Zuwanderung russischer Juden in Deutschland (2)

Hallo,

am 28.03. habe ich unter dem o. a. Titel eine Frage gestellt. Beantwortet wurde sie mir zunächst nicht, stattdesssen wurde ich von fast allen Antwortern massiv kritisiert.

Ich habe erst nach einer Woche darauf reagiert, da war die Frage aber schon von so vielen anderen überholt worden, dass „da unten“ kaum noch jemand hinguckt. Meine Frage wurde von genau 150 Leuten gelesen, meine Antwort nur noch von 15, die sachliche Stellungnahme von Elimelech (Dank dafür!) nur von sieben.

Ich würde mich freuen, wenn der eine oder andere meiner Kritiker sich nach Kenntnisnahme meiner Antwort nochmal dazu äußern würde. Zwei Leute meinten sinngemäß, meine Frage sei zwar nicht ausländerfeindlich oder antisemitisch, aber missverständlich formuliert. Von denen wüsste ich gerne, warum ich so missverstanden wurde, und wie die Frage hätte formuliert werden müssen, um den kritisierten Eindruck zu vermeiden.

Aus dem Grunde hoffe ich auf Verständnis, wenn ich hier nochmals auf den Thread aufmerksam mache.

Grüße
Carsten

Hallo,

ich wurde zwar erst durch diesen post aufmerksam und habe zu dem anderen nichts geschrieben, aber vielleicht kann ich ja doch etwas beitragen.

Vielleicht liegt die Mißverständlichkeit des posts oder auch das Mißverständnis einiger Antwortenden in solchen Formulierungen begründet:

Russen, Polen, etc., die irgendeinen deutschen Vorfahren nachweisen können …

Das wirkt auf den ersten Blick nicht wie eine theoretische, „wissenschaftliche“ Frage, sondern vermittelt den Eindruck, dass z.B. durch die nicht abschließende Aufzählung (Russen, Polen etc.) einfach alles pauschalisiert in einen Topf geworfen werden soll. Ebenso vermittelt das ‚irgendeinen‘, als würde der Schreiber unreflektiert pauschlisieren. Es vernimmt sich daher fast ein wenig wie die Stammtischparole „wer mal 'nen deutschen Schäferhund hatte…“ und das begründet mitunter beim Leser dann einen Eindruck, den er sich vom Schreiber macht und aufgrund dessen er dann eben auch reagiert.

Der Leser beginnt nämlich schon anhand der Schlüsselworte, zu interpretieren und schließt damit auf den Hintergund des Schreibers.
Das ist ähnlich wie bei einem Gespräch. Komme ich an und sage zu dir: „Ich wünsche Ihnen einen guten Tag. Darf ich mich nach Ihrem werten Befinden erkundigen?“ so schrillen sicherlich bei dir sofort die Alarmglocken im Hinterkopf und sagen dir „Oh, hoppla, jetzt wird’s offiziell; was will der von mir?“. Komme ich hingegen an und sage: „Na, Alter, alles klar?“ So interpretierst du wohl eher: „Na toll, gleich spendiert er mir ein Bier“.

Obwohl ich bei deinen Ausdrücken gar nicht mal Absicht unterstelle, will ich einfach untermalen, dass es gerade in politisch heiklen Diskussionen oftmals großer Aufmerksamkeit bedarf, den „richtigen Ton“ zu treffen. Und trotzdem gelingt das auch mit größter Bedachtsmakeit nicht immer.

MFG Cleaner

Hi,

und ich hoffe auf Verständnis dafür, dass ich jetzt ein bisschen eingeschnappt bin, weil ich dir nämlich eine ausführliche Antwort gegeben habe - zwar zum Selberlesen, aber dafür ausführlich. Und am selben Tag, an dem Du gefragt hast.

die Franzi

Müssen die eigentlich auch „deutsches Blut“ nachweisen,
oder werden die als eine Art von Wiedergutmachung zugelassen,
wegen der Ausrottungspolitik, die man zur Zeit des Zweiten
Weltkreiges dort betrieben hat?

Bin selber ein „Russe“, aber kein „Jude“. Spielt aber keine Rolle.
Kam in 90-igen nach Deutschland. Einen „richtigen“ Sprachtest wurde damals von niemandem verlangt, kurz danach (einige Monaten) aber schon.

Ja. [Soweit ich weiss] werden die Juden nur als „gutmachung“ angenommen. Brauchen keinen „D“-Blüt nachweis. Einen Deutschen Pass haben die aber nicht sofort bekommen. Auch jezt auch nicht automatisch. Erst nach „X“-Jahren Wohnhaft, können sie einen D-Pass beantragen. [/ Soweit ich weiss]

Hupps, Franzi,

ich hoffe auf Verständnis dafür, dass ich jetzt ein bisschen eingeschnappt bin,
weil ich dir nämlich eine ausführliche Antwort gegeben habe - zwar zum Selberlesen,
aber dafür ausführlich. Und am selben Tag, an dem Du gefragt hast.

ja, das habe ich doch glatt übersehen! Da Deine Antwort fast ganz unten steht, ich aber von oben zu lesen angefangen habe, war ich wohl derart verdattert von der vielen Kritik, die da auf mich eingeprasselt war, dass ich gar nicht mehr getickt habe, dass Du Hinweise auf Stellen gegeben hast, die vermutlich objektive Informationen geben können.

Nachdem ich das nun nachgeholt habe, muss ich sagen, die Hinweise sind sehr hilfreich, zudem enthalten sie ja noch weiterführende Links, durch die man das Thema wirklich erschöpfend erkunden kann. Es ist doch immer wieder erstaunlich, was man alles in der Wikipedia finden kann - vorausgesetzt, man kommt auf die richtigen Suchbegriffe.

Deshalb entschuldige ich mich ganz formell für meine Unaufmerksamkeit und hoffe, dasd Dir das hilft, wieder aufzuschnappen. „Sternchen“ kann man in diesem Brett ja leider nicht geben, aber Du darfst Dir zu den vielen, die sicher schon über Deinem Bett hängen, zwei von mir hinzutun! Wenn das nicht reicht, gib mir Bescheid, dann besterne ich irgendwelche anderen Beiträge von Dir in einem Brett, wo man das kann.

Viele Grüße
Carsten

Hi,

dankedanke, reicht :smile:

die Franzi

Hallo,

danke für Deine Antwort. Nicht als Widerspruch dagegen, sondern nur als Erklärung dafür, warum ich „etc.“ schrieb: Von Polen und Russland glaubte ich das definitiv zu wissen, dachte aber, warum denn nur die Länder, woanders gibt es schließlich auch Juden, dann wird das vermutlich für alle gelten, und schrieb deshalb „etc.“. Aber Du denkst, man kann das so sehen, o. k.

Du schriebst aber auch von den „Alarmglocken“. Das befürchte ich auch: Wörter wie „Jude“, Ausländer", Arbeitsloser" und andere werden von bestimmten Menschengruppen oft negativ benutzt. Hört man diese Wörter, werden deshalb von Menschen, die das ablehnen, gleich die Ohren gespitzt und hören sie dann Gras wachsen, wo nicht mal welches ist. Der Versuch, zu vermeiden, missverstanden zu werden, führt so oft zu überzogenen Konsequenzen. Gesetze, Ämter und Hilfsorganisationen z. B., die sich früher „Ausländer …“ nannten, beginnen heutzutage meist mit „Migrations…“.

Als ich in einer Organisation, in der ich mitarbeite, eine „Arbeitsgemeinschaft für Ausländerpolitik“ aufbauen wollte, musste ich lange um diesen Namen kämpfen. Man wollte, dass das „Arbeitsgemeinschaft für Migration“ heißt. Ich habe das abgelehnt mit der Begründung, dass es z. B. für Touristen, die nur sehr kurze Zeit hier sind, oder Studenten, die nur ein paar Jahre hier bleiben, und überhaupt keine Bleibeabsicht haben, Regelungen und Hilfen gibt und geben muss, aber keine „Migranten“ sind. Auch Asylbewerber, solange ihr Antrag nicht angenommen ist, sind keine. Selbst meine Frau, die nach 34 Jahren in D immer noch (aus rein emotionalen Gründen) Japanerin ist, ist deshalb keine Migrantin, obwohl sie Mutter zweier deutscher Kinder ist. „Ausländer“, wurde mir entgegen gehalten, erwecke aber Verbindungen zu Begriffen wie „Ausländer raus“, Ausländerfeindschaft", usw. Da habe ich geantwortet: Es gibt auch die Forderung „Juden raus“ und den Begriff „Judenfeindschaft“, trotzdem kommt niemand auf die Idee, das Wort „Jude“ abzuschaffen oder zu umschreiben.

Menschen, die keinem rechten Gedankengut frönen, und Vorurteile, die aus diesen Kreisen kommen, ablehnen, sollten nicht übers Ziel hinausschießen oder das Kind mit dem Bade ausschütten.

Grüße
Carsten

dankedanke, reicht :smile:

bittebitte!

Aber ein am Ende meiner letzten Zeile ein " :smile: " einzusetzen, hatte ich vergessen, deshalb noch dieser Nachtrag.

:smile:
Carsten

Hallo Carsten.

Nur so am Rande:

[…] Da habe ich
geantwortet: Es gibt auch die Forderung „Juden raus“ und den
Begriff „Judenfeindschaft“, trotzdem kommt niemand auf die
Idee, das Wort „Jude“ abzuschaffen oder zu umschreiben.

Doch, leider gibt es dieses sehr wohl und ist sogar weit verbreitet, wenn man einmal darauf achtet: „jüdische Herkunft“, „jüdische Wurzeln“, „jüdische Eltern“, usw. sind gebräuchliche Umschreibungen, wenn man vermeiden will zu sagen (oder zu schreiben), dass jemand Jude ist.

Gruss,
Eli

leicht off topic
Hallo,

auch wenn sich das jetzt sehr hochtrabend anhört, so denke ich - und das wird meines Erachtens besonders am Beispiel politischer Disussionen ersichtlich - dass insgesamt einfach die Kulturtechnik der Debatte, der Argumentation und somit eine Streitkultur verloren geht.
Dies zeigt sich meines Erachtens besonders deulich, wenn man einmal einige online-Diskussionen verfolgt für welche ja bekanntlich „Godwins law“ gilt (Mit zunehmender Länge einer Online-Diskussion nähert sich die Wahrscheinlichkeit für einen Vergleich mit Hitler oder den Nazis dem Wert Eins an).
Plakative Beispiele: Westerwelles Hartz-IV-Debatte, Erdogans Schulstreit, ja sogar Diskussionen über die Lenamanie zeigen allesamt ähnliche Verlaufsmuster. Anstatt auf der Sachebene durch den Austausch von Argumenten zu versuchen, den Gegenüber inhaltlich zu überzeugen, wird bereits zum frühest möglichen Zeitpunkt versucht, zu diskreditieren, durch Wortverdrehungen oder Unterstellungen die Intergrität in Frage zu stellen oder gar den anderen einfach niederzumachen. Praktisch sowas, denn dann muß man sich natürlich keine Mühe geben nachzudenken, um tragende Argumente zu finden.

Dies dann auch noch gepaart mit der ständig notwendigen Bedachtsamkeit, korrekt formulieren zu müssen, erschwert jeglich Diskussion. Bezeichnet man nämlich beispielswies einen Schüler nicht als „dumm und auch noch stinkfaul“ sondern „mit erheblichem Verbesserungspotential hinsichtlich kognitiver und sozialer Parameter“, so hört sich das zwar etwas geschmeidiger an, lenkt aber vollkommen davon ab, wie dem schüler denn geholfen werden könnte.

MFG Cleaner

P.S.:
furu ike ya
kawazu tobikomu
mizu no oto

komplett offtopic Kommentar

Selbst meine Frau, die nach 34
Jahren in D immer noch (aus rein emotionalen Gründen)
Japanerin ist, ist deshalb keine Migrantin …

Hallo auch,

Was hier wieder stark auffiel: Die Leute, die sich besonders moralisch hervortun und mit dem Fingerzeigen auf „Ausländerfeinde“, „Rassisten“ und „Antisemiten“ besonders schnell sind, sind meistens solche, die von genau diesen Themen absolut nicht betroffen sind und davon keinen Plan haben.

Grüße Bellawa.

Hallo Eli,

Doch, leider gibt es dieses sehr wohl und ist sogar weit verbreitet, wenn man einmal darauf achtet
„jüdische Herkunft“, „jüdische Wurzeln“, „jüdische Eltern“, usw. sind :gebräuchliche Umschreibungen,
wenn man vermeiden will zu sagen (oder zu schreiben), dass jemand Jude ist.

das sehe ich nicht so. Diese Formulierungen „Wurzeln“ oder „Eltern“ nimmt man, wenn jemand einer Gruppe nicht (mehr) angehört oder ihr nur abstammungsmäßig verbunden ist.

Konkret:

Von Cem Özdemir liest man oft, er sei „Deutscher mit türkischen Wurzeln“. Logisch, denn er hat deutsche Staatsangehörigkeit. Zudem ist er hier geboren, aufgewachsen, spricht Deutsch so gut wie jeder andere Deutsche und ist mit deutscher Kultur ebenso vertraut. Ihn als „Türken“ zu bezeichnen, wäre total daneben, seine Herkunft total auszublenden aber auch. Er hat aufgrund seiner Herkunft mehr Verständnis für die Probleme von Türken in D als ein „Nur-Deutscher“, und vermutlich auch emotional eine engere Bindung zur Türkei als zu anderen Ländern.

Von Gregor Gysi habe ich erst im Zusammenhang mit der Nobelpreisverleihung an seine Tante erfahren, dass er „jüdische Wurzeln“ hat. Bei Wikipedia heißt es über ihn: „Gysi entstammt einer jüdischen Familie, ist selbst aber nicht gläubig.“ Demnach wäre es also falsch, ihn als Juden zu bezeichnen. Sollte er aber, was ja viele Menschen in hohem Alter tun, irgendwann in der Zukunft doch noch religiös werden, würde er dann doch zum Juden?

Wenn ich in einem meiner früheren Beiträge zu diesem Thema schrieb, dass ich seit Kurzem einem „jüdisch-russischen“ Mädchen Nachhilfeunterricht gebe, muss ich das, wenn ich genau bin, korrigieren. Im Englisch-Unterricht hatten wir kpürzlich ein Lesestück über eine Gruppe Jugendlicher in New York, unter denen einer ein Schwarzer war, der aus den Bronx stammte, und ein Weißer, der Jude war. Unser Gespräch darüber verlief wie folgt:

Ich: Du bist doch auch jüdisch.
Sie: Nein.
Ich: Aber Deine Mutter hat mir doch gesagt, dass sie Jüdin ist, und deshalb nach Deutschland kommen durfte.
Sie: Ja, aber mein Vater ist kein Jude, ich bin eine Mischung.
Ich: Aber Du weißt doch sicher, dass nach jüdischem Recht Jude ist, wer eine jüdische Mutter hat?
Sie: Ja, aber das interessiert mich nicht.
Ich: Geht Ihr denn in die Synagoge?
Sie: Mein Mutter manchmal, ich aber nie.

Die Frage „Wer ist Jude?“ ist ja heiß diskutiert und nach meinem Wissen nicht endgültig gelöst. Wenn wir die hier führen wollten, würden auch wir wohl nicht die endgültige Lösung finden. Aber wenn wir das versuchen wollten, müssten wir wohl ins Religionsbrett umziehen, oder nach hagalil. :smile:

Grüße
Carsten

Hallo,

no offense intended!
Dennoch will ich kurz aufzeigen, dass wir auch hier wieder ein Beispiel dafür finden, wie notwendig es ist, im politischen Zusammenhang vorsichtig und bedachtsam zu formulieren.

Mir ist absolut klar, dass du das so nicht beabsichtigt hast. Schauen wir aber einmal auf die Worte „Jude“ und „engültige Lösung“, die in einem Satz verwendet werden, so bildet hier die Geschichte einen Kohäsionszuammenhang, der einen ganz üblen Beigeschmack hat.
Je nachdem, in welchem Maße der Gegenüber entsprechend sensibilisiert ist, kann so etwas eine Diskussion komplett zum Kippen bringen. Und so gerät man dann schnell in ein Fahrwasser, welches man gar nicht für möglich gehalten hätte.

MFG Cleaner

Hallo,

natürlich hast Du Recht, dass man manchmal vorsichtig mit Formulierungen sein muss. Aber Übervorsichtigsein, das sagte ich schon in anderen Worten, ist auch nicht gut.

Das Wort, auf das Du anspielst, ist „Endlösung“. Das ist natürlich ein Tabuwort, dass ich nie benutzen würde, außer wenn wir wie jetzt hier beim Begriffe klären sind. Das erweckt natürlich, zumindest in deutscher Sprache, eine eindeutige Assoziation. Das Wort dürfte auf Deutsch für immer ein Unwort bleiben.

Es gibt ja viele solcher Tabu-Wörter, auch Tabu-Abkürzungen. Boris Becker z. B. wurde in seiner Glanzzeit oft BB genannt. Wenn er Sascha Stecker geheißen hätte, hätte man ihn mit absoluter Sicherheit nicht SS genannt. Oder: Im Letzten Jahr war ich in einem Work-Camp auf Cuba. Das könnte man zwar ganz unproblematisch mit Arbeitslager übersetzen, aber das Wort ist bei uns auch tabu. Zwar denkt man in dem Fall wohl weniger an unsere Nazizeit, wohl eher an stalinistische Einrichtungen, aber in jedem Falle an ein Straflager.

Aber zurück zu Deiner Anmerkung: Zum einen gibt es viele Probleme auf der Welt, für die es einer (möglichst) endgültigen Lösung bedarf, aber auch viele, für die es eine solche gar nicht geben kann. Das muss man ja formulieren können. Zum anderen spreche ich in dem Beitrag, auf den Du Dich beziehst, ja m i t einem Juden, nicht ü b e r Juden. Vielleicht sagt Elimelech ja selbst noch mal was dazu.

Grüße
Carsten

Ohne jetzt auf die Antworten der anderen zu achten.

Meines Wissens nach wandern russische Juden als "Kontingentflüchtlinge " nach Deutschland ein . So war es zumindest vor einigen Jahren oder Jahrzehnten.

Dann hat Helmut Kohl wohl ein Abkommen mit Russland geschlossen, nach dem der Einwanderungsstatus ein anderer wurde.

Ganz genau weiss ich es auch nicht,.

MfG#