Zum Thema Spiritualität

Der deutsche zeitgenössische Philosoph von der Universität Mainz, Prof. Dr. Thomas Metzinger, vertritt folgende Erkenntnis: „Das Gegenteil von Religion ist nicht Wissenschaft, sondern Spiritualität.“ Sich selbst gegenüber erhrlich zu sein, darauf käme es an, nicht auf GLAUBEN.

Und…?
CJW

Ich kann der Aussage von dem Professor nicht viel abgewinnen. Warum muss man etwas als das Gegenteil von etwas anderem definieren? Z.B. das Wort „schön“ ist definitionsgemäß das Gegenteil von „hässlich“. Ob Du das Wort „Spiritualität“ oder „Wissenschaft“ oder „Blumentopf“ oder „Käsekuchen“ als Gegenteil von dem Wort „Religion“ betrachten möchtest, hängt davon ab, wie du die jeweiligen Worte definierst, oder?

Ich könnte jetzt einfach behaupten: Blumentopf ist das Gegenteil von Kaffeetasse. Wenn ich in meiner ganz eigenen Sprache diese Worte als einander entgegengesetzt definiert hätte, dann wäre die Aussage richtig. Definiert du also Religion als „Glauben, ohne zu wissen“, dann ja, ist es in gewisser Weise das Gegenteil von „Wissen, ohne glauben zu müssen“ (wenn Du so das Wort "Wissenschaft definierst).

Bloß was hast Du von dieser wahnsinnigen „Erkenntnis“? Für mich ist das ehrlich gesagt nichts als Wortklauberei. ^^

PS: In meiner Sprache würde ich „Spiritualität“ definieren als ein Verhalten, dass auf das Kultivieren des Geistes zielt. Spiritualität ist damit, wenn Du es so willst, in gewisser Weise das Gegenteil von Hedonismus im Sinne einer Lebensweise, die einzig auf die Befriedigung von Sinnesgenüssen abzielt, ohne ein wenn man es so will höheres Glück anzustreben, das tiefer und dauerhafter ist als die flüchtigen Freuden der Sinnesgenüsse.

Gegensatz von Spiritualität und Theismus
Hi.

Der deutsche zeitgenössische Philosoph von der Universität
Mainz, Prof. Dr. Thomas Metzinger, vertritt folgende
Erkenntnis: „Das Gegenteil von Religion ist nicht
Wissenschaft, sondern Spiritualität.“

Ganz im Unterschied zu Baumschrat, dessen Spiritualitätsbegriff eine weichgespülte ´Spiritualität light´ bietet, halte ich Metzingers These für sehr plausibel. Ich habe jetzt nicht die Zeit, seine Argumentation gründlich durchzulesen, und argumentiere mehr aus meiner eigenen Sicht.

(Natur-) Wissenschaft bietet keine absolute „Wahrheit“, sondern praktisches Wissen, also Wahrheit in dem pragmatischen Sinne, dass das wahr ist, was funktioniert und sich in der Lebenspraxis bewährt. Wissenschaft basiert in hohem Maße auf nicht-beweisbaren Axiomen und arbeitet oft mit (noch nicht) verifizierten Theorien.

Religion ist im gegebenen Zusammenhang als theistische Religion zu verstehen. Theistische System sind mentale Konstrukte, die mit wissenschaftlichen Gebilden das gemeinsam haben, dass sie a) nicht „absolut wahr“ sind und b) (wie Theorien und Axiome) nicht verifiziert bzw. verifizierbar sind.

Von daher kann man Wissenschaft und theistische Religion natürlich nicht als kontradiktorische Gegensätze sehen, dafür haben sie zu viele Gemeinsamkeiten. Spiritualität - oder auch, was ich vorziehe: Mystik - hat einiges mit Wissenschaft gemeinsam, aber gar nichts mit theistischer Religion. Dass Spiritualität und Religion historisch zusammenhängen, habe ich kürzlich ausgeführt. Dennoch schließen sich ihre wesentlichen Charakteristika wechselseitig aus (kontradiktorischer Widerspruch).

Zunächst zu den Zweckbestimmungen von Praktiken des „Übernatürlichen“:

  1. Bewusstseinstransformation des Einzelnen (= Spiritualität)

  2. Stärkung des Zusammenhalts sozialer Gruppen durch gemeinsamen Kult

Die Geschichte zeigt, dass von Anbeginn des religiösen Denkens der genannte Punkt 1 immer in der Hand von Expert/-innen lag (zunächst Schamanen). Die offiziellen Kulte erfüllten die Funktion von Punkt 2. Zu einem wirklichen Problem wurde das erst ab Ende des Neolithikums (d.h. ab dem 4. Jt. vuZ), als die matrifokalen Gesellschaften von gewalt- und machtorientierten patriarchalischen Völkern (Sumerern und Indoeuropäern) überrannt und unterworfen wurden. Die Herrschaftskaste - Könige und Priester - instrumentalisierte in der Folge das religiöse Denken für die Zwecke der psychologischen Unterwerfung des Volkes. Erst jetzt entstanden großangelegte theistische Systeme als Stütze für die expansive Macht- und zentralistische Wirtschaftspolitik der Mächtigen. Das Christentum ist eine späte, philosophisch-hellenistisch aufgepeppte Systemvariante, freilich die blutrünstigste von allen.

Parallel zu den machtpolitisch pervertierten Religionsformen gab es aber immer auch Strömungen, die den ursprünglichen ´Geist´ des Religiösen unter dem Aspekt des obengenannten Punkt 1 bewahrten. In den älteren Religionen lässt sich das am besten in der ägyptischen und der griechischen Religion beobachten ( Isis -Mysterien, Mysterien von Eleusis und Samothrake ). Auffällig ist, dass diese bedeutenden spirituellen Mysterien Göttinnen als Symbolfiguren (nicht als personale Gottheiten) beanspruchten, sie standen also auch in dieser Hinsicht im Gegensatz zu den offiziellen patriarchalisch-maskulinen Machtreligionen. Dass in Eleusis und Samothrake den Initianden Drogen verabreicht wurden, ist hinlänglich bekannt, auch, dass geistige Größen wie Platon und Aristoteles, nebst anderer Prominenz, daran teilnahmen.

Im Unterschied zur theistischen Religion, aber auch zur axiom- und theorieabhängigen Wissenschaft, ist Spiritualität/Mystik ganz der unmittelbaren Wahrheit des Erlebnisses verpflichtet. Sie ist nicht von ihrem Gegenstand (der Wirklichkeit = Wahrheit) getrennt wie der Glaubende von seiner Göttern oder der Wissenschaftler von seinen Objekten, sondern ´wird eins´ mit ihm (unio mystica).

Das ist der entscheidende Unterschied, der den Gegensatz von Spiritualität und theistischer Religion begründet.

Chan

Ganz im Unterschied zu Baumschrat, dessen
Spiritualitätsbegriff eine weichgespülte ´Spiritualität light´
bietet

Spiritualität = Kultivieren des Geistes. Dieses Kultivieren kann natürlich eine vielfältige Formen annehmen, die für mich aus Dingen besteht wie:

  • Meditation
  • Ethik
  • Rituale
  • Entwicklung von Weisheit
    Darauf war ich in meinem Beitrag nicht eingegangen. Was ist daran light? ^^

Der Unterschied von Spiritualität und Religion liegt für mich vor allem darin, dass Spiritualität nicht auf die Existenz eines Schöpfergottes angewiesen ist, wie sie in die theistischen Religionen angenommen wird. Ein gutes Beispiel dafür ist der Buddhismus, den ich eher als Spiritualität als als Religion bezeichnen würde.

Hallo,

das Gegenteil von Religion ist Theologie. Wurf?

Gruß mki

Theologie in der Religion
Hi.

das Gegenteil von Religion ist Theologie. Wurf?

Ja, aber - wie ich meine - daneben.

„Religion“ umfasst zwei grundverschiedene Ansätze: den theistischen und den a-theistischen (z.B. Buddhismus). Diese notwendige Differenzierung wird in diesem Brett immer wieder übersehen.

Der Klassiker der spirituellen Religiosität ist der Buddhismus, unter der Bedingung natürlich, dass man Spiritualität grundsätzlich als a-theistisch bestimmt, was heißt: die Existenz eines höchsten personalen Wesens verneinend. Natürlich erheben auch Gruppierungen innerhalb theistischer Religionen wie Judentum, Christentum und Islam Anspruch auf Spiritualität. Das sind aber Kompromissbildungen, die innerhalb dieser Religionen nur marginale Bedeutung haben, da sie dem theistischen Grunddogma - die Abhängigkeit des Menschen von ´Gott´ - entgegenstehen.

Theismus setzt sich zusammen aus a) Kult und b) Theologie. Theismus ohne Theologie gibt es nicht. Theologie ist die Lehre von den Göttern oder von Gott. Dabei wird das Verhältnis der Götter zur Welt, zu den Menschen und zu anderen Göttern bestimmt. Kult ist das System aller menschlichen Praktiken mit dem Zweck, eine Beziehung zu den Göttern herzustellen, um ihr Verhalten den Menschen gegenüber zu beeinflussen (Rituale, Gebete, Opfer usw.). Mythologie - der dritte Faktor - hat den Sinn, einen narrativen Kontext zu erzeugen, der den Sinn der Rituale (nachträglich) verständlich macht. Das ist die gegenwärtig vorherrschende These zu diesem Thema in der Religionswissenschaft (z.B. Jan Assmann).

Nimmt man einen der drei genannten Bausteine heraus, fällt das System ´theistische Religion´ in sich zusammen.

Also kann (theistische) Religion nicht das ´Gegenteil´ von Theologie sein.

Chan

Wohl nur terminologisches Problem
Hi.

Spiritualität = Kultivieren des Geistes. Dieses Kultivieren kann natürlich eine vielfältige Formen annehmen, die für mich aus Dingen besteht wie: (…) Was ist daran light? ^^

Für mich klingt das ein bisschen nach der Art von Wellness-Spiritualität, die typisch ist für bestimmte Teile des Esoterikmarktes. Nicht dass ich etwas gegen diesen Spiritualitätstyp hätte; für viele Menschen ist er eine hilfreiche Kompensation für beruflichen oder privaten Stress. Klassische Spiritualität spielt aber in einer ganz anderen Liga. Ich bevorzuge dafür den Ausdruck ´Mystik´. Ihm haften nicht die kitschigen Konnotationen an wie dank des Esoterikbooms dem Begriff ´Spiritualität´.

Bei deinen Ausführungen habe ich folgendes terminologisches Problem: das „Kultivieren des Geistes“. Wie lässt sich das abgrenzen von den Idealen des spießigen ´Bildungsbürgers´, wie ihn die Figur des - mir durchaus sympathischen - Thaddäus Tentakel in der ´SpongeBob´-Serie karikiert? Es gibt klarere Begriffe, z.B. ´Befreiung (oder: Transformation) des Geistes´. Hier sind nicht nur Verwechslungen mit harmlosen kulturästhetischen Ambitionen ganz ausgeschlossen, sondern es wird auch zum Ausdruck gebracht, um was in der Spiritualität/Mystik im Kern geht. Ich weise auch auf spirituelle Initiationen und Praktiken hin, wie sie im alten Schamanismus, im Zenbuddhismus und den antiken Mysterien vorliegen, wo es um Stirb-und-werde und um Erweckung geht und nicht um schöngeistige Kultivierung oder Fühl-dich-wohl.

Wahrscheinlich tue ich dir, was deine innere Einstellung betrifft, mit dieser ´Kritik´ unrecht, aber gerade in einem Philosophieforum sollte man Begriffe sehr bewusst wählen, um Unklarheiten oder Missverständnisse zu vermeiden.

Schlussbemerkung auch für andere Leser:

Nur wenige User in den Brettern Philosophie und Religionswissenschaften befassen sich ernsthaft mit der Geschichte des religiösen Denkens, es sind - außer mir - gerade mal drei. Um religiöse Phänomene wirklich zu verstehen, ist es aber erforderlich, sich im Detail mit ihrer historischen Genese zu befassen. Andernfalls kratzt man nur an der Oberfläche herum, was zu nichts führen kann.

Chan

Für mich sind Begriffe wie Religion, Gott und Spiritualität nicht von besonderem Interesse, um sich damit intensiv zu befassen. Es sind Begriffe, die ich als etwas „Unanständiges“ in der heutigen Philosophie erachte. Nietzsche lehrt: Wir kommen von diesen religiösen Begriffen solange nicht los, solange „wir noch an die Grammatik glauben“. Die religiöse Grammatik wird seit Jahrtausenden andauernd aus machtpolitischen Interessen wiederholt. Und dies empfinde ich als „unanständig“. Statt von Religion spreche ich lieber von Wissenschaft, statt von Gott lieber von der Natur und statt Spiritualität gebrauche ich lieber den Begriff der Introspektion. Diese Grammatik gebrauche ich als Abgrenzung zum bloßen Glauben. Glaube ist ein Stadium des Nichtwissens, und noch dazu in den meisten Fällen ohne selbstkritische Reflexion, wie die Selbsterkenntnis des Sokrates. Er besaß ein philosophisches Denken der intellektuellen Redlichkeit.
CJW

Claus und die sauren Trauben
Hi Claus.

Für mich sind Begriffe wie Religion, Gott und Spiritualität nicht von besonderem Interesse, um sich damit intensiv zu befassen. Es sind Begriffe, die ich als etwas „Unanständiges“ in der heutigen Philosophie erachte.

Diese Einstellung ist sehr unphilosophisch, lieber Claus. Steckt dahinter vielleicht ein Mangel an Talent für eine gründliche Auseinandersetzung mit diesen Themen? Betreibst du deshalb eine Saure-Trauben-Politik?

http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Fuchs_und_die_Trauben

_In dieser Fabel zeigt sich ein Fuchs verächtlich über die Trauben, die er nicht erreichen kann:

„Der Fuchs biss die Zähne zusammen, rümpfte die Nase und meinte hochmütig: „Sie sind mir noch nicht reif genug, ich mag keine sauren Trauben.“ Mit erhobenem Haupt stolzierte er in den Wald zurück.“

Die Fabel karikiert den unehrlichen Umgang mit einer Niederlage: Um sich nicht eingestehen zu müssen, dass er die Trauben nicht erreichen kann, behauptet der Fuchs, sie gar nicht erreichen zu wollen._

Du siehst außerdem nicht, dass es in der philosophischen Auseinandersetzung mit diesen Themen nicht um eine inhaltliche Akzeptanz geht, sondern um kritische Analyse (was Religion und ´Gott´ betrifft). Du siehst auch nicht (obwohl ich es im www schon x-mal erwähnt habe), dass Spiritualität - in ihrer klassischen Form - nicht nur ein Wegbegleiter der Philosophie war, sondern auch ein Wegbereiter (Parmenides, Pythagoras, Platon, Plotin usw.).

Es ist absolut unlogisch, einerseits ständig auf die Religion zu schimpfen - ein roter Faden in deinen Beiträgen! - und andererseits naserümpfend zu verkünden, dass dieses Thema es nicht wert ist, näher betrachtet zu werden. Wie kann man jemanden, der auf seinen Mangel an Wissen über den beschimpften Gegenstand auch noch stolz ist , auch nur im Ansatz ernst nehmen?

Nietzsche lehrt: Wir kommen von diesen religiösen Begriffen solange nicht los, solange „wir noch an die Grammatik glauben“.

Nietzsche hat sich, ganz im Gegensatz zu dir, mit Religionsgeschichte sehr gut ausgekannt. Er ist der letzte, den du als Bestätiger deiner unreifen Ansicht anrufen kannst.

Die religiöse Grammatik wird seit Jahrtausenden andauernd aus machtpolitischen Interessen wiederholt.

Das mit den „machtpolitischen Interessen“ hast du natürlich von mir. Hast also doch schon was gelernt :smile:

Und dies empfinde ich als „unanständig“.

So reden Pfaffen auch.

Statt von Religion spreche ich lieber von Wissenschaft,

Ohne selbst auch nur die minimalen intellektuellen Anforderungen an Wissenschaftkeit zu erfüllen.

statt von Gott lieber von der Natur

= altmodischer Materialismus aus dem 19. Jahrhundert

und statt Spiritualität gebrauche ich lieber den Begriff der Introspektion.

= egomanische Beweihräucherung des eigenen Innenlebens

Glaube ist ein Stadium des Nichtwissens, und noch dazu in den meisten Fällen ohne selbstkritische Reflexion,

Schöne Selbstbeschreibung, lieber Claus. Du weißt nicht(s) und dir fehlt jede selbstkritische Reflexion.

… wie die Selbsterkenntnis des Sokrates. Er besaß ein philosophisches Denken der intellektuellen Redlichkeit.

Ganz im Unterschied zu dir.

Chan

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Hallo,

 „Das Gegenteil von Religion ist nicht
Wissenschaft, sondern Spiritualität.“ Sich selbst gegenüber
erhrlich zu sein, darauf käme es an, nicht auf GLAUBEN.

Wissenschaft ist ein Werkzeug. Bewährte Methoden um „geistige Landkarten“ zu entwerfen mit denen man in und über Raum und Zeit Ergebnisse erzielen und Vorgänge nachvollziehbar machen will.

Religion und Spiritualität haben dasjenige zum Thema das sich dieses Werkzeuges bedient: den Menschen als Subjekt.

Manche versuchen, dieses Subjekt über die Wissenschaft zu adressieren.
In diesen Versuchen verschwindet der Mensch automatisch als Subjekt und wird zum Objekt.
Ein Qualitätsunterschied der manchem sofort einleuchtet - anderen aber überhaupt nicht nachvollziehbar ist.

Spiritualität ist nun das eigene bewusste Erleben des subjektiven Charakters des Menschseins. Es kann mit Sprache nie erschöpfend genug ausgedrückt werden. I.d.R. verweist die Sprache der Spiritualität daher nur auf Verhalten und Methoden wie es zum eigenen Erleben kommen kann oder versucht mit Metaphern und Widersprüchen eine Ahnung zu erwecken.

In der Religion wird ursprüngliche Akzeptanz von erlebter Spiritualität als übergeordnete Wahrheit zu überliefern versucht. Diese übergeordnete Wahrheit ist die Quelle großer Autorität.
Es entsteht eine Priesterkaste die zu Hütern von Wahrheiten wird die sie selber nie erlebt hat. In der Zeit tritt dann ein „Stiller-Post-Effekt“ zusammen mit Machtwünschen und gezielten Korruptionen auf.
Der ursprünglichen Spirituelle Kern wird zunehmend entstellt und verfremdet.

Irgendwann ist dann eine Situation vorhanden, das ein Blinder einem anderen Blinden die Farben erklärt weil er von einem anderen Blinden mal gehört hat das vor langer langer Zeit ein Sehender dies und jenes über Farben erzählt haben soll.

Zu diesem Zeitpunkt wird lebendige, aktuelle Spiritualität von den institutionellen Religionen schon lange als Gefahr gesehen …

Grüße
K.

Die Entstehung religiöser Systeme
Hi.

Religion und Spiritualität haben dasjenige zum Thema das sich
dieses Werkzeuges bedient: den Menschen als Subjekt.

In der theistischen Religion (diese Differenzierung wird wieder, wie üblich, unterlassen) ist der Mensch thematisch nicht Subjekt, sondern Objekt - und zwar Objekt des göttlichen Willens und Plans. Alles wird aus der imaginären Perspektive des Göttlichen dargestellt. Als eigenwertiges Subjekt erscheint der Mensch erst in der aufklärerischen Philosophie des 18. Jahrhunderts.

Manche versuchen, dieses Subjekt über die Wissenschaft zu adressieren. In diesen Versuchen verschwindet der Mensch automatisch als Subjekt und wird zum Objekt.

  1. Wer ist ´manche´?

  2. Bitte die gemeinten Wissenschaftszweige genau angeben. Meinst du Biologie, Soziologie und Psychologie? Einfach nur ´die Wissenschaft´ zu schreiben, ist nebulös.

Spiritualität ist nun das eigene bewusste Erleben des subjektiven Charakters des Menschseins.

Vielleicht drückst du dich nur ungeschickt aus, aber so wie das dasteht, ist´s daneben.

Es kann mit Sprache nie erschöpfend genug ausgedrückt werden.

Nichts kann mit Sprache „erschöpfend“ ausgedrückt werden. Oder kannst du das Erlebnis des Geschmacks einer Aprikose sprachlich „erschöpfend ausdrücken“?

Auch deine weiteren Argumente, die ich unten nur zum Teil zitiere, kommen unwissenschaftlich rüber. Sie hängen in der Luft, weil sie ohne Bezug zu historischen Fakten vorgebracht werden. Es handelt sich nur um Behauptungen ohne Begründung. Das ist für ein Wissensforum zu wenig.

In der Religion wird ursprüngliche Akzeptanz von erlebter Spiritualität als übergeordnete Wahrheit zu überliefern versucht.

Zum Minimalanspruch an wissenschaftliche Argumentation gehört in diesem Fall, dass du a) die gemeinten Religionen genau benennst und b) Beispiele anführst. Die alten Religionen sind voll von Mythologien, die „spirituell erlebt“ zu haben damals keiner behauptet hat, und trotzdem wurden sie „als Wahrheit überliefert“. Das gilt nicht nur für die mesopotamische und ägyptische Religion, sondern auch die jüdische - oder liegen von ´Adam und Eva´ persönliche Berichte über ihre Erlebnisse im ´Paradies´ vor, um ein Beispiel zu nennen?

Diese übergeordnete Wahrheit ist die Quelle großer Autorität.

Nein, die „Quelle der Autorität“ war in den patriarchalischen Religionen (also seit dem 4. Jahrtausend vuZ) immer die militärische Macht der Könige, deren Priester die religiösen Systeme kreierten. Judentum (ab Exil) und Christentum (bis Konstantin) bilden hier eine Ausnahme von der Regel, freilich auf imaginäre ´Könige´ Bezug nehmend (David, Christus).

Der ursprünglichen Spirituelle Kern wird zunehmend entstellt und verfremdet.

Du beziehst dich hier zwar, deutlich erkennbar, auf Darstellungen von mir, verzerrst diese aber. Die Priesterkaste „hütete“ keine spirituellen Wahrheiten, die dann irgendwie „verfremdet“ wurden, sondern arbeitete von vornherein mit anthropomorphen Mythologien, die in einer relativen Verbindung zu spirituellen Erfahrungen standen, wie sie durch schamanistische Techniken hervorgerufen werden können, die auch den frühen Königen und Priestern in Sumer zur Verfügung standen. ´Relativ´ heißt, dass die übernatürlichen Erfahrungen bei der Interpretation durch einen ideologischen Filter gingen, der sie an die Anforderungen eines politischen Machtsystems assimilierte, etwa so, wie bei einem Rorschach-Test die Figuren nach subjektiven Schemata interpretiert werden.

In der Zeit tritt dann ein „Stiller-Post-Effekt“ zusammen mit Machtwünschen und gezielten Korruptionen auf.

Religiöse Systeme waren priesterliche Produkte und wurden dem Volk aufoktroyiert mit dem Zweck, es wirtschaftlich auszubeuten (Abgaben an Tempel) und politisch zu kontrollieren (Verehrung eines den Göttern nahestehenden oder selbst göttlichen Königs). Diese Systeme wurden von Priestergeneration zu Priestergeneration präzise weitervermittelt und immer an aktuelle politische Situationen angepasst. Der Ausdruck „Stille Post“ ist hier also ganz irreführend.

Im innersten Zirkel der Elite war Schamanismus, also direkter Zugang zum Übernatürlichen, eine gängige Praxis, sowohl für Priester wie für Könige. Hier fand ´esoterische´ Religion statt im Unterschied zur ´exoterischen´ für das Volk.

Es gibt eine religionshistorische zeitliche Grauzone zwischen dem 8. Jt. und dem 4. Jt. vuZ., für die nicht erkennbar ist, wie sich lokale Stammesgottheiten zu den regionalen Stadt- und Staatsgottheiten der historischen (= schriftlichen) Zeit entwickelt haben. Die frühesten bedeutenden Götter im alten Sumer waren die Göttin Inanna und der Gott Enki, für welche Belege aus dem 4. Jt. vorliegen. Nur ist unklar, wie sie auf vor-sumerische Gottheiten zurückgeführt werden können, da textliche Zeugnisse erst ab 3.200 vuZ vorliegen, als die Sumer die Kultur von Ubaid schon seit einigen Jahrhunderten unterworfen hatten. Die Ubaid-Kultur geht wiederum auf ältere neolithische matrifokale Kulturen wie z.B. jene von Catal Hüyük (8. Jt. vuZ), wo - und dafür sprechen die archäologischen Befunde - eine Große Göttin und ihr Sohngeliebter, der Stiergott, verehrt wurden. Diese Religion geht wiederum auf die viel ältere Religion der paläolithischen matrifokalen Gemeinschaften (40.000 - 9.000 vuZ) zurück, die noch keinen Stiergott kannten, sondern sich im wesentlichen um die Große Göttin drehten.

Daneben verliefen bis ins Neolithikum auch schamanistische Strömungen, die eigentliche Quelle des Spirituellen. Schamanen waren die Techniker des Übernatürlichen und nutzten ihre Kraft, die sie der Großen Göttin ´verdankten´, für soziale Zwecke, vor allem das Heilen von Kranken. Vermutlich waren sie für lange Zeit mehrheitlich Frauen (auch wenn Eliade, als strammer Anhänger des Patriarchats, das verneinte). Mit dem Aufkommen patriarchalischer Herrschaft (Sumerer und Indoeuropäer im 4. Jt. vuZ) wurde Schamanismus von der Herrschaftskaste monopolisiert. Könige wie Eannatum und Gudea hatten in schamanistischen Zuständen Visionen von Göttern, die sie im Kontext politischer Herausforderungen interpretierten (= ideologische Filter, siehe oben).

Dieser kleine Überblick soll dir nur Anregungen für eigene Recherchen geben soll. Sinnvoll wäre es, wenn du deine Argumentation mit wissenschaftlich erforschten historischen Abläufen in Übereinstimmung bringst.

Chan

Hallo,

In der theistischen Religion (diese Differenzierung wird
wieder, wie üblich, unterlassen) ist der Mensch thematisch
nicht Subjekt, sondern Objekt - und zwar Objekt des göttlichen
Willens und Plans. Alles wird aus der imaginären Perspektive
des Göttlichen dargestellt.

Thema von Religion - jeder Religion - ist der Mensch als spirituelles Wesen.
Das ist es, um was es im Kern immer(!) in jeder(!) Religion geht.
Auch wenn objektiv über Menschen geschrieben wird, zielen die Aussagen und Folgerungen immer auf den Menschen als Subjekt (wie ich es genannt habe).
Anders als i.d.R., in wissenschaftlichen Anschauungen.
Ich setzte hier den subjektiven Charakter des Menschen-Sein mit dem Spirituellen gleich.

Manche versuchen, dieses Subjekt über die Wissenschaft zu adressieren. In diesen Versuchen verschwindet der Mensch automatisch als Subjekt und wird zum Objekt.

  1. Wer ist ´manche´?

Einige … und andre nicht … :o)

  1. Bitte die gemeinten Wissenschaftszweige genau angeben.
    Meinst du Biologie, Soziologie und Psychologie? Einfach nur
    ´die Wissenschaft´ zu schreiben, ist nebulös.

Ich sehe „Wissenschaft“ in erster Linie als eine Methode Wissen zu gewinnen und zu strukturieren. Dieser methodische Ansatz der von Bereich zu Bereich leichte Unterschiede aufweisen mag ist grundsätzlich nicht geeignet den subjektiven/spirituellen Aspekt des Menschsein zu ergründen.

Es kann mit Sprache nie erschöpfend genug ausgedrückt werden.

Nichts kann mit Sprache „erschöpfend“ ausgedrückt werden. Oder
kannst du das Erlebnis des Geschmacks einer Aprikose
sprachlich „erschöpfend ausdrücken“?

Ich kann erschöpfend beschreiben wie man von A nach B gelangt, wie man Pizza herstellt, wie ein Elektromotor funktioniert. Eigentlich kann man so ziemlich alles „erschöpfend“ mit Sprache beschreiben. Nur halt nicht den spirituellen/subjektiven Aspekt des Mensch-Sein.
Das von Dir angesprochene „Erleben“ fällt nun aber gerade genau in diesen subjektiven/spirituellen Aspekt.
Das „Erlebnis“ ist nicht objektivierbar. Man kann den Gesamten Weg im Materiellen verfolgen - von der Aprikose, die in den Mund geht, die Moleküle, Rezeptoren, Geschmacksnerven, elektrischen Impulse, Weiterleitungen ins Hirn, etc.
Das „Erleben“ kann man nicht finden.
In der Verzweifelung sagt mancher (:o) ) dann, das die Gehirnaktivität das „Erleben“ sei.
Nein. Eine Gehirnaktivität ist eine Gehirnaktivität und das subjektive Schmecken der Aprikose ist ein subjektives echtes Erlebnis das (fast) jeder kennt.

In der Religion wird ursprüngliche Akzeptanz von erlebter Spiritualität als übergeordnete Wahrheit zu überliefern versucht.

Zum Minimalanspruch an wissenschaftliche Argumentation gehört
in diesem Fall, dass du a) die gemeinten Religionen genau
benennst und b) Beispiele anführst.

Jede Religion. Im Buddhismus steht Buddhas „Erleuchtung“ am Anfang. Moses und Jesus „sehen“ und „sprechen“ mit „Gott“. Mohamed hat „göttliche Visionen“.

Die alten Religionen sind
voll von Mythologien, die „spirituell erlebt“ zu haben damals
keiner behauptet hat, und trotzdem wurden sie „als Wahrheit
überliefert“.

Ja. Aber im Kern drehen sie sich immer um einige Menschen die spirituelle Erfahrungen gemacht haben und sich dann mit diesem „neuem Wissen“ an ihre Gesellschaft wenden.
Und wenn diese Gesellschaft z.B. in Not ist, wird das „neue Wissen“ gerne angenommen.
Und wenn eine Gesellschaft etabliert und stabil ist wird es bekämpft - wie im Christentum.

Diese übergeordnete Wahrheit ist die Quelle großer Autorität.

Nein, die „Quelle der Autorität“ war in den patriarchalischen
Religionen (also seit dem 4. Jahrtausend vuZ) immer die
militärische Macht der Könige, deren Priester die religiösen
Systeme kreierten.

Ja, später, um die Sache zu stabilisieren.
Ausschließlich mit gewaltsamer Macht kann man niemand 2000 Jahre herrschen, wie z.B. die kath. Kirche.

Der ursprünglichen Spirituelle Kern wird zunehmend entstellt und verfremdet.

Du beziehst dich hier zwar, deutlich erkennbar, auf
Darstellungen von mir, …

Nein.

Religiöse Systeme waren priesterliche Produkte und wurden dem
Volk aufoktroyiert mit dem Zweck, es wirtschaftlich
auszubeuten (Abgaben an Tempel) und politisch zu kontrollieren
(Verehrung eines den Göttern nahestehenden oder selbst
göttlichen Königs). Diese Systeme wurden von
Priestergeneration zu Priestergeneration präzise
weitervermittelt und immer an aktuelle politische Situationen
angepasst. Der Ausdruck „Stille Post“ ist hier also ganz
irreführend.

Ja, das sehe ich auch so. Die Systeme werden instrumentalisiert.
Trotzdem denke ich nicht, das ihre spirituellen Inhalte einfach „erfunden“ wurden um so ein Instrument zu schaffen.

Grüße
K.

Der Unterschied

Thema von Religion - jeder Religion - ist der Mensch als
spirituelles Wesen.

„Gott“ und nicht der Mensch, wie im Humanismus und Existenzialismus, sind ja das Thema, worum theistischen Religionen geht. Auch beim „Gott der Philosophen“ (vgl. Prof. Dr. Wilhelm Weischedel) und ihren konstruierten metaphysischen Systemen geht es darum. Man fantasiert sich eine ideale Welt zusammen, die hinter der realen Welt eine zweite „wahre“ Wirklichkeit behauptet, als Glaube. Vor lauter Frust vor dem wirklichen Leben und dem sicheren Tod schafft man sich eine erwünschte Jenseitigkeit. Das ist für die neue Philosophie nicht mehr akzeptabel. Deshalb unterscheidet der Philosoph Prof. Dr. Metzinger bewusst Religion und Spiritualität.
CJW

Hallo,

„Gott“ und nicht der Mensch, wie im Humanismus und
Existenzialismus, sind ja das Thema, worum theistischen
Religionen geht.

Oberflächlich betrachtet ja. Im Kern geht es aber immer um das Mysterium von Leben + Welt + Mensch. Dieses wirkliche Mysterium(!) wird entweder als „Außen“ als ein Gott beschrieben oder als „Innen“ im Menschen liegend - wie z.B. im Buddhismus.

Man fantasiert sich eine ideale Welt
zusammen, die hinter der realen Welt eine zweite „wahre“
Wirklichkeit behauptet, als Glaube. Vor lauter Frust vor dem
wirklichen Leben und dem sicheren Tod schafft man sich eine
erwünschte Jenseitigkeit.

Das gibt es sicherlich. Das logische, intellektuelle Phantasieren von „Jenseitigkeiten“.
Es gibt aber daneben auch die spirituelle Erfahrung.
Das erste ist ein Konstruieren.
Das zweite ist ein Erzählen von Erlebtem.

Grüße
K.

beschrieben oder als „Innen“ im Menschen liegend - wie z.B. im
Buddhismus.

Das ist doch auch eine Religion als Massenideologie für Hunderte von Millionen, also damit auch das genaue Gegenteil, was Philosophen und Psychologen als Humanismus und Existenzialismus lehren. Und genau dieser Unterschied liegt zwischen der Masse und dem Einzelnen, wobei es einzig nur ganze ZWEI Philosophen im 19. Jahrhundert gab mit dieser Intention. Heute hingegen sind es natürlich wesentlich mehr und es werden in Zukunft noch mehr Philosophen und Wissenschaftler genau auf diesen wesentlichen Unterschied Wert legen.

Es gibt aber daneben auch die spirituelle Erfahrung.
Das erste ist ein Konstruieren.
Das zweite ist ein Erzählen von Erlebtem.

Hier bin ich voll bei dir. Und meiner Ansicht nach ist das auch Metzingers Unterschied (viele westliche Philosophen haben ihr Wissen von der östlichen Philosophie „geklaut“, um dies zu unterscheiden).
CJW

Hallo Chan,

Wie Du ja auch selbst sagst, scheinst Du Dich schon länger sehr wissenschaftlich mit der Geschichte Religiösen Denkens auseinanderzusetzen, von daher glaube ich, Du bist in Sachen Terminologie fitter als ich. Ich muss sagen, ich gehe das Thema Spiritualität nicht so sehr technisch-intellektuell an (auch wenn ich diesen Ansatz nicht als unwichtig betrachte), sondern eher mit einer pragmatischen, alltagstauglichen Ambition.

Ich glaube, wir haben ein ähnliches Verständnis von Spiritualität, und im Grunde geht es bei uns gerade wirklich nur um ein terminologisches Problem. :smile:
So wie ich in meinem obigem Beitrag Spiritualität definiert hatte, mag es sein, dass es für Dich nach dem Wellness-Programm geklungen hat, wie es heutzutage in spirituellen Kreisen verbreitet ist. Nun ja, ich denke, Spiritualität ist ein stufenweiser Pfad, und für die allermeisten Menschen ist dieses Wellness-Programm einfach die notwendige „Zwischenstufe“, bevor sie sich für solch hehre Ziele wie „Befreiung“ oder „Transformation“ überhaupt erst zu interessieren beginnen.

Bei deinen Ausführungen habe ich folgendes terminologisches
Problem: das „Kultivieren des Geistes“. Wie lässt sich das
abgrenzen von den Idealen des spießigen ´Bildungsbürgers´, wie
ihn die Figur des - mir durchaus sympathischen - Thaddäus
Tentakel in der ´SpongeBob´-Serie karikiert?
Es gibt klarere Begriffe, z.B. ´Befreiung (oder: Transformation) des Geistes´.

Warum muss man es denn davon abgrenzen? Mir stellt sich diese Frage gar nicht, ich habe diese Assoziation mit dem Begriff Kultivierung nicht. Mir gefällt der Begriff Kultivierung, weil er eben sehr pragmatisch und alltagsnah ist. Wenn ich morgens aufwache, klingt „Kultivierung“ (meines Geistes) viel machbarer als „Befreiung“ oder „Transformation“. :smile:
Es ist mir noch nie vorgekommen, dass ich morgens aufwachte und dachte: „So, heute werde ich mal meinen Geist befreien!“ :smile:

Ich interessiere mich für Spiritualität vor einem (theravada-)buddhistischen Hintergrund. Ich bin nicht gerade der Schriftkundigste, aber nach meinem Verständnis wird in einem buddhistischen Kontext das heute gebräuliche Wort „Meditation“ verwendet, um das ursprüngliche Pali-Wort Bhāvanā zu übersetzen. Bhāvanā hat jedoch eine umfassendere Bedeutung hat, als das, was man heute mit „Meditation“ assoziiert - also Meditationsübungen im Sitzen, im Gehen, Yoga-Asanas, etc. Im umgangssprachlichen Sinne bedeutete das Wort Bhāvanā damals vermutlich einfach „Kultivierung“, also das, was z. B. der Bauer auf seinem Feld gemacht hat. Der Buddha hat dieses Wort übernommen, um Meditation zu beschreiben, bei der es ja letztlich darum, heilsame Geisteszustände zu kultivieren und unheilsame Geisteszustände zu beseitigen - und das nicht nur wenn man formelle Meditation übt, sondern während des ganzen Lebens.
Und diese Kultivierung kann, wenn man sie weit genug voranbringt, womöglich zu eben dem führen, was Du meinst: Befreiung, Mystische Erfahrungen, Transformation - und geht also weit über ein Wellness-Programm hinaus. :wink:

Siehe auch: http://en.wikipedia.org/wiki/Bhavana

Was ich also eigentlich definitorisch gemacht habe, ist zu sagen:
Spiritualität = Bhāvanā (im buddhistischen Sinne)

Das ist aber auch meine Definition. Wie gesagt, ich gehe die Sache nicht so intellektuell an. Ich kann mit dieser Definition ganz gut leben. Das Wort Spiritualität gab es zu Buddhas Zeiten noch nicht, ist aber heute gebräuchlich. Für einen alltagstauglichen Gebrauch finde ich, eignet sich das Wort Spiritualität ganz gut, um auszudrücken, was mit „Bhāvanā“ gemeint ist. Ob das einer streng religionswissenschaftlichen Prüfung standhält, weiß ich nicht.

Freundliche Grüße,
Baumschrat