Hallo Petra,
ahso, du hast versucht die Gärung abzubrechen. Das war mir nicht klar.
Das ist prinzipiell möglich, aber mit Hausmitteln kriegst du es nicht hin. Man braucht dazu entweder Chemie (Schwefel etc) oder superfeine Filteranlagen und eine ganze Menge Know-how. Die meisten im Handel erhältlichen „normalen“ Traubenweine sind so hergestellt; nur auf diese Weise lässt sich relativ wenig Alk mit noch etwas Restsüße verbinden.
Zuhause musst du die Gärung immer zu Ende führen, und dazu hast du nur zwei Möglichkeiten. Die Hefe wird inaktiv, wenn sie entweder nichts mehr zu fressen hat, sprich, der Zucker ist komplett vergoren. Oder sie erstickt in ihren eigenen Ausscheidungen (Alk).
Im ersten Fall ergeben sich leichte Tischweine (Cidre etc) mit null Restsüße und genau so viel Alk, wie dem vorher vorhandenen Zucker entspricht. Das schmeckt nur harmonisch, wenn wenig Säure im Spiel ist, deswegen geht das zB mit Johannisbeeren nicht. Auch - und das erscheint auf den ersten Blick paradox - wird ein Tischwein meist umso „saurer“, je mehr Zucker im Saft war. Denn der vergärt ja zu Alk, und die Säure bleibt erhalten. Viel Zucker und viel Säure ergeben also viel Säure und viel Alk, und das schmeckt nicht gut. Ein guter Cidre zB entsteht nur aus Apfelsorten mit wenig Süße und wenig Säure, aber viel Fruchtaroma.
Nachträgliches Zuckern ist ohne starke Schwefelung (= Hefe vergiften) nicht möglich, denn das würde die Gärung sofort wieder aufleben lassen.
Die zweite genannte Möglichkeit ergibt einen Dessertwein, je nach Fruchtart, Heferasse und äußeren Bedingungen (Temperatur, Säuregehalt etc) macht die Gärung bei 13 bis 17% schlapp. Bei soviel Alk muss eine gewisse Restsüße erhalten bleiben, sonst schmeckt das Ganze wie bittere Arznei. Zuviel davon macht das Getränk aber auch klebrig-ungenießbar. Also ist die Kunst, bei der Gärung ein kleines bisschen Restzucker übrig zu behalten, um sicher zu sein, dass die Hefe auch wirklich den maximalen Alkoholgehalt erzeugt hat. Dann lässt sich der Wein problemlos trocken auf genau die gewünschte Süße bringen, egal ob vor oder nach dem Abstich. Nachgärung ist nicht zu befürchten - allerdings kann man sich da auch täuschen lassen, wenn die Gärung bei späten Früchten im Herbst scheinbar zu Ende ging, aber in Wirklichkeit nur wegen der niedrigen Temperaturen fast einschlief.
Du kannst deinen alten, zu säurehaltigen Wein natürlich zum Verschneiden nutzen, aber das ist nur sinnvoll mit Wein aus anderen Grundstoffen mit eigentlich zuwenig Säure (Erdbeeren, Bananen, Birnen, Datteln, Honig etc).
Aber du könntest ihn auch retten, indem du ihn einfach neu ansetzt und weitergären lässt. Mit Zuckerwasser (1:2) soweit verdünnen, bis die Säure passt, nochmal Hefe rein (das muss keine frische sein, der abgesetzte Trub aus einem anderen vergorenen Ansatz lebt auch wieder auf) und gut schütteln, bis es wieder losgeht. Den Nachteil habe ich schon genannt: die Geschmacksintensität wird verdünnt.
Oder ganz anders: du machst ihn zu einem Likör. Da gehen viel Alk, viel Säure und viel Süße problemlos zusammen.
Dazu solltest du sicher sein, dass er komplett vergoren ist; im Zweifel setzt du ihn mit trockenem Zucker und Hefe nochmal an und siehst, was passiert. Den fertigen, süßsauren Wein mischt du mit hochprozentigem Brand mit wenig Eigengeschmack (Korn, Wodka, Stroh) oder mit reinem Äthanol (bei uns teuer, zB in Italien wesentlich günstiger) auf ca 20% bis 25% Alk, je nach Vorliebe, und zuckerst dann noch nach, bis er gut schmeckt. Besser als Zucker macht sich im Likör allerdings Glukosesirup, weil das Getränk dann dickflüssiger wird, aber der könnte in kleinen Mengen schwer erhältlich sein.
Also nun: Fröhliches Mischen und Panschen 
Friedl