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Wie man die Bildung verbessert
(Glosse)

Eine 1,5 Millionen Euro teure Studie des Arbeitsministeriums hatte überraschendes herausgefunden: Jedes zweite Kind stürzt in einer der ersten Kurven, wenn es erstmalig auf ein Fahrrad steigt.

Auf Druck einer großen Tageszeitung entschied im Eilverfahren nur ein Jahr später das Kultusministerium, Fahrradfahren in der Schule zu lehren. Dafür sollten die Fächer Kunst und Musik vom Lehrplan gestrichen werden. Ihm sei das Wohl unserer Kinder wichtiger, als das der Lehrer, die nur eine Beschäftigungssicherungsanstalt wollten, begründete der Kultusminister.

Bereits am folgenden Montag übten die Kinder nun im Deutschunterricht, die Wörter „Fahrradrahmen“, „Dreigang-Kettenschaltung“ und „Klingeldeckel“ richtig zu schreiben. Außerdem lernten sie in nur einer Woche, dass der Punkt ein Stoppschild im Schriftverkehr sei und wann man darin das Komma zu beachten habe.

Im Mathematikunterricht („Umfangsberechnungen“) erkannten die Kinder sogar, dass man Zentimeter- und Zollmaße umrechnen können muss, damit man nicht wegen falscher Bereifung stürzt.

Der junge Physiklehrer (51 J.) griff die bereits vermittelten Inhalte der Fächer Mathematik und Deutsch auf, um sie in einem fachübergreifenden Projektunterricht zu integrieren: Im Zusammenhang von Reifenumfang (Mathe) und Zahnradgrößen der Dreigang-Kettenschaltung (Deutsch) demonstrierte der Lehrer den Schülern erreichbare Endgeschwindigkeiten auf seinem eigenen Fahrrad, weil die Schule keins besaß. Dieses Unterrichtsbeispiel wurde noch lange auf Fortbildungsveranstaltungen gelobt, weil es das Ansehen der Schule in der Öffentlichkeit verbessert.

In Biologie lernten die Kinder Bezeichnungen und Lage der Muskeln, die man zum Treten der Pedalen benötigt. „Wie wollt ihr später einmal vorwärtskommen, wenn ihr nicht wisst, welchen Muskel ihr einsetzen müsst?“ Das war endlich eine praxisnahe Stunde.

In „Darstellendes Spiel“ wurden Szenen aus Robert Musils „Der Verkehrsunfall“ geprobt.

Nachdem die Schüler am Freitag im Sportunterricht noch einmal 25 Kniebeugen zur Stärkung der Beinmuskulatur absolviert hatten, durften sie endlich auf ihr Fahrrad steigen. Die Hälfte von ihnen stürzte dabei in einer der ersten Kurven.

„Die Wahrscheinlichkeit zu stürzen konnte auf 50% gesenkt werden,“ frohlockte das Kultusministerium. „Mehr liegt angesichts leerer Kassen eigentlich nicht drin!“

Um das Ergebnis dennoch zu verbessern, wurde schließlich folgendes angeordnet:

  1. Das Fach „Darstellendes Spiel“ wird abgeschafft.
  2. Die dafür frei werdenden Lehrerstunden werden für zusätzlichen Mathe- und Deutschunterricht verwendet.
  3. Die Gehälter der Lehrer werden gekürzt, damit sie sich mehr anstrengen.
  4. Bevor ein Schüler auf sein Fahrrad steigt, muss er eine schriftliche Prüfung ablegen, bei der in den Fächern Mathematik, Physik und Deutsch mindestens ausreichende Leistungen erzielt werden müssen.

aus
www.tischler-ole-welzel.de > Kaffeepause

Hallo Ole!

Nicht nur dieser Text, sondern auch die anderen auf Deiner HP gefallen mir sehr.
Ungewöhnlicher Werdegang für einen Lehrer, aber nicht für einen Pädagogen.

Angelika

Liebe Angelika,
danke!
So nette Sachen höre ich beruflich sonst nur von meinen Schülern.
Aber die sind es ja nicht, die einen irgendwann doch kaputt bekommen werden,
sondern die, die Schule organisieren.

Schule könnte toll sein, wenn die Schule nicht wäre:
Schöne Grüße nach Berlin - es sind auch nicht die Migranten,
sondern die fehlenden Perspektiven und ein falsches System, Perspektiven zu schaffen.

Herzlichst
tischler-ole-welzel.de

Schade, Ole,

dass dein Toleranzplakat, wenn man es auf einen Nichtfarbdrucker ausdruckt, ganz schwarz wird und die Schrift unlesbar. Nur auf deiner Hand zeichnen sich die roten Buchstaben ab.

Den Komplimenten von Angelika kann ich mich uneingeschränkt anschließen.

Gruß Fritz