Zuviel säure im wein

Liebe/-r Experte/-in,

ich habe fruchtwein hergestellt. letztes jahr hatte ich schon bei mehreren sorten zuviel säure und wollte deshalb dieses jahr den wein lieblicher machen und den dann nach dem abstrich mit dem neuen 2010 wein mischen.
geht das? oder kippt mir der wein dann um?
beim johannisbeerwein von diesem jahr, hab ich schon wieder zuviel säure, habe keine zugesetzt aber in johannisbeeren ja genug drin.
gibt es eine methode, wie ich die säure aus dem wein kriege, evtl auch bei dem aus dem letzten jahr? der johannisbeerwein ist noch am gären

vielen dank und gruß aus minden

Hallo Petra,

von Ausnahmen abgesehen (Rhabarber), lässt sich die Säure bei Fruchtweinansätzen nur über die Wasserzugabe regulieren. Idealerweise wird dazu der Säuregehalt des Fruchtsafts bestimmt und danach die nötige Wasser- und Zuckerzugabe errechnet. Es gibt aber auch Rezepte, die auf Durchschnittswerten beruhen und meist genießbare Getränke ergeben. Johannisbeeren haben immer viel zu viel Säure, als dass der vergorene Direktsaft angenehm schmecken könnte, sie müssen immer verdünnt werden.
Nachträglich ist das nicht mehr so einfach. Verschneiden zweier fertig vergorener Weine ist zwar prinzipiell möglich, aber es kommt dabei auf Einzelheiten wie zB Restzuckergehalt an.

Vor allem aber müsste ich zunächst wissen, wie Du den Wein angesetzt hast: einfach den puren Saft, mit dem Ziel eines leichten Tischweins (nach Cidre-Art) ohne Restzucker, oder nach einem Rezept für Dessertwein, der dann nach Gärungsende etwa 12 bis 16 % alc und eine gewisse Restsüße hat? Denn je nachdem würden meine Empfehlungen unterschiedlich aussehen.
Stehen Dir Messgeräte zur Verfügung, für Säure, Zucker, Alkoholgehalt? Was genau hast Du dem Ansatz beigefügt (Reinzuchthefe, Nährsalz, Zucker, Wasser, etc)? Wir hast Du den Saft hergestellt, kalt gepresst oder im Dampfentsafter? Oder hast Du gar eine Maischegärung durchgeführt, also die ganzen Früchte mit Wasser und Zucker angesetzt?

Grüße von Friedl

Liebe Petra,

in der Regel kann man Säure nicht aus dem Wein heraus holen, es gibt hier nur wenige Ausnahmen wie die Oxal-Säure beim Rhababer, die man mit kohlensaurem Kalk neutralisiert.
Fruchtwein muss man durch verdünnen mit Wasser auf den korrekten Säuregehalt einstellen. Dieser liegt zwischen 6g und 8g pro Liter, Man kann Johannisbeere auch mit 9g noch trinken, es kommt auf das richtige Verhältnis von Alkohol Restzucker und Säure an.
Aus dem Kopf würde ich den Saft der roten Johannisbeere mit mindestens der gleichen Menge Wasser verdünnen, eher etwas mehr. Dann kommt noch Zucker hinzu. Auf 10l Wein kommen ca. 3,5 Kilo Zucker.
Am Ende braucht Dein Wein ein gesundes Mischungsverhältnis zwischen Zucker, Säure und Alkohol. Nur dann schmeckt er ausgewogen.
Wenn Wein sauer schmeckt, kann es auch am fehlenden Zucker liegen. Du solltest dann nachzuckern, bis er schmeckt. Nachwässern sollte man fertigen Wein nicht, dies nur bei Wein, der noch blubbert.
Bitte nicht den Wein vom letzten Jahr mit dem unfertigen vermischen, abwarten bis der neue fertig ist.
Den Wein vom letzten Jahr bitte nur mit dem neuen vermischen, wenn er noch schmeckt. Das ist nur der Fall, wenn Du ihn geschwefelt hast. Ansonsten ist er inzwischen oxidiert und schmeckt nicht mehr.

Ich hoffe es hat Dir geholfen. Wenn nicht, einfach nochmal melden.

Marc

P.S. Mit „Umkippen“ beim Wein meint man in der Regel, dass Essig entsteht. Dies passiert, wenn man keinen sauberen und gut abgedichteten Gärbehälter benutzt. Dürfte nicht Dein Problem sein, Essig hättest Du sofort am Geruch erkannt.

hallo friedel,

mein rezept:
10 kg johannisbeeren
6 kg zucker
12g hefenähralz
25ml antigel
2 liter apfelsaft
12,5 l wasser
hefe portwein

maischegärung, nach 2 wochen abgepresst und noch 1 liter wasser und 500 g zucker zugefügt
das war gestern, nachdem ich ihn zu sauer fand. messwerte hab ich nicht

Hallo Petra,

okay, das wird ein Dessertwein. Ist aus Johannisbeeren eh besser :wink:
Und du hast nix falsch gemacht. Lass ihn jetzt mal so, bis die Gärung schwächer wird und der Trub beginnt, sich abzusetzen. Dann kostest du und hast ne Vorstellung davon, wie er werden kann. Du kannst jederzeit, solange er noch auf der Hefe liegt, nochmal verdünnen, genau in dem Verhältnis Wasser:Zucker 2:1. Du musst dann nur ein paarmal aufschütteln, dann wird die Gärung wieder aufleben. Der Nachteil ist, dass du damit auch den Geschmack verdünnst.
Die einzige Alternative wäre, am Schluss mehr Restzucker übrig zu behalten. Das neutralisiert natürlich nichts, aber kann auch zu einem harmonischen Geschmack führen. Der Wein bekommt dann den Charakter etwa eines schweren Südweins. Du musst dich aber nicht jetzt darauf festlegen, das kannst du immer noch entscheiden, wenn die Gärung fast zu Ende ist. Vermeide nur, jetzt schon zu viel Zucker reinzugeben, denn den bekommst du nicht mehr raus. Lieber am Ende nochmal leicht trocken nachzuckern, das löst sich leicht innerhalb eines Tages (auch wenn’s in diverser Literatur anders steht). Du musst dann auch nicht befürchten, dass der Wein umkippt oder nochmal nachgärt. Die Portweinhefe schafft allerhöchstens 16% Alk, dann erstickt sie darin. Was du an Zucker mehr zugibst, bleibt unweigerlich erhalten.
Ich hab das bei meinen Weinen zuletzt grundsätzlich immer so gemacht: Säure gemessen, mit Wasser auf Normalwert verdünnt, Zuckerzugabe errechnet, etwas weniger genommen und mich mit leichten Trockenzuckerungen gegen Ende der Gärung an den optimalen Geschmack herangetastet. Hat ohne Ausnahme immer geklappt und feine Weine ergeben.
Wenn du öfter Wein herstellen willst, empfehle ich dir, Säuremessungen zu machen. Die Ausrüstung dafür ist ein Messzylinder und eine spezielle Lauge zum Neutralisieren. Kostet geschätzt 20 Euronen, ich kann dir gerne Bezugsquellen nennen.
Ach ja, was du nicht einfach tun solltest: den fertigen Wein nachträglich auf weniger Alkohol herunter verschneiden, etwa mit Saft. Manche Autoren empfehlen das, aber dann musst du unbedingt stark schwefeln, sonst reicht eine einzelne übriggebliebene Hefezelle, um die Gärung wieder aufleben zu lassen, und dann geht das ganze Schlamassel von vorn wieder los. Dein fertiger Wein ist mindestens zwei, drei Jahre haltbar, auch ungeschwefelt; er wird nur seine schöne rote Farbe nicht behalten und mit der Zeit mehr ins Braune gehen (den Effekt kannst du verringern, indem du ihn randvoll in Flaschen füllst, also wenig Sauerstoff ranlässt). Und er wird auf Dauer an Süße verlieren, das liegt daran, dass sich der Zucker in eine andere Form umwandelt, die weniger süß schmeckt. Das kannst du aber jederzeit durch nochmaliges nachträgliches Trockenzuckern ausgleichen.
Wenn du den Wein nicht mit vollem Alk etwa als Aperitif servieren möchtest, dann verdünne oder verschneide immer nur die Menge, die du jeweils entnimmst.
Frag mich gerne nochmal, auch wenn später im Lauf der Gärung oder Lagerung nochmal Schwierigkeiten auftauchen.

Grüße von Friedl

hallo friedel,

vielen dank für deine große mühe und hilfe. ich habe mehrere bücher und auch im internett recheriert aber so eine gute erklärung noch nirgens erhalten. vielen lieben dank. ich glaube mein fehler war, das ich den wein immer relativ früh von der hefe abgezogen habe und es dann teilweise nochmal mit nachzuckern probiert habe, wodurch der wein dann süß schmeckte aber trotzdem noch sehr an den magen ging, also nach wie vor die säure zu stark war.
bei meinen anderen weinen, nehme ich dieses jahr zitronen statt milchsäure. habe ich jezt bei erdbeer und süß-sauerkirsch gemacht und diesmal auch weniger zucker als in den rezepten verwendet. ich glaube die beiden sind gelungen… und falls die im nachhinein zuwenig säure haben, wollte ich mit dem sauremjohannisbeer mischen…
ich bin gespannt, wie das dies jahr wird. wie gesagt, ich habe noch reichlich wein vom letzten jahr, der aufgrund der säure ungenießbar ist und wenn das dies jahr wieder nix wird, geb ich langsam auf, dafür ist es mir dann doch zuviel arbeit.
erstmal belib ich aber am ball. demnächst ist noch zwetschgenwein und weiße traube dran

nochmal vielen dank und einen sonnigen tag aus minden
petra

Hallo Petra,

ahso, du hast versucht die Gärung abzubrechen. Das war mir nicht klar.
Das ist prinzipiell möglich, aber mit Hausmitteln kriegst du es nicht hin. Man braucht dazu entweder Chemie (Schwefel etc) oder superfeine Filteranlagen und eine ganze Menge Know-how. Die meisten im Handel erhältlichen „normalen“ Traubenweine sind so hergestellt; nur auf diese Weise lässt sich relativ wenig Alk mit noch etwas Restsüße verbinden.

Zuhause musst du die Gärung immer zu Ende führen, und dazu hast du nur zwei Möglichkeiten. Die Hefe wird inaktiv, wenn sie entweder nichts mehr zu fressen hat, sprich, der Zucker ist komplett vergoren. Oder sie erstickt in ihren eigenen Ausscheidungen (Alk).
Im ersten Fall ergeben sich leichte Tischweine (Cidre etc) mit null Restsüße und genau so viel Alk, wie dem vorher vorhandenen Zucker entspricht. Das schmeckt nur harmonisch, wenn wenig Säure im Spiel ist, deswegen geht das zB mit Johannisbeeren nicht. Auch - und das erscheint auf den ersten Blick paradox - wird ein Tischwein meist umso „saurer“, je mehr Zucker im Saft war. Denn der vergärt ja zu Alk, und die Säure bleibt erhalten. Viel Zucker und viel Säure ergeben also viel Säure und viel Alk, und das schmeckt nicht gut. Ein guter Cidre zB entsteht nur aus Apfelsorten mit wenig Süße und wenig Säure, aber viel Fruchtaroma.
Nachträgliches Zuckern ist ohne starke Schwefelung (= Hefe vergiften) nicht möglich, denn das würde die Gärung sofort wieder aufleben lassen.

Die zweite genannte Möglichkeit ergibt einen Dessertwein, je nach Fruchtart, Heferasse und äußeren Bedingungen (Temperatur, Säuregehalt etc) macht die Gärung bei 13 bis 17% schlapp. Bei soviel Alk muss eine gewisse Restsüße erhalten bleiben, sonst schmeckt das Ganze wie bittere Arznei. Zuviel davon macht das Getränk aber auch klebrig-ungenießbar. Also ist die Kunst, bei der Gärung ein kleines bisschen Restzucker übrig zu behalten, um sicher zu sein, dass die Hefe auch wirklich den maximalen Alkoholgehalt erzeugt hat. Dann lässt sich der Wein problemlos trocken auf genau die gewünschte Süße bringen, egal ob vor oder nach dem Abstich. Nachgärung ist nicht zu befürchten - allerdings kann man sich da auch täuschen lassen, wenn die Gärung bei späten Früchten im Herbst scheinbar zu Ende ging, aber in Wirklichkeit nur wegen der niedrigen Temperaturen fast einschlief.

Du kannst deinen alten, zu säurehaltigen Wein natürlich zum Verschneiden nutzen, aber das ist nur sinnvoll mit Wein aus anderen Grundstoffen mit eigentlich zuwenig Säure (Erdbeeren, Bananen, Birnen, Datteln, Honig etc).
Aber du könntest ihn auch retten, indem du ihn einfach neu ansetzt und weitergären lässt. Mit Zuckerwasser (1:2) soweit verdünnen, bis die Säure passt, nochmal Hefe rein (das muss keine frische sein, der abgesetzte Trub aus einem anderen vergorenen Ansatz lebt auch wieder auf) und gut schütteln, bis es wieder losgeht. Den Nachteil habe ich schon genannt: die Geschmacksintensität wird verdünnt.

Oder ganz anders: du machst ihn zu einem Likör. Da gehen viel Alk, viel Säure und viel Süße problemlos zusammen.
Dazu solltest du sicher sein, dass er komplett vergoren ist; im Zweifel setzt du ihn mit trockenem Zucker und Hefe nochmal an und siehst, was passiert. Den fertigen, süßsauren Wein mischt du mit hochprozentigem Brand mit wenig Eigengeschmack (Korn, Wodka, Stroh) oder mit reinem Äthanol (bei uns teuer, zB in Italien wesentlich günstiger) auf ca 20% bis 25% Alk, je nach Vorliebe, und zuckerst dann noch nach, bis er gut schmeckt. Besser als Zucker macht sich im Likör allerdings Glukosesirup, weil das Getränk dann dickflüssiger wird, aber der könnte in kleinen Mengen schwer erhältlich sein.

Also nun: Fröhliches Mischen und Panschen :wink:

Friedl