss aber bereit
im Mittelalter so üblich gewesen sein.

Ich könnte mir vorstellen, dass das mit der Entstehung der Familiennamen aus Berufen oder Tätigkeiten, Gegenden usw. an und für sich zusammenhängt.
Bei uns werden die Leute, die von einem Bauernhof abstammen, auch mit dem Hofnamen voran angeredet. In früheren Generationen waren Hof- und Familienname ident, heutzutage oft nicht mehr.
Und das kann dann schon manchmal zu Verwirrungen führen, wenn z.B. der Hofer(bauer) den Familiennamen Gruber hat, und der Lechnerb. Hofer heißt, der Gruber-bauer aber den Namen Lechner trägt…
Wer ist dann der Hofer Sepp oder die Gruber Maridl?

Ich hab natürlich auch so einen Namen zum Irreführen…

:wink: Helene

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Hallo WeWeWa-Gemeinede.

Da gibt es noch einen kleinen landschaftlichen Unterschied.
Hier im Süden Deutschlands, oder besser gesagt in den alpenländischen Regionen wird bei den Namenskonstruktionen der Dativ verwendet. Die ‚Huber-Maria‘ ist die Maria von dem Huber. In meiner rheinischen Heimat wird der Genitiv gebraucht. Das hatte früher zu z.T. merkwürdige Folgen.
Unser Familien-Stammbaum geht zurück bis zum 30jährigen Krieg. Man findet dort viele kirchliche Heiratsdokumente z.B. mit dem Eintrag: „XY mit Müllers Maria, Tochter des Christian Müller.“ In der späteren Sterbeurkunde heißt es dann „Maria Müllers“. Auf diese Weise sind einige Leute in späteren Zeiten zu einem Genitiv-‚s‘ im Namen gekommen, welches ursprünglich nicht vorhanden war. Ganz besonders um 1800 in der napoleonischen Zeit häufen sich diese Fälle. Sie sind leicht nachvollziehbar. Das Aufgebot beim Pastor bestellte der Brätigam in Anwesenheit der Braut. Gefragt wurde nur er. ‚Wer ist er?‘ ‚XY!‘ ‚Wer ist sie?‘ ‚Müllers Maria!‘ Und so wurde es niedergeschrieben.
Spätere Rückänderungen waren und sind, auch bei einwandfreiem Nachweis, kaum möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Berresheim

Hallo Frauke,

eigentlich müsste das im gesamten deutschsprachigen Raum vorkommen. Früher waren die Nachnamen die Rufnamen. Mein Nachname „Apin“ stammt von „Apis“ (lat. Biene) ab. Ursprünglich trugen meine Vorfahren den Namen „Bin“ und die Frauen „Binin“. So wurden sie auch in allen bisher entdeckten Dokumenten bezeichnet: Der Bin und die Binin :smile:

Ich denke dass die Vornamen früher einfach nicht diese große Bedeutung hatten. Wichtig war der Nachname der oft etwas über den Berufsstand aussagte. Dass sich das im süddeutschen Raum eher gehalten hat kann ich mir allerdings schon vorstellen. Wir sind ja schon immer etwas konservativer gewesen.

Bye
Rolf

Schmids Katze :smile: (ovt)
leuchtet unbedingt ein, erklärt auch den Schmitz. Gruß Eckard.

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Hofname
Hallo Fraukenstein,

früher hatte man, zumindest in Süddeutschland, keinen Nachnamen, sondern einen Hausnamen. Der Hausname blieb gleich, auch wenn ein neuer Bauer einheiratete. So war der Hausname funktionell weniger an die Person, bzw. den Familienstamm gekoppelt, als das beim modernen Nachnamen der Fall ist, und hatte darum einen sozusagen adjektivischen, leicht untergeordneten Charakter.

Der aus Vor- und Nachname zusammengesetzte Schreibname ist eine Errungenschaft des 19. Jahrhunderts, vielleicht den Adelsnamen nachgebildet. Es war lange üblich zu fragen, wie jemand heißt und nachzufragen, wie der sich schreibt.

Gruß,

Wolfgang Berger

Hallo Frauke,

geh’ mal ein bisschen weiter weg, da gibt’s das auch, zum
Beispiel in China. Wenn Dir einer dort seine Visitenkarte
überreicht, auf der Wang Hu steht, so sage niemals „Herr Hu“ zu
ihm (weil man zu Dir ja auch nicht „Frau Frauke“ sagt), sondern
das ist der Herr Wang (was soviel wie Bauer heißt).
Grüße vom
Bolo ( bei Nicks ist das einfacher :smile:)

Halli Hallo,

bei uns in der Schweiz kommt es auch öfters vor, dass der Nachname zuerst genannt wird. Dies weil es in kleinen Dörfern nicht sehr viele verschiedene Nachnamen gibt und wenn es dann heisst: des Suters Max ist es schon einmal klar aus welcher Ecke er kommt. Ausserdem werden häufig Übernahmen angefügt, meist Berufe oder Eigenschaften, Hobbies. Dann hätten wir also, als Beispiel: Des Wyssbecken (Weissbäcker)Suters Max. Oder des Katzen Gerthas Pascale.

So ist das bei uns.

Hallo,

nicht nur im Süddeutschen und österreichischen Sprachgebrauch ist das üblich, sondern auch im Erzebirgischen und Vogtländischen. So heißt es ebenfalls bei uns der „Richter-Paul“, „Meier-Steffen“, oder „Wagner-Rudi“.
Eine weiter Eigenheit ist, dass die Vornamen im Sprachgebrauch fast immer nach der ersten Silbe enden.
So wird aus den genannten dann der „Meier-Steff“ , der „Wagner-Rud“ oder der „Meichsner-Wern“

Gruß Elritz

Die Tradition der Hausnamen kann ich aus dem hessischen Odenwald nur bestätigen.
Mein Urgrossvater mit dem Familiennamen Hering, war von Beruf Bäcker und der Hausname war dann eben „es Mehlmanns“. mein Urgrossvater war der Mehlmanns Bastian, meine Grossmutter auch nach ihrer Heirat noch die Mehlmanns Kätchen und meine Mutter die Mehlmanns Magda.

Mein Grossvater stammt aus dem schlesischen Raum und war mit den Hausnamen nicht so vertraut. Er wurde von seinem Schwiegervater mal zum Mehlhändler Klingler geschickt mit den Worten: Geh mal zum Mehl-Schwob und bestell X Zentner Mehl. Diesen begruesste er mit den Worten: Guten Tag Herr Schwob.

Viele Leute sind unter dem Hausnamen bekannter als unter ihrem buergerlichen Namen und man fragt dann: Und wie schreibt sich der Scholze Adam? Die Namensbildung erfolgt bei uns also mit dem Genitiv, der ansonsten im Dialekt nicht sehr gebräuchlich ist.

Häuser und Hausnamen eignen sich auch gut zur Wegbeschreibung:
Als ein Arzt neu im Ort war, fragte er nach dem Weg zum Schloss.

Er bekam zur Antwort: Das ist ganz einfach. Sie gehen geradeaus bis zum Dalles, dann links, ans Mehlmanns vorbei bis zus Hambalze, rechts bis zum Saimickel, nochmal rechts, dann Geradeaus bis zum Fasselstall, wieder links und dann sehen sie schon das Schloss.

Leider konnte dieser mit der Wegbeschreibung wenig anfangen.

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