Zum Thema: 2 tote Seeleute der Bundesmarine

Unter www.bundeswehr.de findet sich eine kurze Meldung über die beiden toten Soldaten der Bundesmarine:

"Vizeadmiral Lüssow, der Inspekteur der Marine, teilte zum Tod von zwei deutschen Soldaten beim NATO-Manöver „Strong Resolve“ in der Ostsee mit, dass insgesamt fünf Soldaten, darunter drei Briten, in einem Beiboot der Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ bei starkem Wind gekentert seien. Sie sollten zum Mannschaftsaustausch zwischen dem deutschen und einem britischen Schiff übersetzen. Alle fünf konnten geborgen werden, die beiden deutschen verstarben aber an Bord des britischen Schiffes an den Folgen ihrer schweren Unterkühlungen.

Lüssow betonte, dass es sich um ein übliches Manöver gehandelt habe, das zu solchen Anlässen immer wieder geübt werde. Die Kommandanten beider Schiffe hätten die Lage gleich beurteilt, und hätten sich dann entschlossen, den Austausch durchzuführen."

Da stellen sich doch wohl einige Fragen:

  1. Zwei deutsche Soldaten sind tot - aber wie konnten die drei Briten überleben? Hatten diese eine andere, nämlich bessere Schutzbekleidung an?

  2. Haben die deutschen Soldaten spezielle Rettungsanzüge getragen, wie sie zum Beispiel bei der DGzRS (Seenotretter) Vorschrift sind. Denn wenn ein starker Wind herrschte, gab es auch einen entsprechenden Seegang.

  3. Konnte es etwa sein, dass man Soldaten - so mutmaße ich jetzt - mit „normaler“ Bordbekleidung in ein offenes Beiboot steigen ließ? Es ist doch jedem klar, dass man in der kalten See ohne spezielle Bekleidung nur wenige Minuten überleben kann!

  4. Zumal es sich offenbar um die Besatzung (Bediener) des Beibootes handelte, da dieses zur deutschen Fregatte gehörte, welche die britischen Kameraden übersetzen sollten.

  5. Und wie lange hat es überhaupt gedauert, bis die gekenterten Soldaten geborgen wurden? Stand etwa kein Rettungsteam parat, trotz des Seegangs?

Hi
das ist ja super. Du hast, wie du selber schreibst, keine Ahnung, aber fängst schon mal munter an zu spekulieren. Hauptsache man kann kritisieren. Das macht so nen Spaß, ne? Vielleicht siehst du mal ein, dass es nicht immer nen schuldigen gibt, sondern, dass auch mal höhere Gewalt im Spiel ist. Ich fände es begrüßenswert, wenn der MOD so ein Posting löscht.

freak

P.S.: Das du dein Posting als Frage abgefasst hast, ändert nichts daran, dass es sich nur um total unbergründete Vermutungen handelt

Wer nicht fragt bleibt dumm: Neue Nachrichtenlage
Ob meine Fragen unbegründet sind, wird sich zeigen.
Sehr viel Ahnung von den juristischen Konsequenzen, denen sich militärische Vorgesetzte im Falle von Unfällen ausgesetzt sehen, scheinst Du jedenfalls nicht zu haben.

Es geht darum festzustellen, ob hier das Leben von Soldaten durch Vorgesetzte oder Eigenverschulden fahrlässig oder vorsätzlich gefährdet wurde oder ob tatsächlich höhere Gewalt im Spiel war. Und es geht darum festzustellen, ob die Ausrüstung unserer Soldaten wenigstens in den kritischen Bereichen halbwegs optimal ist.

Fakt ist, dass ein Mensch in einem handelsüblichen Rettungs- bzw. Überlebensanzug so lange vor Unterkühlung geschützt wird, dass er in der gegebenen Situation hätte gerettet werden können. Jeder halbwegs verantwortungsbewußte Sportboot-Skipper wird seiner Crew befehlen, bei solchen Umweltbedingungen, wie sie Anfang März auf der Ostsee herrschen, eine derartige Bekleidung anzulegen.

Im übrigen verweise ich auf einen Bericht der Tageszeitung Die Welt, der heute abend, also NACH meinem ersten Posting erschienen ist (Welt-Ausgabe vom 08.03.02):

www.welt.de/daten/2002/03/08/0308de318972.htx

Rätsel um Marine-Tote in der Ostsee
Deutsche Soldaten trugen andere Schutzanzüge als die überlebenden Briten. Staatsanwaltschaft ermittelt

Kiel/Berlin - Die beiden deutschen Marinesoldaten, die am Mittwochabend einige Seemeilen östlich von Rügen tödlich verunglückten, wären möglicherweise nicht an Unterkühlung gestorben, wenn sie Isopren-Überlebensanzüge mit wirksamem Kälteschutz getragen hätten. Im Gegensatz zur Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger verfügt die Marine jedoch nicht über diese Rettungsmittel. Das erfuhr die WELT gestern aus Marinekreisen.

Die beiden Besatzungsmitglieder der Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ trugen zum Zeitpunkt des Unglücks ihren „Bordeinsatzgefechtsanzug“ und Marineschwimmwesten mit integrierten Goretex-Kälteschutz. Damit waren sie offenbar nicht ausreichend geschützt und starben bei nur drei Grad Wassertemperatur an Unterkühlung. Die Soldaten sollten im Rahmen der Übung „Strong Resolve“ von der britischen Fregatte Cumberland zur Mecklenburg-Vorpommern übersetzen. Dabei kenterte das Boot. Es herrschte Windstärke sieben. Mit den zwei deutschen Marinesoldaten stürzten sechs britische Navy-Angehörige aus dem Speedboot in das eiskalte Wasser. Wie verlautete, trugen die Engländer Überlebensanzüge.

Aus den Marinekreisen verlautete, wenn ein Besatzungsmitglied ins Wasser stürze, blase sich die Marineschwimmweste automatisch auf. Der Verunglückte müsse aber aus eigener Kraft im Wasser die Gorotex-Ärmel und Beine als Kälteschutz überziehen. Das sei bei rauher See sowie unter Schock und Panik äußerst schwierig. Das aluminiumbeschichtete Material soll dazu dienen, die Körpertemperatur trotz kalten Seewassers zu halten. Besatzungen der auf den Fregatten stationierten Bordhubschrauber tragen besondere Anzüge, die wirksamer als die Goretex-Ausrüstung schützen sollen.

Zu den ungeklärten Umständen des Unglücks gehört die Frage, warum zum Übersetzen der beiden deutschen Marinesoldaten von der „Cumberland“ auf ihre Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ das bei hoher See problematische Speedboot statt des sichereren Bordhubschraubers eingesetzt wurde. Zur Klärung der genauen Todesumstände der beiden Marinesoldaten ist ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, die Soldaten hätten die vorschriftsmäßige Ausrüstung getragen. Ein solches Unglück habe es in der Marine bisher nicht gegeben. Die Ursachen würden untersucht. Sollten Konsequenzen gezogen werden müssen, „werden sie gezogen“, so der Sprecher.

Hi,

alle Deine Fragen kann ich Dir mit einem einzigen Satz beantworten:
„Die Seeleute hatten die vorgeschriebenen Anzüge an!“

Wurde heute Abend lang und breit auf fast allen Kanälen im TV durchgekaut.
Was mich an Deinem Posting etwas geärgert hat, war die zynische Verschwörungstheorie. Ich habe Bekannte bei der Marine, weißt Du, genau solche Jungs wie die, die da jetzt durch diesen tragischen Unglücksfall umgekommen sind…

Bis zum nächsten Mal,
Jana

Nichts ist beantwortet
Ob das, was bei der Marine vorgeschrieben ist, ausreicht, sei dahingestellt. Und offenbar stehe ich mit meinen Fragen nicht alleine. Siehe dazu meine Antwort auf „freak“.

Auch mit Zynismus haben meine Fragen nichts zu tun.

Denn es ist nach vor offen:

Warum haben drei Briten - Gott sei Dank! - überlebt,
und warum mussten ihre beiden deutsche Kameraden sterben?
Und unter welchen Voraussetzungen hätten Sie eine reale Überlebenschance gehabt?

Hi
wie du schon gesagt hast, der Artikel in der Welt ist nach deinem Posting erschienen. Das war ja auch die Kritik, dass du einfach irgendwelche Vermutungen aufstellt, ohne jegliche Begründung, einfach ein wenig rummerckern.

freak

Erst lesen - dann antworten
Ich also stelle Vermutungen ohne Begründung an?

Mir scheint Du hast meinen ersten Beitrag nicht gründlich gelesen. Denn ich stelle durchaus begründete Fragen zu Punkten, die - mit Verlaub gesagt - jedem halbwegs kritischen Geist auffallen sollten. Dazu muss man nicht erst „Die Welt“ lesen.

Vom konkreten Fall losgelöst: Kritisch zu fragen, hat nichts mit mit Spekulation und erst recht nichts mit „Meckerei“ zu tun. Das gilt umso mehr für die Belange der Bundeswehr.

Das Militär (also auch die Bundeswehr), ist bei allem oft hervorragenden Einsatz der einzelnen Soldaten in summa eine bürokratische und planwirtschaftlich strukturierte Organisation, die keineswegs so perfekt funktioniert, wie das bunte Werbebroschüren vorspiegeln mögen. Und darum ist berechtigte Kritik nicht nur angebracht, sondern auch bitter notwendig.

Vielleicht ist das etwas, was Du einfach noch lernen bzw. realisieren musst.

Interessant,

vielleicht haben die Tommies sich ja auch nur um ihre Seeleute gekümmert. Schon mal dran gedacht ?

Gruss Ulf

Nein, das ist völlig undenkbar
Sorry - wer jemals mit Alliierten zu tun hatte weiß, dass es zwar Konkurrenzdenken bis hin zu Animositäten gibt, aber so etwas halte ich ganz und gar für ausgeschlossen. Erst recht nicht bei der Marine.

Umso mehr frage ich eben, welche objektiven - also ausrüstungsbedingten - Ursachen eine Rolle gespielt haben können.

Hallo freak,

wie du schon gesagt hast, der Artikel in der Welt ist nach
deinem Posting erschienen. Das war ja auch die Kritik, dass du
einfach irgendwelche Vermutungen aufstellt, ohne jegliche
Begründung, einfach ein wenig rummerckern.

Ich glaube, Du tust Christoph unrecht. Ich finde es gut, wenn man sich selbst Gedanken macht. Das hat nichts damit zu tun, ob die richtige Zeitung die gleiche Fragen stellt. Wo kommen wir hin, wenn Fragen erst erlaubt sind, wenn sie in der offiziellen Presse erwähnt werden ? Was zähltzur offiziellen Presse, die taz ?

Tschuess Marco.

  1. Haben die deutschen Soldaten spezielle Rettungsanzüge
    getragen, wie sie zum Beispiel bei der DGzRS (Seenotretter)
    Vorschrift sind. Denn wenn ein starker Wind herrschte, gab es
    auch einen entsprechenden Seegang.

  2. Konnte es etwa sein, dass man Soldaten - so mutmaße ich
    jetzt - mit „normaler“ Bordbekleidung in ein offenes Beiboot
    steigen ließ? Es ist doch jedem klar, dass man in der kalten
    See ohne spezielle Bekleidung nur wenige Minuten überleben
    kann!

Hallo!
Ich war auch 15 Monate bei der Bundesmarine.Wenn wir so eine Übung gemacht haben,hatten wir nie spezielle Anzüge an.
Ich erinnere mich an eine Übung,bei der ich dicke Lederkleidung trug und dazu schweren Atemschutz.
Natürlich auch eine Rettungsschwimmweste.
Dann rein ins Boot und rüber zum anderen.

Gruß Feudelio

Ich war auch 15 Monate bei der Bundesmarine.Wenn wir so eine
Übung gemacht haben,hatten wir nie spezielle Anzüge an.

Waren die Umweltbedingungen bei den Übungen, an denen Du beteiligt warst, so wie bei der hier diskutierten Übung?

Link zu Fotos vom Schutzanzug der Bundesmarine
Auf der Homepage der Bundesmarine habe ich einen Bericht mit Fotos gefunden, der eine Vorstellung vom Rettungsanzug der Bundesmarine gibt.

Ich denke, dass es nahezu unmöglich ist, diesen Anzug anzuziehen, wenn man bereits ins 3 Grad C kalte Wasser gefallen ist.

http://www.deutschemarine.de/80256B100061BA9B/vwCont…

Moderator: Link anklickbar gemacht.

Hi Christoph,

Ob das, was bei der Marine vorgeschrieben ist, ausreicht, sei
dahingestellt.

Das sei es tatsächlich. Meines Wissens gibt in der NATO aber einheitliche Standards, was die Sicherheit (zumindest bei Manövern) angeht.

Und offenbar stehe ich mit meinen Fragen nicht
alleine. Siehe dazu meine Antwort auf „freak“.

…was alles und nichts sagt. Es ist ja schließlich eine Diskussion und kein Dogmatismus, den wir hier betreiben, oder?

Auch mit Zynismus haben meine Fragen nichts zu tun.

Dann überprüfe bitte Deine Wortwahl; denn zumindest erschien das mir so. Wenn das nicht Deine Absicht war, dann akzeptiere ich das natürlich. Stieß mir nur irgendwie auf.

Denn es ist nach vor offen:Warum haben drei Briten - Gott sei Dank! - überlebt, und warum mussten ihre beiden deutsche Kameraden sterben? Und unter welchen Voraussetzungen hätten Sie eine reale Überlebenschance gehabt?

Weißt Du, wie ein Beibott aussieht? In etwa? Es gibt so viele Möglichkeiten, angefangen damit, dass vielleicht die Deutschen zuerst über Bord gegangen sind, es also eine zeitliche Verschiebung gab, die bei Unterkühlungen von nicht unwesentlicher Bedeutung ist. Wohl eher dürfte es sich um einen Zufall handeln…

Aber letztendlich sind das doch wirklich unqualifizierte Mutmaßungen. Vielleicht - hoffentlich - gibt es ja differenziertere Berichte, auf die man dann punktueller eingehen kann?

Bis dann,
Jana

Ich war auch 15 Monate bei der Bundesmarine.Wenn wir so eine
Übung gemacht haben,hatten wir nie spezielle Anzüge an.

Waren die Umweltbedingungen bei den Übungen, an denen Du
beteiligt warst, so wie bei der hier diskutierten Übung?

Hallo Ralf

Auf jeden Fall wars kalt.Und wie viel Promille die auf den Minensuchern hatten,möchte ich gar nicht wissen.
Ich sag mal:Glück gehabt!

Gruß Feudelio

Update: Tod durch Ertrinken, nicht Unterkühlung?
Die Welt, 16.3.2002

Marinesoldaten starben offenbar durch Ertrinken
Unterkühlung war doch nicht Todesursache. Opfer trugen keine Überlebensanzüge

Oldenburg/Rostock - Die beim Nato-Manöver „Strong Resolve 2002“ in der Ostsee ums Leben gekommenen beiden Marinesoldaten sind nach einem vorläufigen Obduktionsbericht nicht an Unterkühlung gestorben, sondern ertrunken. Entsprechende Berichte bestätigte am Freitag die Staatsanwaltschaft Rostock.

Zwar sei auch eine leichte Unterkühlung festgestellt worden. „Dies war aber nicht die Todesursache“, sagte eine Behördensprecherin. Für den endgültigen Bericht müssten nun noch „feingewebliche Untersuchungen und die noch zu ermittelnden Nebenumstände“ abgewartet werden. Die zuständige Staatsanwaltschaft Oldenburg bezeichnete die Äußerungen der Rostocker Kollegen unterdessen als eine „voreilige Mitteilung über einen noch nicht vom Rechtsmediziner unterschriebenen Bericht eines vorläufigen Entwurfes“. Die Rostocker Ermittler haben das Verfahren inzwischen an ihre Kollegen in Oldenburg abgegeben.

Die beiden Opfer hatten bei dem Unglück am 6. März östlich von Rügen keine Überlebensanzüge getragen, sondern die üblichen Schwimmwesten der Marine mit einer integrierten Kälteschutzfolie aus aluminiumbeschichtetem Goretex. Ein Marinesprecher wies Vorwürfe aus Besatzungskreisen, zur Zeit des Unglücks habe an Bord der Fregatte eine chaotische Befehlslage geherrscht, als reine Spekulation zurück. Dass die Soldaten ertranken, wirft in der Marine ernsthafte Fragen auf. Denn die Schwimmwesten galten bisher auch bei stürmischer See als sicherer Schutz vor Ertrinken.

Der FDP-Verteidigungsexperte Günther Nolting will den Seeunfall am 20. März erneut im Verteidigungsausschuss des Bundestages zur Sprache bringen, wie er gestern gegenüber der WELT ankündigte. In der letzten Sitzung dieses Gremiums am Mittwoch gab die Spitze des Verteidigungsministeriums mit Hinweis auf das Verfahren der Staatsanwaltschaft und die Ermittlungen einer deutsch-britischen Untersuchungskommission nur allgemeine Auskünfte. Seine ergänzenden Fragen im Bundestag zur Schutzausstattung der Soldaten habe das Ministerium „in unverschämter Weise“ völlig lapidar beantwortet, kritisierte Nolting. D.G.