Zukunft Deutschlands = Technokratie+Untergang?

Servuz,

Habe die Tage mal wieder zufällig meinem ehemaligen Philosophielehrer getroffen und mich mit ihm über politischen Krimskrams unterhalten.
Wie das mit dem Mann so üblich ist, entwickelt sich selbst aus einem bedeutungslosem Smalltalk eine sehr tiefgreifende Diskussion, so auch diesmal, und zwar um folgendes:
Seiner Meinung nach hat sich die Politik in Deutschland zu einer „Mainstream-Suppe“ entwickelt, in der zwar jeder behauptet für bestimmte Ideale einzustehen, sie dann aber, wenn es drauf ankommt, zugunsten einer politischen Koalition über Bord wirft.
Seiner Meinung nach handelt es sich dabei schon um eine technokratische Führungselite, da „sie sich alle nur auf Wählerfang begeben ohne sich tatsächlich um die Zukunft des Landes (und der Welt) zu bemühen“, um sich dann nach den Wahlen in den Sessel setzten zu können und die tatsächliche Arbeit auf ihre „Experten-Komissionen“ abwälzen, deren Ergebnisse sie auch noch für politische Bündnisse relativieren. Mit einer derartigen Politik wird unser politisches System innerhalb der nächsten Generationen kollabieren, weil dadruch „Schlüsselmomente in der Entwicklung einer speziellen Thematik verpasst würden, an denen man die Gleisen für die Zukunft stellt.“
Jetzt ist meine Frage:
Was findet ihr…hat er recht?
Was könnte man eurer Meinung nach dagegen unternehmen, außer aus Protest NPD zu wählen?
In diesem Zusammenhang haben wir auch über eine relativ neue Partei gesprochen (PiratenPartei Deutschland, vllt. kennt sie ja jemand)…was haltet ihr von denen?

BTW: Ich habe keine Ahnung, ob der Thread hierein gehört, weils eigentlich schon irgendwie ins philosophische geht.

Freue mich auf Antworten

Morgen,

wenn man das auf die „4 Riesen“ bezieht(ausgenommen die Linke erstmal), hat er soweit recht. Jede Partei, egal ob Grün, ob Schwarz ob Rot, alle haben Dreck am Stecken der dem Volk nicht passt.

Anstatt „Rechtsextreme Protestwählen“(warum nicht links, frage ich mich persönlich mal öfters), sollte man doch auf die kleineren Kandidaten zählen, wie die Violetten(Die Violetten), Freien Wähler (FW), Ab jetzt … Bündnis für Deutschland(Volksabstimmung ), Deutsche Kommunisten Partei (DKP) u.v.v.m.

Diese Parteien sind klein, kennt keiner und will deswegen keiner Wählen. Das ist schlecht, wenn man mit den Big 5 unzufrieden ist… man sollte dann doch mal auch das Wahlprogramm von so einer kleinen partei durchlesen und wenn das Programm gut ist, wächst auch der Zulauf zur Partei(siehe Piratenpartei).

Diese Parteien haben noch kein festes Progeramm für alles, aber das kommt immer mit der Zeit. Die SPD hatte auch nicht von 0 auf 100 alles geplant.

Alternativen wählen für mehr Zufriedenheit!

mfg,

Hanzo

Technokratie oder Untergang

„Mainstream-Suppe“ … zugunsten einer politischen Koalition
über Bord wirft.

In meiner Erinnerung war das schon immer so, d.h. so ziemlich seit Dr. Helmuts Marionettenkabinett. Ich kenne ja den „Oskar“ noch als Oberbürgermeister von Saarbrücken. „Na, wo kommt der Wind heute her?“

Seiner Meinung nach handelt es sich dabei schon um eine
technokratische Führungselite,

http://de.wikipedia.org/wiki/Technokratie

Das entspricht nicht ganz der Definition von Technokratie. So was hätten wir schon nach der Übernahme der SBZ gebraucht, statt einem intelligenz-plattwalzenden Dr. Helmut.

Wahlen in den Sessel setzten zu können und die tatsächliche
Arbeit auf ihre „Experten-Komissionen“ abwälzen, deren
Ergebnisse sie auch noch für politische Bündnisse
relativieren.

Der letzte Teil des Satzes ist das Problem. Das man Menschen mit Ahnung oder Möglichkeiten beauftragt Entscheidungen vorzuschlagen ist ja gar nicht mal verkehrt. Aber da läuft es manchmal auch wie in einem kleinen Laden mit einem anhnungslosen Chef: Es wird so oft woanders gefragt, bis einem die Antwort gefällt, egal ob sie nützlich oder schädlich ist.

Mit einer derartigen Politik wird unser
politisches System innerhalb der nächsten Generationen
kollabieren

Das dürfte in Praxi egal sein, weil wir bis dahin aus anderen Gründen ausgestorben sind. „Wir sind die Neandertaler von morgen“.

In diesem Zusammenhang haben wir auch über eine relativ neue
Partei gesprochen (PiratenPartei Deutschland, vllt. kennt sie
ja jemand)…was haltet ihr von denen?

Montag abend gehe ich zu deren Treff.

Gruß

Stefan

…was haltet ihr von denen?

Inzwischen gar nichts mehr. Ich war den Piraten am Anfang sehr aufgeschlossen gegenübergestanden, weil sie einige Werte verteidigen, die auch ich vertrete, und weil ich mir von ihnen einen anderen Politikstil erwartet hatte. Ich hatte mir auch überlebt, sie zu wählen, mich aber dann doch anders entschieden.

Nach der Wahl hatte ich dann in einem Forum eine Diskussion mit einem der Funktionäre. Es ging um Meldung, in der eine falsch interpretierte statistische Aussage als Propaganda ausgeschlachtet wurde. Obwohl mehrere Leute das in dem Forum begründet und auch vorgerechnet haben, warum die Interpretation statistisch völlig unzulässig war, blieb der Funktionär bei seiner falschen Aussage, wurde aggresiv und hat den Kritikern schließlich vorgeworfen, sie würden ja bloß alles mit Absicht schlecht machen wollen. Und es sei nicht falsch, sondern bloß „zugespitzt“ formuliert.

Nun gut, noch eine Partei, die mit Statistik lügt, brauche ich nicht. Und auch nicht noch eine Partei, die das Verbiegen der (mathematischen) Wahrheit als „Zuspitzung“ verkauft.

Ähnliche Erlebnisse habe ich dann noch einige. Damit waren die Piraten für mich gestorben.

Gruß,
Max

Piraten wären überflüssig, wenn…

…was haltet ihr von denen?

Ahoi!

Würden sich die etablierten Parteien einfach Gedanken zum Thema Internet machen, würden sie auf die gleichen, sinnvollen Positionen wie die Piratenpartei kommen. Tut aber keine Partei. Warum auch immer. Darum braucht man die Piraten.

Bestes Beispiel:
Parlament verabschiedet Internet-Sperren-Gesetz trotz riesigem Protest und Kritik (Petition!). Kein Mensch weiß, warum. Die Begründungen sind haarsträubend. Im Nachhinein setzt keiner das Gesetz um. Scheinbar hat man im Nachhinein endlich darüber nachgedacht.

Viele Positionen der Piratenpartei gehen (für mich) einher mit gesundem Menschenverstand, Freiheit und Demokratie. Jeder müsste dafür sein. Stattdessen treiben die etablierten Parteien ihre Spielchen mit Internetpolitik.

LG
Hinterwaeldler

Aber bitte nicht…
…alternativ um der Alternative willen!
Hallo,
ich war auch mit Piraten an einem Tisch gesessen.
Das ist eine Partei, die sich aus einer sonderbaren Mischung
von „Internet Community“, Bloggern, „Chaos-Computer-Club Fans“,
naiven Polit-Abenteurern und allen möglichen indifferenten
Sympathisanten zusammensetzt.
Das Parteiprogramm ist pubertär bis lächerlich!

Meiner Meinung nach brauchen wir Politiker, die den Mut haben, auszusprechen was bittere Wahrheit ist:
Unser auf Monopolkapitalismus aufgebautes System ist für eine
zivilisierte Gesellschaft kein tragfähiges Modell mehr.
Der Turbokapitalismus frisst gerade die Kuh, die er melken will auf!

Und ganz fatalistisch könnte man sagen: Es ist gut, dass alles kaputt geht - damit Europa endlich versteht, sich neu zusammen zu schliessen.

Denn die entscheidende Frage auf der Suche nach der Ursache der Misere ist doch:
Wer profitiert von Niedergang und Teilung Europas?
Die Antwort dürfte nicht so schwer sein.

Bestens
Capman42

…alternativ um der Alternative willen!

Servus,

Das ist eine Partei, die sich aus einer sonderbaren Mischung
von „Internet Community“, Bloggern, „Chaos-Computer-Club
Fans“,
naiven Polit-Abenteurern und allen möglichen indifferenten
Sympathisanten zusammensetzt.

Ja genau, dass du die direkt Demokraten, die Leute die bessere Bildung verlangen und die Datenschützer vergessen hast, ist ja mal neben Sache…

Das Parteiprogramm ist pubertär bis lächerlich!

Hast du dir das Programm für NRW mal durchgelesen?

Meiner Meinung nach brauchen wir Politiker, die den Mut haben,
auszusprechen was bittere Wahrheit ist:
Unser auf Monopolkapitalismus aufgebautes System ist für eine
zivilisierte Gesellschaft kein tragfähiges Modell mehr.
Der Turbokapitalismus frisst gerade die Kuh, die er melken
will auf!

Wir brauchen Politiker die sowas ändern, nicht die die es aussprechen.

Und ganz fatalistisch könnte man sagen: Es ist gut, dass alles
kaputt geht - damit Europa endlich versteht, sich neu zusammen
zu schliessen.

Du glaubst nicht an die Zukunft eines Kapitalismus? Hast du teilweise Recht, weil Schulden entstehen, die nicht bezahlt werden können. Ein System wo die SChulden in Maßen steigen, aber auch nicht unkontrollierbar groß werden würde gibt es schon uind wäre das beste…das dauert aber nochmal eine Weile.

Denn die entscheidende Frage auf der Suche nach der Ursache
der Misere ist doch:
Wer profitiert von Niedergang und Teilung Europas?

Europa wird geteilt und versinkt in Chaos, die Menschen werden alle da sterben? Wow 2012 kommt echt…

Hanzo

Seiner Meinung nach hat sich die Politik in Deutschland zu
einer „Mainstream-Suppe“ entwickelt, in der zwar jeder
behauptet für bestimmte Ideale einzustehen, sie dann aber,
wenn es drauf ankommt, zugunsten einer politischen Koalition
über Bord wirft.

Scheint so, als hätte der gute Mann nicht ganz verstanden, wie Demokratie funktioniert. Das, was Du da beschreibst ist nämlich ein ganz normaler demokratischer Prozeß. Das war in der Vergangenheit so und wird auch in Zukunft so sein. Da hat sich auch nichts „zu einer Mainstream-Suppe entwickelt“:

Wer in einer Demokratie zu einer verbindlichen Entscheidung kommen will, braucht dazu eine Mehrheit. Wer eine Mehrheit für seine Ideale aber nicht allein mobilisieren kann, muß sich dazu die Hilfe anderer holen. Und um mit diesen Helfern erfolgreich zusammenkommen zu können, muß man sich notwendigerweise über solche Punkte einigen, bei denen man verschiedener Meinung ist. Extreme Positionen und Ideale werden dabei zwangsläufig ein wenig zurecht gestutzt. Das Ergebnis ist ein Konsens mit mehr oder weniger abgeschliffenen Kanten, der aber von einer Mehrheit getragen wird - oder eben „Mainstream“ ist, wenn man szeniger formlieren will. Und das ist auch absolut in Ordnung so. Anders kann Demokratie nicht funktionieren.

Dessen ungeachtet macht es Sinn, auch weiterhin mit Extrempositionen und Idealen in diesen Prozeß hineinzugehen. Denn die Ausgangspositionen bestimmen mit darüber, wie im Ergebnis der Konsens aussieht.

Seiner Meinung nach handelt es sich dabei schon um eine
technokratische Führungselite, da „sie sich alle nur auf
Wählerfang begeben ohne sich tatsächlich um die Zukunft des
Landes (und der Welt) zu bemühen“,

Mit anderen Worten: Sie achten sehr genau darauf, was der Wähler von ihnen erwartet und setzen diesen Willen politisch um. Unter demokratischen Gesichtspunkten ist es nicht per se verwerflich, wenn ein Abgeordneter Augen und Ohren für Volkes Willen öffnet und diesen Willen dann ins Parlament trägt. Für Parteien gehört das sogar zu ihren verfassungsgemäßen Aufgaben.

Unabhängig davon müßten doch viele, vor allem die Stammtischpolitiker, eigentlich begeistert sein, wenn Abgeordnete endlich mal das tun, was „der Wähler“ will (egal wie bescheuert das im Einzelfall sein mag).

Wieso das allerdings die betreffenden Abgeordneten zu einer „technokratischen Führungselite“ machen soll, sehe ich nicnt. Womöglich hat der Herr Lehrer da einfach mal ein paar länger nicht benutzte Fremdwörter abgestaubt, um seinen Bildungsanspruch auch im Sprachgebrauch zu dokumentieren. Ist wohl in die Hose gegangen …

um sich dann nach den
Wahlen in den Sessel setzten zu können und die tatsächliche
Arbeit auf ihre „Experten-Komissionen“ abwälzen,

An der Beobachtung ist was dran. Allerdings hat Dein Lehrer sich einer Einordnung dieser Beobachtung offensichtlich enthalten (was ihn aber nicht gehindert hat, gleichwohl eine Meinung zu haben, die zwischen den Zeilen deutlich zu erkennen ist). Das sei hier mal nachgeholt:

Die Vorbereitung z.B. von Gesetzesvorhaben an jemanden zu delegieren, der von der Materie Ahnung hat, ist nicht grundsätzlich verkehrt - und ist auch gängige Praxis. Üblicherweise machen das die (nicht-parlamentarischen und deshalb meist sachkundigeren) Mitarbeiterstäbe der Ministerien. Es spricht aber auch nichts dagegen, das einer Kommission in die Hand zu geben - vor allem dann, wenn das konkrete Vorhaben Sachverstand aus ganz verschiedenen Bereichen erfordert.

Das ist demokratisch legitim, denn man kann von keinem Abgeordneten erwarten, dass er dieses Maß an Fachkunde mitbringt. Wenn aber trotz fehlender eigener Fachkunde ein vernünftiges Gesetz entstehen soll, ist die Hinzuziehung fachlichen Rates unumgänglich.

Was aber überhaupt nicht geht (aber bisweilen trotzdem gemacht wird) ist, nicht nur die fachliche Vorarbeit, sondern auch gleich die politische Kompromißfindung ins Kommissiönchen zu verlegen. Aus den fachlichen Vorschlägen einen mehrheitsfähiges („Mainstream-“) Produkt zu machen, ist originäre Aufgabe des Parlaments. Dieser entscheidende Schritt hat im Parlament stattzufinden und darf der parlamentarischen Willens- und öffentlichen Meinungsbildung nicht entzogen werden, indem er ins Hinterzimmer irgendwelcher okkulter Expertenzirkel verlegt wird.

deren Ergebnisse sie auch noch für politische Bündnisse
relativieren.

Wenn die Kommission das gemacht hat, was sie idealerweise (lediglich) tun sollte - nämlich die fachliche Vorarbeit zu leisten - dann geht das gar nicht anders. Das ist aber auch in Ordnung so, denn das ist der normale demokratische Prozeß. Siehe oben.

Mit einer derartigen Politik wird unser
politisches System innerhalb der nächsten Generationen
kollabieren,

Sicher nicht. Solange wir demokratisch funktionieren, werden diese Prozesse auch in Zukunft so ablaufen. Sollten sie das einmal nicht mehr tun, müssen wir ganz genau schauen, ob wir eigentlich noch demokratisch sind.

Was findet ihr…hat er recht?

Siehe oben

Was könnte man eurer Meinung nach dagegen unternehmen, außer
aus Protest NPD zu wählen?

NPD zu wählen ist nie eine Alternative - weder aus Protest noch aus irgendwelchen anderen Gründen. Wenn man etwas am System ändern will, muß man selbst aktiv werden und entweder einen Partei beitreten oder seinen eigenen Laden aufmachen. Das ist anstrengend und langwierig. Aber dass es funktioniert, hat die jüngere Vergangenheit bereits mehrfach gezeigt.

In diesem Zusammenhang haben wir auch über eine relativ neue
Partei gesprochen (PiratenPartei Deutschland, vllt. kennt sie
ja jemand)…was haltet ihr von denen?

Mit einer Partei, die sich bisher im wesentlichen nur zu Internet, Urheberrecht und Datenschutz eine dezidierte Meinung gebildet hat (und dementsprechend allenfalls dort Kompetenz besitzt), kann man kein Land regieren. Zur Zeit ist die Partei daher nicht wählbar. Aber wenn sie es schafft, sich auch für die übrigen Themen, die man als Regierung so zu beackern hat, nachhaltig zu interessieren und praktikable Ideen zu entwickeln, dann kann sich das in Zukunft ändern.